III, 329 – Querelle

Ich saß gestern wieder im Kino. Ansonsten am Schreibtisch in einer arbeitslastigen Woche, die mir nicht viel Zeit für anderes ließ. Da nur wenige Leute gekommen waren, konnte ich wählen. Und wählte den Platz, den neulich die Blonde mit dem Hündchen eingenommen. Also ziemlich vorne rechts mit niemandem zwischen mir und der Leinwand. Weder Stein noch Bein noch Kopf. Aber da war gleich Atmosphäre, sehr körperlich, sehr weich gezeichnet. Man sprach Englisch mit italienischen Untertiteln. Wer im Spiegel erschien, erschien in Schwarzweiß, nicht aber die mit ihm gespiegelte Umgebung. Alles im Zeichen einer männlichen Körperlichkeit. Die einzige Frau, Jeanne Moreau, erscheint nicht als Körper, sinnlich nur in ihren Gesten, etwa beim Tanzen. Was sie auf Englisch sagt, klingt nicht englisch, sondern wie das Rezitieren von Resümees. So auch ihr refrainhaftes Singen. ‘Männer töten, was sie lieben.’
Lektüre vom Nachmittag hallte nach. Brandig, der im zweiten Teil des Romans dem Ich-Erzähler einen Eulen-Spiegel vorhält beim Kneipengang in Paris, und ihm seine Geschichte mit der Guinetti erzählt, mit der der Roman beginnt, allerdings ist es in diesem Fall der Ich-Erzähler, der ihr im Moor einmal zufällig begegnet. Die merkwürdige Situation, sich an ein Lächeln zu erinnern.
Was nicht unbedingt abwegig ist. Weil ein Lächeln uns als uns zurückgibt.
Kurz, die Stellen am Nachmittag beim Lesen, die beschrieben, wie Brandig und die Guinetti ihre Körperlichkeit in allen möglichen Situationen und Positionen auslebten. Regelrechte Aufzählungen.
De Sade, dachte ich manchmal deswegen, den ich mir reingezogen, bevor ich es wagte, mir abermals >>>> ‘Salò o le 120 giornate di Salò’’ anzusehen. Das war noch in Fornole. Katalog der Perversionen. Click and buy. Schau dir verwandte Artikel an. Viele andere Kunden haben auch noch dies gewählt.
Kurz, ich haderte dann doch mit Eigner. Mir fehlt kurz vor dem Ende die Schlüssigkeit in diesem Spiegelsaal, den er da aufrichtet. Immerhin bin ich bis zur Hodenoperation gelangt, zu den Schlägen, die er ihr gibt, nachdem sie gesagt, seine Hoden seien nach der Operation nicht mehr wie vorher so groß.
Und dann tanzen da im Film zwei Brüder mit gezückten Messern choreographisch umeinander herum, die mitnichten wie Brüder aussehen. Die durchaus poetische Szene der analen Penetration. Männerküsse. Das aber zwischen Männern, die jeweils schon einmal Halsschlagadern durchschnitten haben. Halsabschneider. Unter sich.
Was ich sah, war >>>> ‘Querelle’’ von Fassbinder. Als ich und die anderen gingen, sagte ich noch zu Fulvio: “Ein Kunstwerk!” Das entwaffnet, wie es einem Kunstwerk zukummt. Er: “Das habe ich mir so auch nicht erwartet.” Ich auch nicht. Denn ich sah ihn das erste Mal.
Heute abend: alle halbe Stunde ein Stück Ziegenkäse, einen Tarallo und ein Glas Wein.
Unter der Woche auch viel bajuvarische Stimmen unterhalb der Fenster. Junge Menschen aus Odelzhausen (Kreis Dachau), der wahrscheinlich nächsten Partnerstadt Amelias. Untergebracht im Ostello gegenüber.

Jetzt bin ich doch verschollen im Schwundland, der Stuf-sprachen Tage, die morgenbaren, Herbst zog ein (Egger, Herde der Rede), ein Flämmlein entbrennt dem Gas der Flasche, der ersten nun für die Ember-, Ober-, Uar-Monate. Ärzene Prile nicht ganz ausgeschlossen.

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