EINS
Lange starrten sie auf die dunkle über viele Kilometer unbewegt ausgestreckte Oberfläche, die wie ein blauschwarzer Handspiegel aussah, der auf dem Nachttisch einer Titanin liegt. Es ging Versuchung davon aus. Was Wasser zu sein schien, lockte, war zugleich Gülle, aber auch etwas noch anderes war es, das sich einer präzisen Bezeichnung entzog. Die Menschen ahnten nicht, daß dieses ausgebreitete immerhin Thetisauge, in der schmierigen Konsistenz künstlicher Tränen, ein Ausgang war.
ZWEI Cordes wiederum – ich beobachtete es, aus den genannten Gründen hilflos, ich mußte einfach vorsichtig sein… – Cordes sah überall Anzeichen einer anderen Welt in die unsere hinüberbrechen, er hatte tiefe Angst; schließlich ging er kaum noch außer Haus. Eine irrationale, wahnhafte Angst nannten es die anderen, eine existentielle er selber. Und die Frau, um die er sich so sorgte, strengte wegen des gemeinsamen Kindes, um dessen Schicksal er weit mehr noch bangte, ein Sorgerechtsverfahren an, das er verlor. Früher hätte er gekämpft, jetzt hielt er aus, nicht unähnlich mir in meinem Bamberger Schlupfwinkel, meiner, wenn man so will, social splendid isolation. Das Kind kam weniger und weniger zu ihm; wahrscheinlich fing der Junge sich tatsächlich zu fürchten an vor dem unrasierten, schließlich vollbärtigen wirren Vater, der an der Beweislast für etwas schleppte, das sich nicht beweisen läßt. So offenbar es alles auch ist. Der wortkarg wurde, seine Arbeit schleifen ließ, so daß die Schuldenlast anwuchs. Der dann alleine fortging, irgendwohin; schifft sich auf eine nächste Thetis ein, findet einen andren, viel ferneren Unterschlupf als ich und geht dort langsam, so schweigend wie düster, unsren Blicken verloren. So seh ich’s kommen. DREI Die Paare, alle, noch, standen beisammen: Michaela/Jason, Shakti/EA Richter, Sola-Ngozi/Oisìn, ich selbst hätte gern bei Sabine gestanden, aber was einmal gewesen war zwischen uns, war vorüber; beisammen standen das Paar Karol/Drehmann, und Lysianassa blickte zu Mensching herüber, auch sie zu mir leider nicht. Dann die Freunde: Kignčrs (in seiner Armeejackentasche das Wasserzeichen der Poesie) und Pal und Willis, der auch Teil eines Paares war, aber nicht mehr für lange – die Hand auf dem Projektor in seiner Brusttasche, wußte er das. Frau Kumani war zu den Holomorfen getreten. Hier gehöre ich hin, so sah das aus. Diese Wesen waren dann die ersten, an die Riemen zu eilen, weil sie begriffen, daß ein Boot geführt werden wollte, und sie wußten nicht, wieviel ihnen Zeit noch dazu blieb. Ich sah sie später, eine nach dem anderen, einfach vergehen; es war nicht mal ein Platzen, gar nichts. Sie wurden durchscheinend für einen Moment, dann waren sie weg. Keiner nahm Abschied, das Ritual, das Yessie Macchis Mann noch hatte erleben dürfen, war hier ohne Grund. Auch sie selbst ging so. Ging ohne Abschied. Nur Dolly II ließ sich den nicht nehmen, das war schon erzählt, sie sprang in die See. Dann war die ganze Daseinsform erloschen, wir, ihre Schöpfer, waren als ihre Erben wieder allein. Und doch wohl s e l b s t geschöpft.
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Wasserzeichen der Poesie …..
Die Worte steigen als Klang in Sphären, um dann langsam wieder zu Boden zu sinken. Dort, “offenen Auges ertrinkend, das versprechen in den schwarzen lettern”, suchend.
Danke, ANH