6.13 Uhr:
[Arbeitswohnung.
Bis eben schmetterte eine Amsel.
Jetzt krächzt die erste Elster.]
Worüber ich mich gestern noch gefreut habe.
– C.K. schrieb aus B.A.
– Daß Die Dschungel wahrgenommen wird.
– Manch Satz Eigners, nachts, wir saßen nach 22 Uhr beisammen bis der Tag wechselte, dann radelte ich her. Hatten Sie schon mal eine völlig verschlafene Löwin am Ohr?
– Zwei alte Männer gehen übern >>>> Friedhof. Sie reden gehörig gedämpft. Bleiben stehen bei Sartre und de Beauvoir. Einer von beiden dreht sich zum andern, holt knapp aus und gibt ihm eine auf die Nuß. Dreht sich ganz um und stapft davon, und zwar aus dem Leben des andren hinaus. Jetzt muß der sich entscheiden, ob er dableibt oder auch geht. Das gestorbene Paar macht ihm das aber schwierig. Selbstverständlich pladdert es vom Himmel, wie man sich das nur in dieser bestimmten einen Stadt vorstellen kann. Ein paar Minuten vorher hatten die alten Männer Unterstell in einem offenen Grabhaus gefunden, einem aufgelassenen; man kann sich da aber nicht sicher sein. Jedenfalls fanden sie nicht nur den, sondern auch ihr Lebens-Zerwürfnisthema. Daß es sich entzündet hatte, merkten sie nicht. Wir müssen uns ebenfalls entscheiden. Wir sind ein wenig schneller als der Stehengebliebene, vielleicht, weil unsere Nase nicht blutet. Aber wir sind nicht schnell genug. Als wir dem andern hinterhergehn, beeilt, jaja, ist er schon in den Bauch der Stadt abwärtsgehumpelt (Knotenstock, die linke Hand auf dem Geländer). Wir machen uns am Tickett-Automaten zu schaffen. Schnitt. Neue Geschichte, neue Personen. Ein Museum, eine >>>> Undine. Einer kommt hinzu, der lebenslang Bahnwärter gewesen ist. Er ist es nicht mehr, lebt aber trotzdem noch. Darin steckt eine spitzige Antinomie. Er folgt der Undine in den Waschraum. Sie geht auf dem Fischschwanz, „gehen” ist falsch, sie bewegt sich auf ihm erschreckend behende voran. Hinter den beiden schließt sich die Tür. Der dritte ist stehengeblieben, hat den beiden nachgesehen. Auch andere haben den beiden nachgesehen. Es ist keine Einbildung. „Haben Sie das Fischweib gesehen?” „Garstig!” „Nein: hübsch, s o hübsch!” Man beginnt zu diskutieren. Schnitt. Nächste Szene. Keine der Szenen hat mit der anderen irgend etwas zu tun, keine dauert länger als drei Minuten. Ein Pychoanalytiker tritt auf. Man folgt ihm ein wenig durch Montreuil. Wir wissen nicht, daß es einer ist; es bleibt das Geheimnis des Regisseurs. >>>> Sonssourir tritt auf ihn zu, aber daß sie es i s t, wissen wir auch nicht. Schnitt beim Kuß. Nächste Szene. Der Film sollte wenigstens zwei und eine dreiviertel Stunde dauern. Er ist spannend. Gerhard Schröder bekommt für einen einstündigen Vortrag 80.000 Euro. Das hat mich zwar nicht gefreut, sonst hätt ich einen neuen Gedankenstrichsabsatz gemacht, muß dennoch hier Erwähnung finden. Lehrstücke in Relativität erhielt ich gestern noch weitere. Meine Ohren, zum Beispiel, werden spitzer, oben, dort wo mal Rundung war. Sie werden auch länger. Das hat mit dem Altern nichts zu tun. Ich bin dabei, mich zu verwandeln. Zum Beispiel hat von gestern nacht auf heute morgen meine Augenfarbe gewechselt, sie war immer graugrün, jetzt ist ein Gold drin, Morgensonne; und eine kleine Leiter, über die man einsteigen kann, wenn man sich schmal macht. Guten Morgen, Frau Leserin, Herr Leser. >>>> Hier war gestern noch ziemlich was los. Ich hatte nachts keine Lust mehr gehabt, in das Internet zu spazieren, ließ die Tür geschlossen, trat ein durch die andre zum Schlaf und >>>> versank.
7.05 Uhr:
D a s ist aber ein schöner Referrer! >>>> „übersensibler anderswelter”.
10.33 Uhr:
Viel besser >>>> mit der veränderten letzten Zeile („spuckt” statt dem gefühligen „haucht’”).
Jetzt abwaschen, also Küche machen. Dann einkaufen. Ich habe den starken Impuls, eine neuer Erzählung zu schreiben. Allein, um zu sehen, ob ich sowas noch kann.
Schon vor langer Zeit bemerkte ich die zwei Zarte Beulchen auf Ihrer Stirn. Es lohnt kein Streit darum welch Hörner sprießen werden. Diabolisch glänzend gold um aufzuspießen, Prüderie und Weiblichkeit. Schimmernd glänzen im Abendlicht und Morgenschein, werden sie so macher Herzenstod noch sein. Wodkaflaschen werden auch entkorkt damit.