Auf dem Zimmer.)
Das braucht dann ein wenig Zeit, aber Zeit ist im Süden immer eine Kategorie für sich; wir verstünden sie („geschweige denn“) ohnedies nicht, schreibt >>>> Daniela Danz. Und nun aber:
Fremdheit als Zentrum des Autorendaseins, ich steh da nicht alleine, auch dann nicht, wenn ich gerne dabei, es immer gern gewesen wäre. Das Ausland mildert den Schmerz, macht ihn weich, und man ist schließlich, hier, mit ihm ganz einverstanden. Deutlicher, immer deutlicher wird es, daß mich meine Zukunft in Deutschland nicht mehr sehen wird oder nicht durchgängig mehr. Wenn es mir irgend gelingt, es zu finanzieren, wird sie mich hier finden.
Ich habe viel nachgedacht heute in dem zu Neujahr halb schlafenden Neapel. Der sonst mehr als nur überfüllte, von Autos, Menschen, gezogenen Karren, Rettifilo geradezu leer… Bin einfach flaniert und spürte einmal mehr meinen Unwillen zu fotografieren… obwohl ich doch über einen Bildband zu Neapel verhandele. Aber dann stehe ich vor einem „Motiv“, einem guten, und empfinde es als eine Blasphemie gleichermaßen, es in der Kamera zu „bannen“; ich will nichts bannen. Etwas anders ist es, völlig anders, wenn ich auf Klangsuche bin und die Welt, ihre Klänge, mitschneide, wenn ich sie als Musik, eben, empfinde und dann das Aufgenommene so auch behandle, es in andere Musik integriere. Seltsam. In mir wirkt ein Bildverbot, nicht aber ein Klangverbot. Vielleicht, weil ich meine, daß der Klang nicht erniedrigt? Das festgehaltene Bild, spüre ich, tut das.
Ich hätte überhaupt kein Problem damit, ein zweites Hörstück zu Neapel zu schreiben. Vielleicht aber: ein „reines“ Musikstück? Diesmal als Text nicht Prosa, sondern Gedichte zu den Klängen? Was habe ich heute alles wieder geh ö r t! (Auch das bekommen Sie jetzt mit: wie ich mich langsam betrinke. Habe auf dem Markt eine Flasche bauerngefüllten Spumante, von ihm selbst verkorkten, erstanden und süffle sie, während ich tippe und es immer dunkler wird, so daß ich kaum noch die Tasten erkenne, aus, hier auf „meiner“ Terrasse. Daß ich hier selbst am ersten Januar nicht frieren muß!)
(als „Parallel“gedichte zu den >>>> Mauern Amelias)
1
In die Winkel die Seelen verwinkelt gebaut
gleich Pflanzen, in Töpfen, gezogen
in die er, der Dachmieter, fegt
luftig zur Höhe herabgebogen
wie unten hinauf aus den Basssi
der alten Erde Frauengesicht
geduldigt ihrer Enkel harrt
in dieser Stadt aus Himmel und Tiefen
meiner
ungeerdeten, grundlosen Heimat:
>>>> Dächer Neapels 2
(17.20 Uhr.)
In meiner napoletanischen Lieblingskirche gewesen, >>>> La Basilica di Santa Maria del Carmine Maggiore, und einen Teil der Messe mitbezeugt. Welche Religion auch immer, sie verbreitet Einkehr. Ein schwarzer Priester sprach, dann gab es Frauen aus dem neunzehnten Jahrhundert, die geklöppelte weiße Schleier trugen; eine von ihnen sprach ebenfalls vor der Gemeinde. Ich kann die Bekenntnisse aber nicht mitsprechen, der Geburtsschuldbegriff ist mir fremd. Auch habe ich keinen anderen Vater als den, den ich hatte. Es gibt keine Brust, die vergibt. Und was auch? Daß ich bin? Dennoch. Immer ein deutliches Gefühl von Traurigkeit darüber, daß ich solches Vertrauen, sei‘s in einen „Herrn“, sei‘s in eine „Frouwe“, nicht habe. Ich sehe die kommunion versammelten Menschen an, und ihre – sei‘s auch nur dort – Einigkeit beglückt mich. Hier aber haben sie >>>> Masaniello liquidiert, und das Volk selbst, für das er aufstand, applaudierte. In der Kirche, gleich vorn neben dem Alter gibt es, auf einer Säule und vom Schiff wegschauend, eine Gedenktafel. Da nahm ich Platz. Er sei, heißt es, geistesverwirrt gewesen. Das konnte hernach auch des Volkes Reue nicht heilen.
Zuvor mit der islamischen Kappe Tomaten einkaufen gegangen. Da wurde ich mit „Salaam“ begrüßt und grüßte mit „Ale‘ikum a salaam“ zurück. Was in mir dabei vor sich geht, ist ganz ähnlich; auch dies ist eine „Kommunion“. Ein Privileg des Fremden ist es, ohne Anmaßung die andere Mentalität anzunehmen, ohne Herablassung, ohne gar Spott. Man ist hier so auch geschützt. Die Kappe in Verbindung mit der schweren Lederjacke gibt einem etwas Unnahbares. Das gilt auch für Diebe, deren einen ich vorhin erwischte, wie er von hinten an meinen Rucksack ging. Ich drehte mich herum und legte beide Hände auf seine Oberarme. Da entschuldigte er sich.
Er war sehr arm. Fast elend. Ich hätte ihm etwas Geld geben sollen. Tat es nicht, mir fällt das erst jetzt ein, wo ich die Szene wie eine einer Erzählung betrachte. So also doch: Schuld? – Und tags flaniere ich mit meinem schwarzen Hut, dem aus dem Paris der Dreißiger, im schwarzen Designeranzug durch die Stadt.
Wuchtige Bauteile der Basilika sind aus schwarzer Lava gefügt. Auf der Westseite der Stadt, westlich also des Castello dell‘Ovo, hat man den Vesuv nahezu ständig vor Augen, wann immer man aus den Gassenschluchten hinaufsteigt. Die Hausensembles-selbst wirken wie Gebirge, Mittelgebirge, schroff, voller Abstürze, in die Treppen gehauen sind. Ein Dichter, dachte ich gerade, ist zur Übersicht verdammt: auch das ist ein Grund für seine Entfernung.
aleikum „a“ salaam…heißt es ..als Antwort. Wenn schon..denn schon.!
gute Nacht
Salaam @ gast. Sie sind ein Kleinscheißerchen, aber das wissen unterdessen auch die Leser:innen Der Dschungel. Dennoch, um Sie zu befrieden („Salaam“), hab ich die Antwort korrigiert, wobei Sie wahrscheinlich wissen, wie ich es tatsächlich weiß, daß die gesprochene Sprache manches verschluckt und/oder zusammenzieht.
Sollten Sie einmal eine substanzielle Kritiken anzumelden haben, nur zu.
Du meine Güte..
das war mein erster Kommentar in der Dschungel und wird auch der letzte bleiben.
Mit so einer aggressiven Reaktion hatte ich nun wirklich nicht gerechnet..
Gast, aggressive Reaktion Wenn Sie hier noch nicht so lange mitlesen, haben Sie vielleicht noch nicht mitbekommen, auf welch üble Weise hier manchmal kommentiert wird. Dadurch ist ANH etwas empfindlicher geworden als er es sonst wäre. Aggressiv waren zuerst Sie. Zu schreiben „wenn schon, denn schon“, ist ja wohl spöttisch-aggressiv gemeint. Warum sollte ein Deutscher, der in Neapel weilt, perfekt arabisch sprechen? Es ist doch anerkennenswert, dass er sich bemüht, arabisch zu antworten.Wenn er das mit einem kleinen Fehler tut, ist das durchaus realistisch und bedarf nicht Ihrer Verbesserung. Der Ton macht die Musik. Hätten Sie etwas freundlicher auf den Fehler hingewiesen, hätte ANH mit Sicherheit auch freundlich reagiert.
Cellofreund..
ich lese hier seit über 3 Jahren mit..
Ich ärgere mich manchmal, insbesondere über den Umgang mit finanziellen Dingen.Ich bin dann wieder fasziniert. By the way habe ich auch die unzensierte Ausgabe von „Meere“..
Den Weg von ANH begleite ich so im Stillen.
ANH übersetzt Joyce ins Englische, parliert italienisch..und spricht dann auch noch arabisch.
Da ich das auch mache, erlaubte ich mir eine zarte Korrektur.
Dass ich ein Klugscheißerlein bin, der/die den DschungelleserInnen bekannt ist..finde ich einigermaßen verletzend.
@gast zur Zartheit. Wenn Sie mit zurechtweisendem Ton das Anonym eines Trolls gebrauchen, der den Begriff eines „Gastes“ permanent mißbraucht hat, müssen Sie sich über eine Verwechslung nicht wundern, zumal, wenn Sie seit „über drei Jahren“ mitzulesen vorgeben. In diesen drei Jahren war „gast“ durchaus häufig tätig oder, um es genau zu bezeichnen, verbal tätlich. Insofern ließ sich >>>> aus Ihrer Korrektur die Zartheit nicht recht erspüren.
(Daß Sie sich bisweilen über meinen „Umgang mit finanziellen Dingen“ ärgern, übrigens, finde ich bizarr: was denn ärgert sie? Daß ich kein festes Einkommen habe? Sie dürfen mir gerne eines zahlen. Daß ich kein eigenes Konto mehr habe? Eröffnen Sie eines für mich. Ich wär da völlig offen.
Aber wo habe ich behauptet, Arabisch sprechen zu können? Leider kann davon keine Rede sein. Dennoch läßt sich mit rituellen Idiomen antworten, so, wie man es sich mit guten Gründen im anderen Land angewöhnt, zumindest doch in der dortigen Sprache zu grüßen.)