Besuch der neuen Lektorin und Ehre für No. Das Arbeitsjournal des Dienstags, dem 15. Februar 2011. Nachmittags Hirnstopf, sowie von einem Zahn.

6.10 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Bis nachts um knapp halb zwei ging gestern das Lektorat an den Fenstern von Sainte Chapelle. Ich gebe zu, überrascht gewesen zu sein, weil ich dieser jungen Lektorin eine solche Genauigkeit nicht zugetraut hatte, ja sie bringt an manchen Stellen eine ganz eigene sprachliche Ideenkraft ein, was ich nur von wenigen meiner bisherigen Lektoren, es sind eine ganze Reihe, ja eigentlich nur von zweien gewöhnt bin. Damit war also tatsächlich nicht zu rechnen.
Ich hatte von mittags noch zwei gute Portionen Sahnehering über, die aßen wir, mit Pellkartoffeln, zwischendurch, saßen aber die übrige Zeit alle 137 TS-Seiten konzentriert hier. Die Revisionen übertrug ich immer gleich in den Computer, stellte da manchmal noch ein bißchen was um, doch wirklich nur ein bißchen. Jetzt sind noch, heute zur Früharbeit, die Korrekturen >>>> Pruniers an den sechssieben französischen Sätzen in die Datei zu übertragen, dann kann die Erzählung an die >>>> Kulturmaschinen in den Satz gehen. Drei Leute lasen sie jetzt ganz, erst UF, dann die Löwin, jetzt die Lektorin, von der ich ganz gern hätte, daß ich sie nunmehr „meine” nennen könnte, also auch für weitere Prosa, was eine Frage, indes, auch ihrer Bezahlung ist – ; drei Leute also, unabhängig voneinander, und jeder von ihnen geriet in den erzählerischen Sog aus Handlung und Stil. Da kann ich, denke ich, zufrieden sein und den „eigentlichen” Lesern des zusammen mit den Elegien zur Leipziger Buchmesse erscheinenden Buches, wie auch der Kritik, überaus ruhig entgegensehen. Vielleicht müßte man im Vorfeld für die Erzählung noch etwas mehr tun; die Kulturmaschinen deuteten an, das zu beabsichtigen.
Um zwei Uhr schlief ich, um Viertel vor fünf bin ich nun auf, nach den üblichen knapp vier Stunden Schlaf. Den Namen der jungen Lektorin sollte ich nennen: Maria Evans-v. Krbek; die zwei anderen, die ich als Ausnahmelektoren erlebt habe, sind Axel Dielmann und selbstverständlich, ein erhabener Doyen, Delf Schmidt.

Zu den virtuellen Vorgängen gestern äußere ich mich nicht mehr; lesen Sie’s >>>> nach, wenn Ihnen danach ist. Schön ist aber, daß ich nachts noch, bevor ich schlafenging, eine Email >>>> Aléa Toriks im elektronischen Postkasten fand und sie auch las, aber ich war da zu erschöpft (ja, auch ich bin bisweilen erschöpft), um sofort darauf zu antworten; das werde ich gleich nachholen. >>>> Dr. No hat sich eingeschaltet, elegant und besonnen, sehr warmherzig, klug; er bittet uns zu einem Essen. Selbstverständlich werde ich zusagen. So wird man sich aussprechen – etwas, das wirklich wohl auch ansteht, nämlich gut: sowohl uns beiden als auch der eben nicht nur virtuellen Angelegenheit selbst. Ganz nebenbei hatte ich eben die Idee, ihn, Dr. No, gelegentlich mit dem Profi zusammenzubringen; irgend etwas sagt mir, sie hätten einander vieles zu sagen.

An die Arbeit.
Morgenpfeife, sowieso. Und schnell den zweiten Latte macchiato bereiten.

(Ich möchte noch einmal auf >>>> E.A. Richter hinweisen.)

7.57 Uhr:
So, alles erledigt, das Typoskript ist an die Kulturmaschinen hinaus. Dann war noch eine höchst freundliche Facebook-Kommunikation mit der Leiterin >>>> der Bamberger Concordia, Nora-Eugenie Gomringer, wegen einiger Kreuzfahrerei sowie meiner Lesung am 4. Mai aus den Elegien.
Bevor ich jetzt wieder ans Kinderbuch gehe, weck ich meine Löwin in Wien.

16.46 Uhr:
Meine Güte, womit man sich alles nicht zu beschäftigen versucht, wenn man versucht, sich mit einem Text zu beschäftigen, in den man grad plotseits nicht reinkommt: surfe nach hier, surfe nach da (aber keinen der sonst bei Hirnstau und Hirnstopf so hilfreichen Pornos, weil mein Junge den Nachmittag über hier ist, um Latein zu üben und Cello zu üben); statt dessen ein bißchen was über Latakia-Tabake, die ich sehr schätze, in Erfahrung gebracht, mit dem kleinsten Tabak-Manufacteur in Deutschland telefoniert, eine Kleinigkeit bestellt und um Pröbchen gebeten, zwischendurch für den Jungen gekocht, eine Stunde geschlafen und danach mit ihm zu Mittag gegessen (anders wär’s organischer, ich weiß, aber wenn der Bursche erst um halb drei aus der Schule kommt, sind wir vor Viertel nach drei/halb vier mit dem Essen nicht fertig; wenn ich mich dann erst hinlege, ist es fast schon wieder Abend beim Aufstehn); ah ja… und einen Zahnarzttermin gleich für morgen früh um neun bekommen. Meine Pfeifenmundstückbeißerei hat einen Zahn aus der Brücke gelockert, und die Datteln, die mir „mein” ägyptischer Goldhändler aus Mombasa mit auf die Reise gab, hat das Pfeifenwerk dann vollendet, im Flieger, wo ich nicht rauchen durfte. Datteln sind Meisterinnen im Herstellen von Unterdruck. Mehr muß ich da nicht sagen. Aber hübsch sieht er aus, der Zahn.
Also, Herr N. hat neue Wellensittiche, aber solche, die man an den Füßen aufziehen muß. Tut man das, sind sie, bis die Feder wieder entspannt sind, von wirklichen Vögeln nicht zu unterscheiden, auch nicht, wenn man sie anfaßt. Sie fressen dann, lassen beim Fliegen ihre Ködelchen fallen, schnattern unausgesetzt, schütteln das Gefieder, aus dem es auch herausstaubt, kurz: sie sind „absolut”, würde Menne schreiben, lebendig. Trotzdem sind es Maschinen, die innen einen Chip zur Aufnahme all dessen haben, was die Vogelaugen sehen. In der Spatzenversion sind es die idealen Spione. Nur glaubt den vier Freunden das keiner, wenn man mal von einem Wolf absieht, der behauptet, kein Geist, sondern ein ET zu sein. Wogegen manches finster spricht. – Jetzt aber häng ich grad fest.

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