Mit Anmerkungen zu Facebook. Das Arbeitsjournal des Dienstags, dem 28. Dezember 2010. Zwischen den Jahren (2).

8.21 Uhr:
[Arbeitswohnung. Hans Pfitzner, Das Herz (ff).]
Zwillingskindleins Geburtstag, um zehn werd ich drüben zum gemeinsamen Frühstück sein.
Zweiter Latte macchiato, zweiter Cigarillo. Die zweite Bamberger Elegie ist soweit fertig, allerdings hat mich der rhythmische Flußzwang gezwungen, zwei Wörter zu streichen, die mir eigentlich wichtig waren im Zusammenhang: Napphtha und Polypropylene. Vielleicht finde ich da aber noch eine Lösung.
Bis spät nachts kamen gestern noch Kommentare zum >>>> Hörstück, von einigen, die es sich aufgenommen und nun erst gehört hatten. Am berührendsten war die Reaktion >>>> Zazies:

Es zerrt einen herum, atemberaubend, angstmachend auch….

Schoecks >>>> Ergriffen sein! In der ganzen Ambivalenz. So will ich es immer wieder packen und formen. Solche Zuschriften machen Mut. Es sind noch mehr. Eigenartig aber, daß sich die Menschen in Der Dschungel eher zurückhalten und private Zustimmung, bzw. >>>> die scheinprivate bei Facebook vorziehen, das mir nach wie vor verdächtig ist. Die Kommentare dort leitete ich also gerne in Die Dschungel um. Eigentlich will ich Facebook ausschließlich für Annoncements verwenden; es steht mir zu viel kapitalistische Community dahinter, zu viel freundlicher Vorschein. Das Lächeln, spüre ich, ist Maske. Soziales wird formalisiert, modulisiert, normiert.
Ich muß mich fertigmachen zum Aufbruch. Rasur und Dusche rufen. Fußpflegerin um halb eins. Ich nehme das Rad, obwohl es die ganze Nacht über gewaltig geschneit hat: Weißes Wölben auf Dächern, Balkonen und Büschen. Winter.

15 thoughts on “Mit Anmerkungen zu Facebook. Das Arbeitsjournal des Dienstags, dem 28. Dezember 2010. Zwischen den Jahren (2).

  1. Gesichtsbuch Wohl wahr ist FB ein Buch des falschen Gesichts und auch ich nutze es vorwiegend für Annoncen.
    Aber auch, um schnell zu sehen, was meine Freunde Neues geschaffen haben (damit meine ich in erster Linie meine wirklichen Freunde, die ich grossteils auch schon lange persönlich kenne und das ist zwar nur ein kleiner Teil meiner FB „Freundesliste“, aber immerhin sind sie da alle auf einem Haufen vereint 😉
    Dafür ist FB gut finde ich – oder auch um Dinge zu posten, die man gerade hört und gut beziehungsweise schlecht findet. Ansonsten bin auch ich sehr vorsichtig mit dem tool.

    Und ja, Alban, meinen Kommentar über ihr Hörstück, welchen Sie oben gepostet haben, schrieb ich sehr wohl in einer email an Sie 🙂

    Sie sehen, man muss nur wissen, wann man welches Werkzeug richtig einsetzt.

    Azever
    Zazie

    1. es stand ja immer korpsgeist gegen korpsgeist bis sich die individualität auftat und der korpsgeist des konservatismus von lobbyismus bis heimatismus die fäden zog.
      das ist ja auch reell – ein schuss moral und leistungsbereitschaft dazu und man lebt in einer gesellschaft, die trotz aller ungerechtigkeit noch ganz gut dasteht im vergleich zu anderen gesellschaften.
      nervt mich voll ab weil es aus der differenz anscheinend leben kann und die blüte nicht ahnen kann oder kennen will.
      die gesellschaft will sich zu ihrer so ziemlich eigenen blüte machen und stellt sich in konkurrenz zu anderen gesellschaften, – sieht sich in konkurrenz zu anderen gesellschaften gestellt.
      der einzelne wird eben nicht zum glücksbringer, sondern immer eine diesem wie auch immer verquast sich darstellende agglutination, welche ohne ordnende konstruktionen eben nicht auskommt.
      naja was solls.

    2. das hättet ihr noch gerne – die dritte gute frau neben esther und der asthmatüte im spiel, babes.
      u fucking gamblers

    3. Genau so ist es Das hier ist genau der Grund, warum ich mich scheue, hier mehr zu posten.
      Man wird nur niedergemacht und es kommt nichts dabei raus.

      @lobster : Sie haben Recht ! Und ich will gerne mehr dazu sagen, hab auch drüber nachgedacht, was Sie schrieben… aber morgen, denn jetzt ist es spät. Ich hab nur nochmal kurz reingeschaut und ich sehe den letzten comment, der mich auf die Palme bringt.

      Und @ gefährliche cobra : Was meinen Sie mit gamblers ? Oder fucking ?
      Oder der Kombination beider Wörter….
      Vielleicht können Sie sich ja noch erklären, bevor ich diesen account lösche.

      Die Frage ist, ob Sie das schaffen ?

    4. @Zazie44. „Man wird nur niedergemacht und es kommt nichts dabei raus.“ – Nur, solange sich die Leute das gefallenlassen und nicht gegen solchen Ton aufstehen. Viele diesert Kommentare lösche ich unterdessen auch, wobei es in d i e s e m Fall pikant ist, weil der von Ihnen zu recht gerügte Kommentator „bulet cobra“ eben derselbe Kommentator ist, dem Sie als „lobster“ so zustimmen.
      Ich teile diese Zustimmung nicht, denn wenn ein, sagen wir, „Subversiver“ immer schon gleich seine gesellschaftspolitische Funktion a l s Funktion zum Ausgang seiner Subversionen macht, hat er sich stets schon im vorhinein desinfiziert, d.h. jede seiner Subversionen ist von vornherein affirmativ. Was dazu führt, daß er schließlich gar nichts Subversives mehr tut, sondern gewissermaßen gesellschaftskritisch onaniert; nach dem Höhepunkt nimmt er ein Pfeifchen und schläft sich dann dumpf. Für diese Art Subversion gilt schließlich das, was Marx für die Religion als Opium des Volkes meinte. – Eine tatsächliche Subversion ist hingegen vital und vitalistisch, vor allem ist sie aus heißem Herzen unmoralisch; sie hat den enormen Impuls von Achternbuschs „Du hast keine Chance, doch nutze sie.“

    5. zu Grenzfurthner & monochrom. Sowie einmal wieder Verbeen. Wegen >>>> des Films: S e h r schöne Geschichte. So, in der Tat, ist auch Facebook einsetzbar. So ist auch der Funk einsetzbar. Als ich vor vier Jahren mein >>>> Verbeen-Stück schrieb und inszenierte, ging hernach eine Riesennummer im Betrieb los, einschließlich zahlloser Anfragen im Antiquariatsmilieu, wer denn um Göttins Willen wenigstens ein Buch des Autors habe usw. Man fand Bücher von Verbeen etwa auf der Homepage Albert Vigoleis Thelens, aber die Bücher selber nicht. Schließlich bekam jemand heraus, daß es sich um eine Fiktion handelte und griff mich heftig an, wobei er mich als >>>> „der Fälscher Herbst“ bezeichnete; da Verbeen unterdessen einen eigenen wikipedia-Eintrag hatte, wurde dieser gelöscht, gegen die Löschung protestiert, es gab viele zum Teil heftige Auseinandersetzungen gerade in einer Szene, die für Freiheit im Netz einzustehen meint usw. Sie können das auf der Diskussionssite >>>> dort heute noch sehr gut nachlesen. Völlig aus dem Sichtfeld geriet, daß es sich bei Hörstück, wikipedia-Artikel und allen folgenden Diskussionen letztlich um einen R o m a n gehandelt hat, dessen Thema eine „politische Korrektheit“ ist, die wir als Schere im Kopf schon mitbringen und für den ich selbst nur den Anlaß schrieb, der aber, als Hörstück, Kunstwerk selbst war. Mir wäre es also, im Fall Georg P. Thomanns, darauf angekommen, daß auch das ausgestellte Bild ein Kunstwerk ist. Bei monochrom erschöpfte sich offenbar der Anlaß a l s Anlaß: er war beliebig.

    6. Zwei Seelen in einer Brust Wenn das die Subversion von lobster/cobra ist, dann hat sich eigentlich jede Diskussion darüber schon erledigt.
      Ich stelle mir die Frage : Wie kommt es, dass man in den meisten FOREN hochkant rausfliegt – gebannt wird, wenn man sich unter zwei bzw mehreren nicknames einloggt und bei den BLOGS ist das normal oder geduldet ?
      Ich finde das höchst fragwürdig und unehrlich (ich vermeide bewusst das Wort unmoralisch, denn mit der Moral im üblichen Sinn hab ichs auch nicht so)
      Da entstehen irgendwelche Scheindiskussionen, die ja gar keine richtigen Diskussionen sein können, weil ein und derselbe Typ einmal DAFÜR schreibt, um im nächsten Moment als alias sein eigenes Argument zu widerlegen oder um auch nur irgendeinen Knüppel zu schmeissen.
      Das ist hochgradig autistisch und noch schlimmer, es schadet der Umwelt.

      Über Johannes reden wir ein andermal.

    7. @Zazie44 Nichts spricht, finde ich, dagegen, hinter unterschiedlichen Nicknames zu schreiben – nur sollten die Betreffenden dies für andere erkennbar als (Gedanken)Spiel ausweisen. Wir sind uns doch nicht immer einig mit uns selbst, oder? Ist ein gegensätzliches Argument allein dadurch weniger gültig, dass es von der gleichen Person in eine Diskussion eingebracht wird? Der hier vorangegangene Dialog kann dafür nicht als Beispiel dienen, weil er eben keiner ist – stimmt. Aber schaden? Mehr Schaden würde angerichtet, wenn Vernunft und adäquates Benehmen in Weblogs zu sehr die Tischordnung bestimmten: sie sind eben keine Foren, auch wenn diskutiert werden darf und soll.
      Knüppelwerfer sind auch mir lästig, verstehen Sie mich da bitte nicht falsch, und ich liebe (und praktiziere) gute Manieren … nur der Begriff der Ehrlichkeit scheint mir im Kontext gerade der Dschungelkommentare etwas seltsam: niemand wird hier auf Authentizität festgenagelt, auch vom Gastgeber nicht, der selbst stark zum Spielen und Fiktionalisieren neigt.

    8. @Johannes (Apokalüptiker?) Vielleicht ist es ein bisschen spießig. Aber Nekrophilie finde ich unputzig. Wenn man gar nicht erst auf die Toten steigt, muss man auch nicht absteigen.

    9. @Zazie und Phyllis „Ehrlichkeit“ und „Authentizität“ sind Begriffe, finde ich, die in die Sackgasse und ins Verlogene (ver-)führen. Ich bin Nicht-Ich. (Gertrude Stein hatte immerhin noch den Hund, der sie kennt. Die hier ist hundefrei.) Was ich sage, sage ich ungedeckt durch eine Wirklichkeit, die mich nur vortäuscht.. Selbst der Geldwert muss heutzutage ohne Fort Knox auskommen. Ungedeckt heißt auch: ganz ohne Deckung. Keine Wagenburg mehr. Wir stellen uns aus und her. Die, sie, ich. Trotzdem: Ich halte, was ich verspreche.Ich bin konservativer als die englische Königsfamilie (sowieso!). Doch ich habe keine Identität. Sie müssen sich auf mein Wort verlassen.

    10. hey hallo , na gut nach ein paar stunden, wieso gibt es kaum inhaltlich anmutende systemkritik ?
      weil das system nicht mehr kritisiert ward.
      und weil esnicht krisiert ward inhaltlich – versteht mich bitte nicht flasch, folks – so erheilt es sich wohl am leben bis rein in die kommunalen netze.
      das muss euch nicht interessieren, pardon,

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .