Einer alten, sehr alten Dame posthume Satisfaktion. Im Arbeitsjournal des Sonnabends, dem 30. Juli 2018.

[Arbeitswohnung, 9.17 Uhr
Franco, Haden, Jarrett, Motian, Redman: Death and the Flower (1975)
(Noch) erster Latte macchiato
Bedeckt bis sonnig]

Es hat nach italienischer Bäckerei zu duften begonnen: Seit einer halben Stunde ist das Brot im Backofen. Um fünf nahm ich den Teigling, der über nacht drin fermentierte, aus dem Kühlschrank, damit er sich akklimatisieren und danach die Hefegärung einsetzen könne .

Gestern abends nochmals Amélie, diesmal gingen die Weine auf mich. Als wir draußen saßen in diesem Sommernachtsberlin, wo ich auch kurz Rötzer von Matthes & Seitz traf und mit ihm für nach Paris ein Treffen vereinbarte, kam Nachricht von >>>> Robert HP Platz, „meinem“, sozusagen, Stammkomponisten: Die Uraufführung seines Vierten Streichquartetts, für das er zwei meiner >>>> Scelsi-Variationen vertont hat, finde im September 2017 zum Beethovenfest in Bonn statt. Das ist nun edel.
Eine Woge Freude wallte von fast unterhalb des Bauches in mir auf.
Wir sprachen, Amélie und ich, abermals über Frauen & Männer, „girls ‘n boys“ wäre in diesem Fall nicht ganz richtig, auch wenn mein Sohn nun einen hochedlen schwarzen Anzug bekommt, den, neben anderen Anzügen, ihr Geliebter bei ihr gelassen hat, weil er nunmehr Deutschland wieder verläßt – rückstandslos, kann man sagen, was jedenfalls Objekte anbelangt.

Einen zweiten Teigling, für die quasiFamilie, will ich heute ansetzen. Der Lievito madre geht schon wieder prächtig. – Es wird aber alles etwas gedrängt, weil ich, nachdem ich ihn gestern ausfallen lassen wollte, auch noch zum Sport will, um 15 Uhr den Fototermin mit >>>> Susanne Schleyer habe und gegen 17 Uhr zu einem großen, wirklich großen Fest aufbrechen muß & will, das in Spandau stattfinden wird. Eigentlich möchte ich mit dem Fahrrad dort hinfahren, „siebzehn Kilometer“ sagt Googlemaps und gibt 57 Minuten Fahrtzeit an; das gleiche nachts dann wieder zurück. Ich denke nicht, daß ich, wie die Einladungskarte angibt, „bis zum Sonnenaufgang“ durchhalten werde. Doch wer weiß? Die Vorstellung, um 5.26 Uhr in Spandau wieder zu starten und in der vollen Sonne rückkehr‘nd hier anzukommen, hat einen deutlichen Reiz. Dann wird‘s bereits an die Reisevorbereitungen für Paris gehen.

Für die Fans >>>> Bruno Lampes: Freund >>>> parallalie rief vor einer Stunde an: Sein Alter ego sei gesternmittags heil im niedersächsischen Dörferl angekommen und habe abends au-weia-sehr viel Bier getrunken; immerhin sei ihm, parallalie, kein Kater davon zurückgeblieben; wie‘s um Lampe stehe, freilich, wisse er nicht. Der schlafe derzeit noch. Wiederum die Contessa ist heute auf See, eingeladen von Athina auf einen der Privatkreuzer ihres, Athinas, Großvaters. Ziel sei Malta. Also sie klinke sich aus unseren Gesprächen auf jeden Fall fürs Wochenende aus. „Du hast ja auch genug zu tun“, bemerkte sie in Skype nicht ohne Süffigkeit, als ich von den drei Frauen erzählte, die gestern zu trösten gewesen. Bitte verstehen Sie, liebste Freundin, das vorletzte Wort nicht erotisch. Ich bin viel sanfter, als ich wirke. „Ihnen sieht man das Kind, anders als vielen anderen Männern“, bemerkte dazu Amélie, „nicht an“ – jene Jungenhaftigkeit mithin, die manche Frauen anziehend finden.
Wir sprachen hin, wir sprachen her, woran das liegen könne.
Man kann als „womanizer“ wirken, ohne es zu sein, und eben umgekehrt. Süß-infame Künste des Trompe-l’œil: meist unbewußt. Bewußt nunmehr, bei mir, im Schreiben eines Romanes. Hat was macchiavellsches: Nur an den Markt denken, also an die vermeintlichen und/oder tatsächlichen Leser:innenbedürfnisse. Weil eben ich es bin, der‘s tut: ‘s ist auch eine Art Perfektionsbeweis, erstmal des Handwerks, klar, dann aber auch des strategischen Vermögens. Meine poetischen Überzeugungen berührt das nicht. Es ist, als hätte ich den Auftrag für einen Werbetext bekommen: Daß man da eben nicht nach ästhetischen Kunstüberzeugungen arbeitet, dürfte eigentlich jedermansfrau klar sein. Einmal abgesehen davon, ist es ja nicht die erste solche Arbeit, die ich – unter Anonym – vorgelegt habe; eine ist tatsächlich einmal Bestseller geworden, noch zu meinen Börsenzeiten freilich, für einen Spekulanten, der sein Leben gern beschrieben sehen wollte. Es war dann allerdings nicht sein Leben. Andernfalls wären Prozesse riskiert gewesen, was Verlage schon damals nicht sonderlich schätzten.
Mehr darf, will ich darüber aber auch nicht schreiben; hie wie dort gibt es in unseren Verträgen eine Verschwiegenheitsklausel. Nur vielleicht noch so viel wenig – meine Gegner wird das freuen, und ich, von Herzen, gönn es ihnen -, daß ich von dem tatsächlichen Erfolg des Thrillers nicht wirklich etwas gehabt habe; meine Leistung war durchs Honorar fürs Schreiben abgegolten – gemessen an meinen commisions des Börsenjobs war es beinah zu vernachlässigen.
So, genug ausgeplaudert.
Ach ja, ich hab auch mal nur für den Privatgebrauch einer Kundin geschrieben, für ihren Nachlaß. Ihre (damals schon erwachsenen) Kinder sollten wissen, wer sie wirklich gewesen. Es wird sie, schätze ich, nicht erbaut haben. Genau daran, an dieser Vorstellung, hatte die alte Dame ihren heimlichen, einen deutlich vorposthumen Spaß. Ob sie ihn wohl auch posthum hatte? – Sie war vom Tod schon sehr gezeichnet. Nie sah ich so gelbe, eine so lederne Haut

Ah, Freundin, wie dieses Brot duftet!
Und Jarrett, jetzt, spielt >>>>> Hourglasses.

Seien Sie, dezent, umarmt von Ihrem
ANH

[16.02 Uhr
Nach dem Fototermin]:




[Jarrett, Sundial (Studio Davout, Paris 1976)]

2 thoughts on “Einer alten, sehr alten Dame posthume Satisfaktion. Im Arbeitsjournal des Sonnabends, dem 30. Juli 2018.

  1. { Krafttraining Oberkörper,
    plus 10 min Aufwärmen Stepper;
    Rad hin und rück;
    kein Auslaufen wegen der Radtour spätnachmittags/abends.
    Zus. ca. 650 kCal

    71,4 kg
    Körperfett 15,7%

    [projektiert:
    Radfahrt nach und von Spandau, 2 x 17 km, 600-700 kCal]
    }

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