Der Krieg und persönliche Moral.

Worüber ich in den letzten Jahren immer wieder nachgedacht, was mich so tief beschäftigt hat, daß es sogar Kern >>>> meines Lilith-Librettos wurde, was mich aber auch danach nie mehr losgelassen und jetzt gerade, wo „plötzlich“ >>>> Überraschung vorgespielt wird, „wir“ seien ja wirklich im Krieg: –
– daß ich, um meine Lieben zu schützen, selbstverständlich auch auf der Seite derer kämpfen würde, die Unrecht haben. Genau so etwas aber ist >>>> der Stoff für tragödische Kunst. Es ist reinweg falsch zu behaupten, es gebe keine Tragödie mehr, vielmehr sei die Gegenwart grotesk oder absurd und was dergleichen Abwehrbewegungen mehr sind, die die Grotesken, neuerdings den Tarantino-Trash etwa, als eigentlich >>>> „unserer“ Zeit angemessene Kunstformen ansehen wollen; das ist eine Haltung, die n u r aus der Sattheit gespeist wird, aus einer Art gelangweiltem Überdruß, der sich mit der politisch korrekten Umgangsform gepaart hat: cleanness; sie hat denn auch bei 9/11 gründlich versagt. Die Abwehr brach zusammen, und es wurde geradezu von der Kette gelassen, was man zuvor ironisch, trashig oder kalauernd eingepackt hatte.

7 thoughts on “Der Krieg und persönliche Moral.

  1. Man sieht wieder mal, was Sie nicht sehen, Herbst: Die Tarantinofilme leisten etwas, dass Ihre Kunstauffassung nicht leistet. Die Tarantinofilme behaupten keineswegs, dass die tragödische Gestalt unserer Gegenwart an ihr Ende gekommen ist. Sie sind deshalb meist sogar ziemlich brutal.
    Was Sie als Kalauerei bezeichnen, und folglich nicht kapieren: Die Tarantinofilme erzählen die Rationalität mit – also ihr “Gemachtes” – das Tragische im ästhetischen Gefäß, das aber dieses Gefäß eben durchaus beinahe im Brechtischen Sinne vorzeigt und das heute jederzeit miterzählt werden muss, weil Tarantino im Gegensatz zu ihnen weiss, dass das Tragische und die “Erzählung” des Tragischen in einer Äquivalenz stehen.
    Und das führt er auch vor. Deshalb sind seine Filme in den besten Momenten eben nicht kalauernd, sondern wahrhaftig tragisch, weil auch die Tragödie selbst nur als erzählte Tragödie funktioniert. “Das Tragische” nämlich ist immer schon Konstrukt…alles andere ist “das Grauen” – und “das Grauen” ist nicht erzählbar, höchstens dokumentiertbar – oder es muss zum Tragischen verfremdet werden, aber dann aber ist es eben eine “Tragödie”
    Und was sie hier zum 11. Sebtember sagen, ist insofern falsch, weil sie verschweigen, dass die Attentäter gebildete, rational geschulte, technische Anwender zeitgenössischen Wissens waren.
    Dieser Anschlag war nicht archaisch oder tragisch, sondern er war in einem absolut modernen Sinne als mediale “Erzählung” geplant und ausgeführt, und in dieser Ambivalenz waren sie einem Tarantinowerk viel näher als der Freudsche Kaffe, den Sie hier wieder ausgießen wollen, ohne die rationale Kaffeekanne zu begreifen, noch zu kapieren.

    1. @HölderLine. Ich mag Ihnen den Tarantino nicht nehmen, genießen Sie seine Vorführungen auf Ihren Schenkeln, so lange Sie mögen; wenn Sie aber zu hart draufklatschen beim Mitgrölen, kann’s wehtun. Also mit Bedacht. Aber das liegt Ihnen ja eh.

      Zu 9/11: Selbstverständlich war es eine technische Erzählung, es war sogar eine technische Inszenierung. Bestritt ich das? Durch die Inszenierung aber brach, wie sehr, das Archaische hindurch, das ich im Blick habe und das die Erzählungen antreibt. Verschwiegen habe ich übrigens gar nichts; anders als Sie muß ich mich aber nicht dauernd im Detail wiederholen. Außerdem ist, daß das Attentat von “gebildete(n), rational geschulte(n), technischen Anwender”n vielleicht nicht durchgeführt, aber doch geplant und in Gang gesetzt wurde, eine ziemlich banale Erkenntnis; man muß sowas echt nicht eigens betonen; es ist ja – anders als bei einem “gewöhnlichen” Selbstmörderanschlag – die Voraussetzung für ein solches Attentat – wer immer nun die Attentäter tatsächlich waren.

    2. Doch.. genau das muss man immer wieder besonders betonen, damit die Einschätzungen immer schön auf der Höhe der Zeit bleiben. Dieser Konflikt steht in einem Kalkül. Und ein “erfolgreiches” Attentat ist ein auf der Höhe der Sprengstoff- Funk und Waffentechnik des Westen geplantes – zumeist auch noch medial per Handyfilm ausgeschlachtetes Ereignis. Und die Planer sind zumeist wohlhabende auf Pariser, Londoner oder Hamburger Schulen in westlich rationalen Standarts von Effizienz, Wissen und Machbarkeit ausgebildete gegenwärtige Zeitgenossen. Und beim 11. Sebtember waren es sogar die Macher. Dass Sie dabei sogar ihr Leben einsetzen, ist kein Beweis für Archaik, sondern für besondere Effizienz, für ein besonder effizentes Kalkül, dass sich aus der asymetrischen Kriegsführung notwendig ergibt. Überhaupt nichts Neues.
      Sagen Sie doch einfach mal, was Sie eigentlich sagen wollen.
      Falls sie es noch nicht bemerkt haben, ich empfehle mal, die Sensibilität etwas zu justieren und darauf zu achten, was das genau für ein Lachen oder “Schenkelklopfen” ist, dass sie da bei Tarantino wahrnehmen – ist es wirklich das Lachen oder Schenkelklopfen bei Äppelwoi – dem würde ich aber stark widersprechen. Es ist ein sehr ambivalentes, im Empfinden zerrissenes Schenkelklopfen, wenn sich überhaupt jemand auf die Schenkel klopft.
      Wen glauben Sie denn, darüber belehren zu wollen, dass wir immernoch sterblich sind? Wem glauben Sie denn sagen zu müssen, dass das Leben ein Kampf ist? Dem Hartz4 – Empfänger? Der alleinerziehenden Mutter? Dem mittelständischen Bau-unternehmer, der seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann? Dem Krebskranken? Wem wollen sie denn ins Gewissen reden? Sich selbst?
      Darauf wär ich mal gespannt, auf die Antwort.
      Seien sie doch einfach ehrlich und sagen sie, dass Sie’s geil finden, wenns splättert und splittert und dass Sie’s einfach unterhaltend finden, blutige Konfliktlagen zu massieren – das ist nämlich einer von vielen Unterschieden zwischen Ihnen und den Tarantinofilmen, dass Tarantino kein Hehl aus seiner Geilheit macht, diese Filme zu drehen, er macht kein Hehl aus seiner Zeitgenossenschaft mit B-Movies und Videotheken, und ist dabei trotzdem nicht einfach nur naiv oder platt. Weil er es intelligent übersetzt, weil er die Geschichte des erzählerischen Kalküls miterzählt. Das ist die Kunst Herbst.
      Tarantino zeigt die Kaffeekanne, aus der er mir den Freud eingießt.
      Aber unterstehen Sie sich, todernste lebensweltliche Konfliktlagen zu missbrauchen, um Ihr Credo zu päppeln. Sonst kriegen Sie’s mit der Intelligenz zu tun.

  2. tarantino zeichnet viel zu gut –
    das ist leider missverständlich worin das problem liegt
    ich wünschte er würde das schlecht zeichnen drauf haben
    und leide unter dem bild das er vermittelt
    wohl ohne absicht …
    verheerend

    1. hochbeknackung hat das hier jemand mal genannt
      so zeichnen oder zählen als würd mans können nicht richtig
      an 8 fingern zählen bis zehn oder an zehn fingern bis acht
      funktioniert aber nur, wenn irgendwann mal die ganze hand gezeigt wurde
      als trick amüsiert das einmal
      aber danach wirds dann mäßig oder langweilig wie beim rainald.
      fehler sind nur spannend, wenn sie passiern.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .