Spiegelbilder.26.01. 2009. Paul Reichenbachs Rückkehr in den Mythos.

In 3sat läuft, während ich dies schreibe, „Der letzte Tango in Paris“. Bertoluccis Schnittstellen schneiden tief ins Fleisch, reißen alte und noch nicht vernarbte Wunden auf. Ein ehrlicher Film, der mich schon beim ersten Mal sehen, nicht schlafen ließ. Ich bin allein. Den Nachmittag bis in den späten Abend hinein verbrachte ich mit Rita, die gestern aus Vilnius anreiste. Es war seltsam, doch in diesen Stunden dachte ich, es mag auch an meiner kranken Mutter liegen, übers alt werden nach. Und kein Gezwitscher, kein Schwingen konnte mich davon ablenken. Melancholie, wenn sie existentielle Gründe hat, verschwindet auch im Haut-an-Haut-Spiel nicht. Und dann noch dieser Film heute Abend. Ich kann, will mich ihm nicht entziehen. Bin fasziniert von seiner brutalen sensitiven Offenheit. Es ist als schaue ich in einen Spiegel, der mir die Figurenperspektive von Paul aufdrängt. Spiegel ? Denken sie an Aragon. Oder an Medusa. Wer sagt eigentlich, dass Perseus richtig beraten war, als er Medusa nur über einem Spiegelblick zu erledigen trachten glaubte. Spiegel sagen doch niemals die Wahrheit, zumal wenn sie noch ein Schild, konvex also, sind. Sie verzerren. Dass Medusa hässlich geworden sein soll und nur Unheil verströmte, halte ich für olympische Propaganda, der nicht nur Perseus aufsaß. Gründe für solche vernichtende Propaganda lassen sich sicher finden. Athene ähnlich gestrickt wie Artemis oder Apoll, hält keine ernstzunehmende Konkurrenz aus, meine ich. Aber dafür ist es heute zu spät. Ich muss nach dem Film ins Bett, erwartet mich doch morgen eine ziemlich harter Wochenbeginn, der durch die Aussicht auf „Cosi fan tutte“ am Mittwoch und zwei darauffolgende Urlaubstage ein wenig Milderung erfährt.

Bildquelle >>>>Robert Morris

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