Sonst heißt es oft an hiesigen Stadttoren: Ex terrae motu extructa. Aber dankbarerweise postete irgendwo jemand ein Foto des amerinischen Stadttors: Civitas Mariae Virginis in nomine Iesv a terrae motu liberata A.D. MDCCIII. Um dies zu eruieren, wäre ich nun nicht extra hinuntergelaufen.
Es wackelte wieder heute morgen gegen 7 Uhr 40. Instinktiv verkroch ich mich unterm Schreibtisch, weil die Gefahr projiziert wurde, das Bücherregal könne vielleicht doch auf mich herabkippen. Jedenfalls hob und senkte sich der Fußboden. Hinterher wieder das Konstatieren der Pendelbewegungen.
“Sepolto dalla cultura!” scherzte die Mutter der Neffen, nachdem sie eine halbe Stunde später aufgetaucht… und fast zu weinen anfing. Denn die ersten Nachrichten sprachen von Rieti und von 7,1 Richterskala. Sagte ich ihr in dem Moment auch. Nur, daß in Rieti eine Schwester von ihr wohnt. Die sich auch gar nicht melde. Und das Schlimmste schon im Kopf. Sie selbst hat in ihrem oberen Stockwerk viel mehr mitbekommen als ich hier in meinem Erdgeschoß. Ich solle ihr bescheid sagen, sobald ich mehr erfahre. Sie sei mit den Zwillingen in der Zwischenzeit im Auto auf dem Parkplatz. Womit sie so ziemlich die einzigen waren, die es vorgezogen, sich im ‘Freien’ aufzuhalten.
Der Name Rieti verschwand bald aus den Nachrichten, auch die Richterskala nahm niedrigere Werte an. Das Handy indes streikte, so ging ich also die paar Meter zum Parkplatz. Um sie zu beruhigen. Sie sagte, sie wollten sich zu meiner Ex aufs Land begeben. Man käme dort eher ins Freie. (Vielleicht eine Art DNA: denn meine Ex und ihre Schwestern stammen aus einem Ort in den Abruzzen, den ich sattsam kennengelernt und der >>>>1915 ausgelöscht worden ist. Mein Ex-Schwiegervater, der kurz danach geboren, fand sich unverhofft in der Rolle des Erstgeborenen, weil die älteren Geschwister dabei hops gegangen.
Auf dem Rückweg vom Parkplatz entdeckte ich meinen am Freitag verschwundenen Biomüll-Behälter wieder: er stand in einer Ecke des gegenüber liegenden Hofes. Ich erkannte ihn an den Sandspuren, die der Regen in der Scirocco-Zeit darauf hinterlassen hat. Also Ende der Verschwörungstheorien.
Jedenfalls knarzte es wieder in der Morgenzeit und klang eher nach Afterzeit. Zum Glück kein Knirschen der Mauern.
Nach diesen drei Erdstößen in dieser Woche dennoch eine Art Phantomgefühl des zuweilen phantasierten Ausbleibens von Erdschweregefühl.
Wäre ich nicht dagegen, mir ein Tier zu halten, man könnte es mit einem Hund versuchen. Jedenfalls erschien heute die Nachricht, die Hunde im Tal des Flusses Nera, das nach Norcia hinaufführt, wo die Kathedrale des hl. Benedikt, des Begründers des Benediktinerordens (ora et labora et lege), eingestürzt, hätten eine halbe Stunde vor dem Beben angefangen, unisono zu bellen.
Wer weiß, was mein einstiger Bracco-Hund Ugo getan hätte. Der ja nun schon lange in Timbuktu weilt, wenn man Paul Auster glauben will, daß Hunde nach ihrem Tode >>>>gerade dort auf den warten, den sie als ihren ‘Herrn’ anerkannt (ok, kleines Tränchen jetzt, wenn auch nicht in echt, aber dennoch verbal und darum nicht wirklich falsch). Immerhin fiel mal eine Sternschnuppe gerade in dem Moment, als ich dachte, es sei doch völlig eins, ob ich über meine Mutter oder über Timbuktu schreibe.
Paßt reimmäßig zu dem Vorhaben, morgen eine Suppe zu kochen.