… ins meer, das die kontinente teilt. phasenweise. phasenweise… weil seit gestern eine frage durch meinen schädel geistert, dort einen knoten macht, mich aus der vermeintlichen routine von text lesen rausholt, sich soweit über die hirnhaut bis ins rückenmark frißt, daß ich darüber gestern abend meinen rücken vergaß. in der nacht ein traum, den ich noch nicht einordnen, weil ich mit der antwort nichts anfangen kann: “ich hasse diese simulierten zweitakter….” ich dachte die ganze zeit nicht an einen zweitakter, sondern an einen tritonus-intervall mit möglicher substitution. was so was mit text zu tun hat? eine ganze menge, zumindest dann, wenn zu beginn des textes zwei mal die vierte von sibelius erwähnt wird. schon damals beim ersten lesen blieb ich an dieser stelle hängen, weil ich mir die frage nach dem warum dieser erwähnung stellte, schon damals war mir klar, daß dieser hinweis ein schlüssel ist. man kann tonfolgen stanzen, sie dann aber einem edikt unterwerfen, welches nur aus einem intervall und seiner diffraktion geboren ist, was zur folge hat, daß sich berechenbare strukturen in unvorhergesehene abläufe verwandeln…
das alles beim lesen eines textes?… ja. vielleicht sollte ich meine gedanken einfach mal abstellen, und einfach lesen. is aber nich…. weil ich seitdem den text anders lese. wenn hinter einem tritonus die wurzel aus 2 steht, die ja unendlich ist, ein tritonus aber auch unter der möglichkeit von substitution immer ein tritonus bleibt, schlägt das eine ganz andere schneise… jede wirkung kann wieder zur ursache werden, stellt sich mir die frage: “wann wurde die rückkoppelung das erste mal verstanden?”
die antwort mit dem zweitakter aber, die krieg ich immer noch nicht auf die reihe…
nachtrag 19.04., 04:39 uhr:
kommentarfunktion wieder deaktiviert. ursprünglich hatte ich erwähnt, um welches buch es geht, habe das jetzt wieder rausgenommen. denken kann jeder, was er will und sich meinetwegen auch an seinem eigenen sauerbier verschlucken. die frage, die ich nun mir wieder selbst stelle, ist mir eine wichtige. der autor bat mich nicht darum, dieses buch zu besprechen, er weiß garnicht, daß ich es lese.
nachtrag 19.04, 08:43 Uhr:
Danke ANH! ich selbst hab im augenblick ein nicht so stabiles nervenkostüm, sonst hätte ich die kommentarte stehen lassen, und re:agiert, aber ich mag die art von re:aktion nicht, die dann not:wendig wird, weil sie mich in eine situation zwingt, die absolut nicht i s t. ich war dann doch auch für einen augenblick sehr verunsichert, ob ich meine gedanken an dem richtigen ort geäußert hatte, stimme Ihnen jetzt zu! wo, wenn nicht hier, im eigenen weblog des autors, kann ich diese fragen stellen, denn es geht um Ihre Thetis.Anderswelt. niemals kann man einem dichter direkt fragen stellen, weil man sich beim lesen eines seiner bücher gedanken macht, Ihnen kann man die stellen, und das finde ich gut, und wichtig, und richtig. als ich das in der nacht las, dachte ich… ich hab die kraft nicht einfach nicht mehr, mich ständig zu erwehren. es hat schon seinen grund, warum ich hier die kommentarfunktion deaktiviert lasse. es ist ja auch so, wenn ich selbst kommentiere, daß entweder niemand etwas dazu sagt, mein kommentar dann sozusagen in den kommentarbäumen an letzter stelle steht, es so aussieht, als beende er die diskussion, oder aber ich beziehe verbale prügel, eine reaktion wie vor kurzem von aikmaier ist selten.
ich mach jetzt noch mal deutlich, um was es mir geht:
SCHNITT: Die Münzen eingeworfen, und jetzt erst, da Achilles Borkenbrod das Ticket aus der metallenen Auffangmulde zieht, eine volle dräuhende Welle Musik: Sibelius 4. Sinfonie, 1. Satz, Takte 1-32. Bei Einsatz der Blechbläser Vorspann, leuchtende Schrift quer über die Leinwand:
BUENOS AIRES WILL ICH, HANS DETERS, DICH NENNEN
So könnte das gehen.
Alban Nikolai Herbst, Thetis.Anderswelt, Rowohlt Verlag 1998.
… an dieser textpassage blieb ich hängen. weil ich weiß, daß sibelius damals, an einer art nullpunkt (nullgrund) seines denkens angekommen war. er war von krankheit, von der krebsoperation gezeichnet, dann kam der krieg, von dem man damals zuerst dachte, daß er nur drei monate dauern würde, und der kampf der wiederherstellung der weltlichen ordnung aber eben durch zerstörung. sibelius wollte die zerstörung seiner bisherigen (zu diesem zeitpunkt, auch weltlichen) ordnung, deshalb der tritonus-intervall. kein anderer intervall schreit so nach auflösung wie dieser, und gerade weil ich das weiß, kann ich Ihre Thetis.Anderswelt jetzt anders lesen. viele rezensionen fand ich, niemand stellte die frage nach der erwähnung dieser sinfonie.
Sibelius’ Borkenbrod. niemand stellte die frageDas ist, denke ich, weder böswillig gewesen noch irgend eine Absicht. Vielmehr können die wenigsten Kritiker mit solchen Informationen etwas anfangen, einfach weil sie die musikalische Bildung nicht haben. Auch hier sind die meisten über den Pop geprägt. Indes den Älteren, d i e diese musikalische Bildung haben, mein Ansatz als literarischer aus anderen Gründen fremd ist; sie beschäftigen sich damit gar nicht. Es ist ein fast sozilogisches Problem: diejenigen, denen mein kybernetisches Denken nah ist, ist die – europäische – Musiktradition fremd; denen, denen sie nicht fremd ist, ist das kybernetische Denken fremd – wenn nicht sogar unangenehm.
Nachtrag. Ich habe den ersten “Haupthelden” der Trilogie ganz absichtlich nach dem Spottnamen benannt, den Sibelius’ Vierte schnell zugelegt bekam. Die Film-Projektion der Schrift dazu sollte das Leitmotiv sinnlich aufscheinen lassen. Die ganze Szene ist ja filmisch: Schreiten zum Ticketautomaten, Einwerfen des Geldes, dann Einsatz der Filmszene über der realistischen Grundsituation. Ich führte an der Stelle des Prologs das Verwandlungsgesetz ein, das dann den ganzen Roman bis heute nach ARGO hin bestimmt. Von allem Anfang an lebt das ANDERSWELT-Projekt von den Schnitten, die in immer wieder neuer Form ihrerseits verwandelt werden. Es ist >>>> ein musikalisches Prinzip selber.
Danke ANH! ich freue mich sehr…. zum einen, weil ich weiß, daß das wirklich “die schnittstelle” ist, die ich so lange gesucht habe, von der ich immer wußte, daß sie da sein mußte, und jetzt weiß, daß ich das auch richtig verstanden habe. ich las ja damals beide bücher hintereinander, also die thetis.anderswelt und die buenos aires.anderswelt, nahm diese textpassage zwar wahr, blieb auch daran hängen, stellte mir aber nicht diese frage… suchte trotzdem, dachte immer: “wo ist sie…. die erste schnittstelle.” das musikalische prinzip war für mich von anfang an klar.