Bamberger Elegien (32). Die achte Elegie (1). Entwurf des Beginns.

Nebel, mein Sohn, hat sich gesenkt, vier Wochen nachher,
so lange schwieg ich, derart viel ist geschehen; das Jahr ward
spät darin, da nun der Sommer ganz fern ist. Nachmittags winkt er
rot und gibt den erblassenden Blättern, sanften erdwärts
segelnden Wimpeln, die glühende Sehnsucht der Kastanie;
aufgeplatzt wartet die sich erwärmende Frucht auf Erde
ö f f n e n d e n, mütterlich Erde e r w e i c h e n d e n Regen, Plazenta
Erde, gütiger Schlamm, der sie einsaugt, mit Schoß den Schößling
hüllend in ihr Geheimnis. Dunkel ist immer, was austrägt.
Nicht nur Gesindel scheut das Licht, auch die Fruchtbarkeit tut es.
Aufklärung darum ist gänzlich aseptisch; Vernunft zeugt nicht.
Niemals fragt eine Frucht, ob sie sein soll, sondern probiert’s.
Anders nicht sind auch wir; denn wer, bewußt, r i e f uns,
da wir uns fanden, aus den Steinen, den Wolken, dem einen
Körper mit dem andern? Noch zeugte das bleibende Tier uns.
Noch haben Götter uns in die Mutter gepflanzt, Götter,
die im Rausch sind des glückhaft rasenden Sommers; geschlechtliche
W u n d e r sind wir noch, nicht Funktion von Familienplanung,
n i c h t vernünftig, sondern plötzlich – Erscheinungen sind wir,
unerwartete, unverhoffte, wenn auch erhoffte:
solch ein Glück! so daß es uns schauert, wenn wir’s erfahren.
Wen denn schauert’ Bestellung? Niemanden. Lieferung wäre
Schwangerschaft dann und abweisbar, hätte sie Mängel. Wir klagten
Nachbess’rung ein – oder Rücknahme eines Mangelproduktes.
So wird es werden ohne das bleibende Tier. Pragmatisch.
Darum will ich das Pathos, Geliebte: um das Wunder zu wahren
um unsre Abkunft. Nicht daß sich bereits die Föten verkühlen
in den Plazenten; nicht daß sie sagen müssen: ihr habt uns
planend designt; wo kann denn nun unser S e l b s t, w a s kann
unser Selbst uns noch sein? und kämen sich vor wie ein Zweckbau.

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