Er wußte nicht, was tun, stand nur da, wagte nicht, die Hand auszustrecken. Dollys Geist wehte nah an ihn heran. Seine Lippen wurden von einem Schatten geküßt, es war kaum zu spüren, merken aber ließ es sich schon. Dann ging die Tote, derweil sie auf dem Bett lag, zur Wand, es war ein leises Weinen im Raum, dann war es weg, die Erscheinung war, dachte Broglier, durch die Wand ins Paradies geschritten. Da machte er Licht. Dolly kam mit dem Kaffee. Willis stand unschlüssig im Wohnzimmer, ein wenig geniert, er wußte selbst nicht, warum. Die schöne Frau machte ihn bange, er war sonst ein handfester Kerl. Manchmal hat, wer nahe dem Tod, etwas an sich, das ihm einen mattierten Glanz verleiht, man weiß nicht recht, woran es liegt, doch er dämpft das Licht der anderen, wirft kleine konzentrische Kringel ins innige, ja selbst ins plaudernde Gespräch, man möchte auf Zehenspitzen hindurchgehen, den brüchigen Boden kaum betreten, so unheimlich, auch so heilig ist einem das, als sähen einen die Augen Sterbender halb bereits aus dem Jenseits an, durchsähen ganze Welten, so fern ist dieser Blick, so viel Zeit braucht er, um uns zu erreichen. Davon war bei Dorata aber gar nichts zu merken, eigentlich, sie lachte, scherzte, kleckerte versehentlich mit dem Kaffee, „wie ungeschickt! oh!“ lief voller Schwung in die Küche zurück, um einen Lappen zu holen, wischte auf, lachte, sie flirtete sogar ein wenig, eine Klonin, mit Willis, ihm, und er fand das schön, es durchrieselte ihn, er war so voller Sympathie, z u voller Sympathie. Wäre nicht dieser genauso sympathische Broglier gewesen, er hätte sich verliebt. So nun verliebte er sich a u c h, aber milde wie einer, der zu verzichten gelernt hat. Dabei war das ein grober Mensch. Ihm gefiel das nicht herzliche, nein, miteinander verschlungene, organisch ruhige Einverständnis der beiden, nie hatte er etwas gesehen, das derart zweifelsfrei zusammengehörte, und darin verliebte er sich ganz besonders: daß ein Paar wie dieses möglich war, daß es das gab. „Manche Beziehungen sind im Himmel gemacht“, hat der sonst ziemlich nüchterne Eisenhauer einmal gesagt, ich erinnere mich, vergesse ihn nie, diesen Satz. Doch Willis’ Beklemmung war und blieb erhalten wie die Melodielinie Brahms‘: Ihr habt nun Traurigkeit. Sie ließ Willis diese Freude dämpfen; er selbst aber konnte nicht sagen, was der Grund seiner wehen Skepsis war. Konnte nicht ulken wie noch vorhin im SANGUE SICILIANO. Stocherte in seinen Sätzen, dabei war Dorata ausgesprochen bemüht, ihn sich zuhause fühlen zu lassen.
>>>> Argo 278 [Im Link um 13.40 Uhr.]
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