ZWEITER PRODUKTIONSTAG VERBEEN (4. April 2006).

Ob das so eine arg gute Idee war, das Interview mit Markwart in einem Café zu führen und dort auch aufnehmen zu lassen, sei erst einmal dahingestellt, zumal uns aus dem ersten Café der Inhaber nach ungefähr einer Stunde hinauswarf, weil er um sein Abendgeschäft fürchtete. Es hätte einfach zuviel Zeit gekostet, nun d o c h ins Studio zu fahren, zumal wir die ganzen ersten takes hätten wiederholen müssen und das Studio obendrein für einzwei Stunden anderweitig vergeben war. Also wechselten wir in ein nächstes Café, da g i n g es dann auch einigermaßen. Die Töne später, als wir sie im Funk einspielten, waren auch besser, als ich befürchtet hatte; ich ließ sie erst einmal weitgehend schmutzig, habe dann die Irritationen aber verstärkt, indem ich Robert Hunger-Bühler einzelne Passagen parallelsprechen und das daruntermischen ließ: Es ergibt nun einen sehr bemerkenswerten Klang: spitze Irritationen, die sowohl zu Verbeen passen als auch zu Markwart, der ein älter, bisweilen sehr langsamer Herr ist; weil ich um die Zeit fürchtete, bat ich ihn, schneller zu sprechen: da begann er zu jagen, und ich mußte immer wieder bremsen. Was jetzt noch auf den Bändern ist, später aber herausgeschnitten werden wird. Für die >>>> Pirandello-Produktion, seinerzeit, hätte ich genau so etwas brauchen können.
Ich hatte ein Foto von der Café-Situation machen wollen, aber Markwart wurde eigenartig scheu, so daß ich drauf verzichtete. Statt dessen bekommen Sie hier eines noch einmal der Arbeitssituation im Studio. Gegen neun war Hunger-Bühler dann da, sprach seine Parts erst etwas fahrig, dann zumehmend in der Rolle, schließlich begeistert. Schon war Gempart da, der sich ausgesprochen vorbereitet hatte und die hübsche Macke kultiviert, daß er sich seine Sprechparts immer mit Schere und Klebstoff direkt vor dem Sprechen zurechtmontiert.

Er sprach dann jeweils göttlich drauflos. Nur selten mußte ich bremsen. Insgesamt haben wir alle viel gelacht, auch die beiden Damen der Technik. Um kurz nach 24 Uhr beschlossen wir den Tag, die Damen „backupten“ noch die Arbeit, Hunger-Bühler, Gempart und ich zogen nach nebenan in den Tannenhof, wo wir bis halb drei Bier tranken und über Peter Stein sprachen, über Schlingensieff und das Theater im allgemeinen, über die Oper usw. Und auch Hunger-Bühler will jetzt meine UNDINE lesen. Gempart wiederum hatte sich eine CD-Kopie des SAN-MICHELE-Stücks gewünscht. Ich brannte sie ihm am Tisch der Hotelbar.

Es entstehen starke gegenseitige künstlerische Nähen; vielleicht habe ich bald tatsächlich einen „Stab“ von Schauspielern, mit denen ich meine Projekte lange im voraus besprechen und für die ich sie direkt schreiben kann. Das wäre ein Traum. Hunger-Bühler: „Ich finde das ganz erstaunlich; Sie arbeiten ja jetzt schon fast nur mit der allerersten Garnitur.“ Er hat recht, aber mir war das so deutlich vorher noch nie aufgefallen. Gutes Gefühl.

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