Wir werden bedrängt, aber wir haben Raum.
Am Meer die Eine, ans Meer und in die Berge die Andere, oder über alle Berge der Eine: Ich. Am Freitagabend schaltete ich PC und Handy aus, floh in den Spessart und blieb 3 Tage unerreichbar. Textarbeit war angesagt. Konzentriertes Arbeiten. In den Pausen, der Wind, immer noch schneidend kalt, wann hört dieser beschissene Winter endlich auf, rannte ich mindestens 10 x ums Hotel. Meine physische Kondition war nicht die beste. Leider. Die Weihnachtstage mit all ihrem angefressenen Ballast, ich wiege derzeit 3 kg über mein selbst gesetztes Limit, meldeten sich gewichtig in Gelenken und Muskulatur. Aber vielleicht ist das körperliche Unbehagen auch darauf zurückzuführen, dass mir ein wenig davor graut, die Geschichte eines Mannes fortzuführen, mit dem mich nicht nur das Alter, sondern auch eine Geschichte verbindet, die er und ich sich nicht ausgesucht haben. Niemand kann sich seine Geschichte aussuchen. Ist doch jeder, ob es ihm behagt oder nicht, das Kind einer Allegorie, eines Musters, die wiederum eine Allegorie in sich verbirgt, usf. (Vielleicht schreibt mal jemand einen Roman oder ein Gedicht über das Matrijoschka-Prinzip.) Ihre Bedeutungen erfragen heißt die Frage nach dem Unerhörten, Unsagbaren, stellen. Die Behauptung, dass sich viele Ich-Determinanten aus Eltern- und Großelternhaus und aus allgemeinen Sozialen speisen, ist nicht ganz falsch, befriedigt aber nicht. Eine Geschichte schreiben, etwas erzählen wollen, setzt den Glauben, den festen Irrglauben voraus, gelesen und gehört zu werden. Welche Anmaßung in Zeiten, wo Gedrucktes sich ständig inflationär recycelt. Der Wunsch etwas in Worte fassen zu wollen, lebt von der Hoffnung gehört und gelesen zu werden. Der Bruder aller Träume ist nicht der Schmerz, dessen Schwester ich als unruhige Sorge erfahre, darin täuscht sich der irakische Dichter Nazik al Mil’- ika, wenn er schreibt, schreit.
Woher kommt uns der Schmerz?
Woher kommt er? Er war der Bruder unserer Visionen
seit unvordenklicher Zeit
und der Führer unsres Gedichts.
Der Bruder aller Träume, der die Gedanken in exzentrische Bahnen schießt, wo sie hilflos kreisen, ist der leere zentrale Raum, der es bis zum Punkt bringt, den Unteilbaren. Sprache muss genau sein, mitleidlos, weder zärtlich mit sich noch mit anderen, es auf den Punkt bringen. Lyrik darf offen und direkt auf die Wunde zeigen. Prosa dagegen, muss, will sie das Ganze erfassen, ohne Sentimentalität ihre Sätze nähen. Sentimentalität, Teilnahme gehört einzig zum Gedicht und tritt da als Teilbares, Ausnahme, auf, las ich sinngemäß irgendwo bei John Berger. Es gibt ein Gedicht, eigentlich einen „dichten Satz“, fällt mir gerade ein, das sich dieser These entzieht und aufs Ganze zielt, da wo Erscheinung, Bedeutung, Aussehen und Sinn miteinander ganz verschmelzen und das, obwohl völlig unsentimental, oft missverständlich gefühlig empfunden wird.
Rose is a rose is a rose is a rose.
Bildquelle: >>>>>H I E R
sprache ist die motte in der matrix auf die wunde zeigen, hm, schon, aber manche gedichte verbinden auch das messer, – wie ich es mal bei beuys sah.
einmal in der woche zieht ein scherenschleifer durch die straßen hier, er kündigt sich mit einer flötentonfolge an. den strom bekommt er aus der änderungschneiderei gegenüber vom blaubart, einem kilorestaurant mit vielleicht noch ungeahnten kammern? wem man die schlüssel aushändigt, dem darf man nicht grollen.
was an der sprache genau sei, wollte mir noch nie einleuchten, sie scheint mir so ziemlich das ungenaueste medium, was je einem menschen für punktlandungen zur verfügung stand. in der rose steckt viel groucho, und in jedem marxist auch ein integrationsmachtssabboteur. auf is, wenn auf is. liebe is, was liebe is. dann, und nur dann. sprache ist soweit von formel, wie das rezept vom kuchen. man muss sie einmal in den mund nehmen und ein wenig drauf rumkauen, wie auf ein paar kokablättern, man bringt, was sich da verbappt, nicht runter, aber es hilft gegen den höhenkoller.
rise rose risen
die steile zeit
der rose wo