6.46 Uhr:
[Arbeitswohnung. Křenek, Orphes und Eurydike.]
So ging das gestern noch weiter mit den Briefen. Dann war zur Familie hinüberzufahren; लक ging es g a r nicht gut nach dem Sturz vorgestern und dem ganzen Tag auf den Beinen während des Jobs; die Grippe quoll hoch, beim Zwillingsmäderle ebenfalls; also Einkäufe und das Abendessen besorgen, alle Kinder zu Bett bringen, die Küche auf Vordermensch bringen; gegen 21.45 Uhr kam ich dann zur Bar los, wo ich bis knapp Mitternacht mit dem Profi saß; dann ging’s mit dem Rad durch unsere –20 Grad zurück; noch jetzt, las ich gerade, haben wir –16 in Berlin, aber ich war derart dick eingepackt, daß mir der Schweiß tropfte, als ich hier ankam; die Pullover sind noch jetzt feucht.
Latte macchiato, drei Pullover (andere, bin ja Hygieniker), Alpakajacke, irgendwie ist gleich der Weg ins Bad zu schaffen; da ist aber nur das nackichte Stehn vorm Spiegel, für die nötige Rasur, ein Überwindungssteinerl; danach kommt das heiße gute Wasser. Vom Verlag die Nachricht, man überlege noch wegen der >>>> Bamberger Elegien; jetzt treffen wir uns Mitte Februar, um zu sprechen; ich soll da auch einzwei Elegien vorlesen: in dem Moment, als ich das las, war mir klar, daß man die Elegien herausbringen wird. Morgencigarillo und den zweiten Latte macchiato, wahrscheinlich, gleich; um neun Uhr werde ich >>>> zum Konzerthaus aufbrechen: die erste Probe. Muß die Aufnahmegeräte vorbereiten, auch das Fotochen; ich denk mal, Sie bekommen gegen halb elf/elf die ersten Eindrücke in Der Dschungel. Wobei ich, weil mir das Thema >>>> so unter der Haut liegt, mit dem Gedanken an ein eigenes Orpheusgedicht (Eurydikegedicht) spiele. Zudem hatte ich den Gedanken, >>>> das Horenstein-Ensemble zu fragen, ob wir nicht gemeinsam eine Veranstaltung >>>> AEOLIA und Musik erarbeiten wollen; die Musiker werden alle da sein, wahrscheinlich schon heute. Und in den Pausen übertrage ich UFs Korrekturen der Erzählungen, damit ich noch in dieser Woche Delf Schmidt die durchgesehene Typoskriptdatei schicken kann.
Also: bis zum 6.2. Orpheus, ab dem 7.2. Lektorat der Erzählungen, die am 15.2. in den Satz gehen sollen; danach gleich das Gespräch wegen der Elegien, und dann muß ich sofort an das Niebelschütz-Projekt. Ich habe in Frankfurt auch angeregt, während der Jubiläumswoche eine Niebelschütz-Veranstaltung durchzuführen; gab sich öffnende Ohren und wird auch >>>> Kain & Aber freuen ; ich selber soll da den Einführungsvortrag halten; als Vorleser habe ich >>>> Otto Mellies vorgeschlagen, den ich auch gern wieder in dem geplanten Niebelschütz-Hörstück für den WDR sprechen haben möchte. Mal sehn. (Morgen sollen es wieder – 20 Grad werden, und dann soll’s noch mal Schnee geben; ich bin ganz begeistert davon, mal wieder einen richtigen Winter zu erleben, nicht diesen zivilgeschädigten Mittelmatsch; vielleicht wird dann auch der Sommer richtig heiß.)
Eigner rief ganz verzweifelt an: er hatte versehentlich – in Gedanken, im Eifer seiner Arbeit – auf „nicht speichern” geklickt. Offenbar ist bei ihm nicht „automatisch speichern” eingestellt; nun sind so viele Seiten verloren. Ich konnte ihm gar nicht helfen, geh mit sowas selber seit langem gelassen um, aber erinner mich sehr sehr gut m e i n e r ersten Computerzeiten und daß ich damals manchmal weinend dasaß, weil mir Text verlorengegangen war. Der verlorengegangene Text, vor allem, kommt einem immer so vor, als wäre es d e r Text, und niemals erreiche man eine solche Kraft des Ausdrucks wieder. Oh ja, ich erinner mich gut.
So, was zieh ich heute an?
(Meine Augen werden schlechter und schlechter. Bisweilen bekomme ich Kopfschmerzen vom Sehen, vor allem beim Arbeiten. Sie sind auszuhalten, aber bedenklich finde ich das s c h o n. Ich rufe aber nicht so sehr deswegen keinen Augenarzt an, weil meine letzten Versuche mich immer auf zweimonatige Wartebänke schieben wollten, sondern, Hand aufs schwarze Herz, weil ich Brillen hasse. Ich will einfach keine, finde Brillen, grob gesagt, sexuell abtörnend. Soviel heute zu meinen inneren Dummheiten.)
(Aber, vielleicht… eine Laser-Operation? D a s wär was, wenn ich die mit einem Gedichtband bezahlen könnte…)
9.30 bis 15.30 Uhr:
>>>> Die erste Probe im Konzerthaus Berlin.
… Kaum aber bin ich in der Arbeitswohnung zurück, finde ich vom Konzerthaus folgende Nachricht in meinem elektronischen Postfach:
da Ihre Anwesenheit heute bei dem Orchester vermehrt zu Rückfragen geführt hat, würde ich Sie bitten sich bei den Proben, bei denen die Solisten und auch der Chor zum anwesend sein werden kurz vorzustellen. So hatten wir es ja auch kurz bei unserem Termin besprochen. Vielen Dank!
Außerdem haben wir wieder eine neue Eurydike: Anstelle von Caroline Whisnant singt nun Brigitte Pinter. Ich hoffe, das dies die letzte Aktualisierung ist.worauf ich folgendermaßen antworte:die Vorstellung hat nach der Pause Zag selbst vorgenommen; ich denke, damit ist das „Problem“ vom Tisch (einmal abgesehen davon, daß mich fast alle Musiker sowieso noch von der Spanientournee her kannten, die ich seinerzeit >>>> mit Der Dschungel begleitet habe). Es gibt bei Unternehmungen wie dem jetzigen notwendigerweise so eine Art Verstimmung, immer wieder, weil man nach außen ein anderes Bild vermittelt sehen möchte als das, das tatsächlich sowohl der Arbeit dient als auch den Leser interessiert: Wenn etwa nicht von Spannungen erzählt wird (wiewohl sie ja bei so gut wie allen Produktionen an sämtlichen Häusern der Welt zum Alltag gehören), ist auch der Text nicht spannend; man legt das Buch oder den Bericht dann gelangweilt beiseite. Viel interessanter ist es mitzuverfolgen, durch welche Kämpfe hindurch – und gerade ihretwegen schließlich – Produktionen wie diese großartig werden – wobei selbstverständlich auch das Risiko besteht, daß sie es n i c h t werden. Dieses Risiko nimmt man als Künstler ohnedies täglich auf sich, und es ist d a s – es ist diese Art des Abenteuers -, was Leser mitfiebern läßt, bis eine solche Produktion im Innersten auch die der Leser wird.
Jetzt werd ich mal schauen, ob ich heute abend bei der Familie kochen soll; falls nicht, mach ich mir eben hier etwas zu essen, bearbeite dann die Mitschnitte weiter, stelle vielleicht noch einen weiteren O-Ton ein und fange dann mit der Übertragung der Korrekturen an >>>> den Erzählungen an.
21.42 Uhr:
[Křenek, Orphes und Eurydike (Proben).]
Vom Terrarium zurück; mit der Familie gegessen, vorher eingekauft, nachher die Kinder bettfertig gemacht und nun wieder hierher geradelt; es scheint etwas weniger kalt zu sein, zwackte nicht mehr so an Ohren und Stirn. Wieviel ich jetzt noch schaffen werde, ist ungewiß, der Mittagsschlaf fehlt mir selbstverständlich, aber ich m u ß einfach noch an die Erzählungen; sonst bekomm ich die Datei diese Woche nicht mehr delfschmidtfertig; nächste Woche rauscht er ja ab nach Paris, da sollte er alles schon haben.
Cigarillo, Soave. Nebenher läuft einer meiner Mitschnitte, der vom Schluß, der sehr übersteuert war (>>>> am Ende der Aufzeichnungen zur ersten Probe).
23.20 Uhr:
So, ich mache Schluß für heute. Sieben der dreiundzwanzig Erzählungen durchgesehen und die meisten Korrekturen UFs akzeptiert; nur bei wenigen bleibe ich stur und warte Delf Schmidts Diktum ab.
Die Löwin ist heute abend nicht erreichbar; so stell ich mir ihren Nachtgruß halt vor. Ah ja, und Eisenhauer hat sich gemeldet. Auch mit Αναδυομένη gab’s ein zwar kurzes, notwendigerweise, aber sehr schönes Telefonat. Ich mag bis zu den Knien im aufgeplatzten Finanzschlamm stecken, unterm Strich bin ich privilegiert. Und: ich habe diesen Sohn. लक. Zwei entzückende Kinder dazu. Und meine Begeisterungen. Wer wollte da nicht schlafen können?
einspruch, euer begehren, ich find einige männer mit brille sehr sexy. und lasern, vorsicht sag ich nur, gut informieren, das gibt es einfach noch nicht lang genug, als dass man wüsste, wie lange so etwas hält, und ob es auf längere sicht nicht mehr kaputt macht als hilft. in sp lassen sich viele lasern, ist sehr viel günstiger dort als hier und angeblich auch besser erprobt. nun ja.
einen winter wie diesen ohne heizung fände ich nur im hamam noch erträglich.
gute besserung der gestürzten und gute arbeitszeit ihnen.