[Arbeitswohnung. Jarrett et al., Ruta and Datiya (1973).]
Ich habe eine Zeit lang auch gerne Peter Gordon gehört und Moto Totemist Guide, die Brecker Brothers und Irène Schweizer, außerdem, na sowieso, Michael Mantler; mit >>>> Elvira Plenar war ich sogar ein wenig befreundet. Alles in den Achtzigern, bevor ich nach Berlin ging, alles während der intensivsten Arbeitsphasen am >>>> Wolpertinger. Und dennoch werde ich nachher, die Platten liegen seit >>>> dem da hier bereit, zu Pfitzners meistersingerscher Klangwelt Palestrinas übergehen; mich umkreisen – hörbar nur meinem inneren Ohr – seit Tagen Themenfragmente daraus; jetzt wollen sie real erstehen.
Erster Latte macchiato, erste Morgenpfeife.
Es ist schon blöde, sich durchzuringen, um kurz nach halb sechs aufzustehen, sich was überzuwerfen, schnell in der Küche einen Espresso zu nehmen, das Badezeug zusammenzurollen und zum Frühschwimmen loszupesen, und dann steht man am Eingang der kleinen Halle vor verschlossenen Glastüren, weil man zwar mitbekommen hat, daß es ab dem Herbst neue Öffnungszeiten gibt, von denen hat man aber nur notiert, was einem selbst in den Kram paßt, nicht hingegen, daß mittwochs erst ab zehn geöffnet wird. Man war sowieso schon verwundert, daß niemand sonst draußen stand, anders als gewöhnlich, da schon immer, kommt man angerast auf die letzte Minute, die alten Leute warten. Nur eine untersetzte Frau mittleren Alters, die ich deshalb erkannte, weil sie einen auffällig schräggelegten Schwimmstil hat und im Wasser wie eine sehr große, auf der Seite schwimmende Robbe aussieht, – nur die also stand ebenfalls da und studierte den Aushang für die neuen Zeiten, schob wortlos ab, so daß ich mich meinerseits ans Studieren machen mußte.
Jetzt sitz ich wieder her. Die Nacht war etwas mühsam. Den ganzen Tag lang, gestern, hatte ich bis zum Abend nichts gegessen, dann mit meinem Sohn zusammen das Abendbrot eingenommen, er einen Döner, ich eine Riesenportion, eine ganze Schüssel voll, Magerquark mit selbst gewürfelten frischen Früchten und Haselnüssen; das hat der Magen offenbar als Zumutung empfunden und verweigerte ganz offenbar die Verdauung – bekanntlich, aber, reagiere ich, wenn ich etwas verdränge, mit Magenproblemen: Das so dringend erwartete Geld ist noch immer nicht da. Mein Zustand mochte also auch von damit verbundenen Befürchtungen verursacht worden sein, die ich in meinem Bewußtsein nicht zulasse. Auch dies ist ein Grund dafür, daß ich es mir seit meiner Jugend angewöhnt habe, keinerlei Kränkung zu schlucken, sondern immer direkt zu reagieren, und sowieso: Wut zuzulassen und zu zeigen. Womit ich in keiner Weise klarkomme, ist Hilflosigkeit. Jedenfalls blähte sich mein Magen schmerzhaft auf, bis ich, da war es kurz nach drei, auf die Idee kam, heißes Wasser zu trinken, ein ganzes Glas voll. Das, tatsächlich, half. Irgendwann war ich endlich eingeschlafen, aber empfand dann den Wecker um halb sechs als Zumutung. Diszplin war gefragt, ist wieder gefragt. Dachte ich noch und wurde vor der Schwimmhalle eines anderen, das durchaus n i c h t besser ist, belehrt. Weshalb ich nun, anstatt im Wasser meine Bahnen zu ziehen, bereits am Schreibtisch sitze. Also Krafttraining heute, nachher, im Park; hoffen Sie mit mir aufs Wetter. Immerhin hat mich heute nacht der wehe Zahn in Ruhe gelassen. Aber, fiel mir an der Pavoni auf, die Tagebücher von Autoren eines gewissen, besser ungewissen Alters sind voller Verdauungsprobleme. Das ist echt auffällig. Besonders John Cowper Powys‘, doch auch Thomas Manns. Der Stoffwechsel ist eine Verarbeitungsmechanerie wie das poetische Handwerk. Vielleicht also deshalb.
Eine sehr sehr schöne Plattenhülle, rauher Karton:
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Bin gestern ganz gut mit dem Exposé zum Europaprojekt weitergekommen und werde daran gleich weiterschreiben, bzw. -denken. Übermorgen soll es stehen, dann will ich’s überarbeiten und pünktlich am Sonntag abgeben. Bis dahin wird sich auch die Kreuzfahrt-Angelegenheit geklärt haben, ob ich also am Montag bereits auf dem Meer sein werde oder mir ein anderes Schiff, bzw. eine andere Seereise für den Sterberoman und das Hörstück finden muß. Davon wiederum hängen die Sprechertermine für das Neapel-Hörstück ab. Sollte ich hierbleiben, werde ich auch die >>>> Mauergedichte endlich fortsetzen können, die jetzt genauso ins Stocken geraten sind wie die Aufzeichnungen der >>>> Yüe-Ling-Erzählung. Nein, auch sie habe ich nicht vergessen. Ich vergesse überhaupt wenig, bin ein, Monsieur, Elefant, dessen Schädel gestopft voll offener Rechnungen ist.
Zweiter Latte macchiato.
Magerquark mit Früchten und Nüssen, eine Riesenportion! Nachdem Sie den ganzen Tag nichts aßen? Und da wundern Sie sich über Magenprobleme, lieber ANH? Wenn das Internet ein Buch ist, dann ist der Magen aber auch ein Freund, den man besser gut behandeln sollte, andernfalls er eben verstimmt, wütend reagiert, ganz unabhängig von Geldsorgen.