Verirrt durch die Nacht. Im Rückschau-, nämlich vierten Franfurtmainer Messejournal. achtsam geschrieben im ICE.

Bewundernd geht mein sorgsamer Blick, der, müde noch zudem, über die Füße der neben mir, andergangseits, sitzenden Frau hin; sie ist zum Weiterschlafen, was auch ich grad noch tat (ist zu schlafen eine Aktion?), aus ihren Chucks geschlüpft, das hauchdünne Nylon (oder welcherart Taftstoff heutzutage verwandt wird) schmiegt sich wie eine Wange, so zärtlich, dem gliederigen Spann an. – Im übrigen ist diese Frau keine Schönheit, doch dort so sehr, daß dir der Atem fortbleiben wollte, wärest du nicht noch so müde, vor allem aber auch wund.
Denn so irrte ich durch die Nacht, vorgestern nacht, nach einem scharfen, nicht rücknehmbaren Streit, der mich schließlich, ich hatte den Whisky auch nur noch in mich hineingekippt, aufstehen, vielleicht aufspringen, ich weiß es nicht mehr, lassen, voll Verzweiflung, auch Ekel, verloren ohnedies… und mit einem, was ich noch nie bei einer Frau getan, „Leb wohl“ ging ich, es tat einen Riß, h a t t e ihn längst schon getan, dann wußte ich nicht mehr, wo ich mich befand, wiewohl ich mich in dieser Stadt doch auskenne, doch alles, alles war weg. Es kam auch kein Taxi, an das ich mich um Hilfe wenden hätte können. So schritt ich, schritt ich, irgendwann nahm ich GoogleMaps zuhilfe und fand mich nahezu sechs Kilometer von meinem Ziel weitab, die ich dennoch zu Fuß – denkend, denkend, rasend denkend – weiterbewältigte. Wie war Herrndorf an diese Waffe gekommen? Er gehörte doch keiner halbseidnen Szene an …  Wo hatte er, wen hat er gefragt? Und dann getan, was zu tun war, dort, wo jede Spur zu Natur wird, sich nämlich ohne die Hilfe eines, sagen wir, Reinigungskommandos verweht, versickert, kompostiert sogar wird, dessen, sagen wir, Teilhaberinnen und Teilhaber in aller Regel migrantischen Hintergrundes sind und also, weil von komplett lebensnahen Problemen bedroht, mit allem existentiellen Recht nicht begreifen können, weshalb sich hier jemand wegschoß. Bei Herrndorf also s c h o n, die Not war da faktisch. Aber bei mir?
Zugleich formulierte ich – eben deshalb und immer in diesem Durchschreiten der Nacht – einen langen Brief an meine Liebsten, der nicht so sehr begründen sollte, als vielmehr erklären, ich sei diesen Schritt nicht aus Feindschaft zum Leben gegangen, sondern grade umgekehrt: weil ich es so liebte (und tatsächlich weiter so liebe) und genau deshalb nicht in eine Situation kommen möge, zumal im Altern, in dem ich begänne, es zu beklagen. Aber ich lebte, so schrieb ich jemandem anderes in einer kurzen Mail dreivier Tage zuvor, in solchen Ambivalenzen, daß sie sich durchaus als Zumutungen empfinden ließen, die rechtens und klugerweise kein Mensch wirklich mittragen möchte, schon gar nicht, wenn eben erst neu in eines andern Leben aufgegangen.
Nun war ich freilich ohnedies, vor dem Streit also, wie verwundet gewesen und hatte um Haltung gerungen, die mir auch ward – aber eben nur bis zu dem Moment, da der Streit sich zwischen diese Frau und mir einschlich: voraussehbar übrigens, längst erahnbar, aber als „erwachsener Mensch“, der man(n) ist, und frau, wird gedacht, das kriegt sich schon hin. Später sagte ich, da war ich noch klar: „Ich mache dir keinen Vorwurf, es gibt für Vorwürfe keinerlei Grund. Im Gegenteil, du hast alles richtig gemacht. Auch ich habe alles richtig gemacht. Aber da kam es je zu einem Ergebnis, das mit dem andren nicht vereinbar ist und vereinbar niemals werden wird.“ Imgrunde, was ich Schicksal nenne, Sie können’s, Freundin, auch Geworfensein nennen, nüchterner: ein Hineingestelltsein, und keine Schraube des Getriebes ist uns zuhanden. Dann senkt sich, statt eines Gitters, schußsichres Glas zwischen uns. Zwar sehen wir uns noch, aber können einander nie wieder hören. Dann überhaucht ein seltsam metallischer Dampf die Scheibe, der sich, anders als Atemluft, nicht abreiben läßt, ja nicht einmal feucht wie die Menschlichkeit ist, und für immer verschwinden wir vor- und voneinander, werden quasi von hinten an den Schultern gefaßt, jede und jeder, und in die Tiefen des und der anderen Erinnerns gezogen und schließlich hinab, hinab, hinab in ihr und sein Vergessen.
Wund aber war ich, wie erzählt, bereits vorher. Ich brachte meine Lektorin zur UBahn gen Flieger, sie fuhr ab, und um mich riß krachend und kreißend der Boden des Bahnsteiges auf, als hätten ihn aus jeder subterranen Richtung Schläge gespalten, von unten! von unten! und  jeder Schritt würde Absturz, den ich nicht voll und scharf konzentriert, ja: unternähme. Was auch gelang, nicht zuletzt, weil ja immer noch Messe war und ich im, gewissermaßen, Geschäftsmodus.

Ich hatte vorgetragen, aus der Chamber Music vorgetragen, im Gang vor Arcos Stand. Uns waren zufällig Mikro und Box geworden, natürlich „zufällig“ nicht, sondern weil faustkultur eine Veranstaltung hatte, die sämtliche Nachbarstände in die Defensive zwang. Insofern war Elfenbein nicht sehr glücklich, als nun auch ich noch lesen wollte. Doch ließ ich die Lautsprecherfront in den Zwischengang richten; es hallte an Elfenbein deshalb vorbei, blieben aber auch nicht sonderlich viele Menschen stehen, wobei ich so in Joyces Gedichte eingesunken war, daß ich nicht wirklich etwas drüber sagen kann.
Ich wechselte Schulzes und meine Nachdichtungen je ab.
Mir ahnte die kommende Nacht noch nicht.
Wie auch die Sorge ausbrechen würde, wie dieses Einsamsein ausbrechen würde und wie, daß man’s werde bleiben, dazu finanziell in ständiger Not bis ans Grab. Mit vierzig lachst du drüber, auch mit fünfzig tust du’s noch: Es ist doch gar so viel Zeit, und alles, das meiste jedenfalls, werde sich drehen. Dann ist die Zeit plötzlich nicht mehr, und du bemerkst, daß auch „drehen“ sich n i c h t s wird oder erst, wenn du tot bist. Und du fragst dich, wozu du’s noch aushalten sollst. Was zu schreiben war, zu schaffen war, i s t geschafft, und die Kinder brauchen dich nicht mehr, ein weitres, wie du’s dir wünschtest, wird dir versagt bleiben – nicht weil du zu alt bist, bewahre! sondern weil das Geld nicht da ist, notfalls Härten aufzufangen, zurecht sind die Mütter pragmatisch. Wer sich also angepaßt hat, mitge-, ich sag mal, schunkelt und korrumpelt hat, wird vollen Umfangs entlohnt, hat ein Haus auf der Insel, bietet seinen Geliebten was, dir selbst ist derlei versagt. (Ich rieche den alten Geruch schon der Heime). Also ja!, wie hat Herrndorf es gemacht, zu solch einer Waffe zu kommen? Und nochmals: Nicht aus Überdruß oder Lebensekel oder der empfundenen und allzu lastenden Ungerechtigkeit halber, sondern aus Liebe zum Leben – so, wie große Sängerinnen und Sänger stolz von der Bühne abtreten, eben bevor sie sich singend lächerlich machen, statt dessen weiter bewundert sind. Da dann geht, wer frei in sich ist.

Aus dieser vorgesternNacht komm ich noch immer nicht raus. Mittlerweise ist mein ICE, der 1533er Sprinter von Frankfurt am Main, wegen einer flächendeckenden Signalstörung im Erfurter Raum bereits in Fulda liegen geblieben, hat uns Reisende alle ausgespuckt, die wir ebenfalls bereits im nächsten ICE sitzen, den aber füllt, ab Kassel, daß noch ein weiterer ICE ausfiel. Dabei geht draußen der nächste Goldoktober auf. Ich aber, mit einer Körperseite, durchschreite die Nacht.
So war es noch morgens, als ich, kaum geschlafen, aufstand, bekifft von Not zur Messe spazierte, aufrecht, doch schlich, dann wie ein alter Schluck Wassers am Stand im Glas herumsaß, doch einen nächsten Auftritt hatte. Was mir immer sehr hilft, egal, ob ich eigene oder anderer Texte vortrage. Diesmal war’s in Georgien; Christopher Arco besorgte – mit großem leidenschaftlichen Ton – die Moderation, Alexander Katosia sprach mit ihm und trug Gedichte auf Georgisch vor, indessen ich aus den deutschen Übersetzungen rezitierte. Es habe Menschen im Publikum gegeben, die hätten davon geweint, hörte ich später. Vielleicht, daß all meine Traurigkeit in meinem Vortrag mitschwang, Verlorenheit eher, denn niemand hat mir was Böses getan, fast nirgends, glaub ich, steckt Absicht dahinter.

Und dennoch kehre ich reich jetzt nachhause zurück, denn habe für die Kinder wunderbare Bücher gefunden, und jede neue Verlorenheit ist Keim eines neuen Gedichts, mitunter auch neuer Erzählungen, vielleicht gar Nukleus einer Romanszene. Jetzt werde ich die neue Ausgabe des Magazins von diaphanes erwarten, mit den Béartgedichten, deren streithaftes Aufsehen mir über die letzten beiden Tage ganz gleichgültig geworden ist, und mit Septime und Elvira wird es nun um die Titel der Erzählbände gehen; sie, Jürgen Schütz, der Verleger, und ich haben am Freitag abend gut und lange beieinandergesessen, und Elvira machte m i r sogar klar – mir, dem Autor, selbst! -, welch eine Publikation das sei, nämlich wie ins Zentrum meines Werkes sie gehöre. Von manchem war es mir selbst nicht klar. Das ist keine Koketterie, sondern Ausdruck (ein Zugeben nämlich tatsächlich) meiner Zweifel, die um so nagender wurden, desto größer ein Größenwahn ward, der sich gegen die üblen Nachreden und die öffentliche Ablehnung sperrte – aus Notwehr also entstanden, wo eigentlich nur jemand zuhause sein möchte. Doch schlug „sich erdachtes Gebild vor, quer, zu Erdenklichem
völlig gehörig“. Dem ist nicht, Freundin, zu entkommen. (Die Dame mit den schönen Füßen ist längst fort, entstiegen, auch sie, ins Vergessen):

ANH
(ICE 854, 10.22 Uhr
Kurz nach Wolfsburg)

29 thoughts on “Verirrt durch die Nacht. Im Rückschau-, nämlich vierten Franfurtmainer Messejournal. achtsam geschrieben im ICE.

  1. mahaaaaaan, ich versteh dich, ich versteh dich nicht, ich versteh dich, ich versteh dich nicht, niemand will dir was, aber wir stehen hier alle auch nicht immer bereit und sind das verständnis selbst und finden auch mal was wirklich blöd, na und?! das ist so unter profis, das geht mir mit allen anderen kolleg*innen auch mal so und ihnen mit mir. da sekundiert man nicht ständig. dass der betrieb so bescheuert ist oft, wie er ist und an diversität zu wenig freude hat, davon habe ich jahrelang mein scherflein abbekommen. mein erfolg lässt sich an der steuererklärung kaum ablesen. ich hab tierisch schamotten vorm seminar. meine eigene produktion holpert und stolpert, mich setzt hier nicht gleich wer vor die tür, wenn ich mal keine mäuse heimbringe, das macht es leichter, stimmt, stimmt auffällig und überdeutlich, aber das würde mir nie und nimmer allein reichen und ich versuche, was ich kann, dass sich das ändert, also, das mit den mäusen, nicht mit dem vor die tür setzen. ich weiß selber, wie ich drauf kommen kann und es gründe genug gäbe, das zu tun, und ich weiß, wie unzumutbar jede und jeder dichter*in werden kann und ich weiß, dass das mit dem ungesicherten beruf zusammenhängt. und ich kenn den mechanismus sehr gut, sich gerade dort behaupten zu müssen, wo man sich am instabilsten fühlt. aber können wir alle nicht mal diese depperten reizreaktionen für einen moment lassen. außerdem, alban, kinder brauchen ihre eltern, immer und bis sie alt und klapprig sind und sie hilfe benötigen, auch dann brauchen kinder ihre eltern, glaub mir, auch wenn die kinder es manchmal nicht tragen können, aber sie brauchen ihre eltern bis zum letzten atemzug. du ahnst vielleicht nicht wie sehr, aber dein sohn wird dich immer brauchen und lieben und das ist zuhause. dein zuhause, daneben gibt es von amelia bis berlin viele andere. aber ich bin nicht frau, nicht mann, wenn ich schreibe, dann bin ich ein alien, was selbst erschaffenes. gar kein so übler vergleich von dieser elfi neulich. und jetzt muss ich weiter machen. ich weiß gar nicht, wie noch ordnung in all das kriegen, was hier sich über 5 tische verteilt, chaostage.

  2. „aber ich bin nicht frau, nicht mann, wenn ich schreibe, dann bin ich ein alien, was selbst erschaffenes.“ – ich hab‘ in letzter zeit (in letzter zeit? – fiktionaler zeitstrahl) selten (selten? – fiktionale frequenz) etwas großartigeres (auch so ein schwachsinn), d.h. also: ich finde, das ist ganz ohne tippex ein toller satz darüber, was das eigentlich ist, wenn man etwas schreibt. und da ist so’n läppischer zeit-artikel lächerlich, der autoren fragt, ob sie auf papier, auf pc, oder auf der olivetti oder meinetwegen auch auch dem klo wie Enderby sich vorschreiben, was sie dann schreiben oder umgekehrt.

  3. danke. ich habe mich fast nie mit frauenfiguren in literatur identifizieren können und ich will nicht in diese begrenzungen gestellt werden, nicht mal in stellvertretung, die mir als freiheiten verkauft werden und als macht, die ich aber nicht fühle, für mich fühlt es sich nur an, als ließe man mir ein paar billige tricks über, einen augenaufschlag, eine strumpfhose. eher rapp ich wie eminem. und ich bin auch genau wegen dieser sehr alban ähnlichen energien von ihm aufs podium gebeten worden, genau wegen dieser wucht, die nicht um schläge bettelt, sondern gnadenlos zurück schlagen kann, wenn sie muss, nur weiß alban gar nicht so wirklich was damit anzufangen. die choreographie holpert noch sehr. im grunde weiß ich, was er an mir schätzt und er weiß, was ich an ihm schätze. es sind diese energien, er kommt nicht damit klar, dass ich sage, sie kennen kein geschlecht letztlich, das aber mal zu durchdringen, was das heißt, das ist meine überzeugung, kratzt an was wirklich großem, ist ja nicht so, dass ich nicht auch pathos hätte.

    1. @Xo: Ja, ich verstehe, fühle sie sogar, Deine Energien und die Nähe der unseren als Energien. Der Unterschied ist aber, jenseits der der Biologie geschuldeten Banalität meiner folgenden Aussage, daß ich mich i m m e r als Mann fühle und tatsächlich nicht als Alien. Das war bei mir allerdings nicht so, bevor ich 20/21 wurde; es drehte sich ziemlich exakt mit der Selbsterfindung Alban Nikolai Herbsts. Meine poetische Energie wurde mit der, laß es mich „einfach“ so sagen, mit der Entdeckung meiner männlichen Energien erst frei – und damit, Frauen zu lieben. Vergiß nicht – vielleicht weißt Du es auch gar nicht -, daß es in meiner Kindheit und Jugend Männer quasi nie gab; ich wurde ausschließlich von Frauen erzogen, und zwar mit einem „Frauen“bild, daß mich komplett verklemmte. Auf ihre Weise – und sehr nachvollziehbar, wenn Du Dir ihre Geschichte ansiehst – war meine Mutter eine hochgradig aggressive Frauenrechtlerin, und zwar weit mehr noch in ökonomischer als sozialer Hinsicht. Da war sie, im Kalkül einer konservativen Wertehinsicht, selbst mehr Mann als Frau. Bewundernswert, aber pragmatisch kalt. In meiner Jugend war, in der Tat, ich ein Alien und fühlte mich so.

  4. die frage ist doch, ob mann mit seinen persönlichen (lebens)erfahrungen auch nur für einen einzigen anderen mit-mann stellvertredend reden kann.
    es geht da ja um individuelle erfahrungs-konglomerate und poly-kausalitäten – um komplexion.
    …………..
    mein vater musste bei jeder kuss-szene im tv den kanal umstellen in den 70ern.
    als kriegskind wurde er 15-jährig eingezogen und landete rasch für vier jahre in sibirien.
    es war für ihn die „schule des lebens“ – das lager !
    die menschen waren für ihn alle schlecht, das hatte ihm die schule des lebens, das harte lagerleben beigebracht.
    klasse, wa?
    durch und durch die fleischgewordene pflichtautomation und paranoia-impfmaschine er.
    der mann – er war durch viele viele andere verklemmten männer gedeckt.
    er musste sich deshalb nicht in frage stellen und die vielleicht etwas weniger verklemmten waren damals die bösen linken.
    und jeder pups war durch genetik bestimmt.
    echt krass.
    so und so weiter machte man aber ganz gut untergebene, knechte, lohnsklaven usw.
    ja und da kam die sexuelle befreiung.
    aua war das schlimm.

    etc.

    1. @Schlot zu „die frage ist doch, ob mann mit seinen persönlichen (lebens)erfahrungen auch nur für einen einzigen anderen mit-mann stellvertredend reden kann“ – Wahrscheinlich kann er das nicht, schon gar nicht „stellvertretend“. Es wird in dem Béartzyklus aber auch gar nicht getan.
      Dennoch denke ich, daß es Geschlechtsgemeinsamkeiten gibt, in verschiedener Ausprägung freilich. Doch ob jemand allmonatlich blutet oder nicht, wird Spuren in der Seele hinterlassen; es prägt, wie auch Erektionen prägen, mit denen man(n) morgens erwacht. Körperliche Vorgänge sind mit seelischen aufs engste verknüpft. Übrigens ist es ein machtpolitischer Verfahren gerade des Patriarchates immer gewesen, genau dies zu (ver)leugnen, Körper zu leugnen – genau daher auch die Misogynie besonders der drei monotheistischen Religionen.

      1. von menstruation bist du irgendwie besessen, ich fühl mich schlapper in der zeit, dünnhäutiger, ja und? es gibt frauen, die bluten heftig, es gibt frauen, die bluten kaum, es gibt frauen, die nehmen die pille durch und bluten gar nicht. natürlich sind körperliche vorgänge mit dem gemüt verknüpft, sonst gäbs ja auch keinen runners high, aber menstruieren ist nix mystisches, es ist das monatliche aufbauen der gebärmutterschleimhaut für eventuell befruchtete eier, passiert das nicht, blutet alles wieder ab, warum das jeden monat passiert beim menschen, weiß man noch nicht genau, es kommt relativ häufig vor, im vergleich zu anderen säugetieren und es hält vergleichsweise lange an. im schnitt hat frau mit 52 die letzte menstruation in unseren breitengraden, je weiter südlich man in europa geht, desto weiter verrückt sich der durchschnittswert nach hinten. ansonsten sehen sich frauen und männer aber gar nicht so unähnlich, kiekste mal, hat auch zwei arme, zwei beine und haare auf den beinen. selbst die klitoris ist ein schwellkörper und zum schluss haben auch beide körper eine etwa gleiche lebenserwartung. man leugnet körper nicht, wenn man unterschiede nicht gleich als so gravierend wahrnimmt, wie du es tust.

        1. eine frau warf einem kumpel von mir sexbesessenheit vor und wollte ihn zum therapeuten schicken, weil sie ja eine beziehung mit ihm hatte.
          da passten zwei leute sexuell nicht zusammen.
          gibt ja sexbesessene frauen, ich kenne zufällig eine solche persönlich.
          naja – also woher kommt’s ?
          schwer zu sagen, das hirn spielt sicherlich gehörig mit.
          ………………..
          ich bin desweiteren irgendwie nicht scharf auf sm sex und sollte ich eine partnerin mit devoten neigungen haben, so würde ich mich nicht unbedingt deshalb von ihr trennen.
          das sm dürfte oder müsste jemand anderes mit ihr machen.
          eifersüchtigkeit ist was für kleingeister.
          einen menschen will ich bei maximaler liebe nicht besitzen.
          meine maximal mögliche freiheit – trotz bindung – schon.
          liebe zu einemanderen menschen ist ein wirklich grosses, seltenes gefühl.
          es ist für mich unkaputtbar, es sei denn dieser andere verändert gravierend seine politischen ansichten

      2. @“Übrigens ist es ein machtpolitisches Verfahren gerade des Patriarchates immer gewesen, genau dies zu (ver)leugnen, Körper zu leugnen …“ – Dieser Gedanke scheint mir doch ein großer Irrtum. Die Idee des Patriarchats beruht zwingend auf der Idee der Geschlechterdifferenz. Deshalb wird hier stets das (vermeintlich) Unterschiedliche der Geschlechter betont. Im Mann darf es Null Anteil Frau geben und umgekehrt. Ganz zu schweigen von Androgynität und allen Übergangsformen. Dass Körperlichkeit „verleugnet“ wird, war ja stets nur die offizielle Seite. Überall da, wo Männer im Patriachat unter sich sind (sein durften / mussten), wird sie (insgeheim) ganz besonders zelebriert, ob im Internat, beim Militär, Burschenschaften, Priestertum etc.

        1. @derdilettant: Die Geschlechterdifferenz ist keine Idee, sondern biologisches Fakt. Die patriarchale Idee ist die Vormachtstellung des männlichen über das weibliche Geschlecht, hier sitzt der christlich/jüdisch/islamische Teufel. Die damit einhergehende Abwehr des Körpers (bis hin zur absolut körperfeindlichen und geradezu widerlichen Idee der Himmelfahrt, wo man dann schwanz- und mösenlos mit nackten Ärscherln dauernd Chorälchen singt) zeigt sich an der vorgeblichen Unreinheit menstruierender Frauen. – Ich könnte jetzt stundenlang darüber schreiben, bis hin zu einer (unter sich, ecco!, heimlich betriebenen) Homosexualität, selbstverständlich nur der männlichen, und belegen – aber habe das in meinem Büchern zur Genüge ebenso getan wie andere Autoren und vor allem Autorinnen. Nicht die Geschlechterdifferenz ist das Unheil, sondern ihre Leugnung im Fahrwasser der ökonomischen Äquivalenzform, sprich des Geldes – dieser Prozeß bereitet die retortische Replizierung des Menschen vor, nämlich auch seine Programmierung -, sowie die Überhebung des männlichen Geschlechts über das weibliche, das, indem die Replizierung in der Retorte gelingt und schließlich allgemein wird, erst vollen Umfangs diesen furchtbaren Kampf – verliert. Und hilft grad selbst noch ordentlich mit.
          Es ist bezeichnend, daß die wenigen, die hier noch öffentlich warnen, also sich trauen, geradezu sofort entweder in die politisch rechte Ecke geschoben oder als misogyne Machos diffamiert werden.

          1. NACHTRAG: Die Idee des Patriarchats beruht auf der Reinheit, i.e. Sexuallosigkeit, Enthaltsamkeit und was dergleichen Sado- wie gleichermaßen Masochismus mehr ist. Sexualität notgedrungenermaßen als Fortpflanzungs-, nicht aber als Lustakt, als welcher er diffamiert wird. (Was, wenn ich mal kurz spekuliere, wohl daran liegt, daß wir im Moment der Ekstase göttergleich, göttinnengleich werden – komplett unerlaubt, wo und wenn man nicht einmal den Namen Gottes sagen darf. Klar, wir hätten ja dann, um mit Th. Mann zu sprechen, Macht über ihn.)

            1. Hmm. Wir halten fest, es gibt noch einen Mann auf dieser Welt, der richtig echten Sex hat und dabei Spaß. Ich weiß nicht, aber ich glaube, so allein mengenmäßig… aber, lassen wir das. Ist ja kein Wettbewerb. Oder vielleicht doch? 🙂

            2. ich weiß nicht, aber wenn du dir einmal vorstellen wolltest, frauen philosophierten in der form über die erektion des mannes, ein bisschen komisch, im sinne von lachen müssen, kommt dir das nicht vor? o secure, bitte für die biologischen fakten noch biologen zu tisch. parthenogenese ist auch ein biologischer fakt, nicht beim menschen, aber bei viel mehr lebewesen, als bislang so angenommen, die biologischen fakten sind ja auch sehr divers und sie verändern sich noch dazu. du fühlst dich ständig bedroht, als nähme man dir was weg, wenn man es anders betrachtet. das ist mitunter sehr kurios.

              1. @Xo: Nein, ich fühle mich nicht bedroht, ich werde es, sowie ich etwas sage oder schreibe, das nicht dem gegenwärtigen, sagen wir mal, common sense entspricht, also keinen Kratzfuß vor der mainstreamigen angeblichen Fortschrittlichkeit macht. Ihrethalber spreche ich von Diktatur der Correctness. Zum einen steht hinter ihr der (halb kindermagische, aber bewußt eingesetzte) Fehlgedanke, wenn ich bestimmte Wörter vermiede, bzw. hinterher striche und in jedem Fall bös sanktionierte, hörten die mit ihnen verbundenen Mißstände auf (anstatt daß sie sich, was jetzt geschieht, nurmehr vollendet verschleiern, um sich zu perpetuieren), zum anderen ein Machtkalkül, das ängstigen soll. Denn freie Geister stören den profitablen Durchmarsch der Dinge.
                Was das andere angeht, daß Frauen über Erektion philosophierten, so fände ich, geschähe es, sogar grandios. Passierte aber auch schon, siehe etwa bei Camille Paglia. Ich hätte (und habe) überhaupt kein Problem damit, als Projektionsfläche für Gedanken, Fantasien und Spekulationen genommen zu werden, schon weil, was ich „bin“, auch für mich selbst eine Projektion ist (wenn ich von der rein biologischen, mithin physischen und also quasi mechanischen Konstruktion einmal absehe, die dem striktesten Determinismus unterliegt).

                1. ich kann da nicht philosophieren, ich hab anschauung, es ist nicht ein gar so großes geheimnis, aber das objekt meiner anschauung mag ich eben auch ungern verpetzen, ich bin beinahe 30 jahre an seiner seite, das sagt ja auch was. und wir teilen noch ein bett, sogar ein sehr kleines, gerade mal 140 cm breit. manche tierchen halten es in ihren höhlen ja ganz gut miteinander aus. und wenn ich berichten würde, würde ich ja immer nur von einer ganz bestimmten person berichten können, somit fehlt mir auch ganz und gar, da ein größeres faß aufmachen zu können, das müssen andere machen, die vergleichsstudien betreiben. aber solche studien werden ja nur da auch interessant, wo sie die unterschiede mal benennen und nicht alles zu einer sauce verrühren.

                  1. übrigens, ich lebe ja mit einem biologen zusammen (zumindest hat er das auch mal studiert, neben der bildenden kunst), der ist alles andere als strikt und determiniert und die biologie muss da immer für herhalten, was sie oft gar nicht ist: nämlich strikt und determiniert. in meinem ganzen literarischen leben habe ich naturwissenschaftler viel öfter als open minded erlebt, und das, was ihnen immer nachgesagt wird, konnte ich bei meiner nicht signifikanten auswahl gar nicht finden. da erlebe ich eher einen geduldigen beobachter, mit wenigen unverrückbaren und vorgefaßten meinungen von etwas, eher einen neugierigen menschen.

  5. weiß nicht, meinen ersten wirklichen freund durft ich nach der schule mit nach haus nehmen, da war ich 16, wir aßen bei uns, dann verschwanden wir aufs zimmer, hatten sex, lasen uns orwells 1984 vor, patrick süßkinds taube. schlimmer war eher, wenn ich mir auch mal eine drehte, wie er es tat, aber da mir rauchen eigentlich eh nicht schmeckte, passierte das eher selten. wir verbrachten viel zeit zusammen, wie das bis heute der gradmesser ist für meine liebe und für meinen sex. mit wem mag ich gern viel zeit zusammen verbringen, wer ist wirklich freund, wer tut mir gut, wem tue ich gut. ich weiß, das können einige gar nicht mischen, für sie muss sex immer bestimmt sein vom andersartigen und fremden, bei mir ist es etwas vertrautes und schamloses. es gehört einfach dazu, wie essen und trinken und uns fehlte ohne ne menge. verklemmt finde ich mich nicht, ehrlich gesagt, ich weiß aber auch gar nicht, was mit verklemmt eigentlich gemeint sein soll. ich lag in den achtzigern oben ohne an der atlantikküste, ist das jetzt unverklemmt? sexuelle fortpflanzung ist dazu ne recht junge angelegenheit der evolution, wer weiß, was noch kommt. ich glaube, ich könnte tatsächlich auch übergeschlechtlich lieben und begehren, es ist nur noch real nie vorgekommen. ich merke allerdings schon, dass ich einen hang zu androgynen anteilen bei männern habe, der witz ist nur, ich glaube sie bei fast noch jedem entdecken zu können. ich brauch das für mein begehren nicht, dass jemand irgendwie besonders mann sei und ich finde es auch immer fragwürdiger, was damit eigentlich gemeint sein könnte. das begehren verschwindet darum aber nicht, im gegenteil. so empfinde ich es.

  6. ich schätze mal am hofe des sonnenkönigs seinerzeit war eifersucht und treue kein grosses thema, sowie mutterliebe.
    für alles materielle war üppigst gesorgt und es durfte tagein tagaus „drunter und drüber“
    gehen.
    sollte es so gewesen sein, so setzt da theorie vom menschen an.
    der mensch als produkt seiner materiellen verhältnisse.

  7. muss ja nicht gleich des sonnenkönigs hof sein, semesterferien reichen ja manchmal auch scho. zeit haben ist aber ein wichtiger faktor, finde ich auch. bei der liebe, für die kunst. mir reicht aber ne angenehme außentemperatur, n schloß brauch ich nicht.

  8. geht doch darum, was ein mensch aus sich macht und machen darf – abgetrennt vom grundsätzlich anatomischen.
    und da gibt s halt frauen die nicht nur physisch wahrgenommen werden wollen und die verstehe ich.
    mochte ich schon in meiner schulzeit nicht, wenn mich mädchen einfach nur gutaussehend fanden – dafür hatte ich doch keinen finger krumm gemacht.
    irgendwie beleidigend.
    und sowas wie „sympathie oder antipathie auf den ersten blick“ gehört echt bestraft.:)
    liebe auf den ersten blick nicht, sowas kann es geben.

  9. mit einer frau hatte ich ne zeitlang sex, die – wenn sie mich ritt – feuchte augen bekam und mir ins gesicht lachte – der für mich angenehmste sex.
    ( ich fragte sie nie, wieso sie lachte )
    allerdings war ich danach immer ziemlich fertig, obwohl ich mindestens 50 liegestützen so alle fünf minuten eine zeitlang machen konnte, also nicht gerade unsportlich war.
    gut dass ich sowas mal erleben durfte.
    sie war tänzerin, irgendwie sehr schlank gebaut.

    sorry xo, dass ich ich irgendwie nicht auf dich eingehen kann – sich halt biografisches erzählend.

  10. niemand will nur physisch wahrgenommen werden. und ich such mir jetzt auch wieder die orte, fern aller männlichster männerphantasien. schon die anmoderation liegt für mich fern all dessen, was mich interessierte. ich käme nie auf die idee, so zu schreiben, nach dem motto, ich hatte mit einem mann sex, name vergessen, adresse auch, aber ich muss mir da auch nicht so viele merken. klingt mir eh alles viel zu sportlich, liegestütz, reiten, hockey. trefft ihr euch zur leistungsschau, ich such mir n netten einsamen strand und warmen wind auf der haut.

  11. ja – also wollte damit nur sagen, dass sex durchaus auch einer frau spass machen kann – also sie ritt auf mir.
    es ist keine fantasie gewesen und keine leistungsschau – es war der einzige sex, der mich wirklich körperlich forderte, der mit dem lachen.
    frauen können ja auch oben sein und trotzdem einen etwas gequälten eindruck machen.
    oder gar irgendwie übel grimassieren.
    alles schon erlebt.
    ( letzteres mag ich gar nicht, auch nicht an mir selbst – also einen übel verzerrten geischtsausdruck dabei haben )

    alles gute am strand mit dem wind !

  12. ‚Ulysses upon Ajax‘ ?;und ‚The Metamorphosis of Ajax‘ ? – :nu weil die ganze, etymreiche=pentagruesliche POE’SSenenhaftichkeit, via ‚a jakes‘ bewürklicht wird; ‚ch empfehlS zum einsâm=mutuellen Stehdium; dies ‚you lasses upon a jakes‘. [Zettels Traum 582] – Was soll einem da noch einfallen außer der jeweiligen Bio-Misere. Allgemeine Aufforderung: ExPATRIieren!

  13. expatrichalieren! ich kann es ja noch mal sachte versuchen, einige männer wissen ganz gern bescheid, über frauen, oder eben über das, was sie an frauen zu sehen vermeinen. die, die ziemlich gut über sie bescheid wissen, weil sie zum beispiel mit ihnen leben, die verpetzen sie eher selten, sie halten auch eher selten mal menstruationsreden über sie, oder erklären ihnen, den frauen, was die frau im kern so ausmache, aufgrund ihres intimhygienartikelverbrauchs, sondern sie arrangieren sich mit den jeweiligen besonderheiten. quallt ihnen ja auch offenbar, das leben mit der ein oder anderen frau. vielfach wird dann hier gern behauptet, das bringe alles, aber wirklich auch alles zum erlahmen. vielleicht brächte das aber den ein oder anderen doch sehr weit hergeholten gedanken auch wieder zurück auf die zielgeraden. und dabei, wenn ich ständig die koffer packen muss, oder morgens der wecker um sexuhrfumsehn klingelt, bringt DAS eigentlich viel mehr zum erlahmen, war immer so mein eindruck. termine bringen viel zum erlahmen. wenn die wege sonst eher kurz sind, eröffnen sich da ja auch schon mal möglichkeiten. bei alban, verzeih, klingt das alles immer so, als gäbe es nur eine art heilige vereinigung und dazwischen trocken brot und all die, die einfach halt mal so ein bisschen regelmäßigen alltagssex haben, für den sie sich nicht jedes mal ein göttergleiches bein ausreißen, die haben nicht gelebt, nicht geliebt, die haben überhaupt ne menge verpasst und das könnte ja auch tatsächlich sein, aber wenn er sich dann wieder ein zuhaus wünscht, dann denke ich, da ist aber nicht jeder tag göttergleicher sex am start, dafür hat man halt die möglichkeit, wenn schon mal jemand da ist, halt so das zu betreiben, was niemanden überfordern muss und die bindung dennoch stärkt. das ist jetzt vielleicht nicht alles gleich filmreif, aber eben auch keine ganz saure gurkenzeit. das müsste man ja auch nicht schlechtreden, weil es sich nämlich gar nicht so schlecht anfühlt. sonst ließe man es ja auch.

  14. ich wollte noch von niederschwelligen angeboten was schreiben, aber dann dachte ich, das passt vielleicht doch nicht ganz ins bild :D.

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