Sonnabend, der 29. Oktober 2005.

4.48 Uhr:
[Klaviermusik im DänenNetzRadio.]
Wird ein leicht „durcheinandriger“ Tag, da >>>>> Hediger in Berlin ist und ich ihn gern sähe; zugleich gibt aber die Schule meines Jungen zwei Stunden lang den Tag der Offenen Tür, wohin wiederum e r gerne ginge. Bliebe dann für das Treffen der Mittag, da Hediger, wie er schrieb, nur vormittags Zeit hat. Mal sehen. A u c h mal sehen, ob ich dann das Laufen vielleicht noch in den Nachmittag schieben kann oder es heute einmal ausfallen lasse. Dann liefe ich halt morgen. Einen Tag pro Woche will ich eh aussetzen, am siebten sollst Du ruhen usw., was bedeutete: GOtt wollte sonntags (oder samstags oder freitags, je nach KonfessionsVariante) nicht joggen.

Innerlich ruhiger wieder, abgeklärter, möchte ich sagen, gedämpfter beschreibt diesen seltsamen Zustand ebenfalls, der sozusagen ‚fern’ ist, weil er die Dinge nicht direkt berührt, sondern zwischen mich und sie diese Dampfschicht gedrückt hat. Nie habe ich, fällt mir dabei ein, den Zustand beschrieben, in den ein Mensch gerät, der lange und heftig geweint hat: wenn ihm die Tränen versiegen und er vor Erschöpfung keinen Schmerz mehr fühlt, aber auch nicht mehr mit der Welt unmittelbar verbunden ist, sondern irgendwie psychotisch verschoben uneigentlich. Meist folgt auf diesen Zustand Schlaf. Notieren. Für ARGO. Und schärfer fassen. [G e t a n: Als Notat 397 in die Notizdatei übernommen. Bei Händel, Giulio Cesare.]

7.53 Uhr:
[Strauss, Elektra.]
Festgefahren im ARGO-Text, ziemlich rhetorisches Rumgeeier, aus dem ein Einfall heraushalf, dessen Tragweite mir absolut unklar ist: Zeit als Energieform und als Welle, die sich schneller fortbewegt als das Licht. Unter der Voraussetzung, daß das RaumZeitKontinuum gespalten wird wie ein Atomkern: dann lösen sich Licht und Zeit voneinander. Die ganze Bewegung >>>>> dieses Romanes (also der gesamten Reihe von VERWIRRUNG über WOLPERTINGER bis ANDERSWELT) läuft auf eine A u f l ö s u n g hinaus; mit den Identitäten der Personen hat das begonnen; jetzt ergreift es Dinge und Zustände. Da ich am Ende von ARGO – Hinausfahrt auf Thetis – auch die Sprache auflösen will – wie ein zerfließendes Wasser eben -, ist das eigentlich ganz folgerichtig. Dennoch überrascht es mich.
Dazu eine schöne, leicht besorgte >>>> Post aus Kathmandu, eine weitere Post einer jungen Dame, die gerne mit mir b e i mir zu Abend essen möchte, sowie der Hochzeitsantrag (unverbindlich und ‚ohne Ansprüche’: ‚nur’ weil die Namen so passen) einer n o c h jüngeren Dame, mit der mich einmal eine tiefe Affäre verband. Hatte zum ersten Mal seit Wochen den (trotzigen) Impuls, diese meine ungewohnte, sich in Abstinenz ausdrückende Treue wieder aufzugeben. Aber das ist ja keine Frage der freien Entscheidung und des Willens; darüber bin ich mir restlos klar.

Seit vorgestern hab ich übrigens begonnen, mit dem kontingenten Link zu spielen – als paradoxe Analogie zum >>>> verborgenen Link. Darüber will ich seit gestern theoretisch etwas in die Blog-Theorie schreiben, komme aber nie dazu. Wobei mir einfällt, daß ich nun dringend den Vortrag für >>>>> Stuttgart vorbereiten muß.

Ah ja, Hediger rief um sieben an. Wir treffen uns jetzt morgen. Fein. Und einen schönen Text meines geliebten Döblins entdeckt: REISEVERKEHR MIT DEM JENSEITS.
Entsetzlich. Ihr erzieht? Ihr unterrichtet? Das kann sich ja nichts ergeben. Da verhindert ihr ja jede Möglichkeit, daß sich etwas Neues bildet.[Die Modifikation des Statuszeile, in der sich statt des Links immer ein Zitat fand, funktioniert seit heute bei twoday nicht mehr.]

23.10 Uhr:
Traurigkeit, auch Verstörung: Von *** wieder mir nicht nachvollziehbare Kälte, Abweisung; alles per SMS. Das ist, als wäre da jemand Drittes (oder Viertes und Fünftes am Werk), die oder der ganz bewußt Gift sät, der oder die verderben lassen will, was sich da vorsichtig wieder bildet, was aufscheint und aufgeschienen ist in den Momenten der Nähe. Als wollte jemand ganz bewußt ein wieder entstehendes Vertrauen mit Säure vergällen. Als wollte jemand – töten. Anonym für mich. Aus dem Hinterhalt mir in den Rücken geschossen.

Meiner Hilflosigkeit half Konstantin Wecker dann in den Mut: Hinreißend, diese >>>> „sadopoetischen Gesänge“: Man wirft den Kopf zurück und bekommt das Gefühl:: Jetzt erst recht! Ich lasse mich nicht auf Mittelmaß und schon gar nicht auf Kleinheit ein. „Ich singe, weil ich ein Lied hab, nicht weil es euch gefällt.“ Dieses sein sehr altes Motto gilt für Die Dschungel wie für die Liebe.

[Anmerkung zu den Leistungssteigerungen im Sport:
Ich hatte, als ich heute lief, das Gefühl, diese körperliche Leistungslust ist ein Ausgleich für fehlende Erfolgserlebnisse anderswo: Hier, beim Training, habe ich den Erfolg selbst in der Hand, es kommt allein auf mich selbst an, ob ich etwas schaffe oder nicht. Das fördert diesen Suchteffekt beim Sport: Niemand von außen kann mich behindern. Die Erfolgserlebnisse, die mir mein Körper gerade auch nach überwundenen physischen Widerständen vermittelt, geben mir die Kraft, die Frustrationen der übrigen Zeiten durchzustehen.]

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