36 thoughts on “(K)Eine Pornographie, doch ihre Verleugnung. Eine Studie zur Verniedlichung.

  1. Ich finde Ihr Kommentar ist ein bisschen zu trocken, zu gewollt geraten (was ihn aber inhaltlich nicht angreift).

    Aber meinen Sie nicht, dass das Tabu hier auch eine positive Rolle spielt (spielen kann), in dem Sinn, dass z.B. dieses Bild deshalb so wirkt wie es wirkt, weil es in einem (gewissen) Gegensatz dazu steht (und stehen kann)?

    1. @Metepsilonema. Aber ja! Ganz sicher sogar! Das wird aber nicht dadurch aufgehoben, daß man den Sachverhalt nicht nennt. Vielmehr wird der Reiz an der Übertretung noch verstärkt d u r c h die Übertretung, also das Bewußtsein, daß ich, indem ich das Bild genieße, den Tabubruch w i l l.

    2. nur ist das in dem Zusammenhang auf der Seite von Frau Phyllis völlig ins Leere hineingewollt. Weil sie weder Frau Phyllis noch den dort Lesenden erklären müssen, was eine Möse ist noch müssen sie erklären, dass das Bild ein sexuelles Bild ist – sie haben einen Witz erklärt und das war halt komplett austrocknend.

    3. @ANH Der Reiz an der Übertretung wird dann verstärkt, wenn man das schon vorher wollte; falls nicht, kann einen das abschrecken (bzw. verschrecken) und die Wirkung zerstören, weil sie an das Tabu erinnert.

      Aber ich glaube, dass da noch etwas anderes ist: Die kausale Erklärung zerstört den Zauber, dass etwas intensiv auf mich wirkt, aber nicht restlos erklärt werden kann. Das ist vielleicht nicht zwangsläufig so, aber tendenziell, weil es eine Zwangsläufigkeit installiert.

    4. @stuntman. “und das war halt komplett austrocknend” – : Das ist nun wirklich I h r Problem, nicht meines. Wenn ein Witz gut ist, lache ich, und keine Erklärung kann das verhindern oder rückgängig machen. Ich bin schlichtweg nicht abhängig von der Reaktion anderer. Offenbar gehörte ich in dem genannten Zusammenhang zu wenigen, denen das ebenso geht. Ansonsten hätte man meinen Kommentar einfach übergangen. Frau Kiehl war nicht böse über ihn; wir haben hinter den Kulissen darüber gemailt – noch bevor ich meinen Text eingestellt habe. Ich fand ihr Bild in der Wahrnehmung unterrepräsentiert und wollte das ändern – wie Sie sehen, mit Erfolg. Oder wollen Sie mir jetzt ernstens sagen, daß das Bild durch meinen Kommentar irgend etwas für Sie verloren hat? Wenn Sie so schnell trocken werden – interessante Formulierung, übrigens -, dann ist Ihrer Nässe kaum zu trauen.

    5. @Metepsilonema. W e n abschrecken? Da muß jemand schon sehr ungefestigt sein, und schon für Gefestigte ist Kunst ein heikles Gefild – weshalb ja auch immer wieder Werke auf dem Index landen, die wir zweihundert Jahre später bewundern. Meine Erinnerung an das Tabu war insofern gewollt. Sie erhöht meinen Genuß. Daß sie insofern von seiner Existenz abhängt, hat MelusineB sehr klar beschrieben. Ohne Tabus, die ich überschreiten kann, würde ich mich langweilen. Aber Kunst ist kein Spiel, um zu tändeln. Es gibt in ihr weder Jugendschutz noch Rücksicht auf das Alter. Sie hält sich, prizipiell, nicht an Gesetze, sondern übertritt sie. Gut zu beobachten an der Malerei des Mittelalters, gut zu erkennen auch bei Ovid (der dafür mit dem Schwarzen Meer büßen mußte).

      Ihr zweiter Punkt hat einen Denkfehler:Die kausale Erklärung zerstört den Zauber, dass etwas intensiv auf mich wirkt, aber nicht restlos erklärt werden kann.Ich kann auf ihn nur ebenso tautologisch reagieren: “Wenn etwas nicht restlos erklärt werden kann, gibt es keine kausale Erklärung.” Erklärbarkeit setzt nämlich Kausalität voraus – sofern wir unter “Erklärung” dasselbe verstehen. Das kann anders sein, wenn Sie, zum Beispiel meinen, daß es eine Erklärung sei, wenn auf die Frage “Weshalb gibt es Schmetterlinger?” geantwortet wird: “Weil die Schöpfung gut ist.” Damit geriete “Erklärung” dann ins Motivfeld des Märchens, der Sage, der Religion.

    6. @ANH Na den, der sich des Tabus nicht bewusst gewesen ist und es erst nach einer Erklärung wahrnimmt. Und es waren nicht Sie oder die Kunst gemeint, sondern ein beliebiger Betrachter (Ihre Position war mir schon klar). Von mir aus ungefestigt, warum nicht (ist ja nichts schlimmes und wenn es so ist, muss man es akzeptieren)?

      Das Zweite war perspektivisch gemeint: Ein Betrachter liebt ein Kunstwerk, weiß aber nicht warum es auf diese Art und Weise auf ihn wirkt. Eine objektive (also von außen gegebene, ihm nicht zugängliche) Erklärung, die seine Reaktion zur Zwangsläufigkeit macht zerstört sie u.U. weil sie gar nicht anders sein kann (Wertigkeiten entstehen, weil wir uns entscheiden können).

      Viele Erklärungen sind nicht kausal, weil die verfügbare Menge an Information das nicht zulässt oder Wahrscheinlichkeitsprozesse vorliegen (man kann vorhersagen was im Großen und Ganzen passieren wird, aber keine Details).

    7. aber, metepsilonema, gestehen Sie damit nicht anhs kommentar zu viel macht zu? macht über das kunstwerk als ein solches? er hat eine erklärung unternommen, die sich v.a. auf die, seiner ansicht nach, unzureichenden kommentare auf tt bezog. erklärt hat er das kunstwerk damit nicht, denke ich. denn, und da würde ich Ihnen zustimmen, als gelingendem kunstwerk eignet ihm ein rest, der begrifflich nicht zu erschöpfen ist. darum weiß die betrachterin eben auch nicht (und kann nicht wissen), was genau sie da so sehr affiziert.

      anh unternimmt nun, das hat er ja explizit gemacht, den versuch, zunächst einmal das begrifflich erklärbare bis zur neige auszuschöpfen. man könnte das durchaus auch positiv als proba auf das kunstwerk deuten.

    8. @Aikmaier Auf längere Sicht und erneutes (späteres) Nachdenken bezogen haben Sie sicherlich recht und es würde meinem eigenen Verständnis von Kunst widersprechen.

      Aber: Die obigen Überlegungen stehen ja in Bezug auf das Netz und Kommentare, die sehr oft innerhalb einer Aufmerksamkeitsspanne geschrieben und veröffentlicht werden, da hat solch ein Eindruck dann schon einige Wirkung, auch wenn er sich – wie gesagt – auf länger Sicht wieder zerstreuen mag. Auf den Punkt gebracht, hat ANH mit seiner Erklärung solange Macht, solange nicht konkurrierend “Theorien” hinzutreten oder aufgestellt werden.

      Ich sehe ANHs Kommentar nicht grundsätzlich negativ, ich versuche nur zu verstehen warum einige Reaktionen so ausfielen wie sie es taten.

    9. Ob ein Werk mich als Betrachter affiziert ist ein Vorgang von Millisekunden. Ist keine Entscheidung. Und das ist das Unbenennbare von Anfang an. Daher braucht es keine proba oder ein Sieb, dass ich hinterher feststellen kann: das ist der Rest der bleibt, an diesem entzieht sich Sprache.

      Und unzureichende Kommentare haben noch lange nichts mit Abwehr zu tun. Entweder das Betrachtete trägt es in sich oder nicht, genau diesen Klebstoff der die Hummeln weckt und mich als Betrachter lockt zum Verweilen lockt. Es zieht.

      Alles andere hat höchstens geschnarcht, die Gelegenheit wahrzunehmen es auch zu formulieren, meine Meinung. Was nicht heißt, dass es nicht gewirkt hat. Und ich halte jeden für so empfänglich. Sonst wär’n das ja alle Wirkungsverweigerer.

    10. Auch wenn das Interesse schon im Abflauen ist: Ein Werk kann mich in wenigen Sekunden bezwingen, das stimmt, aber dieser erste Eindruck kann genauso schnell wieder dahin sein (das geht mir mit Gemälden häufig so); und eine neutrale Betrachtung kann mitunter überhaupt erst etwas freilegen (auch wenn das der vielleicht seltener Fall ist). Das ist generell sehr vom Werk abhängig: In der Literatur und in der Musik ist dieser Ersteindruck für meine Rezeption (fast immer) unbedeutend.

      Und von unzureichenden Kommentaren hat niemand gesprochen.

    11. Dann bin ich aber froh, dass Sie mir geantwortet haben, trotz des abflauenden Interesses. Und nein, Sie haben nicht von unzureichenden Kommentaren gesprochen. Das ist rum.

      Sicher, es gibt Eyecatcher, mal beim Gemälde bleibend, deren Attraktion mich schnell wieder loslässt. Etwas, dass sich meinen Blick nimmt! Und mir das zeigt was ich sehen will bzw. glaube es so sehen zu wollen, was natürlich auch auf kulturelle Konditionierung zurückläuft. Das war es dann aber auch. Es bestätigt. Erfüllt meine Erwartung.

      Es muss ein Entzug enthalten sein, das was es nicht zu zeigen vermag aber genau das einfängt. Ein wenig paradox. Das was ich als Selbstauslöser bezeichnet hatte, das mich verstört zurücklässt, indem es meinem eigenen Blick nicht in Szene setzt sondern eine Szenerie ent-wirft (!), die mich nach meinem Blick suchen lässt. Suche nach Abgleich in mir selbst, den es nicht gibt. Das gibt es an mich ab. Es setzt mich mir aus, in mein eigenes Monsterspiegelkabinett.

    12. @read An. die mich nach meinem Blick suchen lässt.Was ich eben getan hatte, den Blick dann fand und von ihm erzählte. Das war der Prozeß.

      Ich bin da gänzlich Ihrer Meinung, nur daß es nicht zwangsläufig Monster sein müssen.

    13. Sicher haben Sie das gemacht. Nicht nur weil Sie das wollten sondern auch wegen der vorauslaufenden Kommentare, in denen Sie das Foto unterrepräsentiert fanden. Stimmt. Nur kann ich das für mich nicht zwangsläufig mit Abwehr gleichsetzen. Ich kann das von beiden Seiten nachvollziehen. An meinen eigenen eingestellten Beiträgen, die ich mir auch, sich damit auseindersetzend kommentiert wünsche, habe aber selbst auch schon den Faden verloren und bin ins twitterische Zwitschern gefallen, was mir gar nicht so sehr liegt. Ich will aber auch nicht denken: Ei, iiih, jetzt habe ich geherzt! Pfui! Es gibt Schlimmeres. Solange sich auch getraut wird, auch mal auf Herz- und Nierenwerte zu befragen. Ich erlebe Sie in der Dschungel eher selten als jemandem der anderen Fragen stellt, ganz gleich ob Sie für sich schon eine Antwort haben. Nicht dass ich Sie nicht für einen neugierigen Menschen halte, im Gegenteil, nur Ihr Kopf eilt Ihnen voraus und Sie sind schnell bei der nächsten Theorie die daraus folgt. Sie geben sich selbst die Antworten. Mir gefiel die Frage von Melusine an mich z.B., -ob Männer auch so auf sich sehen- , inhaltlich und vor allem dass Sie überhaupt fragte gut. Einfach das: Mal sehen was Sie darauf antwortet. Das ist ansprechend, fordernd sogar. Gut, viel dazu geschrieben habe ich nicht, ich wollte erst einmal darüber brüten, und infolge Ihrer Intervention, wie Sie das nannten, hatte sich sowieso eine eigene Dynamik in verschiedene Richtungen entwickelt.

    14. @all Wirkungsverweigerer. Daran blieb ich hängen, read an. Und gehe wie Sie davon aus, niemand von uns ist einer. Wir sind nur – ich bin es, von meiner eigenen Arbeit mit diesem Thema abgesehen, auch – manchmal etwas laissez-faire. Dieses ok-Prinzip: niemand muss mir erklären, was eine Tüte Chips ist, niemand braucht mir zu sagen, was eine Tüte Sex ist. Ende der Debatte.
      Es kamen Beschwerden auf TT nach der Bilddiskussion. Andere Weblogs hätten sich des Themas bemächtigt, das sei Vereinnahmung, ich solle das nicht zulassen. Warum man nicht auf TT bleiben könne, sondern zu Herbst und an die Gleise müsse? Die würden gängeln.
      Ich bin heute schrecklich unkonzentriert, deswegen nur schnell ein kleiner Nachtrag: ich persönlich folge (m)einem Thema überall hin, wenn es mir wichtig ist. Dass die Diskussion um Eyecatcher und Monsterspiegelkabinette nun hier und dort geführt wird, stimmt mich kein bißchen miss. Ich selbst brauche allerdings oft Stunden, meine Gedanken zu verworten, selbst, wenn’s nur ein kleiner Kommentar werden soll. Kann ich mir nicht immer leisten. (Vielleicht, wenn ich so früh aufstünde wie ANH ?)
      Wie auch immer – ich verfolge Ihre Diskussion. Immerhin war es ein Bild meiner Produktion, das Anlass zu diesem Gespräch gab – auch wenn es längst seine eigenen Kreise zieht, hoch über Hantel und Strumpfband.

    15. @read An Ich bin mir nicht sicher ob ich Sie richtig verstehe, aber ich würde es so sagen: Kunst ist nie eindeutig und spielt auf einer allgemeinen und speziellen Ebene; jeder Betrachter wird aus seiner Zeit, seiner Erfahrung und seinen Prägungen heraus “antworten” (oder auch nicht).

    16. Fremdlesen @phyllis

      Des Themas bemächtigt? Soll wohl Schmarotzertum unterstellen. Wer sagt denn sowas?

      Glauben Sie mir, ich finde nichts interessanter als mein eigenes Thema mir, von jemand anderem, anders vorgestellt zu sehen, gerade wegen des Fremdaspekts, daher kann ich auch das Wort bemächtigt nicht negativ empfinden, sonst müsste ich mich auch fragen: Wozu dann überhaupt Bloggen? Dass das auch mit einer inneren Anspannung einhergeht habe ich selbst schon nachvollzogen und musste mir manchmal selbst standhalten es abzugeben, was nicht leicht ist, es wegt sich ins Ungewisse bis hin zu Auslegung und Interpretation, und fällt dabei doch immer auch auf den Urheber selbst zurück. Aber gleichzeitig enthebt mich das auch einur Urheber zu sein. Es verschafft mir die Möglichkeit einer Neubetrachtung des Eigenen, fast so als wäre es nicht von „mir“.

      Oh das mit dem stundenlangen Verworten kenne ich, was das angeht bin ich eine Schnecke aber auch Wortfetischist und Selbstüberprüfer, manchmal ändere ich Eingestelltes noch nach Tagen.

      “Zu Herbst an die Gleise müssen.” – Selbstredende Aussage!

      Ja was ist er denn? Der große MASSA? Jedenfalls stellt ihn das so vor. Ich glaube hierin liegt auch die Kluft, aus der sich das Spektakel -Es geht mal wieder ab in der Dschungel- speist. Also nicht die ernsthafte Auseinandersetzung mit einem Thema, sondern der Selbstbezug innerhalb einer Gesprächsführung. Das changiert alles zwischen Projektion, Annahme und im besten Fall: Hellhörigkeit (naja, eher Hellleserlichkeit).

      @Metepsilonema

      “… jeder Betrachter wird aus seiner Zeit, seiner Erfahrung und seinen Prägungen heraus “antworten” ( oder auch nicht).”
      Und was glauben Sie woran das liegt? Vielleicht weil etwas Überzeitliches eingefangen ist, das über den Aufzeigerahmen eines Werkes im Kontext seiner Zeit hinaus geht.

    17. @read an Manche setzen sich eben lieber plaudernd mit ihrem Klappstuhl in einen vertrauten Bedeutungshof, als einem Thema in fremde zu folgen. Das sei gar nicht wertend zu verstehen; ich plaudere selbst oft genug. Nur dann sollte man nicht auf die losgehen, die sich ein Scheit vom Feuer mitnehmen, um woanders eins (womöglich gar helleres?) zu entzünden.

      Dieses Selbstüberprüfen, von dem Sie sprechen, hat mich übrigens schon unzählige Male daran gehindert, mich an laufenden, ernsthaften Gesprächen zu beteiligen. Ich versuche, mir dieses Zaudern abzugewöhnen: auf die Gefahr hin, dass meine Beiträge manchmal eben nicht so unanfechtbar sind, wie ich’s mir wünschen würde.

    18. @read An Ja, warum: Ich vermute (wiederum sehr literaturlastig gedacht), dass ein Kunstwerk a) einen speziellen Fall darstellt, den man für etwas Allgemeines (Ihr Überzeitliches) lesen kann, dass es b) mehrdeutige vom Künstler geschaffene Stellen besitzt, die gedeutet werden müssen, d.h. das Kunstwerk kann nur verstanden werden, wenn wir uns bemühen diese Stellen zu füllen – ich würde sagen, dass Kunstwerke – vom Rezipienten aus gedacht – dazu auffordern (dann “funktionieren” sie und beginnen zu “sprechen” – es entsteht Bedeutung) und c) gleichzeitig auf die Gefühlswelt wirken. Daher bringt es überhaupt nichts, wenn irgendjemand meint (besonders Künstler) ein Werk erklären zu müssen – diese Leistung muss der Rezipient erbringen, wenn er es nicht schafft, dann sagt ihm das Kunstwerk eben nichts (natürlich kann man helfen, das Auge oder Gehör schulen, aber das ist noch nicht die Ebene der Bedeutung auf die es ankommt): Ein Kunstwerk, das ein Rezept, eine Anleitung benötigt, ohne die es unverständlich bleibt, ist keines.

      @phyllis/read A

      Was das Umformen, das Drehen und Befragen der Wörter anlangt: Mir geht es da sehr ähnlich, ich sitze schon an einzelnen Kommentaren unverhältnismäßig lange, aber ich empfinde das das als notwendigen Teil des Verlangens etwas zu schaffen, das man sich vorstellt, das man sagen möchte und es ist eine bewusste und sehr befriedigend verbrachte Zeit – was will man mehr?

    19. Abkommandiert zu den Gleisbauarbeiten. Ja ja, Melusine Mc Barby. Once upon a time in the West. Die ist doch die schlimmste Treiberin von allen.

      Allenfalls hatte mich gegängelt dauernd ein Statement abgeben zu müssen weshalb andere sich mit dem Thema beschäftigen und wie Sie es tun. Die Verstoffwechselung im Netz läuft dermaßen schnell und synchron, wer kann das leisten?

      “… Die sich einen Scheit vom Feuer mitnehmen…” Unbedingt!
      Mich hatte auch am Kommentar von ANH nichts gestört. Nur alle zu niedlichen…? Das ham wa gern! Unter 0815 ist eh niemand zu erreichen…

      … aber ich glaube, das haben Sie auch schon zur Kenntnis genommen, Herr Herbst.

    20. @Metepsilonema Aber das alles sind schon Prozesse, Zweitschritte, Auseinandersetzungmechanismen, zeitliche Bezüge…

      … z.B. ist es für mich überhaupt schwierig zu benennen was heute ein Tabu ist, geschweige denn was meine sind. Kann ich nicht so genau definieren. Ich kann mir ja nichts vorbehaltlos anschauen, da, bevor überhaupt ein Denkprozess einsetzt, den ich dann bewusst wahrnehme, mich mein Geschlecht schon in ein Verhältnis zum Gezeigten setzt. Ich würde sogar sagen, ich suche sobald ein bewusster Denkprozess da ist nach einem Tabu. Eigentlich aber nach dem ersten Gefühl das sich zum Gezeigten einstellte. Ziemlich schwierig das dann zurückzuführen. Und das wiederum ist etwas das mich über Scham nachdenken lässt, nämlich eine die sich nicht von: Du sollst nicht…, herleitet, also aus Schuld erst entsteht und daraus ein moralisches Programm erstellt, das man mir in die Hand drückt sondern eine die wir von Geburt an haben, die uns immer in ein Verhältnis zum jeweiligen Geschlecht setzt, zum eigenen oder zu dem, zu dem es mich zieht.

      Für mich ist es das, was ich eigentlich suche, etwas dass mir nicht unbedingt aufzuzeigen braucht was gerade gängiges Tabu ist oder mir erzählt warum das so ist (und ob es das für mich ist kann ich dann immer noch mit mir selbst ausmachen, im besten Fall natürlich…). Nein, es muss etwas sein das man vielleicht als naive Erkenntnisscham versteht. Wie der erste Moment bei Adam und Eva: Und sie erkannten, dass sie nackt waren. Die Augenfeige schlechthin.

    21. @read An “Cattle and Cane” Yeah! Aber hallo – mit meinem Stock treib ich das Vieh über die Gleise!

      (Ganz nebenbei: I c h besetze keine Themen, dazu ist mein Arsch nicht breit genug.)

      Zur Scham: Genau so meinte ich es – Erkenntnisscham. Mitscham. Dass du mich gesehen hast – nackt. Wie ich bin. Bis auf den Grund. Und da gibt´s Grund, sich zu schämen. Aber nicht aus Schuld. Sondern, weil wir einander mit diesem Schauen an – greifen, ein – greifen in den Anderen/die Andere. Die Grenze überschreiten.

    22. @read An Was sollte es sonst sein? Immerhin interagieren wir mit dem Kunstwerk – das ist nichts statisches.

      Ich verstehe nur nicht, warum wir jetzt wieder beim Tabu gelandet sind – vielleicht später noch einmal dazu.

    23. @Melusine Genau, keine Kokettierscham! Yes.

      Ich habe mal nachgeschaut was Tabu heißt. Nicht mehr substantivisch kommt es von tapu: unverletzlich, heilig, unberührbar. Daher ist mir die Frage an mich selbst wichtiger, da es sich einem kulturellem Gebot entzieht. Ich nehme es als Substantiv von vornherein als von außen Gegebenes wahr. Was aber für eine gebe ich mir. Das ist gar nicht zu beantworten. Ich muss das mal anders beschreiben, weg von der Betrachtung eines Werkes. Das kann ich nur mit einem Gegenüber nachvollziehen und das wieder ist dermaßen abhängig von diesem und situativ gebunden. Ich kann nur selber feststellen ich habe eines gebrochen bei einem Menschen, das wird mir klar da Blickverstehen auch ein Sprechen ist und auf Wechselseitigkeit beruht und meinen mir selbst wiedergibt. Hat was von: Ich fotografiere dich, du fotografierst mich und dabei schießt man sich innerlich selbst ab. Oder:

      “Menschsein, das ist eine verlängerte Situation, die in allen Variablen erscheinen kann.” Das stammt von Paul Reichenbach.

      “Das du mich gesehen hast…”- Auch Diana und Acteon. Aber da müsste ich jetzt weit ausholen…

      Und ich fand auch die Wendung noli me tangere wieder, die ja selbst, liest man es nicht falsch, nichts anderes heißt als, und sowas von Bitte und Voraussehen ist: Rührst du an mir, dann ist es mir nicht mehr möglich gen Himmel zu fahren. Da ist also noch was. Er ist für etwas empfänglich das mit der göttlichen Aufnahme nicht vereinbar ist. Böse gesagt: Infiziere mich nicht! Tue ich es nicht, dann geschieht das nur unter Ausklammerung dessen. Was also ist dann ein Tabu eigentlich? Ein Einbezug dessen. Es ist das, was dem, das als heilig gilt(!), das eigentlich “Heilige” oder Göttliche, das Menschsein per se oder wie auch immer man es nennen mag, hinzugibt.

      Es ist das Geschaute selbst. Das Sicheinbildmachen.

      @Metepsilonema

      Weil ich Sie dort habe landen lassen! 🙂 Beim Tabu.
      Mich beschäftigt es.
      Nötigen will ich Sie nicht.

    24. @read An Nein, das ist schon in Ordnung – ich war nur gedanklich noch bei der Betrachtung von Kunstwerken.

      Tabus versuchen Verletzungen (und in weiterer Folge Schmerz) zu verhindern (von wo sie auch immer herkommen mögen).

    25. Wieso unhöflich? Das ist eine seltsame Kategorie für die Konfrontation von Thesen. Das “sie” in meinem Aperçu bezieht sich auf “Tabus”; vielleicht liegt da das Mißverständnis.

      Tabus bestehlen einen um die eigene Entscheidung insofern, als sie ins Unbewußte verschobene Ver- und Gebote sind, die nicht mehr befragt werden dürfen. Sie werden bewußt der rationalen Begründung – also einer Voraussetung für eigene Entscheidungen – entzogen, setzen sich mithin absolut. Es geht nicht um Einsicht, sondern um widerspruchslose Folgsamkeit. Für freie Geister ist das inakzeptabel.

    26. @ANH – Missverständnis Tut mir leid, ich habe das – Sie haben richtig vermutet – anders gelesen (ich war gestern bereits etwas müde, vielleicht lag es daran). Entschuldigung.

      Sie haben recht, wobei ich Tabus nicht nur im Unbewußten sehen möchte: Gerade das Beispiel Sexualität zeigt doch, dass uns das bewusst ist, die Tabus aber trotzdem wirken; außerdem erfolgen viele als Sprachregelungen auftretende Tabuisierungen auch bei Bewusstsein.

      Es ist die Frage ob ein freier Geist immer rücksichtslos sein soll: Wenn ich weiß, dass jemand traumatische Erfahrungen gemacht hat, auf die er besser nicht angesprochen werden sollte (z.B. weil ein Gespräch innerhalb einer Runde gerade darauf kommt), würde ich das anerkennen.

      @read An
      Auch das ist richtig.

    27. @Metepsilonema: “würde ich das anerkennen”. Selbstverständlich. Aber das ist dann meine Entscheidung. Betrete ich ein religiöses Haus, akzeptiere ich auch seine Regeln und achte sie – oder ich bleibe draußen. Etwas, das mich immer sehr wütend macht: daß es Leute gibt, die das nicht befolgen. Da könnte ich Savonarola werden.

      Zum Sexualtabu. Ich glaube nicht, daß uns das bewußt ist, sondern wir sprechen gerne vorschnell von Bewußtheit, wo es sich um nichts anderes als um eine Rationalisierung handelt – eine distanzierende Bewegung, die zu den klassischen Abwehrformen gehört. Sprich, das Tabu wirkt nicht nur über seine scheinbare Nennung hinaus, sondern diese zementiert es. Ein Tabu wirkt erst dann nicht mehr, wenn es nicht mehr gefühlt wird. Deshalb versuche ich, gefühlte Tabus so zu durchdringen, daß ich ihre Obsolenz zu fühlen beginne. Man stößt da erstaunlich schnell an Grenzen des einem selbst Erlaubten. Literatur ist ein fantastisches Medium, um diese Grenzen auch fühlend zu überschreiten und d a n n sich zu fragen: hältst du den Grund des Tabus für berechigt. Wenn ja, akzeptiere ich das, was es will, aber jetzt aus ganz eigenem Entschluß und Einsehen, aus Selbstgefühl nämlich und dem Stolz dessen, was ich mit Nietzsche den freien Geist genannt habe. Übrigens ist das dann ganz ohne Verzicht – weil man ja selbst will. Leute, die den Verzicht proklamieren, stehen nicht auf der Seite der Emanzipation.

    28. Können wir das immer entscheiden? Ich gehe (vermutlich wie Sie) davon aus, dass wir weder immer reflektiert noch rational handeln und das manchmal gegen oder trotz einer gewissen Menge an Unwissenheit tun (müssen). Tabus sind vielleicht gerade dort interessant oder wirkungsvoll wo sie Schaden abwenden (auch gegen einen selbst) wo man nicht bewusst oder reflektiert handelt (es hinterher aber möglicherweise bereut).

      Müsst man Tabus nicht akzeptieren, wenn sie Schaden für Leib und Leben abwenden könnten, wenn sie z.B. verhinderten, dass ein potentieller Gewalttäter nicht zum Täter wird, weil ihn ein unbewusstes Verbot zurückschrecken lässt (ich kenne keine Studien dazu, aber wenn es prinzipiell möglich wäre)?

      Aber ich glaube man kann sich einer Sache bewusst sein, ohne sie zu durchbrechen (das Fühlen ist doch auch eine Art von Bewusstsein), oder? Sonst hätte es nie Revolutionen oder Aufstände gegeben.

      Interessante Anmerkung zur Literatur.

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