Bamberger Elegien (104). Die erste Elegie in der Vierten Fassung.

Wo aber bleibt es, das bleibende Tier? Ging‘s wie Ozon
uns und der Erde verloren, gewesenes Tier, das zum Sterben
kauert… die schmerzenden Bindehäute verkrustet… so siecht es?
Floh es, weil wir es vertrieben? Es hockt nun versteckt – und es lauert?
Wenn uns der Geist von den Körpern so ablöst, wo bleibt sie, die Welt, dann –
wo bleiben w i r? Zweiwertig ist er und kennt nur die lichten
Schatten. Denn gegen die dunkelen trat er, die Leidenschaft scheuend
wie einen Irrtum von Irren, grad an und korrigierte
die Emotion ins politisch Korrekte, damit es, das Tier, nichts
reißt. Doch Vereinen heißt immer auch Nehmen. Ein Fortnehmen heißt es,
niederzureißen das Ich, ab- und es wegzuzerreißen.
Ach, mein nomadischer Leib! Geist ist Monade, er zeugt nicht,
sondern geht ganz auf die Kosten der Schöpfung, sieht nur noch Moral;
lauwarm gedämpft will er Ausgleich – ein schales Ersticken, das blaß
zwischen den Koordinaten verweht, vegetarischen Gittern
einwertig wohldefinierter Zivilheit von Anstand, an dem
Berber, wie Tiere verhungern, müd eingehen: klaglos den Blick
um spätre Rente gebrochen, um Futter zu Fütterungszeiten,
denen man zusieht, belustigt die Kinder, die Fingerchen zeigen –
plötzlich ein Schatten auf einem Gesicht
der huscht von einer Erinnerung her
die mehr weiß als er
doch weiß sich nicht mehr
und sucht –
Nicht mehr von Wüsten, die ungebucht bis in die Sonne greifen,
träumen sie noch, noch von Gelagen, den wilden Oasen,
Datteln, die voll einer süßen Vergiftung, Gewässern, die, klar
in ihrer singenden Tiefe, ganz kühl und die doch nicht geklärt sind
von unsrem klinischen Geist, der um nichts als um Sepsen besorgt ist.
Teiche, in denen wir uns und das Andre erkannten – in Tümpel,
dumpf und miasmisch, hat er die Verheißung verklappt, und keine
ist noch, in sich noch die Frau leiblich zu sehn als ein Weib
und in den Männern den Mann, der es sich nimmt, weil sie’s will,
noch daß sie selbst in den Müttern die Eine erkennten als die,
welche uns blutend gebaren: empfingen uns naß! wie sie schrien
aus der sie windenden Geilheit: wie s chön wurden davon die Kinder!
Geist ist aseptisch. Retorten erfand er sich gegen das Tier, es
desinfizierend. Correctness… ein Umbringen ist sie in ihrer
flach demokratischen Anständigkeit, die nichts zuläßt als Vorsicht.
F r a g e n wohl noch, ob sie küssen wohl dürfen: „Sag, wärst du so lieb,
dich von mir anrührn zu lassen?“ Entbeint der Instinkt. Solch ein Jammer,
solch ein sekretloses Fummeln, das, was mal gespritzt hat, aus unsren
Paarungen nimmt! ihnen das Watt nimmt, dem Schlick den Geruch –
nicht, weil wir unge׀wollten Empfängnissen wehren, doch weil
sie, die Sekrete, uns ekeln und weil wir die Ansteckung fürchten.
Uns ist das Nächste am Nahen Hygiene.
Diskriminierung des Tieres.
Versachlicht, was tobendes Meer und was Milch war.
Vergiftungsgefahr, wo wir lieben.
So von sich weggesperrt im Intimsten,
dem Tier.
Wie hier
Seele einst aufschrie, sowie diese Flut kam, sie mitriß im Priel –
Zieht es nun vorsichtig raus, streift es sich ab, und profan
schlurft es ins Bad. Hebt dort den Deckel und wirft es ins Klo.
So
spült es das weg. Latex und Samen. Und leer selbst die Scham,
die noch der Gottlose spürte, wie als er sich abtat und fiel.
War denn zu schöpfen nicht jeher auch töten? Das paßt nicht dem Geist.
Dennoch, wir fühlen es als im Geschlechtsrausch Entichte noch immer:
d a s ist es, was wir da fühlen. Orgasmus ist – jeder ist‘s – Heimkehr.
Die soll nicht sein. Wir erwarten ernüchtert die Zukunft, und sicher
in dem Sozialen. Des Tieres erwehrt uns die Krankheit, denn AIDS
schließt es uns aus, aus uns hinaus. Der Körpernomade
wird zur Monade. Uns gibt nur der Geist noch Gestalt: informare,
wenn schon mein Kuß bösblütig prall wird auf deiner Lippe,
schmerzhaft zu Herpes, und blüht – -. Inkompatibel die Flora,
Samen zu Null diffundiert zu den Nullen, zur spermatozoen
Zielfunktionale, der einzigen Einsen Membran zu durchstoßen:
Seele? Ja, wo denn? Nur Physiologie und Biomechanik.
Menschheit! Sie nistet sich zwischen Organ und Gedanke und reinigt
ihn vom Organ: praktikabel und fast vom Vergehen entkeimt,
fast von der Liebe schon frei… Avatare, die Herkunft nicht kennen
und ihre Heimkehr entlöst Reagenzgläsern schenken: Erlösung,
was wär sie noch außer Rendite? was als Programm?
außer Heimkino, Kochkurs, Tai Chi?
Sportkursen, transzendentalen Meditationen?
Papierchen für Bonbons, die keim- und zuckerfrei munden
als eine billige Lust, die autistisch herbeionaniert ist?
Jedes Sekret wird zum Zahlenpaar, das sich rein hoflos errechnet:
Stein unter Steinen zu werden und dinghaft, verläßlich wie Dinge –
dies wär das Ziel? fensterlos emanzipiert und geöffnet
allenfalls Kindern, so wolln wir’s?, die uns und das Tier noch verbinden?
Ach, wie vergessen der fette Geschmack auf den Weiden! Verloren
vollends mein schmutziger Fuß! Floß nicht als Meeresgeströme
von meinen salzigen Schläfen der Schweiß, den, Geliebte,
du trankst?
Hand ist vergangen.
Der Finger, ein jeder… dein Ohr… meine Zunge,
die es an seine Spiraldämmchen lockte,
das in den Ohrspins Verborgene
über den Flaum deiner Wangen
leckend zu entgrenzen
dich zu entbeben
in ein Überbewußtes zu heben,
das ICH nicht mehr fühlt
und bangst noch
vor Körperlichkeit und Metapher
Nachzittern… – dann:
„Weinst du?“
Bevor es endlich ganz ruht. Und verspült.

Wie weit ich entfernt bin, kaum halbeingerichtet,
dürftiger Luxus des Dichtenden, den es, ihn grundfinanzierend,
an diese Fensterfront setzte! Der Schreibtisch davor, und dahinter
eine gestreckte Terrasse von Kies, drauf zwei Bänke, ein Langtisch.
Steinerne Allegorien zeigen mir stumm ihre Rücken;
namenlos grau stehn sie da, schauen zum Fluß und verwittern
wehrlos wie ihre mit stählernen Klammern vor Rissen gepiercte
Steinbalustrade, die, bauchige Säulchen im Durchblick, zum Garten
abfällt zu Rosen und Rasen. Zur Regnitz beschließt ihn die Mauer,
schmuckvoll geschmiedet ein eisernes Gatter darinnen – verriegelt,
um mich von Deinen, Geliebte, von Anahits Blicken entschieden
wegzuversperrn. Du aber blickst ja herdurch, blickst als Wasser.
Es ist ein Rufen, ist fließendes, als ob es blutete, Klagen.
Gänzlich erschöpft ruht das Schwertpaar auf meiner erkaltenden Asche.
So ist der Himmel. Der Garten liegt schmal. Wie, wenn er wartet.

Aber es ruht nicht – auch wenn die Liebe, so sagt man, bedingt sei,
nichts als Funktion von Funktionen und Restzweck, ein sentimentaler,
reinbiologischer Zwecke: So flach wird uns alles,
Wollust pragmatisch, nicht Opfer noch Beute, zuhandnes Kalkül,
das, wie die Flüsse, Begehren begradigt, worin wir’s uns dann
einrichten, häuslich, dekorativ überschaubar – wie Freie,
denkt man, es täten, die’s selber bestimmen – vernünftig und ohne
Exaltationen. Das Fleisch ohne den Irrtum gewogen,
Rhesusfaktor bis Inzest, wir haben uns, meint man, im Griff.
Kennt Überhebungen nicht mehr, nicht Wahn, nur ein planenendes Mögen.
Meint man. Und stimmt über das, was zu sein habe, ab, bis es abgeht.
Freiheit, Entscheidungen, ist nicht das selber ein Irrtum und streicht,
wenn wir ihn streichen, sich selbst durch? Als stünden wir unbestimmt lose
in der Geschichte und wären entbunden von Evolution.

Daß wir heut fliegen, kam’s nicht aus dem Feuer? Und dieses aus Hoffart,
blendend geblendeter – nicht aus dem Irrtum, den Träumen, der Sehnsucht
unkalkuliertem Begehren,
das einfiel von außen
aus Gräsern, die nachts sirrten,
flirrenden Nächten, in deren
hohler Flöte Winde irrten
und blinkten draußen?
Stieg Aphrodite aus Meerschaum, bevor wir das malten?

Irrtum macht schön. Liebe, gewiß, ist synaptisches Feuern,
ist ein Reflex, archicortisches Blitzen, signalhaft im Großhirn,
Feuern doch aber, doch Feuer! Sowie wir das spüren, ersteht es.
Dich macht’s, die Mutter, und dich schön, den Sohn, mich schön, den Vater,
der dir die Schultern vererbte, die Illusionen zu t r a g e n,
Illusionen von Nähe durch Anderer Haut, die wir riechen,
wenn uns der Schlaf abends gut nimmt – die Morganen, die uns
nährenden, nahen, an deren dem Pragma entzogenen Bildern
Wissenschaft scheitert. Sie scheitert am Ton, scheitert an Glut von
Farbe und Ausdruck. Sie scheitert am Irrtum und seiner Emphase.
Allewir sind aus dem Irrtum erschaffen – und löschen ihn selbst,
den wir sezieren und ansehn wie Eltern Kleinkindersorgen:
wohlfeil ironisch und traulich und streicheln dem Kind seinen Kopf.
Irrtum? Er hebt uns! Wahrheit dagegen ist zu früher Krebs,
der den verbitternden Frauen aus unempfangener Früchte
Häusern den Saft preßt. Hoffnung, die stirbt, keift, kann nicht weinen.
Bis sie uns schweigt. Braucht ein Erbarmen. Das gib ihr, voll Süße,
gib es ihr sanft und unüberheblich: Von Göttern erzähle,
niemals gewesnen, doch glaube, mein Sohn, was du erfindest.
Nimm ihre Hände, nimm beide. Dann halt sie und zeig dein Gesicht.
Rechts halt sie links, ihre Linke so rechts, daß ihr Körper sich öffnet.
Nun dann erzähle. (Zum Beispiel, wie immer wir Mehrere sind, doch
Eines, und menschlich, im Irrtum). Barmherzigsein geht so. Sie lächelt;
siehst du‘s?

Ihr sagt, das sei Pathos? Ja i s t es. Das Pathos ist wahrer
Teil von uns Männern, sofern wir‘s denn sind, und gewidmet den Frauen,
denen die Acht um den Nachwuchs die letzte Ergebung versagt. Sie
schenken sich hin, und sie werden befruchtet. Danach ist mit Recht nur
Frucht noch, und sie will. Die Frau wird verhalten; zu lebensklug weiß sie:
“Wir tragen’s immer zuletzt.” Und sieht zu, wo sie bleibt. Doch ihr hatte –
früher, da war sie noch Mädchen – genauso nach Einheit verlangt wie
Männern, die’s, wenn sie nur wollen, zu wahren verstehen wie Teenies.
Ihnen darf’s bleiben und bleibt’s oft in jeder Geliebten, die neu ist.
Aber die Frauen? Zu früh von den Männern, dem eigenen Kind selbst
zu früh verlassen, entblühn sie zu früh. Sie, als die früher
Reifen, ergreift es, und spricht das Vorüber, ihr, ach! Klimakterium,
wenn, schöner Junge, wir Männer doch immer noch reifen und zeugen
könnten und nehmen uns jüngere Frauen, die‘s auch schon befürchten.
Daß wir sie achteten drum! Daß sie sogar länger leben!
Ja und sie p f l e g e n uns noch, wenn der Infarkt infantil macht!
Hätten wohl umgekehrt w i r eine Kraft, die wie ihre gefaßt ist?
Ist sie nicht sauer genug? – Eine Lehrerin, als du noch klein warst,
hatte die Angst in den Augen davon. Sie war häßlich, die Frau:
lieblos verlorn in Statut und Erlaß, kommandierte sie eisern
Mädchen und Knaben durch Klasse und Schulhof. Ich war so verärgert,
nahm sie – bezwang mich – sehr freundlich beiseite und holte weit aus.
Daß Deine Eltern Dich hätten verliebt in die Sterne gemacht,
hohe, die fern über dem Meer stehn. Zwar seien sie nichts
als das vergehende Blinken von etwas, das längst nicht mehr ist.
Wir aber füllten’s. Wie Wiesen. Wie Schilf. Denn wir sähen, wo Mord ist,
Schönheiten hin, hörten den heulenden Böen Gesänge
schwärmender Lichtelfen ab, Harfen des Windes, die Saiten
ganz aus dem Gras unsrer innersten Bilder gedreht und gespannt,
Musiken, die’s, daß man es reißt, dem bedrohten Geschöpf
selig mit Wohllaut vergelten, dem imaginären, der ausgleicht.
Daß wir so sind, daß wir’s zu teilen vermöchten und Täuschung
Welt wurde: Täuschungen seien das nicht, sondern Schöpfungen selber –

Für den Moment, und bevor sie sich wieder verkniff
Schimmern, Erschimmern, unzugelassene Neige
herbe, erstockte
Tränen
hinterm zylindrischen Glas
ihrer Brille versteckt
Augen
eines aus Träumen erwachenden Mädchens, das möchte
und ihre Wangen, der galligen Frau, wurden rot.

So wolle ich, daß er lerne, mein Sohn: Alle die Zahlen,
jederlei Letter für ihn sich verwandelnd. Und Pflicht selbst, erstaunlich,
kleide sich magisch in Rätsel, in lockende, daß man sie löst,
klanghaft erhalten in Halden, verwunschenen Gärten, in Brachen,
schuttübertürmten, die Kindern zu Wäldern voll Wölfen und Elfen
würden – geflügelten Biestern zugleich wie begehrten Gespielen,
die um die kindliche Lust wissen und die sie entfachen.
Seien Kulturen, die unserer nahe sind, nicht Wort und Zahl
heilig noch heute? Und das opfere sie für den Zweck,
ob der nun Lehrplan geheißen, ob Rahmen und, später, Gewinn?
Lehrer, die gut sind, verwandeln den Kindern wie Kinder die Welt.
So tun’s Europa und Orient, der Morgen des Abends, seit je:
Land der Geburt der Verklärung, das Wissen mit Mythen gepaart hat
und das sich wilde – und geile – Geschöpfe erschuf, die was ist,
nein, durch was sei nicht ersetzten, doch aber es schön werden ließen.
Das geben Sie als die Lehrerin auf, und Sie nehmen’s den Kindern?
Wie stehen wir denn dann da? Stehen gelehrt wie Geleerte.
Unmöglich Mögliches hat uns, Frau G., doch das Mögliche n i c h t,
reich werden lassen. Der Tisch wird zum Raumschiff, ein Becher wird Gral;
Türen, in Bäumen verborgen; und n i c h t s ist nur es, sondern immer
Anderes auch. So die Sprache, so Zahlen – ein Jedes hat Teil an
Fremdem und Fremdes an ihm, und ist nie nur identisch mit sich.
Kabbala und Meister Eckhart, die Thora… die Liebeslegenden…
alles dieselbe Bewegung: ein Blicken von Liebhabern, Künstlern.
So sehn wir Sterne, und sehen die Wiese. Wir sehen das Meer so.
Das müssen Kinder bewahren, die lernen. Und Sie, für sich selber,
müssen es sich, das Verlorne, zurückholn, Frau G.
Das erwart ich von Ihnen.
Was wahrer als faktische Wahrheit ist.
So lehrt ein Mensch.
Wie wenn er küßt.

Vergleichsfassungen:
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Zweite Fassung <<<<
Dritte Fassung, Anfang <<<<
Dritte Fassung, Ende <<<<

>>>> BE 105
BE 103 <<<<

42 thoughts on “Bamberger Elegien (104). Die erste Elegie in der Vierten Fassung.

  1. @Entschuldigung Herbst, ich wollte hier nicht mehr schreiben, nur noch die vergangenen Gespräche erforschen, aber jetzt—sehe ich….
    Das Gedicht ist so unendlich aufgehoben im kulturpolitisch Angesagten.
    So unendlich abgesichert im instantan Korrekten
    So gut verankert in der längstschonkommunizierten Jahresschrift der Gnosisantignosis
    So wahnsinnig überraschend ganz brisant 15 Jahre nach dem
    Bocksgesang von Botho Strauß.
    Nichts wird hier riskiert. Kein Fragen. Keine Zukunft. Kein Tasten nach Verständnis. Kein Wenden des Blicks auf neue Materien, die eventuell in den letzten 150 Jahren entstanden sein könnten.
    Gegenwart ist schlecht. Rationalität ist böse. Das Ungefähre, der Zauber, der Mythos regiert das Pathos.
    Ein Pathos,für das sich das Gedicht dann auch noch mal halb absichernd, halb beschwichtigend kläglich entschuldigt, indem es den “Pathosvorwurf” vorwegahnt. Das ist nicht schön, Herbst, eben kläglich, nicht klagend.
    Böen Harfen und Lichtelfen,,,,,, nein, das gefällt mir nicht.

    1. wenn schon jemand dabei ist, dann meins auch noch. Also a. herbst, falls es sie interessiert :

      Für mich beginnt der text erst ab „geist ist aseptisch“ interessant
      zu werden.

      Vorher explizit da wo wüsten, gelage datteln tümpel und teiche
      dicht aneinandergepackt sind, ist mir das zu unübersichtlich.
      Die schlussfolgerung – es entstünde daraus schönheit – teile ich nicht.
      ( je weiter vom matsch weg desto eher „schönheit“ – s o seh ich das )

      „er sieht nur noch moral“

      ich würde eher sagen er sieht nur noch prüderien
      ( moral ist für mich noch was viel umfassenderes als sexualmoral )
      – wobei sie von mir aus die fragestellung gar nicht involvieren müssten,
      ob sich weibliche prüderien nicht gerade aus einem allzu unreflek-
      tierten männlichen begattungsdrang – ERGABEN, durch das die frau die
      lust in onanistische praxisformen überführte …

      an anderer stelle : BOLLWERK : EROBERN. ( diskurs mit femme … )
      Also eine militante auffassung über sexualität find ich echt lasch.
      Sexualität am ende noch mit waffen-prothetik kombinieren :
      kein wunder wenn frauen das dildo als surrogat bequem benutzen können.
      ( was mir selbst heute dergestalt auch zum ersten mal SO auffällt )

      Der phallus ist doch mehr als eine waffe oder ein neutrales werkzeug –
      ein wenig mehr respekt sollte man schon vor dem körper haben.
      Ich habe es im bett übrigens noch nie erlebt, dass mir eine frau gram gewesen wäre,
      hatte ich mal ein erschlaffungsproblem gehabt oder eine ejaculatio praecox.
      Ich finde eher, dass sexualität etwas anderes für die frau ist, etwas was sie mit-
      gestalten will – und was sich nicht ausschliesslich über die primären sexualorgane
      vermittelt.
      So wie der mann den weiblichen körper, den er ja nicht hat ( abgesehen von canalis
      analis und der mundöffnung ) zu erfahren sucht ( ertasten etc )
      So will es die frau eigentlich auch.
      Bloss muss es ihr nicht unbedingt klar sein und dem mann auch nicht.
      Warum dies nicht klar sein muss, ist eine folge von subsistenzbestreitungszwängen.
      Ich glaube aber, dass sogenannte primitive gesellschaften viel relaxter mit sexualität
      umgehen und dass wir uns über den grandiosen umweg der automatisierten ge-
      sellschaft, um den wir vor allem klimatisch gesehen nicht herumkamen, dem wieder nähern, natürlich auf einem ganz anderen und viel erlebnisorientierteren und sensilbleren niveau.
      ( Was auch viel polygamer sein könnte, find ich )

      Desweitern verkörpert lustfeindlichkeit ein regulatorisches interesse.

      Woraus dieses interesse herrührt ist sicherlich höchst diffizil.
      Das kann mit neurotischer verklemmtheit beginnen und gesellschaftspoltitisch
      in irgendwelchen verquasten theorien enden.
      Fest steht jedoch, dass der massenmensch alleine schon kaum in der lage ist, kommunikations-störungen zu beheben.
      Treten kommunikationskrisen auf, so wird in der regel ein therapeut benötigt,
      der es den meisten erst einmal beibringen muss, wie sie sich gegenseitig zu respektieren
      haben.
      Das heisst ihre jeweiligen bedürfnisse sich mitzuteilen und anhand derer sich fair zu
      neu-strukurieren, jedoch UM hinterher z.b. wieder lust haben zu können.

      Den satz :

      „War denn zu schöpfen nicht jeher auch töten?“ ff.

      finde ich echt peinlich.
      Dass sie selbst keine angst vor ihren sätzen haben wundert mich etwas.
      Käme ein derart schöpferischer mensch auf sie zu, sie würden ihm das messer reichen,
      weil die idee so bestechend ist, klar, aber verallgemeinern ?
      Ich meine ein mörder ist doch für uns eine psychopatholologische erscheinungsform.
      Mal abgehen vielleicht vom auftragskiller ( oder antiquiert aufgefassten soldaten )

      Schade dass ihr ansonsten anregendes pathos sich mit solchen geistigen peanuts
      abgibt.

    2. @knotscher95. Sehn Sie sich einfach mal in den Hühnerfabriken um, aber ein normales Schlachthaus reicht schon. Das wäre n i c h t – töten? Daß ich von Mördern sprach, sehe ich nicht. Ich spreche vom Stoffwechsel, zu dem das Töten und Einverleiben anderen Lebens g e h ö r t. Daß man sich irgendwann für den Vegaterismus entscheiden kann, ist ja einerseits nur eine Ausflucht (als lebten Pflanzen nicht), und andererseits ist er bei Kindern sogar gefährlich.
      Das nur mal dazu. Interessant aber, daß Sie sofort auf Mörder kamen.

    3. kleine ergänzung ansonsten bekommt man das töten ja nicht mit.
      ( und insgesamt etwas weit hergeholt – da reicht nicht mal meine fantasie aus
      um das mit soffwechselvorgängen zu assozieren – also “töten” mit “hervorrufen”
      zu umschreiben, naja nicht mal dilettantisch für meine begriffe )

      dazu dann :
      sexualität wird ja desöfteren mit sterben oder tod in verbindung gebracht
      ( auf raten ) – ich finde, das wäre aber anders ausgedrückt.

      ich war mal ein echter kämpfer, a. herbst, ein harter typ.
      und ich kannte auch mal echt harte jungs.
      ( glücklicherweise beides schon zig jahre her )
      aber ein pathos von turnieren und schwertern usw. war da nicht dabei.
      auch keine lust an einem potentiellen töten
      wenn es sein hätte müssen, hätte man die karla schneekopf halt ausgepackt
      und abgedrückt.
      ( aber strikt aus notwehr )
      ich finde gut, dass das zur zeit gesellschaftlich absolut nicht zur debatte steht.
      und dass man darüber entspanntere begegnungsformen ENTWICKELN darf.
      wenn sie aber solche entwicklungsprozesse womöglich mit einem drohenden energieverlust verknüpfen, so schlösse ich mich dessem sofort an.
      das hat für mich aber irgendwie nichts mit gewalt zu tun, theoretisch –
      sondern mit kreativem neuland.

    4. Für Ifone UNGEFÄHR DAS

      Wenn das Ungefähre nicht zwischen den DINGEN wäre,
      säße ich in einem Zimmer ohne Tür,
      in einer Zitadelle die niemand einnehmen will,
      ich könnte Dich im Nebenzimmer phantasieren,
      meine Wange an die Wand pressen und dabei vergessen,
      dass wir Schwellenläufer sind,
      dass WIR die Türen aus den Angeln heben,
      um dem Fremden zu begegnen.
      Denn in der Fremde spricht unsere innere Heimat zu uns lauter,
      erst im Fremden, dem Ungefähren lernen wir uns kennen.

    5. readAn wann haben sie denn das letzte mal eine zitadelle gesehen ?
      geht das nicht irgendwie ohne kriegerisches vokabular ?
      hat man ( hier wahrscheinlich erstrecht die frau, wirklich etwas zu verteidigen ? )
      ich denke eher, dass man / frau etwas zu entdecken hat und zwar sich selbst
      jenseits dieses ganzen kriegerischen quatsches.
      wenn man aber hinter dem kriegerischen quatsch nichts mehr vermutet,
      seinen körper zum beispiel, also seine rezeptoren, na dann weiss ich auch nicht.
      irgendwie zu antiquiert für mich.
      da hat ifone schon ein wenig recht.
      ( obwohl er sich für meine begriffe vom kriegerischen noch nicht besonders deut-
      lich bislang abgrenzte )
      ich habs ja gerade angedeutet : die leute die wirklich knallen, wenns drauf ankommt, sind unter umständen die smartesten fellas.

    6. @knotscher Eben, die soll ja gestürmt werden.
      Was hätte ich sonst schreiben sollen, steriles Puppenstübchen, mit pädagogischer Anleitung wie ich zu spielen habe, ganz genderpragmatisch?
      Mach nen besseren Vorschlag!

    7. readAn / etwas salopp vielleicht vielleicht entsterilisiertes puppenstübchen.
      ja jokus.
      es ist ja schon schwer genug, eine “keimfreie”welt – eine welt der körperhygiene
      mit sexualfeindlichkeit in verbindung zu bringen.
      ich vermute das glatte gegenteil.

    8. @knos Nochmal! Das sterile Puppenstübchen, die Zitadelle soll eben weg.
      Desweiteren hat das auch nichts mit Eroberungswünschen zu tun und über Körperhygiene oder Nichtkörperhyg. habe ich auch nicht gesprochen.
      Es ging um die Ratio und um das Dazwischen, Ungefähres, Geahntes, Fremdes.

    9. @aber read An Gut, aber….

      warum dann so das Ungefähre nur beschwörn
      mit Elfen, Geistern, Schnickschnack und Tapeten?
      Sitzt’s nicht längst im Nacken dieser Zukunft uns
      eingesperrt wie unsichtbar in Kernen und Raketen?

    10. readAn aua – readAn, da hab ich echt was missverstanden.

      ….
      ( frage mich gerade ob ich nicht mein kommentar zu hygiene ff
      am besten gleich wieder lösche.
      ich wollte mich ja auch mit dem posten ein wenig zurückhalten,
      und selbst wieder ein bisschen ans basteln gehen.
      bitte also auf … etwas salopp vielleicht nicht reposten.

    11. @Ifone Auf die Frage kann ich keine umfassende Antwort geben, außer die dass der Mensch im Innern die Neigung hat zu einem rasenden “Fetischpriester” / Elfen & Geisterbeschwörer (verstanden als heilende Kraft mit seinen Wunden umzugehen) zu werden, vielleicht gerade aus diesem Grund weil uns solches im Nacken sitzt!

    12. @red Ane Ja, der Fetischpriester, das stimmt schon, aber eben die von mir angesprochene Sphäre enthält ja eben auch die ganze Magie. Deshalb finde ich eben das Labor eines Quantenphysikers oder einen Forschungsreaktor zur Kernfusion ebenso zauberhaft und magisch wie ein Elfenreich, das wollte ich nur damit ausdrücken. Also insofern würde ich sagen, sind das Ungefähre und die magischen Eemente ja in der Technik auch enthalten, ich zum Beiepiel habe hier mal begründet, warum ich mich ifone nenne, also das war ein kleiner Witz, weil das iphone von apple eben eine magische Anziehungskraft auf Leute ausübt. etc…. das Ding hat fetischcharakter, und ich bin weit davon entfernt, dass nun gegenüber den Elfen und Magiern früherer Zeiten als mindermagisch abzuqualifizieren. Auch ein Handy hat heilende Kraft. Ich kann damit zum Beipiel an einer Unfallstelle einen Artzt anrufen.

    13. @noch dazu auch ein handy versteht niemand so ganz, ausser der Technikpriester, der es entwicklet hat, deshalb ist es eben für die meisten magisch.

    14. @Ifone Das mit dem Namen Ifone gibt mir jetzt zu denken, wobei das Handy keine Anziehungskraft auf mich ausübt, Sie kann ich zumindest fragen wie Sie ticken oder was da bei Ihnen tickt.
      Das Technik auch Überleben sichert ist richtig und das auch Forschung solche Einblicke gewähren kann genauso, das eine schließt das andere ja nicht aus. Das Handy dagegen übt magische Kraft aus weils der Laie nicht versteht, Elfen, Geister oder andere Phantastereien oder allgemein Mythen helfen aber beim verstehen.

    15. @read Ane Keine Angst, ich bin hier kein Beauftragter der firma 😉 Sie interessiert es vielleicht nicht, aber die Masse, der durchschnittliche User hat angestanden wie bei einem konzert von Robby williams nach Karten

    16. @read An, Ifone, Knotscher. Ich finde keinen plausiblen Grund, es wahnwitziger zu finden, an Elfen und Geister zu glauben, als wenn jemand an Gott glaubt. Gottesgläubig dürften 2/3 der Weltbevölkerung sein, so daß ihnen vermutlich auch Dschins etwas sagen… bzw. sagen k ö n n e n, und zwar auch dann, wenn es sie nicht gibt.

      Im übrigen beginnt die Zweite Elegie so:

      Sicher, es reicht nicht zu glauben. Zu wissen, doch dabei den Irrtum
      beizubehalten, als wie einen Glauben ihn weiterzuehren,
      das ist’s. Das Unzuverein|barende ist es. Es adelt,
      was dem Gerät als ein Bruch logischen Schließens verwehrt ist.
      Uns, die wir naß sind, erhebt er, wo Technik, die trocken ist, ausfällt.

      Nur um klarzustellen, daß mein, sagen wir, “mythisches Pathos” – das eher Märchen als Mythen ins Auge nimmt – n i c h t gegen die Ratio gerichtet ist, wohl aber gegen ihren Alleinherrschaftsanspruch.

    17. Ja, das ist doch die interessante Entwicklung, die Leute übernachten sogar vor den Läden, um diese neuen Technikikonen sofort in der Hand zu haben, den neuen Fetisch ohne den keiner mehr auskommt, dabei klaut´s Ihnen ja keiner weg. Technik hält heute von allein Einzug in die guten Stuben.

    18. @ a. herbst da hab ich überhaupt kein problem mit.
      mit elfen usw.
      auch nicht mit bejahung von extase und leidenschaft
      ich habe eher ein problem damit, das kriegerische re-mythifiziert zu fühlen
      in einer zeit in der selbst kampfjets schon so gut wie keinen piloten mehr brauchen.
      das kriegerische hat mir z.b. meine jugend versaut ich wurde zum kämpfer
      erzogen.
      die folge war, dass ich zwar fit war wie 2 turnschuhe aber nichts in der birne hatte.
      es war aber auch eine andere zeit, eine technisch viel unterentwickeltere zeit.
      da könnte man es sich noch erlauben, kämpfer zu züchten.
      heutzutage fehlen die ingenieure.
      aber auch die fantasie, oder die schönen formulierungen für die sie ja hervorragend prädestiniert sind zu sorgen.
      wiegesagt ich persönlich kollidiere nur mit dem kriegerischen und spreche auch
      nur meine privatmeinung aus.
      was weiss ich welcher rezipient was und wie braucht ?

    19. @ANH, Ifone & knos An Fabelwesen zu glauben, kommt bei Kindern vielleicht sogar noch ehe sie mit irgendeiner Religion vertrautgemacht werden, sicherlich abhängig vom vorgeprägten Elternhaus. Zu phantasieren lernt man auch nicht, es erzählt einem keiner. Das kommt von allein, spielerisches Entdecken der Welt.

    20. @read An dem stimme ich voll zu.
      Du Kunst besteht wohl darin, wissenschaft und technik so zu vermitteln, dass sie als etwas,
      nun ja, fabelhaftes, angenommen werden kann.
      @herbst, trocken und nass, da wär ich nicht so sicher, haben sie schon mal an einem motorrad gebastelt?

    21. @Ifones zu read An. Technik i s t n i c h t fabelhaft, sie ist nur zweiwertig, reine Mechanik. Sie kennt keine Transzendenz. Und daß Sie Erdöl mit Nässe verwechseln, ist bezeichnend. Trinken Sie mal Erdöl, Sie werden schon sehen. Was aber an Wasserniederschlag an Motor und Fahrwerk ist, ist etwas, gegen das das Fahrwerk versiegelt werden muß, indes es in den Leib ganz aufgeht und Lebensträger ist. Technik lebt nicht, da können Sie sich drehen und wenden, wie immer Sie wollen. Wohl aber vermittelt sie den S c h e i n von Leben. Da mag ich nicht mittun.

      (Daß sie dem Leben dienen kann, ist unbestritten; ob sie es tut, hängt davon ab, wer sie, der ein Werkzeug ist, führt – und wozu.)

      Nach wie vor, ich habe nichts gegen die Wissenschaft und auch nicht durchweg etwas gegen Technik, eher im Gegenteil. Sie aber zur ultima ratio machen zu wollen, halte ich nicht nur für gefährlich, sondern für verderblich.

  2. @ANH: Sie wissen >>> wie ich lese, ich muss mir die ersten drei Fassungen erst einmal ausdrucken, nebeneinander legen und lesen, damit sich dann ein Gefühl für diese jetzt vierte Fassung einstellen kann. Ich hab’ da mal was rausgesucht, von dem ich gern den Hexameter noch hätte, ich finde den Mittelteil der ersten Elegie in der dritten Fassung jetzt aber nicht. Nachtrag am 15.05.: … jetzt ja und stelle fest, dass diese Passage in der dritten und vierten Fassung gleich ist, deshalb habe untendrunter noch eine andere Stelle eingefügt. Ich hatte mir über eine Stunde meine Gedanken zusammengeschrieben, blöderweise direkt in die Mail, wurde aber von Postfach geouttimed. So schnell krieg ich das jetzt nicht wieder zusammen.

    Grundsätzlich finde ich, dass der Hexameter die beginnende Entbergung (nämlich die gefühlt beginnende Entbehrung ) von Schöpfung verbirgt. Ja… anders kann ich das nicht ausdrücken. Die Elegien waren und sind mir sehr nah, und die erste Fassung liebe ich besonders, immer noch. (Das wissen Sie) 🙂

    Erste Fassung:
    Ihr sagt, das sei zynisch? Nein. Es ist Pathos und wahr.
    Pathos ist Teil von uns Männern, wenn wir Männer denn s i n d,
    gedacht f ü r, gewidmet d e n Frauen, weil ihnen letzte Ergebung
    Sorge um den Nachwuchs versagt wie weitren Nachwuchs in Reife.
    Ach! wollten hingeben sich, sie verlangten derart nach Einheit,
    früh, zu früh von den Kindern, den Männern verlassen, entblühn sie.

    Zweite Fassung:
    Ihr sagt, das sei Pathos? Ja, es ist Pathos: das wahre
    Teil von uns Männern, wenn wir‘s denn s i n d, und gewidmet den Frauen,
    weil ihnen Sorge ums Nest eine letzte Ergebung versagt hat,
    weil das sie zwingt, verhalten zu werden. Ach und verlangten
    derart nach Einheit! Wollten sich hingeben ganz, doch zu früh von
    Männern und ihren Kindern verlassen, entblühn sie früh schon,
    früher als wir, zu frühe reifende Menschen ergreift sie
    ihr Klimakterium und spricht ein Vorbei, wenn, mein Junge, Männer
    immer noch reifen und zeugen können und nehmen sich jüngere
    Frauen, die‘s auch schon, ganz wie die älteren, sehen.

    Dritte Fassung (hier hätte ich jetzt gern den Hexameter im Vergleich, finde die Stelle aber nicht)

    Vierte Fassung:
    Ihr sagt, das sei Pathos? Ja i s t es. Das Pathos ist wahrer
    Teil von uns Männern, sofern wir‘s denn sind, und gewidmet den Frauen,
    denen die Acht um den Nachwuchs die letzte Ergebung versagt. Sie
    schenken sich hin, und sie werden befruchtet. Danach ist mit Recht nur
    Frucht noch, und sie will. Die Frau wird verhalten; zu lebensklug weiß sie:
    “Wir tragen’s immer zuletzt.” Und sieht zu, wo sie bleibt. Doch ihr hatte –
    früher, da war sie noch Mädchen – genauso nach Einheit verlangt wie
    Männern, die’s, wenn sie nur wollen, zu wahren verstehen wie Teenies.
    Ihnen darf’s bleiben und bleibt’s oft in jeder Geliebten, die neu ist.
    Aber die Frauen? Zu früh von den Männern, dem eigenen Kind selbst
    zu früh verlassen, entblühn sie zu früh.

    Nachtrag am 15.05.:

    Erste Fassung:
    Da erzählt’ ich von Schönheit ihr und was Dich gelehrt
    deine Eltern: Daß hohe Sterne über dem Meer stehn.
    Nichts sind sie andres, wir wissen’s, als das Blinken von etwas,
    das nicht mehr ist. Doch füllen wir es mit uns an.
    Daß auch Wiesen nicht sind, was sie sind: sekündliches Morden,
    sondern Friede, Gesumme und sirrender Laut einer Bö,
    die sich an Halmen, die an ihr ziehen, singend verfängt,
    Harfen des Windes, jedes Geschöpf, das bedrohte, mit Wohllaut
    entgeltend. Ob man’s auch reißt, jetzt ist es glückhaft befriedet.
    Nicht ein Betrug ist’s. Es i s t. Lästerung wär jedes Klagen.
    F e i e r n müssen wir das und daß w i r sind, es atmend.
    Das erzählte ich ihr, und momentlang standen der Frau
    Tränen im Auge, ein feuchter Film nur, doch Schimmern aus
    Sehnsucht, die Wangen, die trockenen, röteten sich, erinnernd
    wieder selber Kind, hoffend, als ich nachschob,
    Lernen sei ebenfalls schön, voll Lust – oder vergebens.
    Noch das, jede Zahl, jede Letter wollten Kinder verwandeln,
    Halden aus Schutt in Wälder voll Elfen und Wölfen mit Goldblick.
    Der Tisch ist ein Raumschiff. Ganz dieselbe Bewegung
    ist das: der Blick von Liebhabern Künstlern, so, nicht anders
    sehn wir die Sterne, sehn wir die Wiese, das, Frau G., ist
    wahrer als Wahrheit, unser menschlichster Glaube. An Dich, Anahit.

    Zweite Fassung:
    Da erzählte ich ihr von der Schönheit und was dich deine
    Eltern gelehrt: daß Sterne hoch überm Meer stehn, nichts andres
    als das Blinken von etwas, das nicht mehr ist. Doch wir f ü l l e n‘s.
    Daß auch Wiesen nicht sind, was sie sind: sekündliches Morden,
    sondern Friede, Gesummse und sirrender Laut von Böen,
    die sich in an ihnen ziehenden Halmen verfangen,
    Harfen des Windes, die jede Bedrohung eines Geschöpfes
    mit einem Wohllaut entgelten. Ob man‘s auch reißt, jetzt ist‘s
    glückhaft befriedet. Das sei, sagte ich, kein Betrug, sondern feiern
    müßten wir das und daß wir s i n d und es teilen dürfen.
    Das erzählte ich ihr, und momentlang standen Tränen
    hinter den Brillengläsern der Frau, ein sehnsuchtsvolles
    feuchtes Schimmern. Die trockenen Wangen röteten sich fast
    kindlich, als ich weitererzählte, so sei auch zu lernen:
    d a s noch, jede Zahl, jede Letter wollten Kinder verwandeln,
    Halden aus Schutt zu Wäldern voll Elfen und Wölfen mit Goldblick.
    Jeder Tisch wird zum Raumschiff. Alles dieselbe Bewegung.
    So sei der Blick von Liebhabern, Künstlern. So, nicht anders,
    sehn wir die Sterne, sehn wir die Wiese. Das, Frau G., ist
    wahrer als Wahrheit. So, Anahit, küßt ein Mensch.

    Dritte Fassung:
    Erzählte begeistert von Schönheit und was sie dich, deine
    Eltern, gelehrt: daß da Sterne sehr hoch über dem Meer stehn. Nichts andres
    seien sie zwar als das Blinken von etwas, das längst nicht mehr ist. Doch
    f ü l l n wir‘s. Auch Wiesen sei‘n nicht, was sie sind: ein sekündliches Morden,
    sondern sie seien uns Friede, Gesummse und sirrender Laut von
    Böen, verfangen in an ihnen ziehenden Gräsern, in Schilfen,
    Harfen des Windes, die, ob man‘s auch reißt, jedes bedrohte
    Wesen mit Wohllaut beseelen. Das l o h n e, sei Heimtücke weder
    noch eine Täuschung… zu f e i e r n sei‘s! daß wir‘s zu teilen vermögen
    …daß wir so s i n d! – Für Momente, bevor sie sich wieder verkniff, (und
    Schimmern nur, Erschimmern, unzugelassene, herbe erstockte
    Sehnsüchte) traten der Frau hinters dicke, zylindrische Glas der
    Brille da Tränen. Die Augen – versteckte, darunter geduckte –
    schauten ganz hilflos, ganz weich – ein erwachendes Mädchen, das möchte.
    Und ihre Wangen, der galligen Frau, als ich weitererzählte,
    röteten sich. ˇS o wolle ich, daß er lerne, mein Sohn: daß
    alle die Zahlen, daß jederlei Letter sich in ihm verwandle.
    Pflicht selbst – sie forme sich um zu erstaunlichen, magischen Rätseln,
    liebevoll lockend, die magische bleiben, bis daß man sie löst. Und
    bleiben‘s noch dann, noch danach, bleiben klanghaft erhalten wie Halden,
    schuttübertürmte, den Kindern zu Wäldern voll Wölfen und Elfen
    würden – geflügelte Biester zugleich wie begehrte Gespielin,
    die um die kindliche Lust, sie erregend, sehr weiß und sie anfacht.
    So auch die Mathematik; so der Lehrstoff im Ganzen. Denn sei nicht,
    fragte ich weiter, Kulturen, die unserer nah sind, noch immer
    Zahl und das Wort noch zu heilig, als daß wir‘s auf Zwecke hin opfern
    dürften – ganz gleich, ob sie nun „Lehrplan“ geheißen, ob „Umsatz“?
    Lehrer, die gut sind, v e r w a n d e l n, wie Kinder, den Kindern die Welt. So
    taten‘s Europa und Orient, der Morgen des Abends, immer,
    Land der Geburt von Verklärung. Hier haben sich Wissen und Mythen
    unaufˇlösbar gepaart, haben wilde, erhobne – und geile,
    sagt‘ ich – Geschöpfe erliebt, die was i s t durch was s e i nicht ersetzten,
    nein!, doch es s c h ö n werden ließen. Und das soll nun fortgehn? Wie stehen
    wir denn dann da als so ausgeleerte Gelehrte? Das möglich
    Mögliche n i c h t, sondern u nmöglich Mögliches hat uns, Frau G., so
    reich werden lassen! Der Tisch wird zum Raumschiff, ein Becher wird Gral; in
    Bäumen verbergen sich Türen, und n i c h t s ist nur e s; es ist immer
    Anderes a u c h. So die Sprache, so Zahlen – und Jedes hat Teil an
    etwas und etwas an ihm, ˇwenn es einander auch fremd ist.
    Kabbala, Meister Eckhart, die Thora… die Liebeslegenden…
    alles dieselbe Bewegung: ein Blicken von Liebhabern, Künstlern.
    S o sehn wir Sterne, und sehen die Wiese. Wir sehen das Meer so.
    Das müssen Kinder bewahren, die lernen. Und Sie, für sich selber,
    müssen es sich, das Verlorne, zurückholn, Frau G. , das erwart ich
    nunmehr von Ihnen – was wahrer als faktische Wahrheit (per scola
    non, sed per vita) ist. S o lehrt ein Mensch: wie er küßt.

    Vierte Fassung:
    Daß Deine Eltern Dich hätten verliebt in die Sterne gemacht,
    hohe, die fern über dem Meer stehn. Zwar seien sie nichts
    als das vergehende Blinken von etwas, das längst nicht mehr ist.
    Wir aber füllten’s. Wie Wiesen. Wie Schilf. Denn wir sähen, wo Mord ist,
    Schönheiten hin, hörten den heulenden Böen Gesänge
    schwärmender Lichtelfen ab, Harfen des Windes, die Saiten
    ganz aus dem Gras unsrer innersten Bilder gedreht und gespannt,
    Musiken, die’s, daß man es reißt, dem bedrohten Geschöpf
    selig mit Wohllaut vergelten, dem imaginären, der ausgleicht.
    Daß wir so sind, daß wir’s zu teilen vermöchten und Täuschung
    Welt wurde: Täuschungen seien das nicht, sondern Schöpfungen selber –

    Für den Moment, und bevor sie sich wieder verkniff
    Schimmern, Erschimmern, unzugelassene Neige
    herbe, erstockte
    Tränen
    hinterm zylindrischen Glas
    ihrer Brille versteckt
    Augen
    eines aus Träumen erwachenden Mädchens, das möchte
    und ihre Wangen, der galligen Frau, wurden rot.

    So wolle ich, daß er lerne, mein Sohn: Alle die Zahlen,
    jederlei Letter für ihn sich verwandelnd. Und Pflicht selbst, erstaunlich,
    kleide sich magisch in Rätsel, in lockende, daß man sie löst,
    klanghaft erhalten in Halden, verwunschenen Gärten, in Brachen,
    schuttübertürmten, die Kindern zu Wäldern voll Wölfen und Elfen
    würden – geflügelten Biestern zugleich wie begehrten Gespielen,
    die um die kindliche Lust wissen und die sie entfachen.
    Seien Kulturen, die unserer nahe sind, nicht Wort und Zahl
    heilig noch heute? Und das opfere sie für den Zweck,
    ob der nun Lehrplan geheißen, ob Rahmen und, später, Gewinn?
    Lehrer, die gut sind, verwandeln den Kindern wie Kinder die Welt.
    So tun’s Europa und Orient, der Morgen des Abends, seit je:
    Land der Geburt der Verklärung, das Wissen mit Mythen gepaart hat
    und das sich wilde – und geile – Geschöpfe erschuf, die was ist,
    nein, durch was sei nicht ersetzten, doch aber es schön werden ließen.
    Das geben Sie als die Lehrerin auf, und Sie nehmen’s den Kindern?
    Wie stehen wir denn dann da? Stehen gelehrt wie Geleerte.
    Unmöglich Mögliches hat uns, Frau G., doch das Mögliche n i c h t,
    reich werden lassen. Der Tisch wird zum Raumschiff, ein Becher wird Gral;
    Türen, in Bäumen verborgen; und n i c h t s ist nur es, sondern immer
    Anderes auch. So die Sprache, so Zahlen – ein Jedes hat Teil an
    Fremdem und Fremdes an ihm, und ist nie nur identisch mit sich.
    Kabbala und Meister Eckhart, die Thora… die Liebeslegenden…
    alles dieselbe Bewegung: ein Blicken von Liebhabern, Künstlern.
    So sehn wir Sterne, und sehen die Wiese. Wir sehen das Meer so.
    Das müssen Kinder bewahren, die lernen. Und Sie, für sich selber,
    müssen es sich, das Verlorne, zurückholn, Frau G.
    Das erwart ich von Ihnen.
    Was wahrer als faktische Wahrheit ist.
    So lehrt ein Mensch.
    Wie wenn er küßt.

    (Hab’s eilig, muss ins Büro).

    1. @kabala Übrigens, da gibt es eine mir sehr sympathische Interpretation des Schöpfungsmythos. Sinngemäß: Gott zog sich zurück, damit Weltwerdung Platz hat.
      Also eben nicht: Gott schuf die Welt. Sondern er zog sich zurück und ließ so Welt werden.

    2. @Ifone. Schöpfungs-Interpretation. Weil die dadurch entstandene Leere gefüllt werden mußte, die, wie jedes Vakuum, Ausgleich will? – Woher kam dann die Füllmasse?

      Haben Sie zu der Interpretation einen Link oder können Sie mir eine Quelle nennen? Dieser Ansatz interessiert mich sehr. Spannend, in der Tat (“Am Anfang war die Tat”, übersetzt Goethe).

    3. @herbst, kabbala Es handelt sich um eine Variante des Schöpfungsmythos “ZimZum” des Kabbalisten Issak Luria, der aber selbst auch schon auf ältere Überlieferungen zurückgriff. Aber es gibt sie so ähnlich auch schon seit dem dritten Jahrhundert. Die Idee dahinter ist, im Grunde, wie immer bei der Kaballa schillernd. Es ist ein Erklärungsversuch dafür, wie ein unendlicher Gott eine endliche Welt schaffen kann. Ein unendlicher Gott musste sich selbst in einen Mittelpunkt zurückziehen (Selbstbeschränkung) , damit eine endliche Welt entstehen konnte. Also die Frage “woher” dann die Welt kam, erübrigt sich insofern, als dass natürlich diese Welt ein Teil, aber eben nur ein endlicher Teil Gottes bleibt.. Under dem Begriff Zim Zum finden sie einiges noch. Interessant ist aber, dass Gott tatsächlich für die endliche Welt “Platz machen musste”
      Es ist auch logisch eigentlich, weil “die Welt” nicht unendlich ist, Gott aber schon.
      Wörtlich:
      Wisse, daß bevor die Emanationen emaniert und die geschaffenen Dinge geschaffen wurden, es ein einfaches höchstes Licht gab, das alles Vorfindliche erfüllte. Es gab aber keinen bloßen Ort, etwa im Sinne eines Vakuums oder eines Hohlraumes, sondern alles war von jenem einfachen Licht des Unendlichen [En Sof] erfüllt. Und es hatte weder so etwas wie einen Anfang noch ein Ende, vielmehr war alles ein einziges, einfaches, sich selbst gleiches Licht. Es wird Licht des Unendlichen [Or En Sof] genannt. …. Und siehe, da zog das Unendliche sich selbst zurück in den Mittelpunkt in sich, genau in die Mitte seines Lichts; dann zog es jenes Licht zusammen und entfernte sich auf die Seiten um den Mittelpunkt herum, so daß nun von dem Mittelpunkt ein bloßer Ort übrigblieb, ein Vakuum und Hohlraum.

    4. @Ifone. Danke. Das ist eine sehr poetische Wiedereinsetzung des Geozentrismus, finde ich.Auch über “Alles Vorfindliche”ist ebenfalls eine Formulierung, über die sich lange meditieren läßt, weil es bereits ein anderes – Nicht-Vorfindliches – setzt. Womit wir dann bei Hegel wären. (Allerdings sagt es nicht “Nichts”, sondern eben “ein Anderes Etwas”).

    5. @herbst Ich wüsste hier nicht so schnell einen Geozentrismus heraus zu interpretieren. Dieser in sich selbst zurückgezogene Mittelpunkt ist ja nicht die Erde, sondern Gott, als etwas unendlich ausdehnungloses, als Punkt. Ich lese es eher als ein frühe Tuchfühlung oder Antizipation mit einer Kosmogonie, die heute auch (noch) von der modernen Physik vertreten wird.
      Das “einfache Licht des Unendlichen” könnte man als eine Vorwegnahme der Supersymmetrie sehen, von der man heute ausgeht, ein paar milliardstel Sekunden nach dem Urknall, als alle bekannten Grundkräfte noch vereinigt waren.
      Aber mir gefällt hier vor allem die Klarheit und Eleganz, eine fast mathematische Beschreibung von Weltwerdung. Sehr modern.
      Und es ist eben nicht ausgemacht, dass die Weltwerdung, also der Rückbeschränkung Gottes abgeschlossen ist. Ich glaube eben er bleibt in einem dynamischen Prozes des Ausgreifens, unserer auch technologischen Expansion.

    6. Kabbala oder die Urknalltheorie Einsteins E=mc hoch2 (wie kann ich die 2 als Multiplikand setzen, bei Word weiß ich´s aber hier?) Umwandlung von Materie in Energie und umgekehrt. Wird nicht gerade in Cern versucht mittels eines Teilchenbeschleunigers Antimaterie zu erzeugen, um zu erfoschen was es mit der Urknalltheorie auf sich hat. Ob überhaupt die Nullpunkttheorie von Raum und Zeit stimmt oder ob wir uns in einer möbiosen Endlosschleife befinden, in der alles sein entsprechendes Pendant hat, also auch die Materie und die Antimaterie oder anders ausgedrückt Gott und Antichrist auf dem Kopf gestellt ist, ungefähr so vorzustellen wie bei den Werken von M.C. Escher. Schwarze Löcher als verdichteter Nullpunkt oder ein Vakuum, das nicht leer ist sondern nur bis auf´s unendlich kleinste verdichtet?
      Und weiter wird diskutiert, dass das Universum expandiert, wir aber angeblich kurz davor sind selbst schwarze Löcher durch so einen Teilchenbeschleuniger zu erzeugen, wenn auch mit medieller Panikmache!
      Das Minuszeichen ist ja auch nur ein mathematisches Abstraktum, das wir uns vorstellen können, weil es ein Plus gibt oder Materie von der wir etwas abziehen können, 0 und 1 sind da schon näher dran. Mathematik (philosophisch betrachtet) objektiviert auch: Apfel + Apfel (der nicht der selbe ist wie der erste) = 2 Äpfel. so gesehen ist 0 die wirkliche Rechenparabel die der 1Materie Flexibilität einräumt aber vielleicht spinne ich auch gerade nur!

    7. @read Ane Naja, man muss absolut behutsam sein, mit all zu schnell abgeleiteten Isomorphien. Das wird dann schnell unwissenschaftlich. Ich selber muss mich immer sehr zügeln, weil ich auch ganz schnell dazu neige, etwas zu verbinden. Aber man muss aufpassen. Tatsächlich aber gibt es sehr viele – ich sag jetzt mal – Anknüpfungspunkte.
      Das mit den schwarzen Löchern stimmt. Es sind aber eben ganz kleine und kurzzeitige, soviel ich gehört habe. Aber ja, es gibt im cern und in den Forschungen da viele schöne spannende Wirklichkeiten und Möglichkeiten.

  3. Zerbrochene Spiegel. Ich war und bin der Auffassung, dass eine bewusste Unvollkommenheit des lyrischen Textes Voraussetzung für ein aufmerksames, sensitives Lesen ist. Erst die Leser schließen ein Gedicht zur Vollkommenheit. Insofern ist ein intervallartiges Aufbrechen von strengen Versmaßen, die leitrhythmisch den Text durchziehen sollten, in freie Rhythmen eine Arbeit, die dem Dichter nicht erspart bleibt.
    Dabei ist nicht wesentlich, ob das Thema bereits von anderen, ifone spricht im Zusammenhang der Bamberger Elegien von Botho Strauss und irrt gewaltig, antizipiert wurde. Ifone irrt deswegen, weil beide Arbeiten in unterschiedlichen Formen, und dies ist keineswegs ein Zufall, versuchen einen Zustand von Welt zu beklagen, der eben nicht derselbe ist, nicht sein kann. Der Bocksgesang, der Essay, hat einen ganz anderen Gestus als ANHs Bamberger Elegien. Strauss zielt ins Allgemeine, täuscht Objektivität vor, die Wahl der Form (Essay) begründet sich darin und erreicht dadurch nur die Leser, deren Weltbild durch seinen Essay Bestätigung erfährt. Die Elegien, wie alle ernstzunehmende Lyrik, objektivieren nicht vordergründig. Sie sind nicht nur, was im landläufigen Sinn eine Meinung heißt, sondern geben eine Befindlichkeit des lyrischen Ich wieder, in welcher sich die Leser spiegeln können. Strauss Essay konstatiert. Sein Spiegel, in dem wir uns betrachten sollen, weist keinen Sprung auf. Herbst stellt in Frage und lässt seine Elegien Fragen stellen. Sein Spiegel ist zerbrochen. Das ist ein gewaltiger Unterschied, wie ich finde, und der Form angemessen, die mit hohem Anspruch ihre Klagen formuliert. Die Elegien erfahren ihre Vervollkommnung erst durch die Leser, insofern werden sie fragmentarisch sein müssen. Es bleibt dem Leser und Hörer vorbehalten sich auf die Musikalität der „Bamberger“ einzulassen und sein Weltbild, sein Zustandsgefühl von Welt, seine Fragen an das Sein, denen der Elegien auszusetzen. Herbst Elegien bewegen sich nicht im Mainstream konservativer Claqueure, die auf jede Frage festgezurrte Antworten wissen. Seine Verse, unabhängig davon welche Fassung wir lesen, verlangen unsere Offenheit.

    1. @montgelas Was Sie zerbrochener Spiegel nennen, nenne ich verweigerte Präzision zugunsten von “Tiefengerüchen”, die mit in einer Zeile zusammen gezognem Name-Dropping (Kabala, Eckard, etc..) erzeugt werden. Nur als Beispiel.
      Was ist denn an vertrockneten Frauen oder fabelbeseelter Kindheit bitteschön nicht bloße Meinungstemperatur von Allgemeinheit?
      Aber ich will hier keine dezidierte Kritik. Jeder wie er meint.
      Was Botho Strauß betrifft, ich bin überhaupt kein Anhänger seines Konservatismus, aber er hat damals seinen Essay eben ganz bewusst an das “Niveau” des Mediums angepasst, in dem er erschienen ist. Also im Spiegel.
      Und das nenne ich dann doch Formbewusstsein. Obwohl ich inhaltlich nicht einverstanden bin.

    2. ifone nachdem ich ihnen in letzter zeit etwas derb kam ( mich dazu genötigt sah )
      poste ich ihnen noch kurz hier ein kompliment : sie verfügen über eine beneidens-
      werte kreativität, ifone.
      warum sie aber herbsts text so komplett in frage stellen, wundert mich – zumal
      ich daran sehr viel makellosigkeit erkenne.
      es ist für mich – der ich kein literat bin – echt bedauerlich, dass sie beide sich
      nicht mal ansatzweise treffen wollen.

      macht mich etwas ratlos.

    3. @knotscher, so ganz derb ist es nicht. Ich will ja hier auch nicht nur meckern, wollte sowieso nicht mehr so viel schreiben. Ich meine, ANH weiß ja, dass es ein bewusstes Risiko darstellt, sozusagen öffentlich zu dichten und zu arbeiten. Es ist ein mutiges und originelles Konzept es hier so arg ausführlich zu tun. Also ich finde es ja vom Ansatz her gut und über viele Dinge, über die hier geklagt wird, lässt sich ja durchaus auch klagen. Also um mal was positives zu sagen:
      Die Bemerkung, dass es im Gehirn feuert, was ja tatsächlich ein wissenschaftlicher Terminus ist – und dann zu sagen, ja also sehr ihr, es feuert doch auch in der Liebe, also das Feuern der Synapsen nimmt uns als Erkenntnis nichts von unserer Empfindungsfähigkeit, das zum Beispiel finde ich ja gut. Weil es auch konstruktiv also positiv gedacht ist. Aber ich finde es dann eben schade, wenn nach so einem konstruktiven Gedanken (der eigentlich ein eigenes langes Gedicht wert wäre) mit, ich sage jetzt mal – nach meinem Geschmack – allzu gebrauchsfertigen Bildern oder Flip Flops der Ambivalenzen gehandelt wird…. aber wie gesagt, es ist nicht mein Amt.

    4. ifone – ein wenig kryptisch also ich präferiere ja auch eine reinere action.
      bloss wie die herzustellen ist, dafür gibt’s halt kein rezept.
      ich meine wenn ich von substanzialität von strukturen reden wollte,
      so bewege ich mich innerhalb unüberschaubarer mengen.
      vielleicht involviere ich darauf hin eine grund-substanzialität, eine vorgedachte
      kausalität – vielleicht als zweck.
      künstlerisch betrachtet folgt daraus mitunter eine kleine soziologische erhebung.
      das soziologische diffundiert recht schnell in individual-psychologisches und
      ist gleichermassen noch etwaig genre-gebunden, was nicht unbedingt erleichterung
      bedeutet.
      das psychologische wird gehirnphysiologisch betrachtet und verweist mich auf
      laborversuchsergebnisse.
      dies alles zurückzuführen auf gesellschaft, verbunden vielleicht noch mit einem
      anspruch, eine schranke zu überschreiten, welches im positiven sinn zukunft für
      die gesellschaft mit-generiert, ist keine aufgabe eines einzelnen mehr.
      nun sind ja für mich literaten ein eher rückschrittliches völkchen.
      wenn sie allerdings nach hollywood schauen, so kommt es schon vor, dass mehrere
      könner an einem drehbuch schreiben.
      der grund dafür ist simpel :
      die welt ist zu komplex.
      sie gebaruchten z.b. den ausdruck eingliederung in einem mehrkörperensemble
      in verbindung mit uniformierungszweckmässigkeit.
      für mich eine katastrophale vorstellung – alleine weil vokabulartechnisch gesehen
      von vorneherein kreativität verbal abgeschnürt ist.
      das gleiche gilt für dieses anthropokybernetische vokabular wie polytechnische
      adaptertypus etc.
      ich sag ihnen, ich hab solchen kram schon gelesen – h. sacher z.b. und fand das
      damals irgendwie neu und flott.
      heute find ich das eher kalt und leblos.
      das einzige buch, das mir beim lesen wirklich zerfiel, war eins über atomphysik
      und ich muss sagen, ich fand die terminologie bunt und fantasievoll.
      viel fantasievoller als dieser regulationsquatsch.
      desweiteren waren damals in meiner schulzeit cracks dabei – die später physik
      studierten, aber auf mythologien abfuhren.
      nichts ist zu trennen ifone.
      und trennt man, so vergisst man was.
      ansonsten ist mir ihre politische haltung ziemlich unklar.
      was finden sie denn an einer merkel ( abgesehen davon dass man sie medial
      nicht wahrnehmen darf ) oder einem kichhoff gut ?
      am ende sind sie auch noch bei hans werner sinn eingeloggt ?
      es gibt jede menge an ihren aussagen die mich verstörten – ihre kreativität
      als soche tut das nicht – ganz im gegenteil.
      ich habe eher den eindruck sie verkaufen sich an etwas, was alleine niemals
      funktioniert, sich aber mächtig aufbläst.

    5. ifone – naja – poem ich sag ihnen noch das mein lieber :
      sie kommen da mit dogmatik an, ohne aber auch nur die peripherie einer
      problemlösung zu berühren.
      so sehe ich das.
      ( ich hoffe ich bin der einzige darin )
      konkretisiert :
      sie produzieren eine substanzlose hasserfüllte blase nach der anderen im schutz von grossen namen wie weizsäcker usw.
      mich persönlich haben sie damit nicht erreicht.
      und dann muss ich sehen wie fantasievoll sie sind.
      kleine tränen rollen meiner wange, die wange ist hohl, und das schild das
      ich schleppe, ist aus gras.
      das im wind weht.
      woanders.
      es ist schwarz.
      das können sie sich dann rauskopieren.

    6. @knotscher, solchen Generalvorwurf der Nichtkonstruktivität oder totaler Substanzlosigkeit können sie hier nicht gegen mich bringen, ich habe hier ein Gesellschaftsentwurf zur Diskussion gestellt, meinen Kunstbegriff erläutert. Ich habe sogar positive Beispiele genannt. Sehen Sie, das ist eher das Problem unserer Zeit. Sobald jemand den Versuch eines Generalzugriffs zur Disposition stellt, gilt er als Dogmatiker. oder als naiv. Eine ganz schlimme Krankheit der postmodernen Mentalität. Ich habe mir erlaubt, darauf hinzuweisen, dass die Wirklichkeit als solche, sich selbst zunehmend zu einer Dogmatikerin entwickelt (Joulo–Diktatur, Diktatur der Diskurse.), solange wir uns hinter unserer Individualitätsillusion verschanzen, den Grasschilden (schönes Wort von Ihnen)unserers Individualitätsplausibelmachungsgezappels mehr vertrauen als einer möglichen Kraft von Wirklichkeitseinvernahme. Weizsäcker hab ich hier ein einziges mal erwähnt in einem bestimmten Zusammenhang.
      Kreativität, wenn sie es so nennen, ist der Versuch konstrukive auch dissipative Strukturen zu erzeugen, in denen dann auch wieder Formbildungsprozesse stattfinden. Kreativität definiere ich als die Fähigkeit, nicht andere zu stören, die Umwelt, die Macht, sondern Kreativität ist die Fähigkeit sich selbst aus der Routine zu kippen, immer wieder neu anzusetzen. Das heißt aber nicht, dass man der Beliebigkeit frönt. Oder keine Meinung hat. Natürlich bleibt das ein Prozess und ein Projekt.

    7. revers ifone was ist denn ein gesellschaftsentwurf ?
      sie haben hier ein wenig verbal gezappelt, mehr nicht..
      wenn ich sehe wie sie sich an koryphäen aufrichten, dann tun sie
      mir leid, weil sie nämlich echt gut sind ( sie selbst ).
      naja woher WAS kommt, wissen wir beide nicht.
      und da befinden wir uns in der ignoranten zone generell
      ( da spar ich auch nicht femme aus ).
      na folxxs, mensch.

    8. nachher und ausgerechnet einem knüppel wie ihnen ( nicht krüppel ) soll ich ich
      individualität oder freien willen beweisen ?
      mann sind sie eingebildet.
      die torte reichen ?
      wem denn ?
      ich erinnere mich : dem nichts :
      was irgendwie blökt.
      viel erfolg.

    9. mein freier wille besteht schon darin, dass ich absolut keine lust mehr
      mir konzediere, ihnen zu antworten.
      das ist freier wille.
      was individualiität anbetrifft, fragen sie einen psychiater.

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