Ausgequetschte Enten, sowie von Abus-Schlössern und Pradas Boot auf der Seine: Das Reisejournal am Sonnabend, dem 19. Juni 2010. Paris. Les secrets de Paris (3).

10.11 Uhr:
[La Nonchalante, Küche.]
Milchkaffee, Morgencigarillo. Jaja, der erste. Jenny ist soeben weg, wütend, weil ich ihr erzählt habe, daß die Löwin heute komme. Gestern nacht erreichte mich ihre SMS. „16.50 Uhr, Gare de l’Est. Holst mich ab? ICE, nicht TGV, Shasarad.” Sò. Ich bin bei sowas in aller Regel offen, aber diesmal wartete ich bis zum Morgen, bis eben: „Meine Löwin kommt”, sagte ich. Wir lagen noch. Wir lagen lange, es ist furchtbar spät geworden, mein Kopf dreht sich noch jetzt. „Heute nachmittag”, setzte ich hinzu. Jenny fuhr auf, fuhr wie ein geöltes Leder in ihre Jeans, ganz steif wieder dabei. Ich wollte erklären. „Hol dich der Teufel”, sagte sie, nahm ihre häßliche Umhängetasche, schlug die Tür, war weg. Ist weg. Die Sache wird auch dem Gräfin nicht gefallen. Ich habe, wie gestern, den Vormittag frei, aber ab 15 Uhr bin ich, eigentlich, wieder verpflichtet. Das wäre kein Hemmnis gewesen, an sich, das Motorrad hat schließlich einen Beiwagen. Jenny ist vor allem einmal Fahrerin. Das mit heute nacht ist dem Alkohol zuzuschreiben. Sie müßte das eigentlich wissen. Zumal gar nichts „passiert” ist. Wir haben Ewigkeiten gesprochen, dann sind wir aneinander eingeschlafen, sie den kleinen gegerbten Kopf auf meinem Bauch. Das weiß ich noch, mehr aber eigentlich nicht. Imgrunde will ich das auch gar nicht erzählen, mir dreht sich alles viel zu sehr, um mir nun auch noch diese Verwicklung anzugucken. Aber schreiben will ich, das klärt einen immer. Also ich mach mir jetzt einen zweiten Kaffee, dann erzähle ich von gestern, damit Sie auf dem laufenden bleiben. Kann aber einzwei Stunden dauern, bis mein Journalstext fertig ist. Der Löwin wird das mit Jenny auch nicht gefallen. Außerdem will ich meine Antwort an Dr. No zuendeschreiben, die ich gestern noch vorformuliert hatte, nachdem ich >>>> seinen bisher letzten Kommentar zum Wolpertinger gelesen habe, also das mach ich sogar zuerst, weil ich sowieso erst mal klarkriegen muß, welche meiner Erinnerungen real, welche Traumrest ist. Ich bin mir aber sicher, daß das mit der Enten stimmt. Ich habe heute absolut keine Lust, aus meinem Fenster zu fotografieren.

10.30 Uhr:
Am Boden neben dem Bett liegt ein schrumplig gelbliches Präservativ, das hat mich jetzt d o c h stutzig gemacht. War also doch mehr? Hm.

11.05 Uhr:
Es kann natürlich sein, daß ich mich bei Jenny für dieses Mitleid rächen wollte, das immer in ihrem Blick ist, wenn sie mich ansieht. Daß die Löwin fürs Wochenende herkommt, ist ja nun wirklich nicht überraschend, das war ja fast geplant.

Kara ben Nemsi geht mal eben nach draußen, Gitanes sans filtre kaufen. Eben kam mächtig die Sonne durch.

13.20 Uhr:
Hab mich verflaniert… grad erst zurück, eine Entscheidung gefällt dans la rue. Aber ich schreibe nicht, welche. Das wär sonst wenig sinnvoll. Morgen oder nachher dann, je vous demande la compréhension. Muß mich beeilen. – Nur noch eben Dr. No. Dann schnell weg. Aber die Pfingstrosen, die nehm ich mit: schon bei Leukerts stand für mich eine, schon die hab ich ungern dagelassen.

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