Musiktag. Das Konzert- und Opernjournal des Sonntags, dem 11. März 2012. Beides mit dem Jungen. Sowie eine Überlegung.

11 Uhr, Konzerthaus Berlin.


@Sonja Gutschera/Leif Hendrik Osthoff


>>>> Brahms zu sechst.

Danach mit dem Jungen zu Mittag essen und selbst Cello spielen, auch gemeinsam. Zusammen spazierengehen vielleicht, vielleicht etwas lesen. Eigentlich könnte man auch nachmittags noch >>>> das Konzert des Konzerthausorchesters einschieben, um 16 Uhr, Sommers Sappho-Gesänge und Dvoráks Neunte, Aus der Neuen Welt – einfach weil gerade diese Sinfonie eine ideale Pubertätsmusik ist, mit allem Drang und aller Kraft. Aber das wird dem Jungen möglicherweise dann doch zu viel sein, da wir bereits wieder am Abend dort sein werden:

19 Uhr, Komische Oper Berlin.
>>>> Premiere.
Daniel François Esprit Auber.
Libretto von Eugène Scribe.

Das bronzene Pferd
Opéra comique in drei Akten.

(Zu beidem werden Sie meine Kritiken morgen lesen können. Außerdem spiele ich mit dem Gedanken, den gesamten Roman >>>> DIE VERWIRRUNG DES GEMÜTS von 1983 in Der Dschungel als neues >>>> Fortsetzungsprojekt einzustellen. Das Buch ist in sehr wenigen Exemplaren nur noch antiquarisch erhältlich; ich könnte das zum Anlaß nehmen, Zweite Hand an den Text zu legen.
Guten Morgen.)

[Egon Wellesz, Neunte Sinfonie.]

10 thoughts on “Musiktag. Das Konzert- und Opernjournal des Sonntags, dem 11. März 2012. Beides mit dem Jungen. Sowie eine Überlegung.

  1. Brahms Beide Brahms Sextette, wie herrlich, ich beneide Sie glühend. Op. 18 der zweite Satz, wahnsinnig schön. Wahrscheinlich sind Sie der Ansicht, das sei Pop.

    1. @Cellofreund zu Aimez-vous Brahms. Nein, das bin ich bei Kammermusik so gut wie nie. Anders aber Dvoráks Neunte, zu der ich eben oben im Text noch etwas ergänzt habe. Die ist tatsächlich Pop, aber einer, der zu einem bestimmten Lebensalter gehört; da ist er nicht regressiv, sondern im Gegenteil. Die Frage ist ja immer auch: wer hört wann was und aus welchen Gründen. Nostalgische finde ich akzeptabel, vorausgesetzt, man zieht nicht den Kunstbegriff aus ihnen ab.

  2. Warten auf Gabetta. Idole.


    Irgendwo dazwischen steht mein Sohn.
    Hinter dem, wie sie selbst, nicht sichtbaren Tisch sitzt signierend Frau Gabetta.

    Es ist gut wenn ein junger Mensch gute Vorbilder, wirkende Idole, hat, an denen er seine eigene Persönlichkeit aufrichten kann. Besonders gut ist es, wenn das wie bei meinem Jungen, der sich nur ungern von Frauen etwas sagen läßt, eine Frau i s t – besonders, wie bei Frau Gabetta, eine von nicht nur hohem.Anspruch, sondern auch von künstlerischer Leidenschaft.

    14.10 Uhr:
    Aus dem Nachmittagkonzert wird aber, obwohl mein Junge große Lust darauf hatte, leider nichts: ein Platten an seinem Fahrrad auf dem Weg zum Morgenkonzert. So wären wir nicht schnell genug, um den Besuch aller drei Veranstaltungen ohne Hektik hinzubekommen: das Sinfoniekonzert beginnt bereits in weniger als zwei Stunden. Und der Junge muß erst noch Ans Terrarium, um seine Schulsachen für morgen herzuholen. Außerdem haben wir beide Lust, selbst ein wenig Cello zu spielen. Zu Mittag essen wolln wir ja auch noch…
    Wir sind getrennt zurückgefahren: er mit der UBahn und dem Fahrrad Ans Terrarium, ich direkt auf dem Rad in die Arbeitswohnung. Nun wart’ ich auf ihn.

    1. Brahms Danke für die Photos aus dem Konzerthaus. So nehmen wir hier in der Provinz auch ein wenig am Berliner Kulturleben teil.
      Die” Symphonie aus der Neuen Welt” halten Sie also für Pop. Und das Amerikanische Quartett F-Dur op. 96, das auch von Folklore inspiriert ist nicht?

    2. @Cellofreund zur Folklore. Ich würde niemals Folklore Pop nennen, es sei denn, ihre Melodik und vor allem ihr Rhythmus würde durch Pop-Bearbeitungen noch simplifiziert. Man mag das nicht glauben, aber leider geht auch das, wie ich in der Grundschule meines Jungen erleben mußte: kein Volkslied wurde den Kindern vermittelt, das nicht mit einem durchgehenden Beat versehen worden wäre, meistens von elektronischer Herkunft, und noch “meinstenser” wurde noch eine Syntheziser-Marmelade drübergeschmiert, die irgendwie nach Geigen klang. Das Grausliche ist, daß man, lehnt man sich gegen solche Vergewaltigungen von Musik auf, ziemlich allein dasteht, denn quasi alle anderen finden das “schön”.
      Also, es geht nicht darum, ob etwas vom Volkslied inspiriert ist. Das ist sehr vieles, denken Sie an Schubert, und manches Volkslied muß nicht erst Inspirationsquelle sein, um gute Musik zu sein. Oder denken Sie besonders an Bartók. Die Ergebnisse waren nahezu niemals Pop. Die wesentliche Bestimmung von Pop ist Verindustrialisierung. Die hat bei Dvoráks Neunter gegriffen, sogar durchgegriffen, um dieses politisch böse Wort zu verwenden, – bei dem Amerikanischen Quartett aber nicht.

      (Aber ich weiß jetzt, wie ich mich revanchieren kann, Danke sagen auf meine Weise; lassen Sie mir bitte zwei Tage und warten Sie die Post ab.)

    3. Pop und Folklore Ja, jetzt verstehe ich immer besser, was Sie mit Pop meinen. Auch der dänische Komponist Vagn Holmboe ist lange durch Rumänien gereist, um sich dort von Folklore inspirieren zu lassen. Was dann entstand ist alles andere als Pop. Mit den kommerziell eher schwierig zu nennenden Folgen. Was der Zeitgeist will, haben offensichtlich die für den Eurovision Song- Contest nominierten russischen Babuschkas verstanden. Das Musikstück für Baku fängt mit reinster Folklore an, dann aber geht die Post ab. Wie in der Schule, und wie man es heute selbst in den Kirchen hört. Die Leute wollen Rhythmus und Beat.
      Von allereinfachster Struktur.

    4. @cellofreund: Freilich. Es ist schon einleuchtend, dass Beck mit so einem Scherz wie “Loser” bekannt wird und nicht mit so etwas: http://www.youtube.com/watch?v=j5xhpIFxi7M – allerdings sollte man, meine ich, nicht vergessen dass dieser Kampfbegriff an Rändern durchaus subjektiv werden kann, bzw. von Prägungen abhängig. Tom Waits z.B. (auch von Harry Partch beeinflusst) wird von ANH anders als Björk,..? dem Pop zugeschlagen, da kam es mir schon fast so vor, als ob ANH dessen Hobo-Gehabe zu ernst nähme – oder es ihm zu klebrig sei, dieses nicht ernst nehmen zu sollen? Sollte der Fiktionär den “echten” Hobo Partch etwa vorziehen?

      (Mir läuft aber auch jedes Mal ein unwohler Schauer über den Rücken wenn eine Musik in einen solchen Takt einstimmt, dass die Leute auf einmal mitzuklatschen beginnen..)

    5. Ich glaube es war Webern, der behauptet hat, die Leute würden im Jahre 2000 Zwölftonmusik in der Trambahn pfeifen.
      Das müssen hoffnungsvolle Zeiten gewesen sein!

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