Auch dies ist zu spüren: Verschiebt sich die Arbeit eines Dichters vom – mehr oder minder hermetischen, nämlich monadischen – Buch auf das prinzipiell unabgeschlossene Netz, dann p o l i t i s i e r t das die Poetik. Dies ist >>>> den Verächtern des Netzes entschieden entgegenzuhalten.
ich weiß nicht, ob ein buch hermetischer und monadischer ist als ein blog. die diskussion um das träger-medium scheint mir – ich ergänze: persönlich (und ich meine meine eigene erfahrung, nicht und dennoch die der dschungel, nicht und dennoch die anderweitigen schreiberfahrungen) – in eine richtung zu gehen, die darüber nur zu diskutieren weiß, was von den verschiedenen medien zu halten ist. eine solche diskussion meint nie das, was der text ist. ein text konstituiert sich – im idealfall – durch sich selbst. nehmen wir an, der idealfall trete nicht ein. was passiert mit dem text unabhängig davon, ob er gedruckt, gesendet, gepostet wird? er geht den bach runter. genauso geht den bach runter, was immer nur die präsentation meint. natürlich spreche ich als jemand, den es gedruckt fast nicht gibt. ein politikum sähe ich darin nicht, eher eine existenz-entscheidung. und die hat mit dem text zu tun. das sage ich als entschiedener gegner der lektüre von büchern am bildschirm (ausgenommen sind texte, die dort entstehen – im fluidum des jeweiligen jetzt (aber die litlinks- und liberley-erfahrung lehrt noch anderes, daß man nämlich wiegendrucke lesen kann bei sich zuhaus (da kullern aber meistens nur dem bibliophilen die augen, dem der text bloß noch druckbild))). ich brauche zum lesen das buch. es ist alles sehr widersprüchlich und ignoriert die jeweiligen sozialisationen (womit man aufgewachsen, woran man anfangs gewöhnt wurde, aber das sage ich in einem rückblick). die sind schon zu berücksichtigen, die sozialisationen. irgendwann wird auch das aussterben. zwangsläufig. pfründe sind indes pfründe. für mich auf jeden fall eine unverständliche diskussion. das offene des netzes? ich sehe es als ein herabsetzen der hemmschwelle, die sich dem zeigen der texte dann doch immer vor die füße wirft. die einladung, draufzutreten!
„irgendwann wird auch das aussterben zwangsläufig. “ Großartiger Satz! Er beschreibt derzeit die gedruckte Zeitungslandschaft und, übrigens, auch den Buchhandel exakt.
Das mit der „Einladung draufzutreten“ ist einerseits wahr, wir erleben gerade in Der Dschungel ja immer wieder Feuerwerke der Beispiele dafür, andererseits ergibt sich aus der Resistenz gegen so etwas eine sehr eigene, sehr zähe Kraft. Bitte auch nicht zu vergessen, mit welchem Leid Verrisse im traditionellen Buchmarkt sehr oft verbunden waren nd sind, gerade weil sie von Meinungsmacht-Medien veröffentlicht werden. Die Folgen gerade d a waren in nicht wenigen Fällen tiefe Depressionen bis hin zum Selbstmord; der heute berühmten Autoren, die so zu leiden gehabt hatten, sind es viele. Was das Netz austrägt und vorführt, ist im Grunde gar nichts anderes…. aber hier bleibt immer auch die Möglichkeit einer Gegenwehr, die im bürgerlichen Feuilleton zumindest für noch nicht ihrerseits mächtige Autoren geradezu ausgeschlossen ist, zumindest war.
anmerkung 87 zu ‚Die Insel und einige andere Metaphern für Arno Schmidt‘ von Wollschläger: … Rezension über Dya Na Sore; Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7.2.1959. Die Rezensenten-Namen werden nicht angeführt, da sie ohnehin nur zum Kollektiv „Zeitung“ gehören und ein Aufhalten ihres natürlichen Verschwindens aus dem Gedächtnis nicht rechtfertigen.. es geht in dem teil schlicht um verrisse.
ein blog hat ganz andere – erweiternde – möglichkeiten als ein buch, da ein buch doppelseitig aufgebaut ist.
ein blog bietet eine komplette draufsicht auf das was passiert – ob das nun ausschliesslich texte wären oder halt text/grafik-kombinationen oder text/grafik/sound – kombinationen, wobei man sich womöglich noch kurze, eigens für einen text angefertigte sounds oder geräusche etc relativ treffsicher in einen text holen kann, – selbstverständlich bei einem dann jeweils wachsenden zeitlichen aufwand.
da lässt sich schon relativ eigen etwas zusammenbasteln in einem blog, regelrecht blogtypisch insofern man ein blog von einer reinen freizeitbeschäftigung abhebt.
allerdings für einen schriftsteller alleine wohl kaum zu packen, da etwas auszureizen, das wäre schon eher so etwas wie filmchen drehen und ginge wohl bei einem schriftsteller auf kosten des rein literarischen outputs, zöge er das alleine durch.
finde es eh schwer, bei dem ganzen firlefanz der in den side bars zwangsläufig entstehen muss, eine ästhetik fern einer poppigen catchyness anzusteuern.
( auf welche ich als augenmensch allerdings sowieso abfahre )
der in sein buch zurückgezogen leser ist mir persönlich zu einsam, zu schutzbedürftig ( zu zickig-machtbesessen womöglich ) geworden – es lebe die interaktionsfähigkeit des netzes.
damit will ich allerdings weder gegen das buch noch gegen eine schriftstellerexistenz geredet haben – interessant wäre wie man mit interaktiver blog-kunst seinen lebensunterhalt bestreiten könnte ohne werbung zu schalten.
„der in sein buch zurückgezogen leser ist mir persönlich zu einsam“ : simple projektion der eigenen unbeholfenheit mit der lektüre. wo ‚einsam‘ für ein langweiliges ’selbst‘ steht. kommt nichts rüber. für mich. das buch erweitert! aber, wie gesagt, es geht um den text, nicht um das träger-medium. ab dafür.
klar es ist ja eh ein stuss was ich da richtung leser formulierte, allerdings die möglichkeit konkrete bilder in einen text zu plazieren ist schon fantastisch.
bei einer zeitung erwartet man ja, dass die in einen text beförderten bilder den text
ergänzen und anschauungsmaterial anbieten.
ich sag jetzt nicht was für eine performance ich gerade mach, aber ohne eine reale welt hat das null substanz – da treffe ich aber das buch ebenfalls, kein buch existiert
für sich alleine – jede kunst schafft es nur mit der wirklichkeit zu korrespondieren
über den leser, aber auch über den schreibenden innerhalb von interpretationsakten.
oder etwa nicht ?
gehaltvolle enthaltsamkeit
frage mich trotzdem gerade, warum sie eigentlich bloggen, paralallie.
ist das eine art sehnsucht nach öffentlichkeit ?
und nicht anders erst einmal zu befriedigen als über das netz ?
also wenn es gut läuft beim arbeiten für mich, dann kommen lösungsvorschläge für eine performance fast schon direkt über das material, so stelle ich mir meistens auch ein schreiben von gedichten vor, welche sich ausschliesslich auf einer klanglichen ebene bewegen wollen.
was ich gerne angetestet hätte wäre eine direkte einflussnahme des lesers auf ein entstehendes konstrukt – so wie vielleicht jemand in einem zimmer spontan seinen senf dazu gibt – auch eine möglichkeit des netzes, welche den künstler im augenblick des schaffens entgrenzen kann – naja.
( bei layout fragen halte ich es allerdings für sehr schwierig bastelten mehrere an
einer sache – nun imgrunde geht es bei interaktiven experimenten doch nur gegen
gewohnheiten – routinen – oder ähnlichem, allerdings kann so etwas auch perfektionieren )
es mal unumwunden zu sagen: um der läßlichkeit der schublade zu entgehen, die dann eher der stille zuneigte. wobei nicht wirklich sicher entschieden werden kann, ob das eine oder das andere das bessere sei. das tun entscheidet in diesem fall. die vermeintliche öffentlichkeit spielt dabei die rolle, die man sich als die folie einbildet, auf der man erscheint, aber nicht meint, die einen aber dennoch vermeintlich verlangt. dem dann gern nachzugeben. das gespräch bleibt durchaus ein selbstgespräch. Die unhörbare Privatsprache als Letztes. Wollschläger, Die Insel: wegelagernd aufgegabelt. das ziel durchaus eine unerhörte und eine ungehörige privatsprache. so weit entfernt, wie full metal jacket von bullet, nicht wirklich so rund.
versteh schon irgendwie, hab grad ein echt str(e)anges ding gemacht, ich selber
halte mich allerdings mittlerweile für ziemlich präsenil.
empfehle Svevo ‚Senilità‘
danke, kann das aber soweit akzeptieren ohne in panik zu verfallen.
da ich mich mit Ihnen gerade unheimlich langweile, vielleicht etwas zur erheiterung, weil ich’s grad las bei freitag.de als kommentar von chSchlesinger:
Teletext und Literatur gehen nicht zusammen. Internet und Literatur gehen nicht zusammen. Überall im World Wide Web herrscht gnadenloses Querlesen. Mit Thomas Manns „Tod in Venedig“ verbrachte ich im Sommer 2005 auf der Terrasse unvergessliche Wochen. Fast nach jedem Absatz ließ ich die Novelle für einige Minuten sinken, um in den Horizont zu schauen, mir Gedanken zu machen über das Erlesene und Empfundene. Dazu viele Anmerkungen mit Bleistift. Das bedeutet mir Literatur.
das internet und die stillen stunden. ich poste im blog, er postet im blog. aber er weiß es nicht zu unterscheiden. es kommt ihm als ein dichotomes daher, darum muß er es bloggen. wie quer das dann klingt, was literatur ihm ist. und wie sehr ich verstehe, was literatur ihm da ist. vielleicht sollte er nicht versuchen, es quer zu lesen. lasse er gnade gegen sich walten. was für ein unfug, diese vermengung! als hätte ein persönliches lektüre-erlebnis etwas mit internet zu tun! natürlich nicht! große verwirrung… herrscht? große verwirrung…
ich glaube, da ist wohl auch gemeint: ein buch hat immer das letzte wort. das kann auch etwas ungemein beruhigendes, weil verlässliches sein. da kann man wohl rein-, drüber- und danebenschreiben. das ficht das kompakte aber nicht an. es bleibt autorität. wenn dann auch noch mann drauf steht, fühlt man sich vielleicht auch schon wie bei vaddern. und den muss man (auch wenn man ihn queer lesen könnte) nach d&g nun wirklich nicht mehr killen. aber ich schweife ab und mache die flasche besser zu …
was ich durchaus auch meinte. ohne nun meine gewichtigen persönlichen erlebnisse damit breittreten zu wollen. ich ginge sogar soweit: die selbstgewählte autorität der lektüre als zwang der eigenen freiheit. ich folge ihrem schlußbeispiel…
keine ahnung was schlesinger macht – streifte mal kurz das blog und fands popelig.
naja – irgendwie son typ mit sonnenbrille oder so, naja wers braucht.
fahren bstimmt ein paar chicks drauf ab dann noch so mit th. mann und so.
ach so literatur – muss schon jemand echt was auf der pfanne haben dasses mich umhaut, sag ich lieber nix zu den texten dort.
verwirrung im internet – na das heisst doch das im internet jede(r) verwirrt sein müsste, der da postet usw.
komische auffassung – geradezu grössenwahnsinnig.
‚Senilità‘