Kriminelles unter Der Dschungel IP, sowie Pläne für die‛s sie nicht braucht. Das Arbeitsjournal des Sonnabends, den 9. Dezember 2017.

[Arbeitswohnung, 6.45 Uhr]

An Tagen wie gestern, Freundin, bin ich froh, daß ich die monatliche Investition für einen zweiten Internetzugang trage; eigentlich habe ich sogar drei, nämlich immer noch den kleinen USB-Stick, der einen anderen Vertrag zur Grundlage hat als mein Vodafone-DSL-Zugang, indessen Ifönchen und iPad ohnedies getrennt über die Telekom laufen. – Nämlich ab nachmittags brach mein DSL komplett zusammen, damit auch das Festnetztelefon; das Modem warnte in Rot. Zeit allerdings ging schon drauf, als ich bei der Störungsstelle anrief, nachdem ich online meine Überweisungen überprüft hatte. Ich gebe ja prinzipiell keine Bankeinzugsvollmachten, also muß ich die Rechnungen selbst im Auge behalten und auch unautomatisch zahlen. – Nee, alles in Ordnung.
Die Dame an der Störungsstelle, deren spürbar schlechte Laune ich mit amüsierter Freundlichkeit unterlief, konnte schließlich aber dennoch nicht helfen: Die Messungen ergaben einwandfreie Funktion des Netzes. „Ich habe einen Verdacht”, sagte sie und – als ich nachfragte, weil sie ihn von sich aus nicht äußerte –: „Es könnte sein, daß sich jemand in Ihren Verteiler geklemmt hat”, geklemmt, ja, war das Wort. Sie meinte den Verteiler, der sich für dieses Haus im Keller befindet; vielleicht meinte sie sogar den großen Verteilerkasten außerhalb des Wohnungskomplexes draußen auf der Straße.
Das erhöhte mein Amusement, schon, weil ich ja längst im Netz wieder war – der Arbeitslaptop über den Stick, die Korrespondenzgeräte qua Telekomvertrag. Nur daß erstmal mein arbeitsinternes Netzwerk nicht mehr funkioniert, so daß ich, etwa um etwas auszudrucken, zum SJ werden muß, einem Stick-Jockey also. Freilich läßt es sich damit zweidrei Tage schon leben: 24 bis 48 Stunden könne es nämlich dauern, bis sich ein Techniker melde, und da aber nun Wochenende sei… – Egal.
Mein Amusement ging auf eine Fantasie: Eine terroristische Zelle, zum Beispiel, nutze nun meine IP, um ihre Vorbereitungen zu treffen, sagen wir einen Anschlag auf PENNY. Ich sah es direkt vor mir, wie mein Anschluß ab- und ein anderer angeklemmt wurde; dann wurde gewaltig telefoniert. Es könnte aber auch der harmlose Fall eines geplanten Sparkassenüberfalls sein; die Filiale, eine große, befindet sich anderthalb Straßen weiter. Und dann steht plötzlich ein SEK vor meiner Tür und pocht oder knallt gar mir den Stiefeln dagegen oder nutzt, ohne sich überhaupt anzumelden, einen diese elektronischen Rammböcke – KRACH WUMM SPLITTER, dann müssen sich die SEKler, >>>> wie seinerzeit unter Goltz, durch meinen engen Flur quälen, wobei sie natürlich alles von den Seitenregalen wegreißen und, nach drei Schritten bis in meinen Arbeitsraum, schaut sie so arrogant wie bestimmt und einbrustsentblößt die Schaufensterpuppe an… ach nein, die sitzt ja jetzt am Fenster, weil ihr ihr Sommerplatz – der auf dem Ofen – andernfalls das hübsche Gesäß schmelzen würde. Jedenfalls ich soll… Gesicht zur Wand, ähm welcher?.. also zu den Büchern, Tritt in die Kniekehlen, echte Thrillerszene.

Gut, ich bin vorbereitet, das Wochenende kann spannend werden. So, jedenfalls ähnlich, erzählte ich es gestern auch meinem >>>> Elfenbeinverleger, der mich kurzfristig >>>> ins Sigismondo gebeten hatte, wo ich ihm dann eine Idee unterbreitete: Nachdem ich >>>> Dark gesehen hätte, sei ich überzeugt, er müsse Thetis, sowie das Buch in zweiter Auflage erschienen, an Netflix schicken; meine Güte, was eine S e r i e es ergäbe! Man hat dort offenbar, ich habe diese Beobachtung jetzt mehrmals gemacht, weder Angst vor komplexen Erzählstrukturen noch vor Gewalt- und Sexualszenen und ist auch phantastischen Themen gegenüber mehr als aufgeschlossen. Vorausgesetzt, sie lassen da die üblen Popmusiken beiseite, die in Dark ziemlich lästig sind, ist der gesamte Andersweltkomplex für eine Serie geradezu ideal.
Der höchst vornehme Ingo Držečnik hörte mir höchst geneigt zu, anders als ich erwartet hatte. „Schick mir das alles nochmal als Mail, auch mit den Namen der Regisseure.” Nur daß wir freilich das Erscheinen der Zweiten Auflage abwarten wollen, damit auf allen Umschlägen auch Elfenbein steht.
Bereits Koralnik von >>>> Liepmann und Michalek von >>>> AVA hatten mir auf der Messe erzählt, daß es einen riesigen Materialbedarf für Serien gebe, was ich mir „natürlich” hätte selbst denken können, gedacht aber selbst nicht hatte, nicht vordem. Ich bin ein Konservativer, geschätzter Herr Polizeichef Goltz, wie anarchistisch auch immer, und denke bei Verfilmungen halt immer zuerst ans Kino, für das der Andersweltstoff aber zu umfangreich und verwickelt ist. Bei Serien liegt der Fall komplett anders, man hat da wirklich die nötige Zeit. Und Thetis/Buenos Aires/Argo, meine Güte, ich habe ja gestern bereits >>>> auf diesen NZZ-Artikel verlinkt. Liest man ihn und vergleicht mit Anderswelt, könnte man meinen, ich hätte meine Ideen abgekupfert, die selbstverständlich nicht etwa „Prophezeiungen” waren, sondern einfaches Weiterdenken dessen, was zwischen 1994 und 1998 schon war und womit parallel – die barbarische Rückseite derselben Phänomene – das Völkermorden auf dem Balkan lief, das unterdessen der داعش  noch zu toppen versucht hat. Alles exakte Andersweltthemen.

Wie auch immer, als mein DSL zusammenbrach, war ich, Freundin, ausgesprochen beschwingt. Hinzu kamen noch Pläne, die über den Tag mein >>>> Arcoverleger und ich… nein, nicht schmiedeten, so konkret ist es noch nicht, aber doch angeschnibbelt haben. Da weist jetzt vieles in die Zukunft. – Ach, Vertrauen in Verlage haben können! >>>> Dielmann hatte es mir restlos ausgetrieben, von Schöffling und Berlin-Verlag fast unmittelbar gefolgt, indessen Rowohl auf einer anderen Seite, sozusagen dem Impressung verbucht steht, dessen Copyright >>>> McKINSEY hält, mit Holtzbrinck. Das größte Trauerspiel bleibt dennoch Dielmann.
Seine kalte Replik – des sonst herzerwärmend freundlich und verbindlich wirkenden Mannes, sein Haupt„kapital”, denke ich – auf meine Klage, ich hätte mich doch so sehr mit dem Verlag identifiziert, so viel Vertrauen in ihn gehabt, werde ich nie vergessen: „Ist halt ein Fehler von Autoren.” Wie viele von ihnen haben bei Dielmann unter diesem „Fehler” schon leiden müssen, wie viele Dichter:innen! Bei >>>> Paulus Böhmer darf man nicht mal mehr seinen Namen aussprechen, und meines Wissens zuletzt hat er, Dielmann, >>>> Peter H. Gogolin in tiefe Not gestürzt, nachdem er schon mit den Kulturmaschinen in freien Fall geraten war, woran ich, unterm Strich, auch noch Mitschuld trage – für den, mich, es erst mit Elfenbein und Arco, und mit >>>> mare selbstverständlich, wieder anders aussieht; bei >>>> Septime bin ich mir ebenfalls sicher. Deshalb sollte, umgekehrt geschaut, ich mit diesen vier Häusern nun wohl auskommen können und nicht mehr noch anderswohin schielen. Denn bei all den vieren ist das Fundament Freundschaft und Achtung vorm Werk.

Ein paar schöne Erinnerungserzählungen für das Familienprojekt der Contessa gefunden; fast etwas schade, daß dieses Buch rein privat bleiben wird. – So auch am Vormittag noch. Ich kam weiter, auch mit Thetis; sogar für die Gedichte scheint sich eine Lösung abzuzeichnen. Was störte mich da dieser DSL-Mist? Wobei ich mich allerdings dran gewöhnen muß, daß sich die Sites erheblich langsamer aufbauen, als ich‛s gewöhnt bin. Aber das ist Banane.

Herr Morgen>>>ecker wiederum teilt heute die Beute. Ich habe auflachen müssen. Lachen, Freundin, auch Sie:

Es gibt eine Geheimgesellschaft namens „Abgrund”, die Autoren dabei hilft, ihre Texte komplizierter zu machen.Muß ich mehr sagen?

… leben und lesen und schreiben wir (…) noch immer unter dem Diktat der Mittelmäßigkeit (…).Es sei halt unsere Zeit noch immer nicht gekommen.

Und so teilten sie die Beute einträchtig in vier gleich große Teile.

 

(Um den Bogen zu schlagen: eines für jeden Verlag. Und während wir ihnen beim Essen zuschaun, stecken wir, Freundin, die Köpfe an den Mündern zusammen; wie das geht, wissen Sie ganz wie ich. Nun züngelt Geist zu Geist. Ob weiblich, ob männlich – was, wenn beisammen, schert das denn noch?)

ANH

8.52 Uhr
Oh, Schönste… – erster Schnee! Vor den Fenstern torkelnde Flöckchen.

2 thoughts on “Kriminelles unter Der Dschungel IP, sowie Pläne für die‛s sie nicht braucht. Das Arbeitsjournal des Sonnabends, den 9. Dezember 2017.

  1. Mal was ganz Anderes (Alcyone) Durch Ihren Hinweis auf den Elfenbein Verlag angeregt, habe ich mir gerade aus der Bibliothek D’Annunzios „Alcyone“ ausgeliehen und werde mich nun damit beschäftigen. Den Verlag werde ich für seine Großtat deshalb bei jeder Gelegenheit rühmen. Ich hätte nicht gedacht, jemals die Gedichte des Italieners (in größerer Zahl) lesen zu können. Ich kannte bisher nur Stefan Georges fünf Nachdichtungen …

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