Und d o c h kein Ende abzusehen ODER Unternehmen als selbstangedienerte Erfüllungsgehilfen der Ämter. Im Arbeitsjournal des Donnerstags, dem 24. Mai 2012.

17.45 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Es ist eigentlich nicht zu fassen. Dabei war ich gestern so voller Freude, daß die leidige Angelegenheit sich erledigt hatte. Worum es geht? Ach, ich mag es gar nicht erzählen. Und sollte es momentan auch nicht erzählen. Aber es geht an die Existenz, und das aus völlig abstrusen Gründen und einer scharfen Übergriffigkeit des Verlages, der sich anmaßt, meine persönliche Regularien bestimmen zu wollen – jedenfalls mir in Bereichen etwas vorzuschreiben, die ihn absolut nichts angehen. Ich werde die Angelegenheit morgen meinem Anwalt übergeben, wenn nicht bis heute abend – – – egal.
Ebenso scharf übergriffig, aber im Kleinbürgerlichen, benimmt sich meine Hausverwaltung. Auch da nahm ich jetzt, aufsitzend und die Lanze unterm Arm, das Visier hinunter und ritt an. Man hat mir tatsächlich die Original-Collage einer Künstlerfreundin, die sie mir einmal geschenkt, von der Haustür entfernt und wahrscheinlich „entsorgt“. Jetzt will ich Schadensersatz. Ebenso hatte man angedroht, Fahrräder, die im Hof nicht namentlich (!) ausgezeichnet seien, entfernen zu lassen; ich hatte da schon protestiert und darauf hingewiesen, daß es sich bei einem solchen Vorgehen um ein Strafdelikt handele. Wenn überhaupt, kann eine solche Entfernung fremden Eigentums ausschließlich durch Mitarbeiter der Ordnungsämter, und zwar nach rechtlichen Beschluß, erfolgen. In den Ton der immer häufiger ausgehängten Verlautbarungen der Hausverwaltung hat sich etwas nicht nur eingeschlichen, sondern darin breit ausgefläzt, das ausgesprochen an ein Kommandieren erinnert, wie ich es aus Dokumenten von Gefangenenlagern kenne. Ich habe deshalb einen zweiseitigen Brief an die Hausverwaltung geschrieben und diesen Brief vorhin auch für die Mitmieter öffentlich ausgehängt. Die ganze Richtung geht dahin, Leute erziehen zu wollen, das ist so absolut miesdeutsch, und viele ducken ja auch gleich, aber nicht ich. Ich halte mich an nachbarschaftliche und zivilisierte Regeln, aber ich tue dies aus Einsicht und nicht, weil man es mir befiehlt. Egal, wo, ich bin gegen sowas immer angerannt und werde dagegen weiterrennen. Ich bin ein freier Mensch und empfinde und verteidige das mit allem Pathos, das ich habe.
Klar sagten dann Freunde, sei doch ruhig, sag nichts, du hast doch diese wunderbare Wohnung, gefährde das nicht. Darauf stets ich: Ich bin nicht korrumpierbar, auch nicht durch die Wohnung, die ich liebe und die mein Arbeitszentrum ist. Eher, als daß ich mich beugte, lebe ich auf der Straße, aber bleibe – stolz.
Ich kann Ihnen sagen. Daß ich bei alledem dennoch gut gearbeitet habe, an Argo jedenfalls, mag Sie wundern; aber das gehört ganz genau so in mein Selbstverständnis. Allerdings habe ich weniger geschafft, als ich wollte. Nun werde ich den Abend hinzunehmen müssen, weil dringend die >>>> Irsee‘er Lektorate fertigzulesen sind und ich außerdem für das Hörstück einen Pressetext schrieben muß, das am 7.6. bereits ausgestrahlt werden wird. Ich werde das noch eigens annoncieren.

Momentan ist mein Junge für sein Cello da, vielleicht spielen wir nachher noch zweidrei Duos. Und >>>> eine wichtige Diskussion läuft bei TT, wo ich vorhin eine weitere Miszelle der >>>> Kleinen Theorie des Literarischen Bloggens plaziert habe.

Vielleicht schreib ich später noch etwas mehr.

2 thoughts on “Und d o c h kein Ende abzusehen ODER Unternehmen als selbstangedienerte Erfüllungsgehilfen der Ämter. Im Arbeitsjournal des Donnerstags, dem 24. Mai 2012.

  1. Nachtigall, ick hör dir trampeln Könnte es sich bei den Vorgängen zwischen Hausverwaltung und Mietern um den Versuch einer sich nähernden Entmietung des Wohngebäudes handeln? Halten Sie Augen und Ohren auf!

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