32 thoughts on “Meere, letzte Fassung. Dielmann Verlag 2008.

  1. wegen Turmsegler und Meere – Intimsphäre von Figuren Es gibt einen Gedanken beim TURMSEGLER,den ich mehr als nur diskussionswürdig finde. Er hat fast metaphysisches Ausmass, so beeindruckend ist er. Ich möchte das aber gerne hier im Dschungel und nicht dort zur Diskussion stellen. Der Turmsegler >SCHREIBT: „Wenn man einen Menschen oder eine literarische Figur (ich mache da keinen Unterschied) seiner Intimsphäre beraubt, wie es hier geschieht, möchte ich das künstlerisch legitimiert wissen.“ Ich frage mich, wie man eine literarische Figur, die ja nicht ist, einer Intimität berauben kann, die auch nicht ist. Ist das dann vielleicht die Intimität des Lesers, der sich mit einer Figur identifiziert hat? Oder ist es eine ‚wirkliche‘ Intimitätsverletzung? Was wäre denn überhaupt eine Legitimierung einer solchen Verletzung? In dem Roman ist die Schilderung, wie ich das lese, der Intimitäten ja nötiger Ausdruck für die sinnliche Besessenheit des Paars.

  2. Meere und Culturglobe Das fand ich eben, lieber Herbst: http://cultureglobe.de//content/view/89/1/

    Und meinen Sie nicht, Sie sollten bei soviel Wider- und Zuspruch einmal eine -> TWODAY-UMFRAGE starten? Wobei Sie ganz unbedingt die Forderung stellen sollten, daß nur Geschmacksurteile abgegeben werden, die auf keinen Fall zu begründen sind.

    Ich denke mir das so:
    Frage: Wie finden Sie den Roman „Meere“ von Alban Nikolai Herbst?
    Mögliche Antworten (Begründung ausgeschlossen):
    1) Absolut scheiße.
    2) Scheiße.
    3) Schlecht.
    4) Langweilig.
    5) Geht so.
    6) Enthaltung.

    Anderslautende Stellungnahmen werden ebenfalls ausgeschlossen, bzw. nicht mitgezählt. Das Ergebnis wird dann im Anti-Herbst veröffentlicht.

    1. deters, o.k., o.k., aber bitte nicht in den ANTI-HERBST.
      der ist vorbehalten für die wirklich bösen.

      3. fassung: schutzraum

      hier unten in der finstren mördergrube/
      höhnen die bösen mit herzlos schlechtem schmutz/
      dort oben in der frommen kinderstube/
      herrschen noch sitte un.zucht in des zaunes schutz

      meere? sind an mir vorbeig.rauscht. aber darum
      geht’s hier auch gar nicht. hier versucht deters
      seine (auch sprachlich umstrittene) befragung
      im ANTI-HERBST unterzubringen. dagegen
      mein st.ill.er protest.

    2. @ ANH Wieso lassen Sie diesen Dreck stehen und löschen den Deters und den e.miks gleich mit? Von dem wissen wir doch sowieso alle, dass er einfach nur krank ist. Mir tut das richtig weh, wenn Sie Ihr tolles hinreissendes Buch immer so mit Schlamm bewerfen lassen. Aussersdem habe ich einfach keine Lust mehr, mich immer durch diesen Dreck zu lesen. Bitte, Herr Herbst!

    3. @Deters

      Lieber Deters, die Tatsache, dass „meere“ in meinen Regalen neben Nabokov und Aragon stehen und dort für leises Rauschen sorgen, wird mich, nach Ihrer Klassifikation, zu den Nichtzählbaren, den Ausgeschlossenen machen. Ein Platz, besser Nicht-Ort, der zu mir passt, meine ich. Apropos Ort: Wo treiben sie sich denn zur Zeit herum? Ich habe sie gestern bei den Verlegergesprächen in Frankfurt vermisst. Dielmann stellte seinen Verlag vor. Er eröffnete seine Einlassungen, indem er den „blauen Ziegel“ Wolpertinger hochkant auf den Tisch stellte. „meere“ lagen auch aus. Die Veranstaltung war gut besucht, vorher war ich noch in dem völlig überteuerten Restaurant des Literaturhauses und sah dort Paul sitzen, nicht allein, Die „Katze“ aus dem Mousonturm saß neben ihm und nippte an einer Apelsaftschorle. In Dielmanns Veranstaltung kam er dann ohne Begleitung, und statt einer Begrüßung murmelte er mir empört ins Ohr, dass ihm ein Glas Chianti, Wasser und eine Apfelsaftschorle Euro 14.20 gekostet hätten.
      Apropos Preis: “ meere“ hätte einen verdient. Ich komme ins plaudern…

    4. @ P. und an e.miks – und ein zweiter Fund Sie verstehen „Deters“ nicht, P. Aber das erschließt sich erst, wenn man Romane von ANH kennt. So als Tip.

      @Emiks:
      Ganz einfach mal die Frage, ob Sie Meere eigentlich gelesen haben? Ich meine das ernsthaft und einfach nur freundlich. Vielleicht würde danach eine Verständigung möglich, die mit persönlichen Sachen nichts mehr zu tun hat, und trotzdem kritisch sein kann. Soweit ich den Dschungel übersehe, ist ANH bisher immer auf Kritik eingegangen und hat geantwortet. Wie er das rein vom Aufwand her schafft, ist mir übrigens schleierhaft.

      @ANH
      Ich habe auch etwas gefunden. War wohl wirklich -> EIN ERFOLG.

    5. @e.miks. Natürlich geht es darum! So ein quatsch. Absichtlich an der falschen stelle zu antworten ist dann noch richtig mies.

      Du beziehst dich auf —-> die frage von peregrinus, ob du überhaupt gelesen hast, worüber du giftest. Klar, hast du nicht. Wundert auch keinen. Aber merkst du nicht selbst, wie lächerlich du dich bei sowas machst? Mal so als frau: von einem wie dir möcht ich nicht mal im notfall angefaßt werden.

    6. 🙂 was wäre denn ein Notfall? Vielleicht haben Sie mal
      überlegt dass es Männer gibt die Sie selbst im
      Notfall nicht anfassen würden, man will doch
      nicht alles anfassen

    7. Momentan bin ich versucht. Diesen g a n z e n Kommentarstrang in den Orkus des >>>> Anti-Herbsts zu verschieben. Andererseits weiß ich genau, daß Leser, wie auch immer die Diskussion ausfällt, MEERE kaufen werden, sollten sie dem Buch nach einer solchen Diskussion zufällig in einer Buchhandlung begegnen. Da es nicht teuer ist, reicht dafür allein, d a ß so drum gestritten wird. Ich wäre also schlecht beraten…

      … – so weit allerdings, Deters, gehe ich nicht, auch >>>> dieser Ihrer Ideen zu folgen. Ich weiß zudem, daß man liest, was man lesen w i l l; einmal mit Vor- und Urteil aufgeladen, liest man immer nur dieses und wird drin bestärkt so oder so: da kann ein Buch sein, wie es will. (Auf diese Weise erklärt sich manch großer Erfolg.)

    8. Meere ist ein gutes Buch Ich lese auch freiwillig. Öfter jedoch geschäftlich, wenn man so sagen will. Ich würde sagen, oft geradezu gezwungener Maßen. Denn ich muss mich zwingen bei vielen Büchern, sie durchzulesen. Da ist es oft ein Graus, sich durch Seiten zu quälen auf denen sich nichtsnutzige Sätze zu sinnlosen Geschichten zusammenrotten.

      Ich lese mehr Bücher, als ich rezensiere. Viel mehr Bücher! Denn viele sind nicht rezensionsfähig. Obwohl ich nicht der Meinung bin, dass Verrisse abträglich seien, nein, ganz im Gegenteil, ich halte sie für notwendig. Auch für die Autoren. Allerdings muss ein Buch dazu wenigstens verrissfähig sein. Ein Nichts kann man nicht verreissen.

      Wie dankbar ich also bin, wenn ich Bücher lese, deren Sprachkraft und Komposition wunderbare Welten öffnen, mich einnehmen, in mich dringen, wenn sie also gut sind.

      Meere ist ein Buch voll Sprachgewalt, voll Kompositionsstärke. Es ist eines, welches für mich in den Kanon der großen deutschen Literatur gehört.

    9. hm. es ist gut, wenn sie das so sehen. ich muss sagen, aber ich bin noch dabei, und es liegt vielleicht an der erzählperspektive, die mir noch nicht klar ist, dass es in mich nicht so wirklich eindringt. nun ist das beschwörend eindringende in der regel ja auch eher kitsch, wenn es erzählt wird, so dass ich annehme, dass die distanz gewollt ist und auch, dass der erzähler in allem ein urteil über das, was vorgefallen ist, oder vielleicht eher eine meinung, hat, und weiß, für was er es ansehen muss. manchmal denke ich bei aller sprachgewalt der beschreibung dann, don t tell, show! und werde etwas zappelig beim lesen. aber das ist alles noch sehr vage. ich muss da erst mal durch, und mich und mein verständnis dann genauer befragen.

    10. @stabigabi Seltsam, ich habe dein problem nicht gehabt sondern in einem rutsch durchlesen müssen. aber du bist noch dabei, nur dass mich der sog gleich sofort gehabt hat. Ich lege sowas sonst immer gleich weg oder vergesse es einfach. Dieses don’t tell show ist aber auch nicht meins. Ich mag das gern, wenn auch ohne handlung gedanken erzählt werden oder meinungen. hier ists ja eher eine haltung, die ich eigentlich überhaupt nicht teile, aber ich hab dauernd was kapiert. und dringlicher beschreiben, als das da in den liebesszenen, kann man doch eigentlich nicht, mir ging das manchmal fast sogar über die grenze, fing sich aber immer wieder in was poetischem und traurigem. Eigentlich habe ich das buch als ein buch über die trauer gelesen. Am meisten hat mich bei dem buch dieses eng gewobene berührt. Und die höllenpaläste sind einfach grossartig. aber der eigentliche höllenpalast ist für mich das kapitel mit der geburt im krankenhaus. aber ich will lieber nichts verraten

    11. @Sabine. Wäre es wohl möglich, beim Sie zu bleiben? Ich kann Sie nicht zwingen und würde das auch nicht tun wollen, aber ich bitten mag ich Sie darum. Die durch das Sie ausgedrückte Distanz ist für die Aura Der Dschungel unentbehrlich; sie macht einen Teil ihres Characters aus. Ausgenommen sind die wenigen persönlichen Freunde, die hier bisweilen schreiben, da geht ein „du“ hin; selten genug kommt das vor, und sogar Fremde merken da immer schnell den Hintergrund. Aber schon, wenn sie zum Beispiel Avatare auftreten und mit in die Diskussionen eingreifen lasen, ist das Sie geboten, selbst gegenüber von Freunden, die um den Avatar wissen.

    12. @stabigabi. „ich muss da erst mal durch“ – das ist k e i n guter Anfang für ein Buch; Sie sollten es dann beiseitelegen, meine ich. Wenn der Roman nicht von Anfang an mitreißt, tut er es auch später nicht mehr. Wobei es mich wundert, daß Sie während der Lektüre Distanz in dem Buch erleben; bislang ist mir eher das Gegenteil und dann immer auch: vorgeworfen worden. Ich habe es tatsächlich auch nicht mit Distanz geschrieben, die erst nötig wurde, als die Form zusammenzubinden war; im übrigen lebt es – für mich – aus dem Fluß.
      Was das storytelling, so interessiert es mich eigentlich nicht (mehr). Ich habe ja genügend Bücher geschrieben, die dem nachgekommen sind. Bei MEERE geht es um etwas anderes: nämlich Geschehen und Gedanke ganz nah ineinanderzuführen. Ich w i l l gerade und wollte es in MEERE wie nie zuvor: F r a g e n stellen, und zwar nicht indirekt, sondern direkt und meist immer aus einer Handlung (besser eben: aus einem Geschehen) heraus. Die Poesie, die für mich dabei entsteht, hat mit Handlung/Story absolut nichts mehr zu tun, sondern ist eine Art Musik aus dem Fließen des rhythmisierten Textes, aus der fugenartigen Klangarchitektur und den Wortfarben. Daß es sich auf diese nicht beschränken soll, ist klar, aber story überlasse ich dem Film („Geschehen“, wie gesagt, ist für mich etwas anderes).

      Ich glaube im Ernst, daß meine Bücher niemandem etwas geben können, der nicht diese Bewegungen mitmachen will. (Wer sie mitmachen will., findet meist schnell den Zugang: indem er laut liest, nicht leise… dann gerät er automatisch in den Fluß. Auffällig ist das für mich immer dann, wenn ich meine Texte vortrage; dabei entzieht sich kaum jemand, und hinterher lesen fast alle die Texte völlig anders, dann auch leise, für sich. Es gibt selbstverständlich auch Leute, die meine Lesungen türenschlagend verlassen – weil sie z.B. kein solches Überwältigtwerden w o l l e n. Für mich läuft das dann unter „Abwehr“..)

    13. Das ist doch bürgerliche Scheisse! Gabi, lass dich bloss nicht auf diesen Müll ein! Wieder mal so eine affige Selbstüberhöhung dieses „Dichters“. Das du im Netz ist ein Ausdruck der Demokratisierung, dass die Leute hier eben gleich sind und sich auch so benehmen. Alles was Herbst dagegen macht ist absolut reaktionär, wie auch seine sonstigen Bemerkungen zur Demokratie von haarsträubender Arroganz sind. Hoffentlich lässt sich keiner sonst darauf ein. „Herr“ Herbst, du wirst den Fortschritt nicht zurückdrehen. Ausserdem empfehle ich allen, DAS DA zu lesen. Deutlicher kann man nicht sagen, was von diesem Blog zu halten ist: wo scheinbar obergescheite menschen schreiben, die sich wichtig nehmen. Nichts als Geschepper reaktionärer Pötte.

    14. der fluss ist schon da, die sätze, die immer wieder anspülen, keine frage, und es gibt ja doch eine story. und, ja, das ineinanderschneiden von schlägerei, geburt und einer hochschwangeren vereinigung, ist ein fulminanter showdown. desöfteren musste ich auch an filme denken, gegen die wand zb, und, ich hab vergessen, welcher film es war, aber ein einsamer jeremy irons, irgendwo im süden, nach einer verhängnisvollen affäre.
      die grammatik drängt. die wortwahl stockt, das erzeugt flirrende spannung.
      mein größtes problem ist wahrscheinlich die ausgestellt gespaltene erzählerperspektive, die immer wieder irene anspricht, und im zusammenfassen und passieren lassen der ereignisse, eine quasi auktoriale instanz bildet, obschon ihr ja die liebe entglitten ist. mir scheint, der erzähler hat keine fragen mehr, er hat sich die antworten selbst gegeben. das ist vielleicht mein ganzes problem mit meere.
      stark finde ich fichtes rückblenden auf das kind kalkreuth. weniger stark finde ich die konsequenz, daraus fichte ableiten zu müssen. und, wo sie zeigen, nicht fichte schlussfolgern lassen, blitzt für mich die dringlichkeit in den details viel deutlicher hervor. seite 154f gibt es eine sehr schöne plastische szene. irene kommt nach polen. fichte hat seinen ersten höllenpalast entdeckt, ist euphorisch, will ihn ihr zeigen, will sie teilhaben lassen an seinem leben. irene ist müde. der zug hatte verspätung. er schleppt sie mit all dem gepäck und in ihren hohen schuhen durch den schneematsch zum bunker. sie kann die euphorie nicht teilen.
      manchmal erstaunen mich einige überpersönlichen parallelen, aber das ist so sehr zufall, wie es eben literatur ist. natürlich staune ich. ja, ihnen gebührt ganz sicher ein platz, kein unbedeutender. aber sie ringen und ringen im aufzählen ihrer taten, ich schaue zu und denke, aber ich sehe es doch, und alle, die hier mitlesen. sie schaffen ohne unterlass, es gehört zu ihrem selbstverständnis. aber, dass sie sich dessen immerzu versichern müssen, ist das ein betriebsding? ich verstehe das nicht so ganz, aber darum geht es nicht. und dann denke ich über ihre generation nach und warum mir nun schon wieder entgegenspült, dass wir allein seien, allein in unseren träumen, auf dieser welt. und wieder sehr programmatisch, bei ihnen am ende des romans, bei jemand anderem ganz zu anfang. sind wir je von etwas anderem ausgegangen? und, wenn, gäbe es davon nicht noch etwas anderes anders zu erzählen?

      den umschlag finde ich leider etwas flau gedruckt. type und papier sind sehr schön. haben sie nach dem volltext-abdruck nochmal nachlektoriert? oder ist der text im buch identisch mit volltext?

      und, ich weiß nicht, aber, raten sie mir doch nicht gleich in gänze ab, wenn ich es nicht so halte, wie es andere mit dem buch halten. muss das denn verkehrt sein?

      ich muss nun mal an die luft und denke noch etwas in meere.

    15. @stabigabi5. Ich komme eben (verschlafen) vom Mittagsschlaf an den Schreibtisch und sehe Ihren Text. Lese ihn. Und denke: Das ist eine g u t e Kritik. Angemessen und, nämlich, am Buch.

      Auf ein paar Einwände geantwortet, und dies nicht notwendigerweise, um sie widerlegen zu wollen, schon weil einige mit Haltung zu tun haben und mit einem Verständnis darüber, was Literatur sei. So etwas kann – und sollte wahrscheinlich – sich unterscheiden:

      • eine quasi auktoriale instanz: Das ist mein Erzählansatz seit sehr langem. Die Frage, die ich mir vor etwa fünfundzwanzig Jahren stellte, war, wie ich erzählerisch die Vorteile einer Ich-Perspektive mit denen des auktorialen Erzählers verbinden könne. Dabei spielte Spaltung eine ganz wesentliche Rolle, weil ich an ‚den‘ auktorialen Erzähler nicht mehr glaubte und zum anderen auch ganz persönlich das Problem hatte, mein eigenes Ich, biografisch, nicht als ein auktoriales, abgeschlossenes empfinden zu können. Ich habe es mir von Anfang an konstruieren müssen. Davon ist dieser Ansatz, a u c h, ein Reflex.
      • der erzähler hat keine fragen mehr, er hat sich die antworten selbst gegeben: Das ist Sinn dieser Unternehmung: er hat bedacht und bedenkt. Warum sollte er die Ergebnisse verschweigen? Wobei es selbstverständlich Sache des Lesers ist, ob Fichtes Erkenntnisse als falsch, richtig oder aber teilrichtig gesehen und erlebt werden. Diese Frage müssen die Leser für sich und eben in Bezug auf ihr eigenes Leben beantworten.
      • weniger stark finde ich die konsequenz, daraus fichte ableiten zu müssen: Das ist die Vorgabe: Fichte h a t Fichte daraus abgeleitet, und zwar ebenso notwendig, wie andere – aufgrund ihrer eigenen Notwendigkeiten – Fichte nicht daraus abgeleitet hätten. Die Ableitung Fichtes ist das Modell, mit dem der Roman operiert. Es sind selbstverständlich andere Modelle denkbar, hier treibt aber dieses.
      • aber sie ringen und ringen im aufzählen ihrer taten: Nein, da ringe ich nicht, das zähle ich nur auf, weil es zu einem Autorenjournal, wie Die Dschungel eben auch sind, gehört. So, wie ich seit >>>> DIE VERWIRRUNG DES GEMÜTS den Arbeitsprozeß in den Romanen immer, während sie entstanden, miterzählt habe (fast immer, es gibt Ausnahmen), so drehe ich das Verfahren in Der Dschungel um und mache den Arbeitsprozeß überhaupt zum Ausgang eines Unternehmens. Nebenbei lagern sich da Fragen an: Was ist privat? Was i s t das, das Private? Usw.
      • aber, dass sie sich dessen immerzu versichern müssen, ist das ein betriebsding? Nein, gar nicht. Oder eher weniger. Was ich in Der Dschungel angefangen habe und seit jetzt fast fünf Jahren durchziehe, ist meiner Positionierung im Betrieb durchaus hinderlich. Ich bekomme bisweilen die Information, einige Verlage faßten mich nunmehr schon deshalb nicht mehr an, weil die Mitarbeiter Sorge hätten, daß auch sie in Der Dschungel erwähnt würden – eine Sorge, die begründet ist. Andererseits hat mich Die Dschungel aber überhaupt erst – oder wieder – so positioniert, daß auch der Betrieb letztlich nicht mehr um mich herumkommt. Das wußte ich, als ich hiermit anfing. Ein Satz wie der Ihre – „ihnen gebührt ganz sicher ein platz, kein unbedeutender“ – wäre ohne Die Dschungel nicht geschrieben worden, nicht zu meinen Lebzeiten. So sah die Situation, als ich Die Dschungel begann, schlichtweg aus. Daß ich mir darüber klarbin und das auch öffentlich sage, gehört zum Konzept dieses Ansatzes. Er geht aber eben auch verschliffen in meinen direkt-poetologischen Ansatz über, bzw. werden einige seiner Nuancen wieder hieraus gewonnen.
      • und warum mir nun schon wieder entgegenspült, dass wir allein seien, allein in unseren träumen, auf dieser welt: Das wird Ihnen und mir selbst immer wieder entgegengespült kommen, ob es in Literatur, ob es in der Musik sei. Denken Sie nur an die Winterreise oder, was Ihnen wahrscheinlich, persönlich, näher liegt, an >>>> Michael Mantlers Beckett-Vertonungen (mit einem ungeheuer starken Jack Bruce); ich habe dieser Musik in meinem >>>> New York Buch eine Hommage geschrieben. Allerdings ist, daß man letztlich allein sei, meine Erfahrung vor allem aus Kindertagen.
      • sind wir je von etwas anderem ausgegangen? Ich ja, ich bin von etwas anderem ausgegangen. Anders als bei Fichte haben meine Freunde dabei eine entscheidende Rolle gespielt, daß ich mich eben anders verhalte, als sich Fichte verhalten hat. Für mich persönlich wäre ein Rückzug, wie Fichte ihn auf Sizilien betreibt und, so oder so, idealisiert, völlig undenkbar. Anders als er, zum Beispiel, würde ich n i e m a l s mein Kind zurückgelassen haben. Anders als er bin ich auch meine Probleme anders angegangen, nämlich in gewissem Maß wieder einmal aggressiv, und habe eine Psychoanalyse durchlebt.
      • und, wenn, gäbe es davon nicht noch etwas anderes anders zu erzählen? Zweifelsfrei. Aber mein Werk ist mit MEERE nicht abgeschlossen, und unabhängig hiervon w u r d e ja auch schon anderes erzählt. Die >>>> ANDERSWELT-Bücher, vor allem aber der >>>> WOLPERTINGER, gehen gänzlich verschiedene Wege.
      • haben sie nach dem volltext-abdruck nochmal nachlektoriert? Ja. Einzelne Passagen wurden n o c h einmal verändert, aber es sind wenige. Ich habe aber eine Tendenz, ständig zu verändern, umzuschreiben usw., wenn ein Buch neu aufgelegt wird. Für Verlage ist das unter Umständen ein beträchtlicher Kostenfaktor. Am nachdrücklichsten habe ich das wohl mit dem >>>> DOLFINGER-Roman so getan.
      • muss das denn verkehrt sein? Überhaupt nicht, wie sich hier zeigt. Meine Bemerkung war ein Reflex, der mich jetzt, ich muß grinsen, an Eddie Constantine in >>>> Godards Alphaville erinnert: erst schießen, dann fragen.
    16. ich hab etwas geschummelt, ich gehe auch nicht davon aus, man schaut nur in diesen alleinigkeitsabgrund und kriegt es mit der angst zu tun. ich zumindest.
      man bemüht dann gern den tod, ja, aber, denke ich dann, wenn icht tot bin, bin ich tot, dann bin ich nicht allein, dann bin ich tot. das ist vermutlich doch ein völlig anderer zustand, jenseits von allein oder nicht allein. und vorher möchte ich es einfach nicht sein, wiewohl ich oft für mich bin, aber ich fühle mich nur sehr selten allein.
      ja, kunst forciert die idee eines alleinvereins, wie jandl es mal genannt hat, literaten forcieren ihn, öfter und anders als literatinnen, denke ich manchmal, aber ich kann mich auch täuschen, nein, wenn ich es recht bedenke, plath, woolf, nein, ich muss mich täuschen. vielleicht ist es nur etwas weniger heroisch, vielleicht ist es aber auch die bürgerliche mechanik, die tendenziell noch geschlechterdifferenzen dabei macht.

      ihr arbeitsjournal meine ich auch gar nicht mit der selbstversicherung. das gefällt mir hier mit am besten, weil es eben mehr und noch anderes als die schreibarbeit enthält. es sind manchmal hinweise wie, das wäre dann mein fünftes buch in diesem jahr, wo ich denke, ihre produktivität wird ihnen niemand absprechen können, wem sagen sie das also? immer produzieren müssen, ist ja erst mal weder gut noch schlecht, sondern zunächst nichts als eine weitere mechanik und auch abbild einer produktiven gesellschaft. mayröcker hat ohne unterlass produziert. ich selbst stelle es mir nicht unbedingt als einen segen vor, ich mag ja auch die, die eigentlich sehr wenig oder verstecktes tun hinterlassen haben, wie duchamp zb.

      gerade eben als die sonne alles überhäusige rosa färbte, hörte ich gänse ziehen, riss das fenster auf, tatsächlich, vielleicht 50 stück im weiten v über moabit. der winter kommt. ja, eine reise. wieder eine reise. ziehen. bald wieder weiter ziehen, um nicht allein zu sein.

    17. @stabigabi5 (ff). Wunderschön, das Bild mit den Gänsen, das mir sofort Nils Holgersson – einen seltsam mythischen, erwachsenen – ins Herz gibt. Das ist ja dann auch schon Jandls Alleinverein (man ist es nicht, allein, weil einen die Figuren umgeben, die für einen Personen sind; und mich umgeben dazu, das ist enorm wichtig, die Kinder; in seinem Alleinverein kann sich Fichte ausschließlich deshalb verbunkern, weil er ihn auf Sizilien idealisiert; aber er hat dabei so wenig Angst wie ich sie selber habe).

      vielleicht ist es nur etwas weniger heroisch: Daran kann etwas sein. Ich möchte aus dem Heroischen nur gern die Wertung nehmen und sie durch einen anderen Charakter der Wahrnehmung ersetzen.

      es sind manchmal hinweise wie, das wäre dann mein fünftes buch in diesem jahr, wo ich denke, ihre produktivität wird ihnen niemand absprechen können, wem sagen sie das also? Das kann ich einfach beantworten, auch wenn Ihnen meine Antwort paradox vorkommen sollte: Ich sage es mir selbst. Die Dschungel sind auch ein poetisches Spaltungsprodukt; wer hier spricht, ist so abgespalten von mir (von dem ich nie wußte und immer noch nicht recht weiß, was „er selber“ ist), daß das Dschungel-er „mir“ sehr wohl zur Selbstvergewisserung dient. „Er“ macht mir, um es einfach zu sagen, Mut mit solchen Äußerungen. „Er“ sagt mir: Es lohnt sich weiterzuarbeiten. Ebenso hält er mich zur Arbeit a n; die Veröffentlichung etwa von Arbeitsvorhaben hat deutlich disziplinierende Natur. Ich würde mich blamieren, setzte ich angekündigte Vorhaben nicht um. Ist dennoch eines mal nichts geworden, dann muß ich die Lücke ganz unbedingt füllen. Daß das etwas Zwanghaftes hat, will ich gar nicht in Abrede stellen. Doch es funktioniert.

    18. ich wollte doch vom jazz schreiben. zwei abende festspiele, und heute jede menge blech, was an landgren liegt, und seiner idee von funk unit und party. daneben hat er es aber doch auch geschafft, ein verjüngtes stenson trio, neben einem orgelhaften galliano, wie einer ungefällig starken nyberg zu bringen. wenngleich stenson eingerahmt in blech, ungefähr so wirkt wie kammermusik in der waschstraße. kontrastprogramm ist ja keine wirklich gute programmgestaltung. morgen dann hancock, den ich aber bereits mit den sehr guten joni letters in ** sah, draußen und umsonst. berliner sponsoren, also bitte!!
      was ich nur sagen wollte, es war wieder ein drummer, bei nyberg und stenson, john fält. herzmassage an den batteries, das muss man erst mal zum klingen bringen.
      x meinte, wie aller nachwuchs, macht er zu viel, da ist ein bisschen was dran, aber stensons trio war dermaßen aufeinander bezogen, dass einem ein zu viel gar nicht so leicht in den sinn kam.

      eigentlich wollte ich ja mit y hin, aber es war ja klar, es bleibt die geschichte einer hingehaltenen enttäuschung, so muss man es sehen. wenngleich das auch wieder ungerecht ist, y kam ja am dienstag. ach, trotzdem. aber es gibt ja nichts zu grollen, ich kann ja alles verstehen, (kannste mal sehen). nur, ach, trotzdem, das macht man nicht, weil es mich zur weißglut bringt, dieses ja, was sich dann zu einem vielleicht in ein geht doch nicht verwandelt, obwohl ja doch wohl von anfang an klar gewesen sein muss, dass es nicht geht. dies nicht und das nicht. jaja. ist doch ganz einfach, denke ich mir, ist doch im prinzip ganz einfach. ach, was reg ich mich eigentlich auf, ich ziehe ja eh weiter. so auf jeden fall. so immer wieder. so sowieso.
      es war ein schöner abend. ich bin sehr müde. ich muss früh raus und ich muss die geräte noch laden. ein ander mal mehr. danke.

    19. @stabigabi5. Vorschlag. (Gehört eigentlich nicht hierher, wiederum doch, wenn man die Ästhetik Der Dschungel verfolgt, Konkordanzen liefert uns die Suchfunktion freihaus…):

      Wenn ich Ihren letzten Text lese, juckt’s mich in den Fingern, Sie als Beiträgerin freizuschalten; für die >>>> „Konzerte“-Rubrik, aber auch wegen der schönen aufseufzenden Formulierungen, eigentlich kleinen Atmern, für das Tagebuch. Mit einem anderen oder demselben Anonym, das wäre rein Ihnen überlassen. Immerhin müßten Sie dann keine Stoßrufe an Sponsoren mehr richten. Dann aber bäte ich Sie, Bemerkungen wie die zu den joni letters mit einem Link zu versehen.

      Melden Sie sich ggbf. über >>>> das fiktionaere Kontaktformular. Unsere Auseinandersetzungen, dies nur nebenbei, blieben von alledem selbstverständlich unberührt.

      Ach so, am 4. Dezember spielt Carla Bley, die für mich nach wie vor eine der g a n z Großen ist, in der Berliner Passionskirche. Wenn Sie für Die Dschungel drüber schreiben möchten, stehe ich zurück und würde versuchen, für Sie eine Pressekarte zu bekommen. Ich würde aber wohl dennoch hingehen. Da ich nicht weiß, wie Sie aussehen, bliebe das für Sie weiterhin anonym.

    20. ‚i m selfish and i m sad‘ my favorite mitchell-hancock: http://de.youtube.com/watch?v=m3yYtciRkGs

      http://www.amazon.de/River-Joni-Letters-Herbie-Hancock/dp/B000UVLK1M

      ich würde sehr gerne die frau bley sehen, aber ich bin dann bereits wieder dort:
      http://de.wikipedia.org/wiki/São_Paulo kein geheimnis mehr, oder?
      ich kann von dort aus schreiben, den jazzclubs und konzerten, aber jazzsaison ist auch dort erst gerade gewesen. ich muss schauen, was noch kommt. die telefonica sponsort einmal im jahr ein großes musikevent. wenn ich den laden auch sonst verfluche, die flat ist ein disaster und fällt andauernd aus.

      aber es kommt bald auch wieder eine saison für mich in berlin, zudem bin ich meisterin des flügeumbuchens, weil ich es wechselweise mal hier mal dort nicht länger aushalte. aber jetzt muss ich mal meine wohnung aus ihrem beknallfroschten zustand befreien, dann muss ich los und bin vor dienstag nacht nicht zurück. ok, schalten sie mich frei. danke, aber das hat jetzt noch etwas zeit, da die nächste woche sehr turbulent wird. até mais.

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