Ein quasi Pariser Triest. Untriest 26: Sonntag, der 15. Februar 2015.

[Arbeitswohnung,
10.49 Uhr.]

S c h o n aufregend, Liebste,
wenn der eigene Sohn zum ersten Mal alleine fliegt und ihn der Vater, der vorm SicherheitsCheck stehenbleiben muß, in der Warteschlange verschwinden sieht:


Also ich war sehr früh auf, um halb eins zu Bett gegangen, zwischendurch einmal aufgewacht, unruhig auf die Uhr geschaut, weitergeschlafen. Um vier endlich hoch, schnell noch einen Espresso, dann hinübergeradelt, den jungen Mann abgeholt und nach Tegel begleitet. Es war recht gut, daß er zum Terminal D mußte, so war ich weniger erinnert, als ich befürchtet hatte.
Riesenschlange an der Abfertigung, aber immerhin eine ausgesprochen schöne junge Dame hinterm Schalter, die sich über mein „Bonjour, Madame“ deutlich freute. Den Rest überließ ich meinem Sohn.
Es war nicht einmal mehr Zeit für einen Abschiedscafé; als der ziemlich elegante und ziemlich stolz, fast ein bißchen blasiert wirkende Bursche den SicherheitsCheck endlich hinter sich hatte, war der Flug schon fürs Boarding aufgerufen worden. Letzte SMS meines Sohns: „bin am einsteigen, viel spaß hier! lg“. Seither nichts mehr, obwohl er unterdessen längst angekommen sein muß. Sein Ifönchen ist wohl noch auf Mailbox gestellt, wahrscheinlich weiter im flight mode. Klar habe ich gleich angerufen, nachdem ich aus dem Sportstudio kam.
Hatte mir nämlich, Du Schöne, gedacht: Wenn ich denn ohnedies schon draußen bin, kann ich nach Tegel auch gleich zum Training weiter. Nur noch eben das bei der Mama abgestellte Fahrrad nebst Sportzeug geholt und durch ein eiskaltes Berlin, das von morgenerwachten und deutlich schwankenden Jungmännern durchzogen war, zum Studio geradelt, aufwärmen am Stepper, dann an die Gewichte, abschließend dreieinhalb Kilometer laufen und wieder hierher. Eine pralle Schüssel Fruchtsalat geschnitten, Nüsse drauf, Honig, den Saft einer ganzen Zitrone – pappsatt bin ich jetzt. Und will gar nicht gleich arbeiten, sondern erst einmal lesen. Amélie hatte recht: >>>> Dieses Buch könnte mir einiges geben, auch Dir… sozusagen uns; schon auf den ersten Seiten gibt es gewissermaßen eine Teilerklärung für das, was zwischen uns geschah und dann eben nicht mehr, ob nun für immer oder nicht:


Allerdings deutet ein bißchen was darauf hin, daß sich Pfallers und meine Wertungen unterscheiden. Doch darauf kommt es erst in den Schlüssen an. Jedenfalls will ich mich über die Triestbriefe nicht früher beugen, als bis ich, sagen wir, fünfzig Seiten gelesen haben werde.
So mein Tagesplan.
Ihn erhellt, daß ich weiß, wie gut Du es Dir vorstellen kannst, wie wohl mir das viele Licht tut, das heute abermals auf Berlin fällt. So läßt sich, daß Du nicht hier bist, wenigstens leidlich ertragen. Und selbstverständlich habe ich gleich für Triest geschaut. Da ist es ähnlich. Drum geh hinaus, Du Schöne, und lock uns den Frühling. Dir wird er ebensowenig widerstehen können wie ich.

A.

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