Männlicher Feminismus. Hübsch an dem Interview ist auch, daß es ausgerechnet von >>>> Joachim Scholl geführt wird, der mich wegen einer vorgeblich frauenfeindlichen Szene im Vorspiel von >>>> THETIS.ANDERSWELT seit 1998 schneidet, bzw. blockwartet. Es tut einfach gut, daß mal jemand so klar mit ihm spricht.
Das Buch von dem Bönt finde ich nicht so toll. Gemessen an dem, was die für die Theoriebildung wichtigen Feministinnen (Butler, Irigaray, Diotima u.a.) über Geschlechterdifferenz geschrieben haben, ist Alice Schwarzer halt für den die gerade noch angemessene Sparring-Partnerin. (Wobei ich selbst nicht leugnen kann, die =Schwanz-Guillotine = als Happening-Projekt schon mal angedacht zu haben. Aber ich bastele halt nicht so gern.)
Eins ist allerdings ganz gut an den Aussagen von Bönt: Männer sollten sich echt endlich mal um sich selbst kümmern. Das wäre (und ist ja in manchen Fällen schon) eine Entlastung für Frauen, vor allem für die, die wegen ihrer Sozialisierung immer noch meinen, der Mann sei ein partieller Depp, den frau betütteln, bekochen, bewaschen und haushalten muss. Männer können viel mehr, als man denkt. Echt.
Wer sich mal einlesen will, jenseits des einschlägig bekannten Schwarzer-Bashings:
@MelusineB zu Bönt. Ich kenne sein Buch noch nicht, aber das Interview gefällt mir – eben schon, weil ausgerechnet von dem IchBinSoUngeheuerSanftPolitisch-KorrektExtremisten Scholl geführt, ein Umstand, der mir vor Freude die Tränen in die Augen treibt – (man lese nur! Scholl hat sich „gemeinsam den Schniedel“ besehen. Ha!)
Die Leistung der Feminismus-Theoretikerinen, aber das wissen Sie ja, finde auch ich großartig, aber eben die Verunsicherung vieler Männer, die auch ich hatte in meiner ganz frühen Zeit, unterdessen schlichtweg waschlappig, zumal wenn sie sich aalhaft zur Karriere glättet.
Die Freude am Interview kann ich so nicht teilen. Denn das Versprechen endlich mal über Männer zu sprechen, wird ja nur zum Teil – und ziemlich unterreflektiert – eingelöst. Stattdessen geht es doch wieder darum, sich mit dem Feminismus auseinanderzusetzen und darum „männliche Leistungen“ herauszustellen, als wären die nicht bekannt und überall wesentlich besser dokumentiert als die von Frauen. Noch das abseitigste Tor im Fußball findet mehr Beachtung (und seinen Weg in irgendeine Chronik) als ein neues Strickmuster (nicht dass ich etwas davon verstehe). Mir kommt es ein wenig so vor, als wäre hier doch wieder ein „Waschlappen“ unterwegs, der aus einer Pseudo-Defensive das „Mann-Sein“ verteidigt.
Interessanter wäre doch, wenn es über „Männlichkeit“ ähnlich spannende Analyse gäbe wie über Weiblichkeit. Selbst habe ich das zum Beispiel einmal für die Konstruktion des bürgerlichen Mannes um 1800 an Gemälden und Kupferstichen untersucht: wie der Mann versteift („den Rücken durchstrecken“) und ihm der Zwang zur Arbeit (der fortan Identität stiftet) sich, wie Max Weber das schreibt, als „ein stahlhartes Gehäuse“ um den Körper legt. Oder hören Sie mal zu, wenn zwei Jungen sich über die Lektüre des Werthers unterhalten (was in meinem Haushalt vorkommt). „Ist der schwul…?“, fragen die nach dem ersten Absatz. Dass ein Mann Tränen weinen kann und einen anderen Mann vermissen, ist aus dem Bild von Männlichkeit nach 1800 systematisch eliminiert worden durch eine Propagandamaschine, die seine Verwertbarkeit im kapitalistischen Produktionszusammenhang zu steigern den Auftrag hatte. —Und da sehen Sie es wieder: Ich habe mich mit Männlichkeit beschäftigt, statt dieses Feld Männern zu überlassen. Aber leider sind die meisten ja nur wie Bönt unterwegs…
Na ja, Melusine, das mag etwa auch daran liegen, daß zum Beispiel ich selbst gar kein Interesse an „Männerforschung“ habe; auch die Vorstellung von Männergruppen finde ich albern – was nun wirklich nicht heißt, daß ich nicht enge Freunde vermissen und auch um sie weinen würde, verlöre ich sie. Mir ist das alles gar nicht fraghaft. Mein Interesse richtet sich aber deutlich auf Frauen; ich muß nicht etwas verstehen lernen, was ich schon kenne, von mir selbst – und wo es sehr anders ist, halte ich mich ohnedies gern fern. Dieses „ein Mann weint nicht“, kam mir schon immer absurd vor. Klar weint der, genau wie das andere Geschlecht – wobei es mir auffällig zu sein scheint, daß Frauen viel mehr dazu neigen, bei wirklicher Betroffenheit die Tränen zurückzuhalten und dann „einfach“ pragmatisch zu handeln. Und schon sind wir mitten im Thema. Der so harte Mann wie Kruppstahl scheint mir spätestens mit Hitler im Wortsinn erledigt zu sein – wenn man mal von der Militärmaschine absieht. Aber selbst in Action-Thrillers weinen Männer, etwa Bruce Willis.
Übrigens finde auch ich – einen Gruß an Ihre Jungs! – den Werther unlesbar – aber eine derart verzärtelte Frau würde mir genauso auf den Keks gehen – ein Grund dafür, daß ich, wie Sie wahrscheinlich lasen, den >>>> Freischütz nur sehr schlecht ertrage, während mir >>>> Lenore ausgesprochen nah ist.
Na ja, es geht bei einer solchen Analyse ja nicht um eine Selbsthilfegruppe für konkrete Männer. Sondern um „Männlichkeit“ als ein historisches Konstrukt im Wandel – davon sind Sie, nolens volens, betroffen. Selbst wenn Sie weinen können, leben Sie in einem Umfeld, wo dies Männern systematisch abgewöhnt wurde. Sie sind umgeben von Männern, die bestimmte Formen der Seilschaften und Gruppenbildungen pflegen, wo bestimmte Nachweise der eigenen Männlichkeit erbracht werden müssen und Männer, die dem nicht entsprechen (wollen oder können), dafür den Preis des Ausschlusses zu zahlen haben. (Was vielleicht sogar eine Erfahrung ist, die Sie kennen.)
In Ihren literarischen Texten, lieber ANH, entdecke ich sogar solch eine Analyse des Geschlechterverhältnisses, eine die auch klüger und vielschichtiger ist, als der Biologismus, in dessen Nähe Sie argumentativ manchmal geraten. Denn das „Tier“ wohnt in Mann und Frau, aber w i e es faucht, das entscheidet sich über die kulturell entworfenen Masken, hinter denen es sich verbirgt. An denen kann man (und frau) sich sehr erfreuen, mit ihnen spielen und – sie wenden. Sie wären doch der allerletzte, der behaupten würde, Spannung lasse sich nur aus Unwissenheit und Unkultur erzeugen.
Ich find kein Interview verlinkt. Meinen Sie das: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1695854/?
Das hab ich gestern gelesen, was soll ich sagen, ich hab 16 Seiten Leseprobe gelesen, die haben mir gereicht, was mich an solchen Dingern wirklich nervt, ist ihr Kalkül, Lebenshilfe oder Literaturverfasser, was will man sein? Jeder einzelne, egal wes Geschlechts, auch mal ein Michael Kohlhaas, ja, kann man aber schöner bei Kleist lesen, und diese Beispiele, wer trägt wessen Waschmaschine wohin, das ist nur noch albern, für jedes kennt jeder ein Gegenbeispiel, ich kenne genug Frauen, die ihren Körper nie geschont haben und genug Männer, die hypochondern, ich will sowas nicht lesen, echt nicht. Medizin soll Vorsorge bei Männern eher bezahlen, logisch, einzelne Menschen haben viel geleistet, darunter viele Männer, logisch, die hatten aber auch schon Jahrhunderte länger Zugang zu Universitäten, einem Großteil von Männern gehts nicht gut, die schuften sich den Arsch ab, ja, einem Großteil der Frauen auch nicht, die schuften sich den Arsch ab und erziehen allein die Kinder. So viele Tote in Kriegen, kaum Frauen, na ja, ändert sich da, wo Frauen auch zur Waffe greifen, alles nicht schön, aber zeichnet auch ein schräges Bild. Ich fühle mich nicht wesentlich benachteiligt im Alltag, dadurch, dass ich eine Frau bin, aber, die Statistik sagt mir immer noch, ich dürfte durchaus, Huchel Preis etwa, würd ich mal sagen, 14 Jahre dürfte den kein Mann mehr kriegen, so wegen der Balance, so denke ich nicht, weil ich so nicht denken will, aber einen entehrten Mann kann ich nicht entdecken, Frauen eignen sich vielleicht zumehmend schlechte Gewohnheiten an, die sich Männern gegenüber Frauen eh immer schon ganz gern rausgenommen haben, erst mal abqualifizieren, Schlampe, fette Kuh, wie sieht die denn aus etc pp, da wird jetzt schon mal zurückgeschossen, klar, mit recht, da pack ich dann auch den Schwanzvergleich aus, wie man in den Wald hinein, würd ich da mal sagen, wer mich lächerlich macht, den schone ich auch nicht, wieso sollte ich. Und, Verunsicherung spürt jeder, wegen allem Möglichen. Diese Stimme der vielen Unischtbaren sein wollen, ist allerdings das größte Problem, was ich mit solchen Büchern habe, und für Literaten finde ich das leider auch für meine Begriffe ehrenrührig, auch wenn ich der Familie Bönt gönne, sich damit ein Auskommen geschaffen zu haben. Der Herr scheint mir vertrauenswürdiger in sozilogischen Betrachtungen: http://kanalb.org/topic.php?play_id=1429&modul=Clip&clipId=164
Was für ´ne Schrift ist das denn? Ach HERRje, die Frage war nicht ernst gemeint. Ich interessiere mich für Männer im Allgemeinen kaum, sondern allenfalls im Besonderen und da geht´s mir besonders um den Arsch (und an dem vorbei).
büschn Begründung, Gogolin. Wär nicht schlecht. Und auch ich frag mich grad nach dem Papier. Es gibt ja die Position, es selbst sei nichts wert, und dann wieder die Meinung, es seien sehr v i e l e Papiere, die außerdem in viele verschiedene Bücher gebunden seien -. Generell herrscht aber unterdessen die Meinung vor, Sexismus sei was Schlechtes, so daß bereits der flirtende Blick unter Generalverdacht steht, vor allem dann, wenn man ihn in Arbeitszusammenhängen wirft.
Der Begriff „Sexismus“ hat meiner Kenntnis nach schon immer diskriminierende Verhaltensweisen bezeichnet (er ist ja auch aus diesem Zusammenhang aus Rassismus abgeleitet worden.) Es geht hierbei um Herrschaftsverhältnisse und nicht um Flirts, lieber Herbst. Arbeitsverhältnisse sind niemals frei von Herrschaftsverhältnissen und in der Regel sind immer noch Männer höher in der Hierarchie. Ich habe z.B. ausschließlich männliche Chefs. So nett ein Flirt sein mag – die Erfahrung zeigt, dass zurückgewiesene Männer (und die allermeisten wird frau eben aus Desinteresse zurückweisen) Machtpositionen ausnutzen, um sich für die Kränkung zu rächen.
Sie wollen unter Sexismus, denke ich, etwas ganz anderes verstehen: nämlich ein Spiel mit der geschlechtlichen Differenz in einem Raum, wo keine gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse bestehen. Dieser muss aber erst einmal – durch Beziehung und Anerkennung – geschaffen werden. Manche Männer können das – und viele nicht!
O b viele nicht. Kann ich nicht beurteilen. Meine Erfahrung gibt Ihnen aber recht. Nur daß ich solche Männer nicht sonderlich als männlich empfinden kann, wie ich ja überhaupt Autorität-aus-Macht bizarr finde, wenn nicht zum Schreien komisch. Also ich hab Positionen a l s Positionen sowieso nie anerkannt, und zwar weder bei Männern noch bei Frauen. Wirkliche Autorität ist etwas anderes, da beuge ich mein Knie. Man fühlt sie, kann sie nicht definieren: sie ist eine Aura. Die habe ich sowohl bei Frauen als auch bei Männern erlebt, und bei beiden ist sie selten. (Um mal gegens Alice-Schwarzer-Bashing zu steuern: Frau Schwarzer h a t diese Autorität – aber frau und man gewinnen sie erst, man kriegt das nicht geschenkt).
Wegen des Sexismus‘: Da ich mit diesem Vorwurf so oft konfrontiert wurde, daß ich meine Uhren danach stelle, habe ich ihn mir schlichtweg angezogen und definiere Sexismus um – ganz ebenso, wie sich der Buntschuh Buntschuh nahte und die Sansculotten Sansculotten. Selbstverständlich führt das zu Irritation, aber die ist prozessual vorzüglich. Will sagen: ich nehme den Begriff jenen Leuten weg, ich expropriiere sie um ihn, die mit ihm immer gleich eine Forderung nach De-Erotisierung von Welt, bzw. Gesellschaft mittransportieren – also eben jene Äquivalenz herstellen wollen, die das untrügliche Zeiten der dahinter wirkenden Ökonomie ist, des Kapitals nämlich.
De-Erotisierung von Welt – die ist sehr zu bekämpfen, allerdings! Wir machen´s auch so, dass wir die Begriffe umwerten: Bei den Schlampen-Demos!
Und Bönts Titel allein, finde ich, ist nicht nur ein bisschen lappig: „Der entehrte Mann“ – huch! Da regt sich doch gleich der Mama-Instinkt und frau will dem guten Kerlchen helfen. Aber nee, nee, keine Lust sich weiter um diese armen Männer zu kümmern. Ich muss und will stattdessen jetzt mal wieder schlampig unterwegs sein ;-).
nämlich ein Spiel mit der geschlechtlichen Differenz in einem Raum, wo keine gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse bestehen
So sehr ich das als Utopie teilen möchte, wäre ein solcher Raum nicht vor allen Dingen ohne Menschen?
(Das Interview gibt aber wirklich nicht viel her, dann doch lieber das von André Müller mit Alice Schwarzer)
@phorkyas Sie haben Recht. Es ist ein utopischer Raum, einzig möglich in kurzen „Zwischenräumen“, wo sich zwei Menschen sozusagen „losgelöst“ begegnen und eigene Regeln geben (sicherlich in letzter Konsequenz illusionär). —Das bedeutet auch: Alle auf Dauer gestellten Beziehungen werden sich auf die eine oder andere Weise im Geflecht gesellschaftlicher Herrschaftsbeziehungen verstricken. Das ist schmerzlich. Die „Beziehung“ beginnt so quer zu stehen zur „Liebe“. Ich kann das so auf die Schnelle nicht besser ausdrücken. Diesem Schmerz auszuweichen, hieße aber keiner Liebe die Dauer zuzumuten – und sich dem Schmerz der ewigen Wiederholung von Verlieben und Abschiednehmen auszusetzen. Nein, man kommt da nicht raus. Mit keinem tollen Ratgeber!
Ihre Zwischenräume kann ich mir gut vorstellen; zum Atemschöpfen – aber vielleicht gibt es ja auch andere Nebenräume, ein Künstler-Séparée (ob da nun geraucht werden darf oder nicht) und andere, die zwar nicht herrschaftsfrei aber wo Herrschaft in freiem Spiel umgekehrt, verschoben, transponiert werden kann.
(„Herrschaft“ ist ja auch nur eine Dimension; schon für die Farbe der Räume benötigten wir einen unendlichdimensionalen Raum bzw. dessen reduzierte Projektion – immerhin ist bald wieder Frühlung and All The World is Green.)
Männlicher Feminismus. Hübsch an dem Interview ist auch, daß es ausgerechnet von >>>> Joachim Scholl geführt wird, der mich wegen einer vorgeblich frauenfeindlichen Szene im Vorspiel von >>>> THETIS.ANDERSWELT seit 1998 schneidet, bzw. blockwartet. Es tut einfach gut, daß mal jemand so klar mit ihm spricht.
Das Buch von dem Bönt finde ich nicht so toll. Gemessen an dem, was die für die Theoriebildung wichtigen Feministinnen (Butler, Irigaray, Diotima u.a.) über Geschlechterdifferenz geschrieben haben, ist Alice Schwarzer halt für den die gerade noch angemessene Sparring-Partnerin. (Wobei ich selbst nicht leugnen kann, die =Schwanz-Guillotine = als Happening-Projekt schon mal angedacht zu haben. Aber ich bastele halt nicht so gern.)
Eins ist allerdings ganz gut an den Aussagen von Bönt: Männer sollten sich echt endlich mal um sich selbst kümmern. Das wäre (und ist ja in manchen Fällen schon) eine Entlastung für Frauen, vor allem für die, die wegen ihrer Sozialisierung immer noch meinen, der Mann sei ein partieller Depp, den frau betütteln, bekochen, bewaschen und haushalten muss. Männer können viel mehr, als man denkt. Echt.
Wer sich mal einlesen will, jenseits des einschlägig bekannten Schwarzer-Bashings:
http://www.amazon.de/gp/product/3885066483/ref=pd_lpo_k2_dp_sr_1?pf_rd_p=471061493&pf_rd_s=lpo-top-stripe&pf_rd_t=201&pf_rd_i=3896575805&pf_rd_m=A3JWKAKR8XB7XF&pf_rd_r=14D0GFK3JGH6A6N6KX3S
@MelusineB zu Bönt. Ich kenne sein Buch noch nicht, aber das Interview gefällt mir – eben schon, weil ausgerechnet von dem IchBinSoUngeheuerSanftPolitisch-KorrektExtremisten Scholl geführt, ein Umstand, der mir vor Freude die Tränen in die Augen treibt – (man lese nur! Scholl hat sich „gemeinsam den Schniedel“ besehen. Ha!)
Die Leistung der Feminismus-Theoretikerinen, aber das wissen Sie ja, finde auch ich großartig, aber eben die Verunsicherung vieler Männer, die auch ich hatte in meiner ganz frühen Zeit, unterdessen schlichtweg waschlappig, zumal wenn sie sich aalhaft zur Karriere glättet.
Die Freude am Interview kann ich so nicht teilen. Denn das Versprechen endlich mal über Männer zu sprechen, wird ja nur zum Teil – und ziemlich unterreflektiert – eingelöst. Stattdessen geht es doch wieder darum, sich mit dem Feminismus auseinanderzusetzen und darum „männliche Leistungen“ herauszustellen, als wären die nicht bekannt und überall wesentlich besser dokumentiert als die von Frauen. Noch das abseitigste Tor im Fußball findet mehr Beachtung (und seinen Weg in irgendeine Chronik) als ein neues Strickmuster (nicht dass ich etwas davon verstehe). Mir kommt es ein wenig so vor, als wäre hier doch wieder ein „Waschlappen“ unterwegs, der aus einer Pseudo-Defensive das „Mann-Sein“ verteidigt.
Interessanter wäre doch, wenn es über „Männlichkeit“ ähnlich spannende Analyse gäbe wie über Weiblichkeit. Selbst habe ich das zum Beispiel einmal für die Konstruktion des bürgerlichen Mannes um 1800 an Gemälden und Kupferstichen untersucht: wie der Mann versteift („den Rücken durchstrecken“) und ihm der Zwang zur Arbeit (der fortan Identität stiftet) sich, wie Max Weber das schreibt, als „ein stahlhartes Gehäuse“ um den Körper legt. Oder hören Sie mal zu, wenn zwei Jungen sich über die Lektüre des Werthers unterhalten (was in meinem Haushalt vorkommt). „Ist der schwul…?“, fragen die nach dem ersten Absatz. Dass ein Mann Tränen weinen kann und einen anderen Mann vermissen, ist aus dem Bild von Männlichkeit nach 1800 systematisch eliminiert worden durch eine Propagandamaschine, die seine Verwertbarkeit im kapitalistischen Produktionszusammenhang zu steigern den Auftrag hatte. —Und da sehen Sie es wieder: Ich habe mich mit Männlichkeit beschäftigt, statt dieses Feld Männern zu überlassen. Aber leider sind die meisten ja nur wie Bönt unterwegs…
Na ja, Melusine, das mag etwa auch daran liegen, daß zum Beispiel ich selbst gar kein Interesse an „Männerforschung“ habe; auch die Vorstellung von Männergruppen finde ich albern – was nun wirklich nicht heißt, daß ich nicht enge Freunde vermissen und auch um sie weinen würde, verlöre ich sie. Mir ist das alles gar nicht fraghaft. Mein Interesse richtet sich aber deutlich auf Frauen; ich muß nicht etwas verstehen lernen, was ich schon kenne, von mir selbst – und wo es sehr anders ist, halte ich mich ohnedies gern fern. Dieses „ein Mann weint nicht“, kam mir schon immer absurd vor. Klar weint der, genau wie das andere Geschlecht – wobei es mir auffällig zu sein scheint, daß Frauen viel mehr dazu neigen, bei wirklicher Betroffenheit die Tränen zurückzuhalten und dann „einfach“ pragmatisch zu handeln. Und schon sind wir mitten im Thema. Der so harte Mann wie Kruppstahl scheint mir spätestens mit Hitler im Wortsinn erledigt zu sein – wenn man mal von der Militärmaschine absieht. Aber selbst in Action-Thrillers weinen Männer, etwa Bruce Willis.
Übrigens finde auch ich – einen Gruß an Ihre Jungs! – den Werther unlesbar – aber eine derart verzärtelte Frau würde mir genauso auf den Keks gehen – ein Grund dafür, daß ich, wie Sie wahrscheinlich lasen, den >>>> Freischütz nur sehr schlecht ertrage, während mir >>>> Lenore ausgesprochen nah ist.
Na ja, es geht bei einer solchen Analyse ja nicht um eine Selbsthilfegruppe für konkrete Männer. Sondern um „Männlichkeit“ als ein historisches Konstrukt im Wandel – davon sind Sie, nolens volens, betroffen. Selbst wenn Sie weinen können, leben Sie in einem Umfeld, wo dies Männern systematisch abgewöhnt wurde. Sie sind umgeben von Männern, die bestimmte Formen der Seilschaften und Gruppenbildungen pflegen, wo bestimmte Nachweise der eigenen Männlichkeit erbracht werden müssen und Männer, die dem nicht entsprechen (wollen oder können), dafür den Preis des Ausschlusses zu zahlen haben. (Was vielleicht sogar eine Erfahrung ist, die Sie kennen.)
In Ihren literarischen Texten, lieber ANH, entdecke ich sogar solch eine Analyse des Geschlechterverhältnisses, eine die auch klüger und vielschichtiger ist, als der Biologismus, in dessen Nähe Sie argumentativ manchmal geraten. Denn das „Tier“ wohnt in Mann und Frau, aber w i e es faucht, das entscheidet sich über die kulturell entworfenen Masken, hinter denen es sich verbirgt. An denen kann man (und frau) sich sehr erfreuen, mit ihnen spielen und – sie wenden. Sie wären doch der allerletzte, der behaupten würde, Spannung lasse sich nur aus Unwissenheit und Unkultur erzeugen.
Ich find kein Interview verlinkt. Meinen Sie das: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1695854/?
Das hab ich gestern gelesen, was soll ich sagen, ich hab 16 Seiten Leseprobe gelesen, die haben mir gereicht, was mich an solchen Dingern wirklich nervt, ist ihr Kalkül, Lebenshilfe oder Literaturverfasser, was will man sein? Jeder einzelne, egal wes Geschlechts, auch mal ein Michael Kohlhaas, ja, kann man aber schöner bei Kleist lesen, und diese Beispiele, wer trägt wessen Waschmaschine wohin, das ist nur noch albern, für jedes kennt jeder ein Gegenbeispiel, ich kenne genug Frauen, die ihren Körper nie geschont haben und genug Männer, die hypochondern, ich will sowas nicht lesen, echt nicht. Medizin soll Vorsorge bei Männern eher bezahlen, logisch, einzelne Menschen haben viel geleistet, darunter viele Männer, logisch, die hatten aber auch schon Jahrhunderte länger Zugang zu Universitäten, einem Großteil von Männern gehts nicht gut, die schuften sich den Arsch ab, ja, einem Großteil der Frauen auch nicht, die schuften sich den Arsch ab und erziehen allein die Kinder. So viele Tote in Kriegen, kaum Frauen, na ja, ändert sich da, wo Frauen auch zur Waffe greifen, alles nicht schön, aber zeichnet auch ein schräges Bild. Ich fühle mich nicht wesentlich benachteiligt im Alltag, dadurch, dass ich eine Frau bin, aber, die Statistik sagt mir immer noch, ich dürfte durchaus, Huchel Preis etwa, würd ich mal sagen, 14 Jahre dürfte den kein Mann mehr kriegen, so wegen der Balance, so denke ich nicht, weil ich so nicht denken will, aber einen entehrten Mann kann ich nicht entdecken, Frauen eignen sich vielleicht zumehmend schlechte Gewohnheiten an, die sich Männern gegenüber Frauen eh immer schon ganz gern rausgenommen haben, erst mal abqualifizieren, Schlampe, fette Kuh, wie sieht die denn aus etc pp, da wird jetzt schon mal zurückgeschossen, klar, mit recht, da pack ich dann auch den Schwanzvergleich aus, wie man in den Wald hinein, würd ich da mal sagen, wer mich lächerlich macht, den schone ich auch nicht, wieso sollte ich. Und, Verunsicherung spürt jeder, wegen allem Möglichen. Diese Stimme der vielen Unischtbaren sein wollen, ist allerdings das größte Problem, was ich mit solchen Büchern habe, und für Literaten finde ich das leider auch für meine Begriffe ehrenrührig, auch wenn ich der Familie Bönt gönne, sich damit ein Auskommen geschaffen zu haben. Der Herr scheint mir vertrauenswürdiger in sozilogischen Betrachtungen: http://kanalb.org/topic.php?play_id=1429&modul=Clip&clipId=164
Männer und Feminismus Oh, Jungs, ihr macht mir aber Spaß.
Was ist denn das für ein naives Geschwätz. Ihr seid doch alle das Papier nicht wert, auf dem die Schrift von der „Männlichkeit“ steht.
Ach, vergessen soll man Euch.
Was für ´ne Schrift ist das denn? Ach HERRje, die Frage war nicht ernst gemeint. Ich interessiere mich für Männer im Allgemeinen kaum, sondern allenfalls im Besonderen und da geht´s mir besonders um den Arsch (und an dem vorbei).
büschn Begründung, Gogolin. Wär nicht schlecht. Und auch ich frag mich grad nach dem Papier. Es gibt ja die Position, es selbst sei nichts wert, und dann wieder die Meinung, es seien sehr v i e l e Papiere, die außerdem in viele verschiedene Bücher gebunden seien -. Generell herrscht aber unterdessen die Meinung vor, Sexismus sei was Schlechtes, so daß bereits der flirtende Blick unter Generalverdacht steht, vor allem dann, wenn man ihn in Arbeitszusammenhängen wirft.
Der Begriff „Sexismus“ hat meiner Kenntnis nach schon immer diskriminierende Verhaltensweisen bezeichnet (er ist ja auch aus diesem Zusammenhang aus Rassismus abgeleitet worden.) Es geht hierbei um Herrschaftsverhältnisse und nicht um Flirts, lieber Herbst. Arbeitsverhältnisse sind niemals frei von Herrschaftsverhältnissen und in der Regel sind immer noch Männer höher in der Hierarchie. Ich habe z.B. ausschließlich männliche Chefs. So nett ein Flirt sein mag – die Erfahrung zeigt, dass zurückgewiesene Männer (und die allermeisten wird frau eben aus Desinteresse zurückweisen) Machtpositionen ausnutzen, um sich für die Kränkung zu rächen.
Sie wollen unter Sexismus, denke ich, etwas ganz anderes verstehen: nämlich ein Spiel mit der geschlechtlichen Differenz in einem Raum, wo keine gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse bestehen. Dieser muss aber erst einmal – durch Beziehung und Anerkennung – geschaffen werden. Manche Männer können das – und viele nicht!
O b viele nicht. Kann ich nicht beurteilen. Meine Erfahrung gibt Ihnen aber recht. Nur daß ich solche Männer nicht sonderlich als männlich empfinden kann, wie ich ja überhaupt Autorität-aus-Macht bizarr finde, wenn nicht zum Schreien komisch. Also ich hab Positionen a l s Positionen sowieso nie anerkannt, und zwar weder bei Männern noch bei Frauen. Wirkliche Autorität ist etwas anderes, da beuge ich mein Knie. Man fühlt sie, kann sie nicht definieren: sie ist eine Aura. Die habe ich sowohl bei Frauen als auch bei Männern erlebt, und bei beiden ist sie selten. (Um mal gegens Alice-Schwarzer-Bashing zu steuern: Frau Schwarzer h a t diese Autorität – aber frau und man gewinnen sie erst, man kriegt das nicht geschenkt).
Wegen des Sexismus‘: Da ich mit diesem Vorwurf so oft konfrontiert wurde, daß ich meine Uhren danach stelle, habe ich ihn mir schlichtweg angezogen und definiere Sexismus um – ganz ebenso, wie sich der Buntschuh Buntschuh nahte und die Sansculotten Sansculotten. Selbstverständlich führt das zu Irritation, aber die ist prozessual vorzüglich. Will sagen: ich nehme den Begriff jenen Leuten weg, ich expropriiere sie um ihn, die mit ihm immer gleich eine Forderung nach De-Erotisierung von Welt, bzw. Gesellschaft mittransportieren – also eben jene Äquivalenz herstellen wollen, die das untrügliche Zeiten der dahinter wirkenden Ökonomie ist, des Kapitals nämlich.
De-Erotisierung von Welt – die ist sehr zu bekämpfen, allerdings! Wir machen´s auch so, dass wir die Begriffe umwerten: Bei den Schlampen-Demos!
Und Bönts Titel allein, finde ich, ist nicht nur ein bisschen lappig: „Der entehrte Mann“ – huch! Da regt sich doch gleich der Mama-Instinkt und frau will dem guten Kerlchen helfen. Aber nee, nee, keine Lust sich weiter um diese armen Männer zu kümmern. Ich muss und will stattdessen jetzt mal wieder schlampig unterwegs sein ;-).
sucht gerade eben den „Gefällt mir“-Button. 😉
nämlich ein Spiel mit der geschlechtlichen Differenz in einem Raum, wo keine gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse bestehen
So sehr ich das als Utopie teilen möchte, wäre ein solcher Raum nicht vor allen Dingen ohne Menschen?
(Das Interview gibt aber wirklich nicht viel her, dann doch lieber das von André Müller mit Alice Schwarzer)
@phorkyas Sie haben Recht. Es ist ein utopischer Raum, einzig möglich in kurzen „Zwischenräumen“, wo sich zwei Menschen sozusagen „losgelöst“ begegnen und eigene Regeln geben (sicherlich in letzter Konsequenz illusionär). —Das bedeutet auch: Alle auf Dauer gestellten Beziehungen werden sich auf die eine oder andere Weise im Geflecht gesellschaftlicher Herrschaftsbeziehungen verstricken. Das ist schmerzlich. Die „Beziehung“ beginnt so quer zu stehen zur „Liebe“. Ich kann das so auf die Schnelle nicht besser ausdrücken. Diesem Schmerz auszuweichen, hieße aber keiner Liebe die Dauer zuzumuten – und sich dem Schmerz der ewigen Wiederholung von Verlieben und Abschiednehmen auszusetzen. Nein, man kommt da nicht raus. Mit keinem tollen Ratgeber!
Ihre Zwischenräume kann ich mir gut vorstellen; zum Atemschöpfen – aber vielleicht gibt es ja auch andere Nebenräume, ein Künstler-Séparée (ob da nun geraucht werden darf oder nicht) und andere, die zwar nicht herrschaftsfrei aber wo Herrschaft in freiem Spiel umgekehrt, verschoben, transponiert werden kann.
(„Herrschaft“ ist ja auch nur eine Dimension; schon für die Farbe der Räume benötigten wir einen unendlichdimensionalen Raum bzw. dessen reduzierte Projektion – immerhin ist bald wieder Frühlung and All The World is Green.)