Ostermontagsjournal. 5. April 2010. Mit Othmar Schoeck begonnen.

<>5.58 Uhr:
[Arbeitswohnung. Schoeck, Violinkonzert.]
Othmar Schoecks L i e d e r finde ich magisch, ganz groß, nicht seine Instrumentalmusik: die ist, auch in ihrer „Verspätetheit”, angenehm – was wirkliche Schönheit ausschließt. Daß ich so empfinde, macht mich für viele unangenehm. Im gleichen Sinn sind viele >>>> meiner Erzählungen angenehm; nur einige wenige gehen darüber hinaus. Das ist nicht schlimm, gar nicht; man muß sich nur klar darüber sein, daß die anderen mit Kunst nichts, oder nur wenig, zu tun haben. Es ist bezeichnend, daß diejenigen Erzählungen, die drüber hinausgehen (zum Beispiel Lena Ponce), im allgemeinen dann >>>> eher n i c h t gemocht werden, denn sie vermitteln dieses Unangenehme auch. Es ist etwas Unerklärbares an ihnen, auch m i r Unerklärbares wie dieser Satz >>>> Mütter werfen und töten hormonisch. Als ich ihn schrieb, war er auch mir unangenehm.
Latte macchiato, Morgencigarillo.
Es wird heute, wie gestern war, ein Familientag werden, kein Arbeitstag, ein Ruhetag abermals. In einer Stunde werd ich wieder Ans Terrarium hinüberradeln, um elf werden die Zwillingskindlein von ihrem leiblichen Vater abgeholt werden, der gerade wieder in einer psychischen Phase ist, die es ihm erlaubt, sie öfter und auch mal einen Tag lang zu sehen. „Ich weiß, das ist schwer für dich”, sagte लक neulich. Sie irrt. Weniges, was mit meiner Familie zusammenhängt, ist noch schwer für mich, dazu bin ich viel zu sicher geworden, viel zu sicher meiner Entscheidung; eben dort, in diesem letzten Satz, der >>>> Melusine so wehgetan zu haben scheint, habe ich den Grund dafür formuliert: daß der Mann Entscheidungen auch gegen die Hormone trifft und annimmt und vertritt, jedenfalls die Potenz hat, das zu tun. Das ist der G e i s t, d i e Seite von Geist, die ich schätze. Ich will Melusine kurz auf ihren verletzten Einwand antworten, werde das gleich tun, bevor ich aufbreche. Selbstverständlich handelt es sich um etwas, das ich mir „zurechtgelegt” habe, um eine Haltung, eine des Selbstverständnisses, nicht aber um die (Be)Wertung eines strukturellen Phänomens, das in „Reinheit” nicht vorkommt, sondern, wenn, dann moderiert, in abgemischtem Ausmaß.
Nachmittags war ich gestern auf dem Spielplatz. Die Zwillingskindlein sind nicht meine leiblichen Kinder, ich habe auch keine rechtlichen Befugnisse, alleine deshalb stelle ich von ihnen keine Bilder hier mit ein, was ich sonst, von unseren Nähen, immer mal wieder gern täte. Es bedingt eine Distanz, die ich an sich nicht habe. Gegen 22 Uhr fuhr ich hierher zurück. Mit der begonnenen Erzählung bin ich keinen Satz weitergekommen. Macht nichts. Auf dem Balkon traf ich شجرة حبة mit dem Ohr. Der Profi ist an den See gefahren: vielleicht, so dachte ich ein paar Momente, und stellte mir’s vor, taucht auch für ihn ein Wasserwesen auf. Nächste Woche werde ich >>>> zu den Geparden reisen, anderthalb Tage auf dem kleinen Landschloß; die Löwin schlug vor, wir sollten ausreiten und gemeinsam jagen, das Wild dann aus der Schale brechen.
Ich muß zu rauchen aufhören, wenigstens mit den Zigaretten; vielleicht dürfen Cigarillos und Zigarren bleiben, da bin ich mir unsicher. Feststeht: die Husterei hört nicht auf, ist unangenehm, warnt. Ich möchte aber nicht zu den Nichtrauchern gehören, nicht zu ihrer Cleanness, ich brauche dazu ebenfalls eine Haltung. Die ich, hierbei, noch nicht habe. Sie muß aber gewonnen werden („Haltungen gewinnen”: interessante Einschätzung). Kaugummis zur Nikotinentwöhnung sind noch hier, lagern in der Medikamentenlade.

Ich muß die Arbeit am >>>> virtuellen Seminar wieder aufnehmen. Das Semester hat begonnen. Ich werd übern Tag mal schauen, welche Lektorate neu angelaufen sind. Und wenn jemand von Ihnen eine kleine Wohnung in Berlin sucht, dann schauen Sie mal >>>> dort. Guten Morgen: Österliche Ruhe ist derzeit in Der Dschungel; man könnte fast von Frieden sprechen..

17.26 Uhr:
[Am Terrarium.]
Ich sitze an einer Liebeserklärung über Berlin, aber weiß die Form noch nicht recht, probiere, ja bastle. Noch hat das objektiv keinen Zug, aber ich merke ihn. Vielleicht stelle ich später etwas aus dem Entwurf ein. >>>> Die Wohnung ist übrigens vermietet, also: es gibt die drei Interessenten, die genannt werden müssen; Daniello hat’s, wie ich las, schon vermerkt.

19.21 Uhr:
Die Zwillingskindlein sind zurück, und Die Dschungel ist, s c h o n unfaßbar, >>>> auf Nummer 1 gerückt: ich sah’s durch Zufall.

(Schnell eben in die Arbeitswohnung radeln, die Kontaktlinsen holen, sonst seh ich gleich im Kino nichts.)

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