Arbeitsjournal. Montag, der 14. September 2009.

5.31 Uhr:
Ganz erschrocken >>>> diadorims mehrseits nächtlichen Tagebucheintrag gelesen. Gestern noch, nach dem schönen Familienfest in der Komischen Oper, bei dem die ganze quasi-Familie war, >>>> über رحاب بسام رحاب بسام (Rehab Bassam) nachgelesen, >>>> mit der ich auf dem ilb heute ein Gespräch führen soll; ich werde die Veranstaltung nachher noch in Der Dschungel annoncieren. Bin etwas heikel gestimmt, wenn ich an heute abend vorausdenke; eine andere als eine Vorbereitung übers Netz war nicht möglich; ich hatte mich bei Frau Bassam per Email gemeldet, um den Abend vorzubesprechen, aber es ist nie eine Antwort gekommen. Da aus den Informationen über sie hervorgeht, daß sie das Weblog an sich nicht ästhetisch begreift, wird man über Weblogs sehr allgemein sprechen müssen, bzw. darüber, was sie in der arabischen Welt bedeuten, bzw. bedeuten könnten. Ich bin allerdings politisch in Sorge: was wird man, zumal eine ägyptische Frau, fragen dürfen, was wird sie antworten können und dürfen? Ein Gespräch wird das s o kaum werden können, weshalb ich mich mit „Eigenem“ zurückhalten will – aber vielleicht lohnt hier die Frage, ob das Private politisch sei. Einfach als Frage. „Politisch“ meint durchaus geschlechterpolitisch.

Aufgewacht mit einer anders heiklen Frage, in Form einer Fantasie, die möglicherweise direkt aus einem Traum kam. Wenn wir bestimmte politische (a u c h – und gerade -: geschlechterpolitische) Selbstverständnisse erreicht haben, kann als perverse Verarbeitungsform ein gewollter Regreß erscheinen, dessen Realisierung zu starker Wollust führt; das Erreichte wirft Tabus ab, wirft Wasmannichttut’s auf einen immer größer werdenden Haufen, aus dem sich dann das Unbewußte bedient. So gesehen, werden die Herren von Roissy zu Folgen der Aufklärung. Ich dachte darüber aber nicht konkret nach, wie jetzt, sondern schwimmend, fließend, mit einem ziemlichen Teil Ungefährheit.
Vorher Telefonat mit >>>> Eigner, der >>>> meine Lesung verpaßt hat. Weshalb ich ihn nicht eingeladen hätte? Ich lade niemanden mehr extra ein. Es gibt Die Dschungel, wer sie nicht mitverfolgt, verpaßt halt. Eigner klagte über die hohen Eintrittspeise der Veranstaltungen des Literaturfestivals: 8 Euro, bei Judith Hermann sogar 16 (mit welch anderem Recht als einem des Hypes? einem ästhetischen ganz sicher nicht). “Da kann nur noch Wohlstandsbürgertum hingehn.” Ein bißchen den Eindruck hatte ich selbst am Sonnabend abend, als ich zu der Arabien-Veranstaltung im Berliner Festspielhaus ging: ein „altes“ sattes Westberlin, das chiv geworden ist.
Dann kam mein Bub her für Hausaufgaben und Cello. Er schläft noch, in zehn Minuten mach ich ihm den Kakao. Seit Tagen nicht mehr am >>>> Unendlichen Spaß gewesen, es ist mir jetzt irgendwie vergällt. Insgesamt mal wieder keine große Leselust. Aber die vier Interlinearübersetzungen, die ich von Texten Bassams geschickt bekommen habe, gehe ich selbstverständlich nachher durch; ansonsten gibt’s ihre Texte nur auf Arabisch, das Weblog sowieso.

4 thoughts on “Arbeitsjournal. Montag, der 14. September 2009.

  1. problems with arab? sie schreiben doch ab und zu in arabisch (رحاب بسام رحاب بسام), da sollt’s doch kein problem sein, arabische weblogs zu lesen? oder schreiben sie nur in diesen schönen schriftzeichen, weil sie dann so s c h l a u und polyglott wirken, verstehen jedoch kein einziges wort, was sie da per copy and paste hier abbilden? hm…

    1. @achmed. Ich übernehme Übersetzungen, um das Fremde daran zu bewahren, das auch m i r Fremde. Nicht nur, weil ich damit eine Klangvorstellung verbinde, sondern weil ich nicht vereinnahmen möchte. Wir denken im Westen “westener”-zentral genug. Dazu kommt, daß ich gerade arabische Schriftzeichen, anders als die unseren, immer als schön empfunden habe, also in ihrer “Materialität”, nicht nur in der Kombinatorik. Daß ich keine der arabischen Sprachen kann, habe ich mehrfach geschrieben. Es wäre also naheliegend, einmal zu fragen: “weshalb übernimmt er die Typologie dann?”

      (Sie sehen, man kann Ihren Vorwurf, ich wolle so und so nur wirken, ganz anders lesen – vorausgesetzt, es bringt jemand den Willen dazu mit und > >>>> läßt nicht nur sein Vorurteil tanzen. Was bringt Ihnen das, sich nur immer selbst auf die Schulter zu klopfen, anstelle daß Sie versuchen, in ein anderes Verfahren sich einmal offen hineinzufühlen? Die Frage müssen Sie sich selber stellen, nicht mir und niemandem anderes; die Antwort liegt rein in Ihnen selbst.)

    2. Ich mag die slawische Sprache sehr, aber ich spreche sie nicht, ich kann sie auch nicht lesen, aber ich kann sie mir immer, wenn ich unbedingt wissen möchte was es bedeutet, sie mir übersetzen lassen.
      Das alles macht das Leben etwas leichter, dass man etwas sehen kann ohne dass ma es verstehen muss. Es ist doch ein Abenteuer Sprachen zu lauschen die man gar nicht versteht, allerdings ganz brilliant ist es natürlich wenn man wie Borges so viele Sprachen sprechen konnte, aber Borges ist sowieso ein Segen.

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