Der Engel Ordnungen. Lektorat (ff): Alte Frauen.

So nah der einsame Tod.

Alte Frauen kommen vom Friseur
verwandelt das Haar zu lila Perücken
die Schlaufe ums Gelenk, das wehe,
der Leine, schnalzen sie Verzücken
dem letzten Liebsten, ehe
sich auch er, ihr Hund, verlör.

>>>> Dielmanns Anmerkung:
„Die >>>> alte Pomposiewitz ist mit dem »schnalzen« vielleicht etwas überzogen, driftet damit auch einen Moment ins Ironische, das das Gedicht sonsten nicht haben sollte für die gute Alte, so lächerlich sie sonsten auch sein mag. – Muß der Hund explizit genannt werden am Ende? Mir scheint das eher überflüssig (zu sein). Stört sogar eher, weil ja das Gedicht ein Klischee aufgreift, es in Form bringt, in seiner Lebensechtheit herrückt; das weiß, wer dieses Gedicht überhaupt lesen kann, und insofern: raus mit dem expliziten Köter! – Noch etwas anderes: Dieses Gedicht ist, wie viele der Sammlung, ein Stadt-Gedicht, auf dem Land würde es diese Pomposiewitze kaum / wenige geben. Insofern müßte irgendwo in dem Gedicht das Pflaster aufblitzen, dessen eine Nah-Todesform dieses Gedicht faßt, nicht irgendeine, sondern diese städtische.“

Mein Lösungsversuch:

So nah der einsame Frauentod.

Alte Frauen kommen vom Friseur
verwandelt das Haar zu lila Perücken
die Leine ums Gelenk, das wehe,
schnalzen sie letztes Verzücken
dem kleinen Liebsten, ehe
auch er sich, ihr Köter, verlör.


Nach einigem Überlegen und Hin- und Herprobieren: – daß dies eine Stadtszene ist, ergibt sich aus „kommen vom Friseur“; das inhäriert das Metropole bereits, zumal in Verbindung mit den lila Perücken. Die Gelenk-Hundeleinen-Beschreibung allerdings war zu entwirren, in der Tat. Was den explizit genannten Hund anbelangt, hatte Dielmann recht, aber in einer falschen Richtung. Er gab die Lösung sogar selbst: Köter. Betonung ist die Lösung, nicht Auslassung; Betonung in Differenz zu dem liebevollen „kleinen Liebsten“ darüber.

Hm, wenn ich so nachlese: “ihr Köter” vielleicht d o c h weglassen?

76 thoughts on “Der Engel Ordnungen. Lektorat (ff): Alte Frauen.

  1. Ein Vorschlag, ein wenig ketzerisch – der aber zumindest einer gewissen alten Dame gefiele- wäre, das ‘ihr Köter’ durch ‘ganz Mannsbild’ zu ersetzen.

    1. @sumuze Das h a t was als ironische Zusatzbewegung, nähme aber das Traurige heraus, dieses leise-Tragische, das ich meine. Der “Köter” stört das allerdings auch schon, weil er von außen ein abwertendes Urteil spricht. Ganz streichen, wie Dielmann es möchte, kann ich ihn oder den “Hund” aber nicht, weil sonst der synkopierte Rhythmus kaputtgeht, bzw. geglättet wird.

    2. Damit haben Sie Recht. Es paßt vom Klang her nicht gut hinein.

      Ich dachte weiter noch an:
      ‘auch er, sich empfehlend, verlör’
      was aber einen anderen Sinn in seinen Abgang legte.

      Jedoch sprächen viele alten Damen wohl niemals von ihrem ‘Köter’. In ihre Traurigkeit mischt sich hingegen oft eine Menge (Selbst-)Ironie – was sie m.E. nach recht angenehm von manchen alten Männern zu unterscheiden vermag.

  2. Ihr Gedicht…. …..läßt mich etwas reflektieren, was ich jeden Morgen sehe. Immer auf dem Weg zur Arbeit begegne ich einer sehr alten Dame, auch sie hat diese Dauerwelle, ihr lilasilbernes Haar sitzt immer tiptop, manchmal trägt sie eines dieser ganz dünnen Kopftücher. An ihrer Seite immer ein kleiner Dackel, ein glatt dunkelhaariger, mit ganz kurzen, krummen Beinchen. Er hat schon ein ganz graues Gesicht. Die alte Dame geht sehr langsam, aber ihr Lumpi folgt noch langsamer hinterher. Immer wieder bleibt die alte Dame stehen, dreht sich um und schaut nach ihm. Anfangs fragte ich mich, warum diese Frau immer einen kleinen Puppenbuggy vor sich herschob, nach einigen Tagen hatte ich die Erklärung. Wenn Lumpi nicht mehr laufen kann, dann setzt sie ihn einfach in diese Karre und er bleibt aufrecht darin sitzen. Dann geht sie genauso langsam wie vorher anscheinend trotzdem die gleiche Strecke. Dieses Bild ist für mich ein sehr schön inniges, aber auch ein sehr trauriges, weil ich mir dann immer vorstelle, dass der, der übrig bleibt, dann sehr allein ist.

    Jeden Morgen sehe ich das, und immer hat es die gleiche Wirkung auf mich.

    Warum geben Sie dem Hund nicht einfach einen Namen, „Lumpi“ zum Beispiel. „Lumpi“ war eine Zeit lang eine allgemeine Begrifflichkeit für Hund. „Des Nachbars Lumpi ist ein Hund.“ Viele alte Damen haben häufig einen Dackel, der umso häufiger Lumpi heißt.

    1. Was für eine Langeweile und was ist denn daran interessat
      wie der Hund heißt?
      Warum schreiben Sie eigentlich?

    2. Lumpi!?! Ja Himmel, nun übertreiben Sie es aber mit der Realitätshaftung Ihrer Avatare. Die alten Damen sind – das 1.96-fache der Standardabweichung eingerechnet – ca. Jahrgang 1920-30 und buchstabieren aus dem Stegreif Saskatchewan ‘without starting to stutter’.
      Auch Kunstfiguren sollten einen – sei es stochastischen – Rest an Glaubwürdigkeit aufweisen!

  3. ich würde die erste zeile ganz weglassen : sie stört das organische des weiteren textes : und gibt vor : was sonst als bewegung in dem gedicht : sich tatsächlich bewegte : so aber : als programmatische themenvorgabe : erübrigt sich das gedicht : zu verstehen geben : was dennoch nicht zu begreifen ist : man ist ja nicht die alte dame mit dem hund

    1. Nee nee nee nee nee. Das Gedicht bleibt so, und zwar wie in der ersten Fassung. Alles andere verwässert.

      @Helmut: Das Gedicht muß nicht verschlüsseln, was es meint, es i s t programmatisch; dagegen ist gar nichts zu sagen.
      @sumuze: Wen meinen Sie in diesem Fall mit “meinen” Avataren?
      @Hundezüchter & Schwachsinniger: Wenn Sie schon das sind, als was Sie sich benennen, und Sie sind es, dann reicht das doch aus; Sie müssen deswegen nicht außerdem noch j e d e s Mal in einen Kommentar hineinkotzen, wenn ich etwas zur Diskussion stelle. Man erkennt Sie nicht nur, nein, mein r i e c h t Sie. Und das ist, mit Verlaub, eine arg unhygienische Zumutung. Denn besser, in jedem Fall besser: nach Brühwürfel als nach den Schweißfüßen Ihrer miesen Gesinnung.

    2. Ich habe leider keinen Überblick über die vielen Pseudonyme, die hier herum laufen. ‘Cellini’, auf den ich mich bezog, ist meines Wissen eines, das als ‘weiblich’ hingestellt wird und mit einem dementsprechenden Hintergrund versehen ist. Ob dieses Pseudonym nun Ihnen eigen ist oder jemand anderes, kann ich nicht beurteilen, würde aber dem Eigner den Tipp geben, es doch besser bei männlichen Pseudonymen zu belassen. Obwohl ich manches durchaus als anregend und spannend sehe, was ‘cellini’ äußert. Daher möchte ich meine Meinung nicht als handfeste Kritik hinstellen, nur als Randbemerkung. (Eine, offen gesagt, ziemlich dämliche Einschränkung, wie mir beim Nachlesen auffällt, aber da sie authentisch zu sein schien vorhin, belasse ich es dabei)

    3. @Sumuze. Auch, wenn das alles nicht mehr durchschaubar ist und es auch gar nicht sein soll, im “Fall” Cellinis kann ich Ihnen versichern, daß es sich tatsächlich um eine Frau handelt, eine zumal ausgesprochen weibliche. Es gibt sogar Zeugen. Aus Blut und Fleisch mit Hirn. >>>> parallalie, den Sie mit vollem Recht schätzen, gehört dazu.
      Allerdings ehrt es mich, daß Sie mir zutrauen, eine derart authentische Figur nicht nur zu erfinden, sondern auch >>>> durchzuformulieren. Es ist halt nur so eine Sache mit Komplimenten, die man nicht verdient hat, jedenfalls nicht an dieser Stelle. Deshalb gehe ich auf Ihre Bemerkung ein, die ich sonst genüßlich für sich stehengelassen hätte, und weil ich Cellini nichts >>>> von ihrer Identität nehmen (lassen) möchte. Sie ist für einige Dschungelzusammenhänge überaus wichtig.

    4. Oh, dann war meine Bemerkung zu ‘Cellini’ oben sehr unangebracht,und gerne entschuldige ich mich hiermit in aller gebotenen Zerknirschtheit bei der hinter ‘Cellini’ stehenden Person für meine anmaßende Vermutung. Mir klang die Geschichte mit der alten Dame und dem Kinderwägelchen für ihren Lumpi ein wenig zu sehr nach Klischee, aber oft trifft genau das für den Alltag wohl zu.

      Allerdings – verlassen Sie damit nicht ein wenig den Plan zu der Beziehung zwischen ‘Personen’ und ‘Avataren’? Ich hatte (nach einer Ihrer Einlassungen in einem früheren Diskussionsfaden) angenommen, daß Sie bewußt offen lassen wollten, ob und wer ‘hinter’ den Pseudonymen steckt. Daß Sie im Grunde jedes Pseudonym als von allen anderen Pseudonymen ‘erzeugt’ und ‘entwickelt’ denken wollen. (Woraus ja auch das lustige Rätselraten, wer nun wer sei und für wen geredet habe, entspringt. Und was die schöne Möglichkeit an die Hand gibt, einen inneren Kreis der Eingeweihten qua Insiderwissen abzugrenzen. Eine Attraktion, die nicht zu unterschätzen ist im menschlichen Miteinander.) Bei einer ein-eindeutigen Bindung von Pseudonymen an Personen wird mir der Sinn dieser ‘Avatare’ leider noch weniger einsichtig, als er es ohnehin schon ist. Doch das hatten wir bereits einmal angerissen.

      Zum Wichtigen also zurück:

      Ist das Gedicht oben jetzt für Sie in einer vorläufigen Endform angekommen? Mich stört der ‘Köter’ leider immer noch. Vielleicht aber dauert es einfach noch eine Weile, bis sich der ‘Köter’ fortentwickelt hat. Ich bin gespannt.

    5. @Sumuze. Um im Verfahren zu bleiben, antworte ich Ihnen lächelnd so:
      Bei einigen Figuren mache ich eine Ausnahme, bei anderen nicht. Und Sie müssen die Ausnahmen auch immer noch glauben oder nicht glauben. (Es gibt übrigens Personen in diesem Spiel, von denen ich selbst nicht weiß, wer sie erfunden hat, bzw. ob es überhaupt Erfindungen oder reale Personen sind. Mit etwas Aufwand könnte ich das freilich herausbekommen – IP-Nachsuche usw. – , aber ich betreibe ihn nicht, sondern genieße die Ungewißheit selber.)

  4. survival of the critics wieso ein solches gedicht? im ernst. um glaubwürdigkeit geht es ihnen dabei sicher nicht, oder? denn aufgefallen dürfte sein, frauen im alter sind heute eher selten allein. sie haben freundinnen, sitzen in cafés, fahren bahn, reisen (selbst benjamin kannte schon eine in blumeshof, die mit stangls reisen um die welt kam) erzählen sich manches, haben kinder und enkelkinder. im vergleich zu meiner mutter komme ich mir heute manchmal einsamer vor. ich begreife einfach nicht, was sie an solchen aus der mode gerutschten maskierungen interessiert. ist es eine serie? ist es kästner revisited, aber in einer art von winterreiseton getragen? ich dachte, man hat als autor die pflicht, bilder zu finden, die einen etwas auf einen neue weise sehen lassen?
    denken sie sich einmal den tag von dem ab sie nicht mehr sein werden. was wollen sie hinterlassen haben? was soll man sich von herrn herbst ins welterklärungsalbum kleben? möglicherweise verstehe ich einfach nicht den clou. sie spielen cello jeden tag, sie üben und üben, und ich bin überzeugt, und lese es ja hier, mit dieser disziplin betreiben sie manches. aber vielleicht ist, was für das musizieren gilt, nicht in gleicher weise für reflektierende künste gültig? vielleicht bringt üben allein nicht weiter? vielleicht braucht man manchmal einfach einen anderen dreh? eine andere tastatur, ein präpariertes klavier? andere stifte? andere farbe? einen gänzlich anderen geschmack? aber, nein, vielleicht muss man, wie man meint zu müssen, auch wenn kein mensch müssen muss. man kann mit dem rauchen aufhören, anders rauchen kann man vermutlich nicht. vielleicht liege ich eben falsch damit, dass ich denke, man kann sein dichten ändern. vielleicht kann man das nicht, wenn man sich mit ihm identisch fühlt? das sind so fragen. na ja. entschuldigung.

    1. @valeria. denken sie sich einmal den tag von dem ab sie nicht mehr sein werden. was wollen sie hinterlassen haben?1. Es gibt 17 Bücher von mir, darunter sind zwei 1000seitige Romane; es scheint mir ein wenig absurd zu sein, meine Arbeit auf dieses eine oder meinethalben dreivier Gedichte zu reduzieren.
      2. Es gibt 24 einstündige Hörstücke von mir.
      3. Es gibt endlos theoretische und kritische Arbeiten von mir.
      1-3) Ein Blick zu wikipedia oder in den Brockhaus oder sonst in ein einschlägiges Nachschlagewerk sagt Ihnen schnell, wer ich bin.
      4. Das alles nimmt aber dem Gedicht nicht sein Recht, es relativiert es auch nicht. Nun mag es zwar sein, daß solche alten Damen seltener geworden sind; dennoch begegnen sie mir immer wieder auf der Straße. Im übrigen handelt es sich bei dem Textchen um ein Pasticcio. Ich bin nicht der erste und werde nicht der letzte sein, der mit so etwas spielt. D a ß das Gedicht a l s Pasticcio mit einem Klischee spielt, ist doch schon die Formvorgabe. Woran entzündet sich also Ihre Kritik? An dem Frauenbild oder an der Form?

      Es gibt keinen Grund, mein Dichten zu ändern. Daß es nicht jedem gefällt – und/oder nicht jedem alles -, muß mich wirklich nicht scheren. Übrigens habe ich keine Pflicht, nicht eine einzige, außer derjenigen: mir selbst, also meiner Arbeit gegenüber, wahrhaftig zu sein. (Darf ich erfahren, was S i e hinterlassen werden?)

    2. was ich hinterlassen werde? wenig bis vermutlich nichts. sie verstehen meine frage nicht, ich weiß um die anzahl ihrer werke. an ausführungen mangelt es sicher nicht. und ihre gedichte haben jedes recht der welt, allein, sind sie auf der höhe ihrer zeit, sind sie gut, danach frage ich. für mein verständnis rettet eine form keinen fragwürdig fokussierten inhalt et vice versa. oder, anders, spitzweg als kubistisches werk, wäre nicht weniger kleinstüblerisch.
      sprich, für mich hat die produktion von gültigen werken wesentlich mit einem blick auf welt zu tun, der sie nicht in ihren vorgeblich vorhandenen formen bestätigt. ich dachte nur, aber, es ist nicht von bedeutung, nicht für sie, also, lassen wir das. ich hege weder groll, noch fühle ich mich kompetenter, ich spiegele nur, wie es bei mir ankommt. sie spiegeln mir, dass sie darauf verzichten können. damit hat sich das thema erledigt.

    3. @valeria ff. für mein verständnis rettet eine form keinen fragwürdig fokussierten inhalt et vice versa.Wieso ist in dem Gedicht der Inhalt fragwürdig fokussiert, oder weshalb kommt das so bei Ihnen an? Weil Sie ernsthaft glauben, daß es solche alten Damen nicht mehr gibt? Oder weil Sie sie für nicht darstellungswürdig halten? Weil Sie die Tragik dieser speziellen Art von alten Damen, zu denen das lila Haar eben g e h ö r t, für uninteressant halten?
      Und was i s t auf der Höhe einer Zeit? Wer definiert das, zumal im Zeitalter des Globalismus, in dem Mittelalter unmittelbar auf Neuzeit trifft? Es gibt Jüdinnen, die lassen sich, etwa in Brooklyn, nicht etwa in einem Stedtl des 19. Jahrhunderts oder einem orthodoxen Kiez Jerusalems, immer noch das Kopfhaar scheren und tragen Perücke. Es gibt Christinnen in Mittel-USA, die allen Ernstes die Hölle fürchten, wenn sie sich zwischen den Beinen berühren. Was, bitte, verstehen Sie unter der Höhe unserer Zeit?

    4. auf der höhe der zeit wäre vielleicht ein dies-alles-gibt-es-also zu lokalisieren. ihm einen raum zu geben und es damit von seinem quasi anthropolgischen konstantenstatus abrückt. in ihrer ausführung schreiben sie “etwa in Brooklyn, nicht etwa in einem Stedtl”, wenn sich davon was im gedicht fände! levitt, eine alte dame mit fotoapparat, die ich sehr bewundere, fotografierte kinder nicht als kinder, sondern kinder in haarlem. die fotonachkriegsausstellung family of man geriet deshalb in die kritik, weil sie anhand anthropologischer konstanten glauben machen wollte: so ist es doch eigentlich, wir sind doch alle menschen. der blanke hohn und ein starker wunsch nach harmonie in einem angesichts dessen, was davor lag. man muss von den bedingungen schreiben, denke ich, ein motiv ist nichts ohne seine motivation, und die macht manchmal die besseren bilder, weil sie dran vorbei fotografiert, tillmans beherrscht diese kunst nicht schlecht, etwa. aber, ich muss nun los.
      ihre energien hätte ich gern, kein zweifel.

    5. @valeria, Energien und anderes. Energie gewinnt man aus der Arbeit, aus nichts sonst. Sie ist eine Erscheinung des Disziplin.

      Aber zur Sache: Ich bin einverstanden mit der Lokalisierung; diese ist im Dschungel-, sowie in meinem übrigen Werkzusammenhang eben der Zusammenhang. Ein solches Gedicht, das neben >>>> dem steht und, neben vielem anderen noch, auch >>>> dem, stellt Zusammenhänge ja gerade dar. Sie können den Zusammenhang nur nicht von dem Einzeltext erwarten, zumal nicht von einem Pasticcio.

      Sie verstehen, entnehme ich Ihren Zeilen, Kunst in erster Linie als Kritik, mindestens Engagement. Ich verstehe sie in erster Linie als Darstellung; bevor ich mich zu Dingen und Umständen verhalte (also einen moralischen Bezug dazu gewinne), nehme ich sie erst einmal als Erscheinung wahr. Die ist mir meistens Faszinosum genug, um etwas darzustellen. Eine kritische Haltung würde die Erscheinung immer schon werten. (Sauber läßt sich das allerdings auch für mich nicht trennen; aber ich versuche es. Der Kontakt mir der Dritten Welt hat mich das zu versuchen gelehrt, der Kontakt mit Wertesystemen, die dem unseren nicht nur nicht entsprechen, sondern ihm grundlegend fremd sind.)

    6. Liebe valeria, erst einmal herzlichen Glückwunsch zur Kastration. Ob Du freilich als Frau eher einen Stein, sprich Gewicht, in Herbsts B(r)ett haben wirst, denn als valerio, ist ungewiß. Hoffentlich bist du brünett. Denn das ist ja neuerdings Geschmackssache. Aber ich schweife ab…

      Du fragst danach, ob es Herbst um Glaubwürdigkeit gehe… “Glaubwürdigkeit”!? Sehen wir einmal davon ab, dass Glaubwürdigkeit eines der ausgezehrtesten Exempel des Politikerwortschatzes ist, eines jener Worte Wörter, gegen die, hätte er es in heutiger Form gekannt, P. Anschel gleich einen zweiten “Meridian” geschrieben hätte, um nicht am Deutschen zu verzweifeln… hmm, oder nein, sehen wir nicht davon ab: Glaubwürdigkeit? Wessen? Herbstens oder des Gedichtes? Warum sollte ein wenigzeiliges Gedicht ebenso glaubwürdig sein wollen wie ein wenigzelliger Pofalla? Und wem gegenüber? Der versammelten Leserschaft? Soll die denn an ein Gedicht glauben? “Glauben”? Im Ernst?

      Woran glaubst Du? Daran, daß Herbst sozialstatistisch korrekt den Status von Rentnerinnen in der BRD abbilden sollte? Daß sein ( ja, ja, umfangreiches, wir wissen’s, Alban! Wir sehen’s ja oben in der Leiste!) Werk ein Reader’s Digest des “Das-alles-gibt-es-also” sein sollte? Bitte nicht!

      Die alte Pomposiewitz könnte gar nicht der jungen von der Leyen begegnen! Glaub mir, valeria!

      Und das ist gut so, denn ein für allemal: Wir wollen nicht lesen, was es gibt. Sondern: Wir wollen lesen, was es NICHT gibt. Darum kaufen wir “Die Nierdertracht der Musik” und nicht GEOspezial!

    7. kennen wir uns? und von welchem stern sind sie? ich fragte, ob es um glaubwürdigkeit ginge, und nahm es nicht an, dann wusste man aber doch welche zu bemühen, denn so ganz an star treck wollte man doch nicht abgeben, schien mir.
      das gedicht gibt sich aber nun mal wie aus dem hundesalon und nicht wie aus der timemachine. es mag mich nicht überzeugen, auch der hinweis auf seine eingebundenheit und die weiteren gedichte nicht, oder der verweis auf andere wertesysteme, was haben die mit diesem gedicht zu tun?
      was nie geschrieben wurde, lesen, ja, das wurde tausendfach schon so ähnlich festgehalten und gesehen. in mancher geospezial hingegen findet sich ungesehenes. was das alles mit kastration zu tun habe soll und meiner haarfarbe, wissen vermutlich nur sie, und dabei darf es auch gerne bleiben.

    8. Sehr geehrte valeria, hujujuj, welch hurtige Replik!
      Und da Sie mir schon das Sie anbieten, benutze ich es: Hören Sie es wirklich nicht? Das penetrante Rascheln von Parteisekretärskrawatten hinter Ihrer (aberamals angeführten!) “Glaubwürdigkeit”? Was meinen Sie denn nun? Wahrscheinlichkeit? Abbildung von Realität?
      Hören Sie sie wirklich nicht? Ihre Sprache sprechen? “Survival of the critics”? Kommen Sie schon! Feuilleton-Schlagzeile ohne Bewusstsein dafür, was Sozialdarwinismus einmal war (und hier und da noch ist)!

      Wertesysteme sind mit egal, erst recht solche, die in Gedichten stehen sollen.

      Sprache! Hallo! Sprache! Lesen Sie einmal genau: “Lesen, was es NICHT gibt” ist nicht gleichbedeutend (nicht einmal äquivalent) mit “Lesen, was nie geschrieben wurde”. Alles ist schonmal geschrieben worden, wenn man die Abstraktion nur weit genug treibt.

      Was ich meine, ist der Realitätsstatus von Dichtung. Nicht Literatur: Dichtung. Ist sie genau dann “glaubwürdig”, wenn sie Realität abbildet? – Eine einfache Frage.

      In der GEO finden Sie, was Sie noch nicht gesehen haben (weil Sie kein REM im Kopf haben oder weil Sie kein Geld zum Reisen haben oder weil es schöne Technicolor-Aufnahmen von vor 2 Millionen Jahren sind, als Sie knapp noch nicht auf der Welt waren oder…). In Dichtung finden Sie, wenn Sie denn etwas finden, etwas, was es nur in ihr gibt, unabhängig von Zeit, Geld und Sehstärke.

      Gutgut, Sie finden nichts in Herbstens Tod-alter-Frauen-Gedicht. Wir merken’s. Aber vielleicht liegt das an Ihrem Geschmack (oder Ihrer Haarfarbe) oder daran, daß Sie keine Hunde mögen. Oder zumindest keine Hunde, die irgendeine Bedeutung tragen. Oder zumindest zumindest keine Hunde, die irgendetwas tragen.

      Dazu folgende Impression: Ein reitender Bote trifft in Weimar ein und gibt am Frauenplan eine Eildepesche ab. Darin wender sich Frau Comtesse Valerie K. direkt an den Geheimen Rat. “[…] Wie kann es sein, daß in einem kleinen schwarzen Pudel ein Teufel enthalten ist. Nein, da haben sich Herr Geheimrat entschieden gegen die Glaubwürdigkeit vergangen! […]”
      Goethe: “Sapperment, Eckermann! Sie hat recht! Ich muß das alte Stück noch einmal zur (letzten) Hand nehmen!”

      So etwa?

      Ach ja: Haarfarbe und Geschmack. Nun, vielleicht haben Sie ja damit angefangen? Aber vielleicht begreifen Sie das ja auch erst, wenn Sie lesen. Lesen! Nicht nur mit den Augen, sondern auch mit der Maus: Lesen!

    9. By the way: I have a dog.
      A small one. Call him “Mo”. After “Maurice”, you konw? Well, you know…

      And people keep saying -recently -that I’m looking more and more like an old lady, you know.

      It’s weird.

    10. All very fine and good, but I do not know why women beissen old gray dogs and in what time it exists and
      then declared please me more, why do you have sung?

    11. grober rundfunk hallohallo, an welchem weltempfänger drehen sie da gerade? dann bitte zeigen sie mir in diesem gedicht, was es nur in ihm gibt, ich kann es nicht finden.
      and, don t forget: ‘in wirklichkeit ist das überleben keine eigenschaft eines lebewesens, sondern ein zeichen, das bestimmte, das überleben begünstigende merkmale vorhanden sind.’ gute texte von weniger guten unterscheiden lernen, gehörte mal in der zunft der literaturabwicklung und verwertung zu diesen begünstigenden merkmalen. und, dichter, die nur etwas von dichtung verstehen, verstehen auch davon nicht viel. lesen sie vielleicht besser nochmal, wofür sie sich hier verkämpfen, wem es genügt, soll sich erfreuen. und die feuilleton-schlagzeile wäre immerhin eine, die ein bewusstsein dafür hat, das getretener quark breit, nicht stark wird. und ein überleben der kritiker wäre wohl etwas genuin anderes, als ein überleben der fittnesschreiber. aber für derlei ironie muss man auch ein sensorium besitzen.
      ‘future events such as these will affect you in the future.’ guten abend.

    12. Die Relativität der (Bücher-) Masse @ANH:
      Das ist nun fast schon penetrant, dieses darauf hinweisen, wieviele Bücher und Texte Sie verfasst haben! Quantität hat noch nie und zu keiner Zeit einen Rückschluß auf Qualität ergeben. Wenn ich fünf Tonnen Senf in meinem Keller eingelagert habe, macht mich das weder zum größten Senfkenner der westlichen Hemisphäre, noch zum besten Senfproduzenten.

      Was wollen Sie den hinterlassen – und für wen und warum?

      J.D.Salinger hat nur einen einzigen Roman verfasst und 35 Kurzgeschichten. Mit “Der Fänger im Roggen” schrieb er sich in die Literaturgeschichte ein und das zu Recht.
      Sie sehen, hier reichte nur ein einziges Werk, um unsterblich zu werden. Und nun vergleichen Sie eines Ihrer Tausendseiter mit Salingers schmalem Büchlein, das wohl jeder Jugendliche und Erwachsene weltweit zumindest einmal gelesen haben wird. Meine Güte! Gibt es denn tatsächlich unter Dichtern solche Schwanzvergleiche? “Wer bist Du denn, hast gerade mal fünf dünne Büchlein geschrieben. Da bist Du doch lange kein Dichter. So wie ich! Ich habe immerhin 17 Bücher und davon zwei tausendseitige geschrieben. Komm Du erst mal auf meine Seitenanzahl, dann kannst Du auch hier mitreden…!” So oder ähnlich stelle ich mir diese unsinnigen Gespräche vor, die ein Herbst mit konkurrierenden Dichtern und Kritikern führen könnte. Frankfurter Buchmesse, Halle 5, Stand 183.
      Was die Quantität an veröffentlichten Büchern betrifft, sind Sie doch längst von Vielschreibern wie dem verstorbenen H.G.Konsalik überrollt worden. Um ein vielfaches. Und bedenken Sie, niemand veröffentlich so viele 1000seitige Werke wie die DeTeMedien – die Telefonbücher und Gelbe Seiten. Und diese Bücher können sogar die Welt verändern helfen!
      Also – einfach mal den Ball flach halten…

    13. Liebe valeria, verzeihen Sie bitte, daß uns jetzt “Oh Mann” dazwischengekommen ist. Aber ich war gerade mit dem Major auf Wolfsjagd.

      Ach, valeria, valeria! Wie soll ich Ihnen begreiflich machen, was ich meine? Ich ränge die Hände, müßte ich nicht mit ihnen tippen.

      Also nochmal pas à pas: Ich verkämpfe (Holla, das gibt’s wirklich!) mich nicht für Herbsts alte Dame. Ich weise ganz bescheiden auf den Unterschied zwischen Dichtung (schauen Sie in Ihre Regal, da wird sich ein Beispiel finden, daß Sie kennnen) und Wissenschaftsjournalismus (GEO) hingewiesen.

      Und außerdem habe ich, was Sie so hinreißend ignorieren, eine Frage gestellt: Was meinen Sie mit “Glaubwürdigkeit”?

      Vielleicht muß ich Ihnen eine Antwort entschmeicheln? Also: Vielen Dank, daß Sie mir verdeutlicht haben, “überleben” sei keine Eigenschaft. Das hatte ich mir zwar beinahe schon grammatisch gedacht, aber gut…

      ‘future events such as these will affect you in the future.’?

      Or maybe it’s the other way around:

      Curiously enough, an edition of the Encyclopaedia Galactica that had the good fortune to fall through a time warp from a thousand years in the future defined the marketing division of the Sirius Cybernetics Corporation as “a bunch of mindless jerks who were the first against the wall when the revolution came.”

    14. Herbert, wer darf hier nur gelobt werden? Du?

      Hau ab, ich unterhalte mich gerade sehr angenehm.

      Und bitte (bitte!), laß’ Deine “Ladung” woanders ab. (Überhaupt: Einhändiges Tippen ist schlecht für den Rücken, da kannst Du jedermann fragen…)

    15. Dann gib mir doch ein paar Tipps für deinen Rücken und wenn Du dich unterhalten willst, geh doch irgendwo hin und unterhalte Dich mit einem Baum, wenn Du weißt was das ist

    16. Mit einem Baum? Täte ich sicher lieber als mich mit Dir herumzuschlagen. Noch lieber aber unterhalte ich mich hier mit der bezaubernden valeria.

      Also hau ab, Trittbrettfahrer! Deinem Hohlkreuz aus Arroganz kann ohnehin kein Orthopäde mehr helfen.

    17. Ich muss den Herrn Knittl recht geben, es ist wirklich nicht schön, wie Sie hier die Ruhe stören, sie machen sich ja überhaupt kein Begriff, welche Arbeit darin steckt, ich bin wirklich ein stiller und ungeborener Mensch, aber das was sie hier abziehen ist eine Schweinerei. Gehen Sie weg Herr Herbert

    18. Herbie, Du warst schon immer eine Nervensäge. Jetzt merken es nur auch andere.

      Was soll ich sonst sagen? Du weißt ja soviel über Bäume. Weißt Du auch, was man aus manchen Ästen von harthölzernen Bäumen macht? Kleiner Tipp: Es hat was mit meinem Familiennamen zu tun.

      Solches Bio-Erzeugnis zeigte ich Dir dann aus der Nähe, falls Du hier weiter Nerven zersägtest.

      Alles klar?

    19. Jetzt Jetzt kommen die Selbstgespräche. Ein Plätzchen in der Forensik gefällig? Mit Nichtraucherjäckchen, das schicke weiße, mit den langen Ärmeln, das man hinter dem Rücken zubindet…

    20. ich hab’s Dir schonmal gesagt: Ich will Deine Freunde nicht kennenlernen. Und ich werde Dich valeria sicher nicht vorstellen.

      valeria, hätten Sie etwas dagegen, wenn Wir uns woanders weiter unterhalten? Hier scheint ein Schnupfen in der Luft zu liegen.

    21. Ja, Herr Backe, hier scheint mehr als ein Schnupfen in der Luft zu liegen. Setzen wir uns und genießen die Show…

      valeria, glauben Sie mir, der Herbert ist nicht immer so…

    22. “Auch Kunstfiguren sollten einen – sei es stochastischen – Rest an Glaubwürdigkeit aufweisen!” schrieb sumuze, daran knüpfte ich mit meiner frage nach der glaubwürdikeit, die ich in diesem gedicht nicht vermutete, an. die glaubwürdigkeit eines textes würde ich mit seiner fähigkeit, den richtigen stil zu treffen umschreiben. mit richtigem stil würde ich urteilsrelevante verknüpfungen von form und formierten in raum und zeit bezeichnen.
      mit scheingefechten zwischen avataren mit zweifelhaften namen würde ich vertane zeit assoziieren. unter angenehmer unterhaltung verstünde ich etwas, das sender und empfänger wechselseitig und zu gleichen teilen als eben solche verstünden.

    23. respektlos finde ich cello und klavier ohne die jerks von riesenmaschine spielen zu lassen. paranoia findet sich auch in sätzen wie diesen.

    24. Oj, valeria, Sie wollen doch nicht behaupten, Sie fänden diese Unterhaltung nicht angenehm? Immerhin haben Sie jetzt auf meine Frage geantwortet, zudem sehr überzeugend… auf den ersten Leseblick.

      “urteilsrelevante verknüpfungen von form und formierten [altmodisch, wie ich bin, sage ich: Inhalt] in raum und zeit”

      Relevant für wessen Urteil? Das des Lesers? Das des Autors? Müssen diese übereinstimmen (sprich hat einer Recht, der andere nicht)?

      Wo liegen die Kriterien für die Verknüpfung von Form und Inhalt? Innerhalb oder außerhalb des Werkes selbst?

      Erschöpft sich die Qualität einer Dichtung tatsächlch in der Erfüllung bestimmter systemtheoretischer Kriterien. Oder gibt es einen irreduziblen Rest, der, sagen wir: einen Roman des Herrn Konsalik von einem Gedicht des Herrn Anschel unterschiede?

    25. Ich bin ja eine stille Verwandte von Herbert Wehner, wenn Sie wissen wer
      das ist, das heißt, ich war auch schon in der Partei und Pfeife habe ich
      auch geraucht, rauchen sie auch? Undwo ist eigentlich Herr Knittl?

    26. Oh je, damit ist meine Frau…sie hat gesagt, sie bräuchte ein wenig Zeit für sich und ihrem Freund Klaus, ein netter Kerl, Teetrinker, glaubt dass der Mensch von nichts abstammt.

    27. @valeria. “das gedicht (…) mag mich nicht überzeugen” – aber das m u ß es doch auch gar nicht, Valeria. Sie mögen das Gedicht nicht, ich nehme das zur Kenntnis, Punkt. Interessant war für mich allein die Folgerung, die Sie daraus zogen: “Was wollen Sie eines Tages hinterlassen, wenn Sie sterben?” Interessant daran ist für mich die psychische Bewegung, die dieses Pastiche-Gedicht in Ihnen mir gegenüber ausgelöst hat: daß Sie aufgrund dieses Textchens meinen, ich müsse mir insgesamt die Frage nach dem Sinn meines Lebens stellen. Da nun komme ich nicht umhin, eine Unverhältnismäßigkeit zu registrieren, zumal ich neben meiner literarischen Arbeit auch noch, und leidenschaftlich gerne, Vater bin. Die Unverhältnismäßigkeit ist aus einer – ich darf das Wort mal benutzen, gell?: – ‘lebenswirklichen’ Perspektive von enormer Komik.

    28. there is modern design in the jungleline wir lesen, sie machen alles richtig und die zahlen stimmen auch. zwischen den vielen bleiben sie doch der eine, hinterlassen werk und lebenswirklichkeit, sind bei alle dem eine herausragende gestalt, die sich darauf nicht ausruht. gratulation!

      mögen sie sich vorstellen, das all das zusammengenommen einer ungeheuren zumutung gleichkommen könnte, zu papier, zu blog, zu wasser, zu land und in der luft?
      ich muss mir sie als einen im grunde sehr komischen menschen vorstellen, im sinne von lustig, sonst halte ich ihre selbstgewissheit kaum aus.
      die haltug eines jakob von guntens ist ihre sache nicht, gutgut. ich habe verstanden. roger. sehen sie, ich gerate manchmal schon in verzweiflung, wenn ich nur eine geworfene münze sehe. entschuldigung.

    29. @stabigabi5 aus Frankfurtmain. zwischen den vielen bleiben sie doch der eine, hinterlassen werk und lebenswirklichkeit, sind bei alle dem eine herausragende gestalt, die sich darauf nicht ausruht. Weshalb müssen Sie so übertreiben? Von meinen Zweifeln, ja auch davon, legen einige Bücher und legt einiges in Der Dschungel Zeugnis ab, daß ich “der einzige” sei, steht bei mir auch nirgends, im Gegenteil sind meine Begeisterungen über andere, gerade über Künstler, groß, und ich teile sie auch immer wieder und deutlich mit. Und daß ich mich nicht ausruhe, Jesses, was finden Sie daran Grund genug, es mir vorzuwerfen? Und was finden Sie daran eine “ungeheure Zumutung”? Zumutung, vor allem, für wen? Ist nicht eine Zumutung vielmehr I h r e Art, Menschen persönlich erniedrigen zu wollen, etwa sie eine komische Figur zu nennen, nur – oder vielleicht nur – weil sie konsequent ihren Weg gehen?sonst halte ich ihre selbstgewissheit kaum aus.Aber das müssen Sie doch auch gar nicht. Kein Mensch zwingt Sie, hier oder anderes von mir zu lese, wiewohl ich es schlichtweg schön fände, wenn Sie Ihre Vor-Urteile vielleicht einmal, sei es am Sizilienbuch, sei es an den Orgelpfeifen, sei es am Wolpertinger, überprüften oder auch nur abklopften.die haltug eines jakob von guntens ist ihre sache nichtIn der Tat, >>> nein, wenn man von dem Entschluß einmal absieht, daß er schließlich in die Welt hinausziehen möchte. Das finde ich nach solch einem Leben des Sich-Duckens eine gute Idee.ich gerate manchmal schon in verzweiflung, wenn ich nur eine geworfene münze sehe. Sie werden verstehen, daß ich dafür wenig Verständnis habe, allerdings Nachsicht empfinde; die Formulierung ist gewählt: Nachsicht empfinden. Bei geworfenen Münzen in Verzweiflung geraten, das können sich nur Leute leisten, die im Luxus des Westens leben, jedenfalls die Existenzsorge nicht kennen. Es ist, Pardon, ein Wessi-Zipperlein. Oder ein Problem der, sagen wir, Neurologie. Dann ginge es aber nicht um Moral, sondern um einen – Schnupfen.

  5. game behind the rules zur klärung: mit dem einen unter den vielen meinte ich eigentlich ihr bemühen, sich hier in jeder hinsicht distinkt als herr der lage zu zeigen (in welchem gewand auch immer), deshalb hänge ich auch nicht der theorie an, sie schrieben hier alles selbst. ihre kenntnis und hochachtung vor anderem wollte ich damit nicht in frage stellen.
    ihre selbstdarstellungen sind ‘heldentaten’, für die es heute keinen erzähler mehr gibt, es sei denn, man gibt ihn selbst. jemand, der konsequent seinen weg geht, ist das eine, jemand, der diesen weg erzählt und an einer starken figur exemplifiziert (meinethalben auch an vielen), das andere, und ist für mich nicht mit einer nachmoderne vereinbar, wie ich sie in texten suche und empfinde. sie werfen für mich einige fragen auf, um die mein interesse kreist, nämlich: lässt sich die idee von einem nachmodernen erzählen noch halten, wenn der autor nachmoderne als aufteilung begreift (und sie mittels avatare strukturiert), nicht aber als zusammenhanglosigkeit, für die es kein netz gibt. insofern, ja, die dschungel helfen mir schon beim denken, wenn ich auch gestehen muss, dass ich bislang hier (was noch nicht allzulang ist und bisweilen nur kursorisch) noch keinen text entdeckte, der mich an die absolute gegenwärtigkeit dieses unternehmens glauben ließe zu diesem zeitpunkt.

    erniedrigung liegt mir fern. abgrenzung wäre richtiger, scheint mir.
    natürlich, es ist ihr blog, ich genieße gastrecht. ich habe die seiten gewechselt, um etwas in erfahrung zu bringen, auch über das, was ich falsch gemach habe, bzw, was ich künftig besser machen wollte, oder doch zumindest anders oder so, dass es mehr als eine eitelkeit befriedigt. durch kommentatoren bewegt man sich zwischen verteidigung, ignore functions und beipflichtung. kommentatoren werben um gunst oder versuchen etwas, das ihnen der sache nach unmöglich ist, einen neuen kurs vorzuschlagen. als blogmaker gibt man sich selbst die hauptrolle. mir schwebt etwas vor, wie es die maler einst taten, sich dazwischenmalen. der blog aus der sicht einer assistenzfigur. mir scheint, das war in teilen auch mal ihr programm, allein, ich finde es nicht umgesetzt. vieles erinnert mich hier doch eher an eine art fürstenhof. man gestattet zwar die räume zu beziehen, wie es beliebt, sich wieder entfernen aber ist schon unmöglich. und, ja, man erklärte sich ja auch bereit, man dachte zwar, nur für die dauer eines aufenthalts, but beware: you can check out any time you want, but you can never leave. so stellte man sich einst die hölle vor. mit der rückholfunktiom haben sie für meine begriffe einen kardinalfehler für die dschungel begangen. sie sind der fürst. valerio wusste das. ok, der buchversuch steht noch aus. bei zeiten.

    1. und was meine existenz betrifft, was wollen sie hören, welche gainsboroughs nicht an den wänden daheim hingen? auf welche summe meine bafögschuld sich beläuft? sehen sie, sie können in diesen breiten arm sein, und es sich dennoch leisten über fragen, die ein würfelwurf aufwirft, nachzusinnen. und das wollen sie hoffentlich nicht wirklich beklagen.

    2. @stabigabi5. Theorie & Praxis des Literarischen Bloggens. Danke für diese ausführliche Antwort, die mir einiges klargemacht hat und tatsächlich, denke ich, insgesamt sehr weiterführt.

      1. Wohl eine Frage der Grundposition:lässt sich die idee von einem nachmodernen erzählen noch halten, wenn der autor nachmoderne als aufteilung begreift (…), nicht aber als zusammenhanglosigkeit, für die es kein netz gibt.Meinen Sie eine „Zusammenhanglosigkeit, für die es kein Netz gibt“ oder eine „Zusammenhanglosigkeit, und für die gibt es kein Netz“? Beides könnte gemeint sein, es sind aber grundsätzliche verschiedene Inhalte.
      Doch zur Vor-Annahme einer Zusammenhanglosigkeit. Ich teile sie nicht, im Gegenteil. Ich gehe von einem extrem determinierten, ja sich selbst permanent weiterdeterminierenden Prozeß aus, also von “Über”-Determination. Entsprechend sind ja auch viele meiner Texte gebaut. Dagegen bedeutete Zusammenhanglosigkeit, daß wir bereits in der Entropie lebten. Dann wären wir aber tot, was wir – einige neu-esoterische Sektiererei mal beiseite – zweifelsfrei n i c h t sind.

      2. Was soll eine „absolute gegenwärtigkeit“ überhaupt sein, zumal dieses Unternehmens (i.d. Der Dschungel). Es kann nur eine relative geben, denke ich, die je nach daraufgeworfener Perpektive hart differiert.

      3. „mir schwebt etwas vor, wie es die maler einst taten, sich dazwischenmalen.“ Das ist eine ganz tolle Idee; wenn Sie sie ernsthaft versuchen möchten, räume ich Ihnen auf mein eigenes Risiko einen Contributoren-Status ein. Aber vielleicht bekommen Sie es auch als Kommentator/In hin, so wie sich das jetzt gerade bei >>>> MELVILLE zu entwickeln scheint.der blog aus der sicht einer assistenzfigur. mir scheint, das war in teilen auch mal ihr programmNein, das war es nie, sondern der zwar auf einen Urheber definierte Blog, aber der Urheber hebt sich immer wieder auf, ist ungewiß, spaltet sich usw.

      4. „vieles erinnert mich hier doch eher an eine art fürstenhof.“ Nun ja, ich bin Aristokrat und habe monarchistische Neigungen, das mag sein. man gestattet zwar die räume zu beziehen, wie es beliebt, sich wieder entfernen aber, ist schon unmöglich.Sie spielen >>>> hierauf an. Ich verstehe Ihren Ärger, aber Löschungen von Texten, die zu weiteren Texten führten, die dann völlig sinnlos stehenbleiben, sind wie Geschichtsfälschungen; das hat dann auch noch strategische Momente, die einen, sagen wir, Argumentationsgegner dann wie einen Blödmann in der Gegend stehen lassen, auch wenn er die besseren Argumente hatte. Kurz, ich finde solche Löschungen unlauter, auch poetologisch. Auch ich fälsche Reaktionen selbst da, wo ich mich vergaloppiert habe, später nicht um.you can check out any time you want, but you can never leave.S o stimmt das eben nicht, Sie können schon gehen, aber wenn Sie Abdrücke in weichen Zement traten, werden die Abdrücke nicht mit Ihnen verschwinden. so stellte man sich einst die hölle vor. mit der rückholfunktiom haben sie für meine begriffe einen kardinalfehler für die dschungel begangen.Das sehe ich eben anders. Übrigens funktioniert die Rückholfunktion nur dann, wenn im Cache auch noch etwas gespeichert ist; falls das schon weg ist, kann man nichts zurückholen. Ungewißheit besteht auf allen Seiten, auch auf denen des Fürsten – ich nehme die Anspielung auf Macchiavell einmal hin.

    3. ich schrieb bereits ‘i m happy just because/i found out that i m really no one.’ (connor oberst). überdeterminiert? da halte ich es eher mit der negativen paranoia. es hat nichts zu bedeuten, es passiert. bedeutung verleihen sie. mit der absoluten gegenwärtigkeit meine ich eine empfindung von hier und jetzt, wie rimbaud sie vielleicht im sinn hatte.
      ich danke für ihr angebot. ich muss darüber nachdenken.
      ein gespaltener fürst? nun ja. so neu ist das nicht. gespaltene persönlichkeiten dieser couleur gehen mit macht und missbrauch einher. ist es das, was ihnen literarisch sinnvoll erscheint? schreiben als ermächtigung?
      das netz ist ein modernes palimpsest, und die ‘fälschung der welt’ letztlich prinzip hier, wie geht das mit ‘geschichtsfälschung’ bei etwas datenverlust zusammen? wenn sie ein löschen der daten nicht wünschen, dann lassen sie es einfach von vornherein nicht zu und schmeißen die funktion ganz raus. auch ein editieren wäre eine fälschung. wenn ich jetzt nicht gelöscht hätte, sondern die beiträge durch andere ersetzt, folgebeiträge hätte lächerlich erscheinen lassen wollen o ä, was hätten sie dann getan? und, wie überblicken sie das archiv? leuchtet ein lämpchen bei ihnen in der zentrale, achtung aktenfälschung, bitte einschreiten? lässt der fürst sein archiv überwachen, fragt sich der narr?

    4. @stabigabi5. Archive. lässt der fürst sein archiv überwachen, fragt sich der narr? Er behält es im Auge und “ersetzt” nach Möglichkeit und Instinkt. Vieles übersieht der Principe auch, absichtlich oder unabsichtlich; auf wieder anderes reagiert er auch innerlich nicht. Wiederum werden sich in den Marburger und Innsbrucker Archiven Varianten dessen finden, was sich im Berliner Laptop-Archiv findet; manches wird noch darinnenstehen, anderes bereits fehlen.

  6. Herr Herbst, ehrlich,… 1-3) Ein Blick zu wikipedia oder in den Brockhaus oder sonst in ein einschlägiges Nachschlagewerk sagt Ihnen schnell, wer ich bin.

    …das ist aber ein trauriger satz.

    1. @feelia. Ob traurig oder eher freundlich, hängt von den Vorgaben ab, die man der Bemerkung unterstellt, in welchem Kontext sie also gelesen wird. “Ich” ist hier Alban Nikolai Herbst, und Alban Nikolai Herbst ist ein Aspekt von mir; wobei ich deutlich Schwierigkeiten habe, ein einheitliches “mir”, das die anderen Aspekte miteinander austariert, überhaupt zu definieren.

      (noch aus Frankfurtmain; Lektoratspause).

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