Impuls: wie eine Hemmung:: PP58, 1. Dezember 2013: Adventssonntag I.

Auffällig. Ich setze mich an den Schreibtisch und will in Der Dschungel schreiben. Es gibt auch viel zu erzählen. Aber ich setze kaum an, schon schrecke ich zurück. Ein invertierter Impuls: Hemmung. Der Welt nichts mehr mitteilen wollen, nichts über eine reine, sagen wir die absolute Dichtung hinaus.

Sich in den Gedichtemodus begeben.

Sowie der Goldstaub, der unten vor der Haustür liegt und von dem ich ein wenig, ohne es zu merken, an meinen Schuhsohlen das Treppenhaus hinan bis in die Wohnung mitgetragen habe. Die roten Dielen des schmalen Flures glitzern davon. Als wären Engel, aber für Kinder, hiergewesen, als ich schlief.

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4 thoughts on “Impuls: wie eine Hemmung:: PP58, 1. Dezember 2013: Adventssonntag I.

  1. Ins Schweigen eintreten Haben Sie sich mal mit dem Thema der Gaben-Ökonomie befasst? Das ist natürlich ein größeres Thema, aber in Bezug auf die Literatur kann man die zentralen Punkte so zusammenfassen:

    Die, die Gebrauchs-Literatur produzieren, die werden dafür vom Markt bezahlt. Die, die aber Kunst machen, die produzieren ein Werk, das gar nicht bezahlt werden kann. Kunst muss deshalb als Geschenk (an die Welt etc.) verstanden werden, als Gabe. Während die einen während ihres Lebens von ihren Buchumsätzen leben können, verhundern die anderen, werden dafür aber vielleicht im Werk unsterblich (grob gesprochen). Lewis Hyde hat in seinem Buch “Die Gabe” darüber interessant nachgedacht.

    Nun ist es aber so, dass das Modell der Gabe nur dann funktioniert (siehe Naturvölker, bei denen dieses ökonomische Modell gefunden wurde, oder auch unter Verwandten, Freunden, Familien etc.), wenn die Gaben auch zurückkommen, sprich, wenn es sich um einen Tauschvorgang handelt. Wenn die sozialen Bindungen aber zerbrechen, dann zerbricht auch die Gabenökonomie. Niemand wird es aufrecht erhalten, sein Leben hindurch Geschenke zu verteilen, ohne jemals selbst eines zu bekommen. Aber eben dies ist inzwischen die Lage des nicht marktgängigen Künstlers.

    Ich finde, man sollte deshalb in der Tat schleunigst aufhören, der Welt seine Gaben zu schenken. Auch und gerade, wenn es um “die reine, absolute Dichtung” geht. Schreiben Sie sie für sich, aber schenken Sie sie nicht mehr der Welt oder welchem Publikum auch immer. Man wird sie für einen Trottel halten, angesichts der Marktsituation.

    Das wäre mein Advent-Gruß, PHG

    1. @ANH und auch PHG Ich hatte ja, lieber ANH, letztens schon gesagt, daß womöglich tatsächlich die Zeit für die von Ihnen angedachte ‘Neue Dschungel’ da ist, mit neuen Inhalten, Ansätzen, einer neue Ästhetik, neuen Möglichkeiten und auch neuen Risiken. Ein Risiko des bestehenden Dschungels ist ja die Wiederholung des Immergleichen, weil das Leben selbst daraus besteht, verbunden selbstredend mit dem unbedingten Wunsch, sich davon nicht lähmen, sondern beflügeln zu lassen, auf daß eben doch N e u e s aus dem Alten entsteht.

      Was, lieber PHG, die Sache mit dem Schenken und den Gaben angeht, so sehe ich das einerseits genau so wie Sie – der nichtmarktgängige Autor (Regisseur, Maler, Filmemacher usw.) schenkt der Welt etwas, was diese wenn überhaupt nur widerwillig nimmt, ohne jedoch etwas Adäquates zurückzugeben. Kierkegaard spricht davon, daß die Welt geradezu dazu gezwungen werden muß und damit auch so lange wartet, wie nur eben möglich. Warum sich also anbiedern? Andererseits bin ich der Ansicht, als Künstler der Welt auch etwas zurückgeben respektive zurückschenken zu müssen – mein Bücherregal ist voll mit solchen Geschenken an mich, die mich nicht zuletzt oft “gerettet” haben, während die Verfasser der Bücher nicht selten bar jeden Erfolges am Leben und an ihrer Erfolglosigkeit litten. Vielleicht liegt der Sinn eines Werkes ja, wie ANH oft sagt, durchaus auch in seinem Nachwirken in einer aufgeschlosseneren Nachwelt – auch wenn dieser Glaube einem Künstler im Moment nicht viel helfen mag, denn er will ja Teilhabe und Wirkung erzielen. Aber welche Wahl hat man schon, man macht ja doch weiter!

    2. @ Schlinkert: Ich weiß … … man macht ja trotzdem weiter. Oder wie es am Ende meiner Erzählung “Der Schreiber” heißt: ‘Die Literatur ist kein Beruf. Und wer es mit Verlagen zu tun hat, der hat es mit einem Halunkengewerbe zu tun. Ich hoffe, dass ich mich demnächst davon werde befreien können. Aber man hofft ja immer und tut dann doch etwas anderes.’ (Aus “Es muss sein – Autoren schreiben über das Schreiben”, Kiepenheuer & Witsch, 1989)

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