27. 1. 2009.

Meine Strukturen zerfließen; heute habe ich das erste Mal seit langer langer Zeit wirklich verschlafen, obwohl meiner Junge bei mir übernachtete und zur Schule mußte. Um acht stand er an meiner Couch und fragte: „Papa, wieso schläfst du noch?“ So wäre auch, >>>> das Arbeitsjournal weiterzufüllen und es zu benennen, wie es halt benannt ist, unangemessen; es hat seinen Grund, daß ich dort seit zwei Tagen schweige.
Die abermalige Trennung hat mich offenbar tiefergehend aus dem Gerück gebracht, als ich bislang wahrhaben wollte, auch, wenn ich bis heute nicht einmal geweint habe, sondern pragmatisch handelte, weitgehend nüchtern; selbst meine Wutanfälle können kaum mehr so genannt werden. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Seite des Erwachsenseins – das schreibt ein 53jähriger – nicht auch einen Verlust von Lebensenergie indiziert. Andererseits lebe ich ja mehr als zuvor, lebe mehr aus, der Körper kommt in Schwung, jeden Tag an die zwanzig km mit dem Rad, einzweimal die Woche werden es auch schon mal vierzig, wenn ein Opernbesuch im Westen ansteht und/oder der Cellounterricht in Charlottenburg, wie gerade eben. Ich wache oft auf, und neben mir lächelt eine Schöne, wenn ich die Augen öffne, mich schön an… lang lang vermißt, sowas, und nun da. Aber auch das ist ein Schwebezustand und wird sich sehr demnächst völlig umorganisieren müssen. Ganz so wie die noch immer ungeklärte Situation mit meinem Jungen; ich brauche erst die Vereinbarung, bis ich Wohnung suchen kann, und das wiederum hängt bei dem Freund, der gut und klug umformulieren will, was ich vorformuliert hatte; er tut’s aber nicht. Also bleibt die Situation zwischen dem Jungen, seiner Mama und mir wie auf dem Hochseil, und man muß balanzieren. Ebenso balanziere ich mit >>>> Dielmann, der nun abermals untergetaucht zu sein scheint, obwohl ich so sehr auf die Umschläge für DER ENGEL ORDNUNGEN warte und deshalb nicht eigentlich weiß, ob das Buch nun erschienen ist oder nicht. Schwebezustand auch die Arbeit an den BAMBERGER ELEGIEN: wie soll ich sie fertigstellen, wenn ich voraussehen muß, daß es das gleiche Chaos mit den Erscheinungsterminen geben wird wie jetzt abermals bei dem Engelband? Immerhin, ich vögle oft und laß auch die härteren Fantasien los von der, tja, Stange. Körper sind d a, und sie wollen und dürfen und müssen auch dürfen. Brüste sind da, Nacken, Fesseln, Mösen, Zungen – einsam, weißGöttin, bin ich nicht. Doch auch das nimmt Arbeitszeit. Schwebezustand die finanzielle Situation: ich habe Außenstände und könnte ganz ruhig bis zum Ende April vor mich hinleben, aber es wird nicht gezahlt; einiges ist seit fast acht Wochen überfällig, anderes seit sechs. In dieser Zeit kam n i c h t s. Enfach Null. Also hab ich jetzt noch fünf Euro, Punkt, und auch die nur auf Pump – nervös darauf wartend, daß ein anderer Freund mir Bescheid gibt, das Geld sei da – wenigstens e i n Geld. Die „gefährlichsten“ zwei Rechnungen hat der Profi schnell für mich überwiesen. Schwebezustand meine ganze Haltung, nirgends eine Kontur. Nur das Cello, da bette ich mich hinein wie in einen Schoß; es ist in der Tat ein Glück, daß mein Instrument noch nicht singen kann, wenn ich auf ihm spiele, es ist in der Tat ein Glück, daß alles noch nach kratzendem Anfänger klingt; wäre dem anders, hätte ich bereits Ton, von der Technik, die sich üben läßt, einmal abgesehen, ich würde Autist: ich würde n u r noch darauf spielen und gar nichts andres mehr wollen. Literatur tritt in den Hintergrund, sogar, sagte A. heute früh am Telefon, „die Dschungel liegen brach“. Was nicht stimmt, aber das ist nicht mir zu verdanken.
Mein Lebenskonzept ist geknickt, und für ein anderes sind die Vorgaben noch nicht bereitet.