Schachspielen mit dem, was ansteht: so könnte das zur Zeit nennen, was einem weniger um die Ohren flattert als vielmehr sich als konkreter Handlungsbedarf geriert. Unumgängliches.
Zu so einem konkreten Handlungsbedarf gehörte beispielsweise, mich zu überwinden und ein Stück rohes Fleisch zu kaufen und zuzubereiten. Natürlich nicht, um es mir anzuschauen. Der Gedanke dahinter: ich fliege nächsten Mittwoch in eine mir weitgehend unbekannte Welt, bin zu Gast in einem Privathaus und werde dort wohl auch etwas zu essen bekommen. Und, fragte ich mich, wenn sie nun auf Fleisch versessen sind? Denn die Kaufunktion hat sich mir etwas zurückgebildet (um es mal euphemistisch auszudrücken).
Deshalb wollte ich vorher üben, Fleisch zu kauen, und machte mich also daran, es zuzubereiten. Ein bißchen marinieren lassen, dann bei sehr niedriger Temperatur anderthalb Stunden in der Pfanne. Sie dürfen getrost schmunzeln. Dennoch schmeckte es nach gar nichts.
Auch Büchsenfleisch hatte ich gekauft. Auf die Idee kam ich, weil ich für Freitag Büchsenfleischrezepte eines bekannten italienischen Büchsenfleischherstellers zu übersetzen hatte. Aber auch das Büchsenfleisch schmeckte nach gar nichts.
Also da habe ich schon einen Bauern verloren. Einen konnte ich retten: es war alles durchaus kaubar.
Ich kennen nur einen, der in der Lage ist, Fleisch nach meinem Gusto zuzubereiten. Das bin aber nicht ich. Er, der’s liest, wird schon wissen, daß er gemeint ist.
Einen anderen Bauern mußte ich auch aufgeben. Denn es steht immer noch an, meine “unteren Gliedmaßen” abchecken zu lassen. Aber nun kommt die Reise dazwischen, die Vorbereitungen dazu. Die Agenturen hatten sich beeilt, mich noch schnell einige Sachen übersetzen zu lassen. Also, wie man auf Italienisch sagen würde: “ciccia” (Rom), “nisbà” (Florenz); dennoch, die globale Italianität ist durchaus so durcheinandergewürfelt, daß die vermeintlichen Herkunftsorte austauschbar werden.
Gleichwohl hatte ich intuitiv einen geschickten Zug getan. Da es auch hier merklich kühler geworden und des Nachts mich heftiger Regen kurz wach werden ließ, wechselte ich gestern die Schuhe und fuhr in die Provinzhauptstadt: nach Klamotten und nach Low-Cost-Gepäckstücken Ausschau halten. Die Klamotten nahm ich nur in Augenschein, ich werde morgen noch einmal fahren. Die Gepäckstücke fand ich anstandslos. Sie kosten etwas mehr als der Hin- und Rückflug zusammengerechnet.
Die nette Verkäuferin fragte mich noch, wohin es gehe. Ich sagte es. Ob ich von dort käme. Nein, ich sei “tedesco”. Und schon wieder dieses: das würde man hören. Langsam verzweifle ich an meinen vierunddreißig Jahren in Italien. Leider erfordert Höflichkeit, nicht wie Obelix auf die Bemerkung zu reagieren, er sei dick.
Der Schuhwechsel indes zahlte sich aus. Ich konnte seit langem wieder unbeschwert gehen. Sie, die Schuhe, gehen bis über den Knöchel und bescheren einem gut verschnürte Füße.
Die nächsten Schachzüge betreffen Texte, mit deren Übersetzung aus dem Deutschen ins Italienische ich nunmehr offiziell von deutscher Seite beauftragt worden bin. Zum Glück hatte ich Zeit, mich gestern und heute viel damit zu beschäftigen, denn die deutsche Seite nannte einen sehr “zeitnahen” (wie es im neuen Deutsch scheinbar heißt) Abgabetermin, so daß ich mich auch im Norden Frankreichs (ecco das Reiseziel) damit ein wenig werde beschäftigen müssen, zumal sie mitnichten knauserte, die deutsche Seite. Du coté des allemands.
Das sind dann wieder Wörterschachzüge: wie setze ich was wohin. Außerdem sind ein paar Tage fürs Gegenlesen durch die “brooks-äugige” Freundin einzuplanen.
Aber es gilt immer: einmal angekommen, läßt man sich häuslich nieder. Ich hoffe auf ein glorreiches Remis. Und dort in der Nähe liegt Reims… muß ich unbedingt hin.
Und vergessen Sie nicht, am 26.9. in den Berliner Buchhändlerkeller zu gehen. Ich selbst werde es nicht können.
III, 444 – … und kehrte mit einem Teelöffel in der Hand zurück