Eine der wichtigsten Fragen hat Αναδυομένη an das Romanprojekt gestellt: wie bleibe denn, bei aller Multimedialität, das Eigentliche des Lesens erhalten, das ich hier einmal „Innenschau durch Wörter“ nennen möchte und sich, im Fantasiefeld, vielleicht mit Neurolinguistischem Pogrammieren parallelisieren läßt: Bildreize, die im Inneren eben n i c h t durch tatsächliche Bilder hervorgerufen werden, sondern jedes Bild ist an sich metaphorisch, und d o c h bekommt man den Eindruck von Bildern, Bildern sogar als Handlung. Werde nicht das Aufgebot an weniger vermittelten Reizen den feinen Reiz des Lesens und seine Wirkung völlig verschütten?
Das ist tatsächlich eine Frage, vielleicht sogar die Frage. Es wird in dem Projekt darauf ankommen, einen Modus zu finden, der die medialen Formen miteinander gleichberechtigt austariert, etwa indem sich ein verwendetes Bild oder ein verwendeter Film nur über den vor- und nachgängigen Text erschließt, wobei dann wieder darauf zu achten ist, daß nicht bloß illustriert wird, was ja eine pure Verdoppelung wäre und sich zumal zugunsten des Bildes niederschlüge – wie bei jedem Kind zu erkennen, das sein Buch nach den Illustrationen durchblättert. Der Leser im Netz i s t ja noch, gewissermaßen, Kind, allein, weil das Medium so jung ist und sich noch keine allgemeine Haltung zu ihm entwickeln konnte. Vielleicht wäre es mit dem Erlebnis von graphischen/computersimulierten Abbildungen zu parallelisieren, die sich aufgrund von Gleichungen ergeben; ohne diese wüßten wir nicht mal begrifflich, was wir da sehen. Ich komme auf mein Lektüreerlebnis aus Scientific American zurück, wo ins Dreidimensionale herunterprojezierte fünf/sechs-dimensionale „Körper“ zweidimensional zu sehen gewesen waren. Seit damals beschäftigt mich das, in Abständen, ununterbrochen weiter: nicht zu wissen, was ein ganz konkretes Bild eigentlich i s t. Die Erscheinung war zu sehen, aber nicht zu erfassen, was sie bedeutet, es sei denn, man begriff die mathematischen Gleichungen. Aber auch für die ist Begreifen gar kein Wort mehr; sie lassen sich nachvollziehen, Schritt für Schritt, mehr nicht; sie zu begreifen, w ä r e >>>> Erleuchtung, mithin etwas Religiöses.
Kybernetischer Realismus.]
Bild und Text Der Einwand ist sehr tief: Die Gattung „Roman“ funktionniert bisher mit der Fantasie des Lesers. Die braucht unbedingt der Autor. Flaubert empörte sich gegen die Illustration von Madame Bovary, wo man eine schöne Frau auf dem Cover sah. „Warum haben sie da bebildert, was ich mich abtöte, nicht zu zeigen!“ (ce que je me tue à ne pas montrer). Kafka riet dem Verleger der „Verwandlung“ dringendst, kein Ungeziefer auf dem Cover zu zeichnen.
Das haben wir ebenfalls mit der Adpation von Romanen im Film, wo die Protagonisten (Schauspieler) uns unsere inneren Bilder, die wir bei der Lektüre geformt hatten, zerstören. Daher sehr oft jene Enttäuschung bei der Adaption. Godard sagte einmal: „Nur aus schlechten Romanen kann man schöne Filme machen“ !
ANHs Antwort ist aber von grosser Bedeutung und ich erwarte mit Neugier, was daraus entstehen wird.
@Prunier. Man wird die Bilder zugleich zeigen und auflösen müssen.
@ ANH, zu Prunier d a s scheint mir eine allzu knappe antwort auf eine komplizierte frage zu sein. wie zeigen? wie auflösen? oder auch: wie die ’normale‘ unmittelbare aufnahme eines bildes so verändern, daß gemeinsam mit der mittelbaren aufnahme des im text geborgenen etwas, ja was?, Neues entsteht?
@Aikmaier. Ungefähr so, ja. Ich weiß es noch nicht. Vieles in und an der Arbeit ergibt sich immer erst b e i der Arbeit, also wenn ich im Prozeß selbst drinbin. Deshalb wird es so wichtig sein, daß ich die wesentlichen Programmierdaten selbst vornehmen kann und nicht jemanden Drittes das tun lassen muß.
Es ist einiges aber im vorhinein denkbar: zum Beispiel daß ein Text a l s Text durchläuft und unmittelbar, auf der Handlungs- bzw. metaphorischen Ebene in ein Bild übergeht, aus dem sich dann der Text wieder fortsetzt, wobei das Bild keine Illustration, sondern etwas ist, das den vorhergehenden Text weitererzählt und seinerseits von dem nachkommenden Text weitererzählt wird. Ich weiß, das klingt sehr theoretisch. Es wird sich aus dem Probieren entwickeln. Man könnte auch Textteile ü b e r einem Bild laufen lassen, das nur ganz ungefähr, fast gar nicht, erkennbar ist, aber dem Text über etwas, das ich jetzt mal ungeschützt „Ahnung“ nenne, einen zusätzlichen „Geschmackshof“ verleiht. Ich muß jetzt einfach erst mal schauen, wo, in welchem Umfeld, ich meine Ideen zu realisieren versuchen kann, wer das vielleicht sogar finanziert. Ich hatte gerade ein Telefonat mit einem sehr großen Verlag darüber; man wird sehen. Es sind bei alledem im Vorfeld ganz sicher auch Rechte-Fragen wenn nicht schon zu klären, so doch ins Auge zu nehmen.
bildmacht – am beispiel einer kopfbedeckung er trug/
einen mit/
hundert wassern gewaschenen/
hut
@gemikse. Das ist wirklich einmal schön und dürfte >>>> montgelas ein bißchen schmeicheln. Ich gönn ihm das Gefühl.