10.20 Uhr:
[Bei Leukerts. Frankfurt am Main. Chopin, Erstes Klavierkonzert.}
Wir sind die Nacht durchgebrettert. Durch die Nacht gebrettert. Die ja ziemlich gleich nach sechs Uhr abends beginnt. Erst mit dem Kleinbus, dann mit der kleinen Maschine ab Massai Mara nach Nairobi; knapp vor Mitternacht, mit leichter Verspätung, hob der Flieger nach Paris ab. Einen direkten Flug nach Frankfurt gab’s nicht. Aber auch über Paris geht Kenya Airlines schon ziemlich ins Geld. Andererseits hatte ich mir gedacht: wenn >>>> das Hörstück schon so gut bezahlt worden ist, ganz zu recht, freilich, dann sollte ich’s nutzen.
Es gab also nach sechs noch das gemeinsame Dinner, dann packte ich mein bißchen Zeug zusammen und wurde auch schon abgeholt. Die Löwin will noch drei Tage bleiben, allerdings quartiert sie sich in ein Edelhotel um, das ebenfalls im Nationalpark steht, seiner Preisstruktur wegen allerdings nur für die Oberen Zweieinhalbtausend konfektioniert ist. „Wellness”, sagte sie spöttisch. „Das wirst du verstehen, daß ich mich nach diesen zwei Tagen pflegend erholen will. Es war ein bißchen viel Tierwelt.” Die Wahrheit ist aber, daß sie dort, für Wien, einen kanianische Kunsthändler trifft, von dem sie übrigens selbst sagt, daß er dubios sei. Aber diese Dubiosität sei es eben, was ihn im Kunsthandel interessant mache, diese seine Art, so die Löwin, eine Fünf als gerade Zahl zu beweisen. „Mach du in deinem Mädchenhandel, ich mach in dem mit Artefakten. Paßt doch gut.” Aber deshalb mußte sie mich doch weißGöttin nicht eigens daran erinnern, daß Rimbaud eine Zeit lang mit Waffen gehandelt hat. Ich bin weder der, noch bin ich Stiller, die Fremdenlegion nun hin, die Fremdenlegion her.
Richtig schlafen kann ich auf so langen Flügen nie, was zum einen daran liegt, daß ich nicht weiß, wie ich meine Beine ausstrecken soll; ich kann schon auf Nachtfahrten in Zügen nicht in den Sesseln schlafen. Vor allem aber werden, wenn Schlafenszeit ist, immer die Schiebedeckel vor die ovalen Fenster runtergezogen. Einem wie mir, der schon bei geschlossenem Fenster nicht schlafen kann, kommt das wie Zwangsverzellung vor. Das Wenigste, was ich brauche, ist freie Sicht, wenn ich schon keinen Luftzug spüren darf. Fast ebenso schrecklich finde ich klimatisierte Hotels, deren Fenster sich nicht öffnen lassen. Das ist unerträglich. Ich mag nicht in Monaden leben. Ver- und abgeschlossene Räume insgesamt sind mir grauslich. Also war ich ziemlich zerschlagen, als wir früh in Charles de Gaulle landeten. Da ich mich überdies, vor allem wegen des Hörstücks, so lange nicht mehr bei >>>> Le Duchesse gemeldet habe, stieg mir momentlang die Befürchtung hoch, an der Weiterreise möglicherweise gehindert zu werden. Auch von Jenny habe ich ja nichts mehr gehört. Dann wieder bedauerte ich, nicht in Paris etwas bleiben zu können. Doch findet heute das letzte Realseminar des Virtuellen Seminares Heidelberg statt, eben dort. Da kann ich ja nun schlecht fehlen.
Viel Zeit zum Umsteigen blieb nicht, Paris Orly ist ein Unort, der sich am besten mit der Konsole vergleichen läßt, von der man aus weggebeamt wird; noch bessere Gestalt nimmt der Vergleich in Cronenbergs „The fly” an: Fahrstühle der Transsubstantiation. Immerhin kam ich mit einem weiteren Gutteil des Jungenromans aus Afrika zurück. Diese Mischung aus Abenteuer, Gesprächen und schmutzigem, bisweilen kaltem Sex ist, weil so unmoralisch, hochgradig inspirierend. Dazu diese Düfte und ein, sowohl des nachts wie tags, Himmel, gegen den der über Berlin eine Zimmerdecke ist. Man kommt so in Freiheit und schreibt aus der Freiheit: aus völliger Freiheit, intellektueller wie erotischer. Das macht, fühle ich, die ständige Nähe des Todes, der sich in solcher Umgebung nicht wegleugnen und zivilsieren läßt, sondern präsenter Teil allen Lebendigseins ist.
Jetzt bin ich bei den Freunden für etwas Ruhe & Erzählung und um an dem Jungenroman weiterzuschreiben. Ab morgen nachmittag werde ich mir zudem Die Fenster von Sainte Chapelle wieder vornehmen, um UFs Lektorate einzubauen und die Grundstruktur auf >>>> eine wirklich tragende Buchform umzubauen. In Der Dschungel soll die Internetversion aber erhalten bleiben, schon meiner Germanisten halber. Morgen mittag werde ich in Berlin zurück sein, und heute abend, sicherlich, werden wir ein wenig Abschied feiern. Ich möchte Professor Wilhelm Kühlmann an dieser Stelle ausdrücklich meinen Dank dafür sagen, daß er an meine Arbeit und mich derart glaubt und sie immer wieder befördert hat. (Es gibt unterdessen einige solcher Fürstreiter: der akustische Pionier Manfred Mixner gehörte dazu, mein langjähriger Redakteur beim Deutschlandfunk in Köln Thomas Zenke, mein Lektor Delf Schmidt, der Medientheoretiker Ralf Schnell, auch die beiden Giacomuzzis in Innsbruck, sowie ganz früh, vor Jahrzehnten, Heddy Pross von Radio Bremen. Sie alle haben mich, durchaus mit teils scharfer Kritik, sehr gefördert und mir immer wieder die Pferde gesattelt, die ich in diesen Jahren so nach und nach aus ihren Ställen geholt und in meinen langen Galopps zuschandenritt, die armen Tiere.)
Ich möchte gern noch etwas von den Löwinnengesprächen erzählen, die wie eine Realisierung manches dessen waren, was >>>> Melusine Walser werden soll. Dazu brauche ich aber etwas Zeit. Vielleicht braucht das auch einen eigenen, literarisierten, Text, den ich dann später in das Walser-Projekt hineinkopieren und an den Rändern so in es hineinschleifen kann, wie meisterhaft Ror Wolf das in seinen Collagen versteht. Nur soviel schon jetzt, daß wir so enorm gut zueinander passen, weil mir diese Frau, als wir einander kennenlernten, als allererstes gesagt hat: „Ich bin nicht monogam.” Da geschah gestern der nächste Schritt: indem sie von einem Norweger erzählte, mit dem sie vor ein paar Tagen in Wien ein ganzes Haus voller Nacht verbracht hat. So daß ich ein klein wenig bedauerte, nicht in vermögenden Umständen zu sein, die mir ähnliche Settings erlauben würden. Denn Ideen, ach Ideen! habe ich. Man darf die Möglichkeiten, die einem finanzielle Freizügigkeit bietet, nicht unterschätzen: allerdings muß dann der Geist stets geschärft sein. Jede Suche nach erfüllter, warmer Ergebung verbietet sich. Die aber, sie treibt uns ja ebenfalls: sehnt uns.
Aber ich würde die Umkremplung meines Lebensentwurfes schon wagen, wenn ich nicht Vater und gerne und mit Überzeugung. Das ist eine Verbindlichkeit, ein „ganz unpragmatisches, nicht-instinktives, nicht von Hormonen geleitetes, unplazentisches Sorgen, das eines, das will und nicht muß, ist – man nimmt es vielmehr als Entscheidung an sich, und man folgt” (>>>> Bamberger Elegien).
Die Freunde rufen. Sie haben den Tisch gedeckt. Hochkultur. Welch ein Kontrast! Immer sind es diese S p a n n e n, was uns lebendig hält. Deshalb setze ich mich so jetzt nicht mit ihnen an den Tisch, sondern rasiere mich, dusche mich, creme (öle) mich und kleide mich elegant. Dann erst werd ich angemessen sein.
Frage Was für ein Camp war das denn, in dem Sie da gewesen sind?
welches camp? netter Versuch, Herr Gast. Und dann dort das Gästebuch einsehen, wer die Löwin ist?
Und Sie Herr Herbst, seien Sie vorsichtig. Erinnern Sie sich nicht, wie Osamas Aufenthaltsort bekannt wurde? Schon der Hinweis auf die Zeiten der Frühstücksvögel war zuviel.
Frühstücksvögel gibt es auch an anderen Orten, selbst an denen, wo ich war. Allerdings gab es da keine Gästebücher (und keine Löwinnen).
Es kann doch nur. Eine Löwin g e b e n.
( wird da mit Rubensfrauen gedealt ? )
es kann nur eine Löwin geben
http://www.youtube.com/watch?v=gUpsWs2bvtI
Jedem Löwen seine Löwin. So läuft der Hase.
Löwinn e n, Herr Hase. Auf dem der Harem alliteriert: i h r e r.
@der profi. Wer die Löwin ist, also was, wissen Sie fast am besten. Noch besser aber weiß es Wien.
Fressen und gefressen werden? Löwen sind Fleischfresser, Hasen essen Gemüse. Da alliteriert nichts.
Als wenn Sie, Herr Hase, mit nur einer Häsin auskämen. Für mehrere Löwinnen sind Sie natürlich nicht zu gebrauchen, Sie Gemüsefresser.
Also diese Löwinnen sind doch bloss unter Schutz gestellte Flachmodels für masturbierende Sodomistinnen auf Tourismusstrecken, machen Sie sich doch nix vor.
Ich weiss das, geniesse trotzdem den Überblick…. lasse mir das Überschauenkönnen nicht madig machen… auch nicht von solcherlei manierierter Unsitte.
Ganz Wien ist verliebt in seine Löwinnen.
Ganz Wien ist ein Zoo, und von oben betrachtet ist alles flach, selbst die Löwin.
Da könnte was dran sein, Herr Gorillamännchen!
Und GOTT ist der Herr oder die Frau Zoodirektor.
Dass Sie lesen können – ich dachte, Sie denken nur ständig an’s a tergo….nicht an’s Flachlegen….
Wer sät, der soll auch lesen können, sagt der Herr und gab dem Menschen die Wahl. Ob a tergo oder Aug in Aug, die Touristen bleiben draußen, sowieso.
In Afrika. liebes Gorillamädchen, ists andersherum, das Gitter umgittert die Touristen bei ihrer zoologischen Veranstaltung.
Da tropft Ihnen der Neid aus dem Kleid, was?
Wie wahr….“…die Guten in’s Kröpfchen!“
Bevor sich Menschentrauben bilden….sich vielleicht gar etwas e i n bilden, sollte Wien hermetisch abgeriegelt werden!
Wien ist bereits hermetisch, das wissen die meisten nur nicht. Der Zoo ist sowieso im Kopf, da muss keiner für nach Afrika – Wien reicht völlig, und irgendwie rein kommt man immer.
Ein pures, blankes ‚Irgendwie‘ dürfte an dieser Stelle fast schon ausgereicht haben, das Ankommen in Wien bereits hinreichend illustriert zu haben.
Nichtsdestoweniger bestehe ich nachdrücklichst darauf, hiermit darauf hingewiesen zu haben, dass es sich sich bei dem von mir verwendeten Wort ‚Wien‘ n i c h t um eine gleichnamige Stadt in Österreich handelt, sondern um einen geistigen Zustand äusserster Toleranz und Liebe zum Menschen an sich, ganz egal auf welches Fressverhalten gemünzt.
Wien gibt es auch als Stadt? Das wusste ich nicht. Natürlich ist Wien ein Zustand, ganz ohne Frage. Jede andere Annahme wäre alban. Und raus will man natürlich nie wieder, is ja so gemütlich, da drinnen.
Die Wahrheit muss sich ncht maskieren und muss sich auch nicht verkleiden,
ganz ungeschminkt tritt sie heraus und sichert stets sich Bleiberechte
bis ans Ende jeglicher Zeiten! 🙂
Die Maske der Wahrheit klebt an jedem Gesicht, von innen. An der Wahrheit klebt nichts, nicht mal Sternenstaub!
Wien und nochmal Wien Wien ist für mich auch nicht wirklich eine Stadt, ich meide es, dahin zu fahren wann immer ich kann (manchmal lässt es sich nicht umgehen – Steuerberater, Bank etc…). Genau, Wien ist ein Zustand, schön gesagt Mädchen (wohl eher ein Seelenzustand) und ich dümple seit nunmehr fast 30 Jahren da herum. Aber ich hab schon vor langer Zeit eine Lösung gefunden, die eigentlich alle mir Wohlgesonnenen akzeptiert haben und damit kann ich gut leben. Sie kommen zu mir nachhause. Und da ist es wunderbar !
Ich finde Wien toll! Allein die Nähe zum Meer.
Wien liegt in den Alpen! Sie Geographie-As.