III, 248 – Verstörungen

Noch immer nicht sonderlich aufgelegt nach der grippalen Mini-Krise, die auch meinen Arbeitsrhythmus durcheinander und ins Atemlose brachte. Gestern bis spät noch am Schreibtisch bei minimaler Nahrung. Die Küche mit dem Stampfer blieb verwaist. Heute Zwangsernährung. Mittags ein Würstchen, abends ein Würstchen, aber mit viel Zugemüse und Senf. Und schon das Aussprechen des Wortes Senf mit etwas Vervé löst einen Huster aus. Jedenfalls jetzt um diese Uhrzeit. Morgens braucht’s weiter keine Anreize. Kommt von selber.
Auch das Lesen darbt. Aus Verzweiflung den Brinkmann mit seinen Gedichten hervorgeholt. Um das Gefühl zu haben, mehr als nur ein paar Seiten gelesen zu haben. Natürlich ein völliger Selbstbetrug. ‘Standphotos. Gedichte 1962-1970’. Einst im römischen Goethe-Institut für 1000 Lire verscherbeltes Exemplar. Das machten sie in der Bibliothek immer so gegen Weihnachten: Altbestände anbieten. Und ich war, solange ich dort lebte, immer pünktlich dabei.
Noch nicht in Rage gekommenes BRD-Ennui. Beim Blättern nur die letzten Zeilen lesen: das ist im Grunde gleich, doch aus Erfahrung gut, stellt sie sich vor, mit einem alten Lappen neben dem Klosett, was sich nicht in Ordnung bringen läßt, es auch glauben, ohne Schwierigkeit, Beinahe hätten sie sagen können, wir sind glücklich. Er kommt aus seinem Anderssehen nicht heraus. Er weiß nur, da ist etwas anderes, und er nimmt immer zurück, was er sieht. Zum Beispiel diese Art von Grün. bis er wortlos umfiel. Immer letzte Zeilen.
Eine Verstörung mithin. Also doch? Soll Lyrik doch eigentlich bewirken. Insofern selbst hier ein Nehmen und Zürücknehmen. Bei mir. Er ist ihm nicht grün, möchte aber das Grün nicht irgendeiner Frau an einem bekannten Baum auf einer Photographie überlassen, als sei Grün die Willkür der BRD-Natur, der man zu huldigen hat. Er ist natürlich ich. Bin ihm aber scheinbar näher gekommen, als ich zunächst ihn abwehrend glaubte.
Nächste Lektüre: “Die SBZ. Von A bis Z”.

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