III, 413 – Fortnight-Märlein

Turdus merula. Oder eben ganz einfach ‘merlo’. Verräterisches Vögelchen in Voltaires ‘Principessa di Babilonia’ (gelesen, weil’s hübsch groß gedruckt war, da ließ sich das Lesepensum leichter erfüllen). Fing damit von ungefähr an das Fortnight-Märlein. Im Pianeta Verde, dem Bioladen kleinerer Besorgungen wegen, Brotausgabetag, wie üblich hauptsächlich weibliches Publikum. Worüber sie reden, ist mir immer ein Rätsel. Gestern erst eine: irgendwelche Flughafen- und Reiseflashes, dann saß sie am Tisch, vor sich eine Karte von Madagaskar. Aber wie üblich, reden die Leute, wenn sie von einer Reise zurück sind, von Logistik. Heißt, sie haben nichts verstanden von ihrer Reise. Ta nane arrive!
Da war auch die Amsel mit den etwas rastahaft verzwirbelten Haaren, Bruder des Amsels, dem im Sommer im Chiostro Boccarini ein Geburtstagsfest gegeben worden, ohne daß der Amsel dabeigewesen wäre. Denn seit Monaten war damals schon verschollen der Amsel, der hier mal ein paar Jahre gelebt mit deutscher Frau und gemeinsamem Kind. Zogen dann nach Karlsruhe oder so. Man hörte von Einlieferungen in die psychische Kliniken. Dann sein Verschwinden ins Nichts. Ein Fest der Heraufbeschwörung. Come back!
Irgendwann stand mir die Amsel gegenüber, sah aus als ob sie schniefte. Übliche Frage nach dem “Wie geht’s”. “Mein Bruder…”. Man habe ihn gefunden, schon ein Skelett. Da sagt man nichts weiter. Man legt der Amsel den Arm um die Schulter. Danach sah ich sie nur noch einmal bei der Tabaccaia, ein Grüßen, ein Ciao.
Der Rest eine Arbeitskatastrophe. Darum auch mein Schweigen. Die Haare, wieder kurz geworden, haben weniger Schwierigkeiten sich zu sträuben. Zur laufenden Beschreibung aller möglichen Vorgänge, die an einer Maschine stattfinden bzw. bewirkt werden können, kam hinzu ein Hilferuf von der bereits erwähnten säumigen Agentur (die aber mittlerweile schon drei-vier Überweisungen ‘getätigt’ hat (Streik sei dank, aber dennoch seh’ ich in all diesem Metier einfach nur die Geste der Hand, die eine Zitrone auspreßt (vgl. Hackländer: Europäisches Sklavenleben))).
Was war passiert: eine Kollegin oder ein Kollege hatte ein italienisches Gesetz über den dritten Sektor (zu dem alles gehört, was gemeinnützig und auf Freiwilligenbasis tätig ist) übersetzt. Der Endkunde in Bozen hatte die Übersetzung abgelehnt. Und so hatte ich plötzlich über siebzig engbedruckte Seiten zur Revision am Hut (bin auch noch gar nicht fertig damit). Und verfluche nach wie vor den Kollegen/die Kollegin, der/die diesen Mist verzapft, den ich revidiere: Perioden, die so verschwurbelt sind, daß man erst mal suchen muß, auf was sich das ganz am Ende stehende Verb überhaupt bezieht. Das Verb, das irgendwie wie nach einer Apnöe ganz am Ende auftaucht, wie um Luft zu holen.
Der Rest leidet darunter, und Pizzuto, der schon sehr alte (heute die Notiz, daß der alte tabaccaio gestorben ist, der schwerhörige, der sonst immer den Sonntagsdienst machte, und die neue tabaccaia heute: es sei am Tage zuvor auch der Schwiegervater des vorigen tabaccaio (also der Sohn des alten) gestorben) begibt sich scheinbar in medizinische Obhut in der nächsten Periode:

Der Puls, das Hinhören, Rom, atmen mit offenem Mund, ein Hüsteln, hundertvierzig, anderswo Arme aufknüpfen, Panikblasen in der Ampulle, wenn auch virtuelle Bewegung, oder weiß behandschuhte Hand, Erkundung schmerzhafter Eingeweide, gelinde stets das Verdikt, ein Hoffnungsschimmer für jedermann und allemal.

Heute eher Tratsch als sonstwas. Ach ja, Ninno, nach Monaten, brachte Weihnachtsgrüße mit einer Flasche neuen Rotweins und einer mit neuem Öl. Der neue Weißwein brauche noch einen Monat, aber er habe noch so fünfzig Liter von dem alten. Montag? Ich warte nach wie vor auf ihn in meinem von Winden umtosten Hause: crazy gales.

III, 411 – Alberi pizzuti

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