Es gibt zwar einen Nando Fonti, aber es wird nicht derjenige sein, den es bei FB gibt, aber dessen Hochzeit ein 1975 erschienenes Büchlein gewidmet ist, man nennte es wohl Epithalamium. Der Text ist nicht länger als 9 Seitchen mit jeweil 14 Zeilen. Der Autor ist Antonio Pizzuto. Und stolperte da gestern hinein, denn sollte ich berichten? Novembergestöhn? Aber es ist noch relativ milde. Überschwemmungen sind nicht zu befürchten, es sei denn so ein Drittelskomet stürzt sich in den Atlantik, weil es einer “Messias” genannten Raumkapsel nicht gelungen war, ihn mit nuklearen Mitteln ganz zu zerstören: so hat man immerhin die Gelegenheit, Wolkenkratzer zu sehen, die wie Streichhölzer einknicken, und der sich in obere Gefilde rettenden Menschheit zuzusehen, und dann die Heldentat zu erleben, daß das dickere Ende dann doch zertrümmert wird: nach dem Schema der japanischen Kamikaze. Mankind-Trumpf über Übelhumpf. In einer Phase der Kopperation zwischen USA und Russia. Weltuntergangsabende.
Und die alten Frauen treffen sich auch nicht mehr zum Kartenspiel in der offenstehenden Garage gegenüber. Wird man wohl wieder bis Mai warten müssen. Dennoch stolperte ich auf dem Weg zur Tabaccaia in ein paar “buona sera”, als sie, die alten Frauen, mir wandelnd entgegen kamen, doch dann in diesen Text mit dem Titel “Giunte e virgole”, was man provisorisch mit “Gedankenstriche und Kommata” übersetzen könnte:
Sehr hohe rückwärts schreitende Himmel, Schnecke an Baumgipfeln, und nie ganz Finsternis, eher selten als gestirnt, auftreffen auf einen turbulenten, großen Fluss, den Kaimauern pflastern: drohend, zudringlich, Dreifachreihen, die Ufer hinter sich lassend wilde Kraniche, und dito unblutig, Salamis, Trafalgar. Wiederhergestellt der gewirtelte Rumpf, aufgelockert in seiner sanften Wippe von seidigen Klammern, Hüterin und Auspizium, uneingedenk dort und frisch für neue Unternehmungen, von den nördlichen Nebeln hin zu klaren ungetrübten Küsten, außer Tulpen herrschen hier Bougainvilles, artikulieren allüberall Begegnung. Hoch ansetzen an den Säulen die einziehbare Brücke, hindurch in vollbesetzten Zügen, dann nachgeben für neue Widerseen in so gewaltiger Mitgift: in aufgehängten Käfigen an der Passage – nicht Schachteln sind’s, nein, riesige PS-Schlitten. Unsichtbare Stadt wie abgelegen, und stattdessen so neu in unerreichbaren Parks, denen sie tags nie unterliegt, körperlos wie sie ist. Mit dem letzten azurblauen Schatten nächtlich die Glocken von der nächsten Kathedrale; dicht beisammen in frischer Luft die Leute, die lauschen. Längsseits unermeßliche Flanken über Armstumpftobeln streifen fast schon arzneimittelhaft und prometheisch wunderbar bedrohliche Gebäude und Parks.
Ist natürlich nur ein Teil des Textes, soll aber fortgeführt werden (am Ende dann das Original). Aber ich dachte, wenn schon nichts passiert außer den Brotarbeitstexten (auf dem Konto indes nach wie vor nix), dann lieber dieses Gestrüpp: kleine Abenteuer versüßen das Leben, selbst wenn man im Bett alten Vetteln begegnet wie in Crébillons “Schaumlöffel”, um die Virilität wiederzugewinnen. Feenkram. Führt mich aber unwillkürlich zurück zu gewissen Phantasien, die bewirken, daß ich …
Sowas Ähnliches wie “Vergangenheit verursachen”, wie ich heute eine zufällige Wortkombination notierte. Andererseits spricht Nabokov in einer seiner Erzählungen (‘Zeit und Ebbe’) von der “symphonischen Ganzheit der Vergangenheit”.
’Verursachen’ vielleicht deshalb, als ich das Büchlein schon so lange habe, wahrscheinlich seit den Zeiten, in denen es noch kein Internet gab und der Verlag irgendwo das Angebot inseriert hatte, einen Katalog zu schicken. Wahrscheinlich bekam ich ihn. Dennoch kann ich mich dunkel an eine Antwort des Verlags Scheiwiller erinnern, des Sinnes, es sei ja gut und schön, Kataloge zu bestellen. Aber dann nichts kaufen? Dunkle Wege, bei denen einem die Taschenlampe auch nichts mehr hilft, die ich jetzt regelmäßig bei mir führe, um im Dunkeln die Hoftreppe zu finden. Selbst auf dem Platz unter den Fenstern sind die Lampen ausgefallen.