Ablenkungen, sowie zur Übersetzung. Arbeitsjournal. Sonntag, der 23. Januar 2011.

6.44 Uhr:
[Arbeitswohnung. Egon Wellesz, Vierte Sinfonie.]
Noch sitze ich an der Abakus-Hommage für >>>> die horen. Mein Junge schläft auf dem Vulkanlager; nun hat er sich gestern d o c h einen Hausarrest eingehandelt; zu recht; dennoch hab ich seiner Mama eine Woche abhandeln können, so daß nicht auch seine Winterferien betroffen sind. Seltsam, daß ausgerechnet einer wie ich zur „Mäßigung” riet. Jedenfalls verbrachten wir zwei Männer den Abend dann zusammen; erst las er, dann schauten wir einen Film, dann las ich ihm, auf seinen Wunsch, nachts noch aus Kiplings Dschungelbuch vor; schon schlief er sich davon. Mal sehn, wie diese Woche werden wird. Das immerhin hast Du, bei aller Schlamperei, geschafft: von drei Vieren runterzukommen. Aber Du hast so eine Art entwickelt, verabredete Zeiten durch Verschleifen nicht einzuhalten. Das kann einen rasend machen, weil man da so hilflos ist. Freilich bin ich selbst nicht besser, wenn mich das Rumgesurfe am Wickel hat. Im Erziehungs„geschäft” ist mir dies das Schwierigste: daß ich die eigenen Muster wiedererkenne, die nach wie vor in mir wirken und gegen die einzig der Damm des Selbstdisziplinierens hilft oder eine von außen aufgesetzte Struktur; wahrscheinlich sind die meisten Leute deswegen froh, nicht am Kopf von Entscheidungsketten zu stehen und dafür noch bezahlt zu werden; ja selbst ihre soziale Absicherung übernehmen andere: in diesem Sinn sind Angestellte wie Kinder.

Sowie ich den Abakus fertighab, werde ich an Die Fenster von Sainte Chapelle gehen und den Jungenroman erst noch mal zeitlich ein wenig nach hinten schieben; die >>>> Kulturmaschinen baten dringend um rechtzeitige Abgabe des Typoskripts; das heißt: Anfang Februar; andernfalls bestünde die Gefahr, daß das Buch zur Leipziger Messe nicht fertig ist. Der Jungenroman hat als Abgabedatum erst März; zwar sollte das Lektorat da schon drinsein, an sich aber auch nicht, weil in aller Regel erst nach der Abgabe beim Verlag lektoriert wird. Darüber muß ich mit UF, der es übernimmt, noch korrespondieren; immerhin soll das Buch erst zur Frankfurter Messe, also im Herbst, erscheinen. Ich muß hier klar Prioritäten setzen; meinen eigentlichen Plan hat der horen-Auftrag durcheinandergebracht, der aber so ehrenvoll ist – und sein „Gegestand” ist mir so nah -, daß ich nicht ablehnen konnte. D anach dann gleich die Bearbeitung der Kleinen Litblog-Theorie für >>>> etkBooks; wiederum anschließend dann das neue Hörstück. Meine Güte! dachte ich eben: Wann find ich denn endlich die Zeit für ARGO? Denn nach dem Hörstück, so, wie’s jetzt aussieht, zwei Wochen Kreuzfahrt; abgesehen von ihren luxuriösen Wohltaten sichert sie für knapp ein nächstes halbes Jahr meine Ökonomie; schon deswegen kann ich nicht Nein zu ihr sagen; überdies wird sie Arbeits- und Lebensstoff bieten.
Auf den Arbeitsansturm, mal ehrlich, reagiere ich wie mein Junge: mit Ablenkereien, statt mich konzentriert zu spitzen; alles Mögliche finde ich über den Tag, das ich schnell mal hier über die Arbeit schiebe und mal da; ich wäre der ideale Typ für Koks. Vielleicht wirkt sich sogar der doch begrüßenswerte Umstand, daß ich finanziell zur Zeit nicht in Not bin, auf meine Arbeit lähmend aus. So sehr bin ich’s gewöhnt, alles immer aus einer Bewegung des Widerstands zu stemmen. Andrerseits gibt es an Kämpfen noch übergenug.

Spannend ist die Diskussion >>>> darum; sie wird auch hinter den Kulissen geführt. Etwa legte nun auch >>>> Zazie eine dezidierte Kritik an >>>> Pruniers Übersetzung vor; sie hat sie mit einem Pariser Freund diskutiert. Da ich des Französischen nicht mächtig bin, kann ich alldies, schon gar im Detail, nicht beurteilen und gerate deshalb in kleine Loyalitätsprobleme, auf die ich nur mit Offenheit gegenüber den Beteiligten reagieren mag. Möglicherweise ist dann viel für alle zu gewinnen.

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