Leevi Madetoja, Erste Sinfonie, dann die Zweite; ein eleganter finnischer, vom Impressionismus beeinflußter neuklassizistischer Komponist der Jahrhundertwende, dessen Musik einen, wiewohl emotional, eigentlich in Ruhe läßt. Sowieso will ich zum Pathos nachher noch etwas >>>> in die Notate notieren. (Es wird mit den Rubriken wieder, quasi, ernst).
Weitere sinfonische Musik Madetojas steht für heute auf meinem Programm, sowie immer mal wieder >>>> Dear Darkness, um vielleicht auch noch zu einem Text zu kommen, der sich nicht auf die „lyrics“, sondern das Melos des Liedes bezieht. Auch für d i e s e meine poetischen Variationen gilt: Intensität – was ein sichHineinbohren in das Lied bedeutet.
Dann die Dichterfreundschaften vorgenommen, die am 8. September ausgestrahlt wurden. Ich will nicht, daß dieserart, wie ich ihren Ordner nenne, „Kleinigkeiten“ für immer im Äther verschwinden. Aber sie sind, so schrieb ich bereits gestern, bisweilen zu lang für die Hauptsite; sie stören den Rhythmus. Also die Teaser-Lösung gefunden; der Text selbst steht direkt >>>> darunter im Kommentar, verlinkt zudem mit dem Podcast des WDRs. Scheint mir eine gute Methode zu sein.
Das Europaprojekt gestaltet sich jetzt doch komplizierter, als bisher klar war, weil bis zum 8. Oktober nicht nur drei Videos bereits als Drehbücher fertig sein sollen, sondern sämtliche Videos skizziert. Das ist utopisch, so schrieb ich’s gestern auch nach Vilnius; vor allem ist mir schleierhaft, wie man Drehbücher zu Orten schreiben soll, die man noch gar nicht kennt. Dazu geben die Statistiken auch nur Auskunft über nationale Eigenheiten, nicht über regionale. Nach welchen Kriterien suche ich also den Drehort aus? Eine Arbeit rein aus der Retorte kommt mir zu papieren vor: zu wenig Geruch, zu wenig Licht, zu wenig Dunkelheit. Jedenfalls übersteigt das Geforderte weit die Rahmen eines Konzepts. Am Montag werde ich mit Vilnius darüber telefonieren.
Sonne, klarste Luft, aber kühl).
Man muß sich aber insgesamt darüber klar sein, daß Gedichte, an denen gearbeitet wird, ihren Anlaß verlieren: Sie müssen in ihrem allein Eigenen aufgehen, weil sich nur von einem solchen aus eine Übertragung auf Leser:innen herstellt, andernfalls stellt sich der Autor/die Autorin dazwischen und verhindert die Berührung. Die ist immer metaphysisch oder sagen wir: eine Gegenübertragung der Leser:innen auf den Text. Deshalb ist es ja so wichtig, von einem zu gestaltenden Material auszugehen; aber eben das macht uns Dichter:innen grausam. Es erlöst uns aber auch.
[Poetologie.]
Notat >>>> zu Jean Sibelius‘ Siebter.
Wie schön, das alles so zu lesen.
Wie widerwärtig, wenn sie jemand kennt.
Und jetzt: Löschen!
@xxx ?
(Sie kennen mich? Ich aber kann nicht wissen, und soll es wohl auch nicht, wer hinter Ihnen – durch Sie – spricht.)
Zur Abeit an Gedichte, Anlass und Wirken „…
Man muß sich aber insgesamt darüber klar sein, daß Gedichte, an denen gearbeitet wird, ihren Anlaß verlieren: Sie müssen in ihrem allein Eigenen aufgehen, weil sich nur von einem solchen aus eine Übertragung auf Leser:innen herstellt, andernfalls stellt sich der Autor/die Autorin dazwischen und verhindert die Berührung.
…“
Diese Aussage findet nicht meine ungeteilte Zustimmung. Mag sein, dass Gedichte ihren Anlass verlieren, wenn man an ihnen arbeitet. Doch schließt, meine ich, die Arbeit des Ausdenkers an seinem Gedicht nicht aus, dass es „in seinem allein Eigenen aufgeht“. Denn alles „Allein-Eigene“ eines Gedichtes bleibt dem Gedicht zu eigen. Der am Gedicht Arbeitende (und womöglich, nicht wo möglich, Ändernde) beeinflusst, ändert dieses „Eigene“. Veränderung ist universal und dem Universum zu eigen. Warum also nicht einem Gedicht? Gedichte werden also, ob sie dem Anspruch ihres Ausdenkers nach nun „müssen“ oder schlicht dürfen, in dem allein ihnen Eigenen aufgehen … vielleicht auch aus dem allein ihnen Eigenen und dann anderen wie dem Lesenden.
Auch zweifle ich an, dass über das Lesen hinaus so etwas wie eine Übertragung stattfindet. Sie stellen das etwas später auch meiner Meinung nach passender dar: Dass die Berührung zwischen Text und Rezipient nichts Anderes ist als eine Gegenübertragung. Auch dem widerspreche ich: Es ist Aneignung, was geschieht. Der Gelesen-Habende gibt aus dem ihm Eigenen wider, kommuniziert er von dem, was er las und meint.
Nun mag mir entgegengehalten werden, dass Berührung jeder Aneignung, jeder Veränderung, vorangeht. Doch ist das nicht korrekt. Die Dinge berühren einander nicht wirklich, selbst wenn sie einander, ihre Scharen (Anhäufungen) einander sich, durchdringen. Unser Tastsinn ist ein allzu großzügig und bereitwillig Wahrnehmendes.
Dass sich derdiedas Ausdenkende und Schreibende vor das Werk stelle und das nicht soll, begegnete mir bei der Beschäftigung mit Haiku und leuchtete mir ein. Ich folgte dieser Maxime eine Weile und stellte fest, dass dies eigentlich immer der Fall ist und nicht zwingend von Übel.
Eine Überarbeitung bzw. die Arbeit an einem Gedicht ist die Arbeit an einem Gedanken und hat eine Entsprechung in der Arbeit an einer Kartoffel, die zum frittierten Pommesstäbchen gestaltet wird und in der Arbeit eines Bildhauers, der (je nach Rezipient) eine Statue aus einem Marmorblock entweder zwingt oder befreit. Was mir auf der Suche nach Begegnung über dem Wort in Internetforen zuhauf begegnete, waren Marmorkartoffeln und der Anspruch ihrer Ausdenker, die in etwa im Sinne der oben zitierten und von mir in ihrer Gültigkeit angezweifelten Behauptung mir vors Hirns schmähzeterten: [Dass man (also auch ich) sich (ich mir) aber insgesamt darüber klar sein MÜSSE, dass Gedichte, an denen gearbeitet wird, [sie drückten sich nicht so geschliffen aus] ihren Anlass verlören: Sie müssten in ihrem allein Eigenen aufgehen, weil sich nur von einem solchen aus eine Übertragung auf Leser herstellt] Ebenso wurde behauptet, dass die eine grottige Orthografie einschlösse. Dem nachzuspüren hatte einen ganz eigenen Reiz.
Ich meine, dass ein Autor sich IMMER vors Werk stellt, ganz egal, ob er den ersten Gedanken ausbreitet oder dessen Überarbeitung.
—
Zum oben verlinkten Gedicht und dem Wunsch nach Vorschlägen merke ich ungefragt an, dass
„…
Decke mich, deck mich Faß mich nicht an
Lecke mich Leck mich Zerfetz mich
Saug mich zugrunde, trinke mich aus
Aber fasse mich nicht an
…“
… der Schlusszeile phonetisch reizvoll über Doch rühr mich nicht an eine Entsprechung zu Deck[] mich, deck mich mit auf den Weg gegeben werden kann.
@Ludwig Janssen. Ich bin hier tatsächlich entschieden anderer Meinung. Gedichte, die nur in dem Eigenen des Autors/der Autorin aufgehen, sind privat und vielleicht privat-gut, öffentlich aber immer, das ist ein poetisches Gesetz, schlecht. Im guten Gedicht mag das lyrische Ich des Autors erhalten bleiben, nicht darf aber sein konkretes noch sein. In die gleiche Richtung zielte auch Rilke: „Das Liebesgedicht spricht nicht zur Geliebten, sondern zur Welt.“
Es würde mich ein Gedicht interessieren, das Sie für gut halten, wiewohl es am Autor klebengeblieben ist.
Was die Gegenübertragung anbelangt, müssen Sie mitbedenken, daß vor ihr die Übertragung stattfindet; das entspräche vielleicht ungefähr Ihrem Aneignungsbegriff. In jedem Fall muß das Material – der für Autorin/Autor konkrete, möglicherweise private Anlaß des Gedichts – in ein Überprivates überführt worden sein, damit sowohl „Aneignung“ als auch „Übertragung“ stattfinden können. Alles, was wir später zu Gedichten als ihre biografischen Hintergründe erfahren, sind Mystifikationen im Rezeptionsprozeß (autobiografische Interpretationsansätze); würden sie tatsächlich erklären, verlöre das Gedicht seine Kraft.
Zu Ihrem Vorschlag erst einmal, wirklich, danke. Nur öffnet „rühr mich nicht an“ einen mir zu weichen Bedeutungshof. Es geht hier aber um Schärfe.
„…
Sie müssen in ihrem allein Eigenen aufgehen
…“
ließ, meine ich, nicht auf das Eigene des Autors schließen. So bezog ich mich auch nicht auf das ihm Eigene des Autors.
Auch meine ich und unterstreiche, dass ein lyrisches Ich dem Gedicht gehört, literarische Gestalt ist und Geschöpf.
Ob der vor dem Gedicht stehende Autor dem Wirken hindert, hängt sicherlich davon ab, wie breit er sich macht, ob er es instrumentalisiert, und sei es zur Selbstdarstellung. Gedichte sind vor Allem eines: wehrlos.
Dem:
„…
Alles, was wir später zu Gedichten als ihre biografischen Hintergründe erfahren, sind Mystifikationen im Rezeptionsprozeß (autobiografische Interpretationsansätze); würden sie tatsächlich erklären, verlöre das Gedicht seine Kraft.
…“
würde ich gerne zustimmen. Andererseits muss das nicht zwingend zutreffen. Mein angelesenes (und das via Internet verfügbare) Wissen um Hintergründe zu „Erinnerung an die Marie A“ nahm, was mich angeht, dem Gedicht nichts an Kraft. Es wirkt halt noch immer aus dem ihm Eigenen, schließe ich.
🙂
Tausche der Schärfe wegen ein rühr gegen ein greif, wobei das nicht an die Schärfe zweier imperativer ss nach fa ankommt.