5.20 Uhr:
[In der Muschel. Küchentisch.]
Ich hatte recht mit meinem Instinkt, meinem Bedürfnis, Wunsch, was auch immer: >>>> dieser Barbiere ist für das Glück und balancierte mich zurück in mein Gleichgewicht. Zwar hat es mit der Pressekarte nicht mehr geklappt, aber ich werde gleich trotzdem drüber schreiben, >>>> so wenig professionell bin ich „Journalist“ – na, sowieso nicht. Αναδυομένη bekam ihre Eintrittskarte mit dem Studentenausweis preiswert, ich selbst nahm eine billige Karte und setzte mich dann zu ihr um; es war wie früher, als ich mit Pressekarten noch gar nicht verwöhnt war, „verwöhnt“, ja, muß man sagen, und zwar auch da schon kaum Geld hatte, aber immer die billigsten Karten nahm und dann, meist erfolgreich, nach einem leeren vorderen Platz schaute oder, häufiger und nahezu lieber, mich ganz nach vorn in den Rang stellte, bzw. auf die Holztreppen setzte.
Zur Aufführung also nachher mehr, und auf der Hauptsite; jetzt mag’s genügen, daß es mir nach der Vorstellung g u t ging, von Herzen gut; auch, daß ich >>>> Gert Loschütz traf, seit drei, seit vier Jahren (?) >>>> Katharina Kammerlohers, die die Rosina sang, Partner, tat dem keinen Abbruch, im Gegenteil: es ist wunderschön, wenigstens e i n Element von Stabilität in der Liebe zu sehen. Wir grüßten uns und umarmten uns kurz; „das hab ich mir gedacht, daß du hier bist“, sagte ich; es war ein Instinkt, den ich hatte: Bislang immer, wenn die Kammerloher singt, sitzt er im Publikum. Einfach nur schön ist das, ich möchte sagen, von Herzen: genau so schön, wie sie selbst ist, und so schön, wie sie singt.
Danach ging’s auf dem Rad in die Muschel, wo bereits zwei Doraden vorbereitet waren, die wir bis fast halb zwölf Uhr buken und verzehrten; dazu Granatapfel, den ich aus ständiger Versprecherei dauernd Grapefruit nannte, was daran liegt, daß Αναδυομένη Pampelmusen auf eine unvergleichliche Weise zu schälen und die Fruchtschnetze aus ihren Häuten zu lösen versteht, sie sehen dann aus wie ein glänzendes, immer noch etwas blutiges Fleisch. Sie nahm den >>>> Wolpertinger her ans Bett, ich möge weiter vorlesen; wir taten aber anderes, wonach sie sagte: Du willst doch jetzt nicht etwa einschlafen? Ich glaube, die letzte Silbe bekam ich schon nicht mehr mit.
An die Skizzen von gestern will ich mich setzen heute; mein Cello hab ich, zum Üben, mit in die Muschel gebracht, so daß mich nichts fortdrängt; abends ab 18 Uhr wird wieder mein Junge in der Arbeitswohnung sein, so haben wir das gestern am Telefon miteinander ausgemacht. Viel Post ist zu erledigen, überdies. Und bis zum 16. will man die Steuererklärung von mir; d a muß ich auch ran, sowie weiter an die Bamberger Elegien: es geht vor allem, letztlich, darum, eine neue tragfähige Basis für die Stücke zu finden. Weißt du, wovor ich mich fürchte? skypte ich gestern. Davor, daß ich eines Tages ganz entsetzlich w e i s e sein werde. Geradezu widerlich weise.
16.46 Uhr:
[Arbeitswohnung. Krenek, Orpheus & Eurydike.]
Ich recherchiere, aber ziemlich ergebnislos, über Google zu der Krenek-Oper, über die ich am kommenden Montag das Interview mit >>>> Zagrosek führen werde. Es sieht so aus, als müßte ich in die Uni-Bibliothek… hab aber eben im >>>> Konzerthaus angefragt, ob man dort Texte, vor allem Kokoschkas Libretto, für mich hat, damit ich’s mir kopieren kann…
Ansonsten Briefe, Briefe, Briefe, vor allem wegen >>>> MEERE. Immerhin melden sich bei >>>> marebuch und auch bei mir unterdessen ein paar Rezensenten. Meine Krenek-Aufnahme hat leider immer wieder Aussetzer; es rächt sich jetzt, daß ich damals auf einem Video-Billigband mitgeschnitten habe. Doch für einen tiefen Eindruck reicht das.