V o r Samhain: Kunst als Widerstand, ff. Im Arbeitsjournal des Sonnabends, dem 31. Oktober 2015. U.a. zum Islam.


[Arbeitswohnung, 7.40 Uhr]


Anthologiearbeit


Sitze, als Adjutant >>>> Frau v. Hüons, weiter über ihrer Anthologiearbeit. Fast alle Texte sind jetzt beisammen; Freund >>>> Haacker schickte gestern noch ein paar Pdfs, und ich warte auf eine Sendung S.Fischers. Ist sie da, werde ich die letzten Stücke aussuchen; zum Fotokopieren kann ich aber eigentlich heute schon los.
Abends wieder einmal Essen mit Amélie, diesmal in Begleitung ihrer Freundin CvE; wengleich ich mir gern auch die >>>> Rottenkinckshow ansähe; mal sehen, vielleicht kann ich die beiden Damen überzeugen. Und außerdem muß heute wieder gebacken werden; ich will mal ausprobieren, wie sich mein Lievito madre in einem Fränkischen Krustenbrot macht.

Gestern spätnachmittags, siedig, fiel mir ein, ganz den neuen Clip vergessen zu haben; so fertigte ich ihn bis in die Frühnacht und habe ihn heute morgen auch >>>> in Der Dschungel eingestellt; ein bißchen gewagt vielleicht, den Schluß eines der drei Epiloge zu nehmen, also des >>>> Wolpertingers. Aber dieses Dräuende kommt, meine ich, ganz gut heraus, der Schrecken vor dem Tier in uns, von dem >>>> Quignard schrieb. (Wenn ich dran denke, wie damals noch gar nicht dran zu denken war, welch Zeit- und Ebenensprung im Gefolge dieses Romanes vollzogen werden würde! Doch hatte mich schon im Wolpertinger-selbst (im Wolpertingerselbst) die achronologische Kontinuität interessiert, die nur in der Literatur herstellbar und, vor allem, fühlbar ist: und daß sie real ist, wenngleich unseren sämtlichen Alltagsnotwendigkeiten zuwiderlaufend. Ein über tiefste Sprünge hinwegfließendes Poetisches Konstantes; Wirklichkeit selbst ist nicht linear; dessen nur s c h l a g e n d s t e r Ausdruck Mutationen sind.)
Weiters immer stärker das Bewußtsein, daß derzeit nichts anderes dem durchgehenden Kapitalismus gefährlich ist als ausgerechnet der fundamentalistische Islam und daß man sich vorsehen muß, nicht, wie Pound, auch Benn anfangs und andere taten, einen Ausweg im Faschistoiden, einem in diesem Fall sogar losgelassen Faschistischen zu suchen, mitzusuchen, sondern statt dessen auf der ebenfalls kapitalismusfeindlichen Kunst zu beharren, die ja nicht grundlos das normative „Recht“ immer wieder zwar nicht bricht (dazu ist sie zu machtlos), aber übertritt. Man muß sich auch vor dem sogenannt Demokratischen hüten, das demokratisch nur dann wäre, wären die Voraussetzungen der Wähler gleich, hätten wie also eine allgemeine tiefe Bildung. Was de facto nicht der Fall ist. So bleibt unsere Demokratie der antik-römischen vergleichbar, in der nur wenige das Bürgerrecht hatten.
In der Vermittlung von Bildung liegt nach wie vor der Schlüssel.
Kleine Diskussion gestern mit der Löwin über Kruzifixe im Schulzimmer.
Daß wir zwischen Religion und Religiosität unterscheiden können müssen und müssen, sagen wir, auch wenn‘s nu‘ kitschig klingt, „Spiritualität“. Daß Kunst die Religiosität binden kann, so daß sie sich von normativen Fanatikern nicht mehr ohne weiteres mißbrauchen läßt; daß Kunst aber eben auch die Widersacherin des Satzes vom Ausgeschlossenen Dritten und damit Widersacherin des AllesIstWare ist. – À propos, >>>> usura. Die islamische Vorschrift des Zinsverbotes wäre tatssächlich heilsam, ebenso wie eine Neuregelung des Erbrechtes. Es ist doch nicht einzusehen, sondern schlichtweg Unrecht, die 70-Jahre-Regelung allein auf künstlerisches, bzw. geistiges Eigentum anzuwenden, nicht aber auf Grund und Boden und sonstiges Vermögen genauso. Allein diese Erbrechtsfrage, würde sie entsprechend beantwortet, sorgte für eine komplette Umverteilung privat gesperrter Ressourcen.
Was „usura“ anbelangt, so war es ein grauenhafter, nämlich rassistischer Irrtum Pounds, sie, also den Wucher, dem Judentum zuzuschreiben; er gehört vielmehr (wie oft schon habe ich diese Bemerkung Ernst Blochs zitiert!) „ins Hauptbuch des Kapitalismus“. Die Crux ist tatsächlich die Zinspolitik: Sie führt ganz logischerweise zur Kapitalakkumulation und zur Verarmung aller, die über Vermögen nicht verfügen. Der Islam ist übrigens schon deshalb kein Ausweg, weil seine Leitstrukturen letztlich feudalistisch sind. Aber er kann uns anders hinsehen lassen, etwa wenn wir >>>> Navid Kermanis Blick folgen. Auch hier ist wieder Kunst ein Schlüssel: Immer, immer hat sie aufgesaugt und neu zusammengesetzt und die feindlichsten Geschlechter miteinander ins Bett gelegt, wo sie sich lustvoll vergnügten.

Jetzt klinge ich schon wie ein Prediger. Nehmt‘s mir nicht krumm.

Übrigens steht das Gespräch übers >>> Traumschiff, das ich mit Manuela Reichert auf der Messe geführt habe, zum Nachhören >>>> dort im Netz, ab 13‘05‘‘ in dem Podcast.

Guten Morgen.

(Daß ich wieder den Wolpertinger gefeatured habe, hängt selbstverständlich mit >>>> Samhain zusammen, dessen kapitalistische Verspaßung Halloween ist. Das Unheimliche, >>>> Ungeheure, nicht funktional Verfügbare soll gebeugt und alles Transzendente pragmatisch in die Warenform gebannt werden, an der es sich, also auch an den Toten und den Göttern und Geistern, verdienen läßt.)

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