Bamberger Elegien (83). ÜA der ZF, Hexametrisierung. Aus der Zehnten Elegie.

(…)

Was sie, die großen, vergaßen, das halten die kleineren Städte
immer noch fest, ˇ halten am Land fest… Perioden des Jahres…
Tage aus Frühling und mittags den Sommer, die Nacht im Dezember.
Das geht dahin mit dem bleibenden Tier. ˇ Künstlich das Licht.
Wird’s aber dennoch nicht bleiben? – bloß heimlich? – bis daß es uns selber,
genkybernetisch, durch Cyborgs sozial ˇ substituiert hat?
abschließend, endlich kosmetisch normiert artefakt, und hygienisch,
glattschön, geruchlos moralisch zu allem bereit, was der Markt
will als ein Ausdruck der Menge im Ding? ˇ Stehn Replikanten
nicht bereits an, die korrekt auf die Null und die Eins programmiert,
stehn nicht schon Schlange, die Norm sind? der Quersummenmensch,
der die ˇ Quote nicht macht, sondern ist? und es will, daß man’s sei?
Ausgeˇstattet mit Macht, ˇ die das Besondre verabscheut,
kennt er die Ahnung nicht, kennt nicht die Lust, die riskiert, sondern rechnet
Risiko gegen die möglichen Kosten der Krankenversorgung
und unterbindet’s gesetzlich, bei Strafe. Kein Ausweichen ist mehr,
Land nicht, im eigenen Willen zu fischen; in Gittern bewegen,
engeren, ständig, sich Menschen, an Longen, moralischen Meldern,
die irre losjaulen, wenn man zu nah dran vorbeigeht – und wissen,
was eine Frau, was ein Mann ist, nicht mehr, sondern Gleichheit verdreht,
gendercorrect, ˇ Absichten, gute, verlogen in Sein.
Bis die Empfängnis Maschinen besorgen, dem Übergriff endlich
Fresse und Schwänze polierend, ˇ die penetrierend den Bios
perpetuieren als Eingriff in weibliche Autonomie.
Samenˇspender, kontaktlos, die Väter, und Mütter als Kühe,
Föten, besamungsˇtechnisch wie Nutzvieh genetisch designt,
tun die Retorten, bestellte, das Werk ˇ schließlich, von dem
wollen die Sommer nicht scheiden; es graut kein November sie mehr.
Die nicht mehr Mütter sind, aber medial ˇ bis in die Utren,
seinslose Medien, das Gastnest erplanender Reproduktion,
werden geliftet und sehen, geshaped, wie als neunzehn den Tod an;
mädchenhaft stehen die Brüste im Schnee einer Jugend, gestylten
Moorleichen gleichend das Altern der trocknenden Fraun – plastinate
Mumien, bemalt wie die schmuckvollen Deckel von Schmuck-Sarkophagen,
sind sie zum Sterben so schön geblieben… wie greise Schneewittchen.
Anders ˇ nicht ˇ schläft in Palermo Rosalia Lombardo;
greis schon als Kind, ˇ schläft sie nach einhundert Jahren in Kindheit,
unerfüllter, und spürt nichts und kennt kein Vergessen, nicht Nähe,
Gegenwart nicht; kein Erbarmen, das Brüste ihr wachsen und Milch
einschießen ließe darein, ˇ darum tropften sie nie;
und ist dem Mädchen kein Mitleid; man stellt es noch aus,
wie sie kein Mann je berührt, ihre Lippen; ˇ ist keine Eichel,
ihnen zu glühen und sie, sie durchstoßend, je aufzuentfalten;
niemals wird Frucht in ihr werden, kein Kind sie je anschaun, als Mutter;
nie wird sie hegen, nie schelten, und Angst haben nicht, nicht die Wollust
kennen, den Hunger nicht, weder Genesung, noch Krankheit, noch Kummer,
noch daß sich Spuren, von Freude, von friedlichen Spätnachmittagen,
in einem Spiegel ansehn, die Fältelchen sehn, den Spinettklang,
den um die Augen die Haut aller Frauen entfaltet, die leben,
zärtliche Falten, die fein, aber tief sind und lächeln und wollen,
daß man sie sieht – und aus dem Hörer, Rosalia, die Tochter,
selber schon Mutter, sie wird dich nie fragen: „ähm… Mama,
kannst du heut abend den Jungen mal nehmen? wir möchten so gern
in das Konzert gehn…“ Rosalia, bambina, wie kann einer denn
vor deinem Sarg stehn und weint nicht? Betrogen, so unumgegraben
bist du und darfst, konserviert, ˇ nicht einmal aufstehn, auferstehn,
in einem nächsten, in anderem Leben; herausgeˇnommen
dienst du, die puppigste Devotionalie geputztester Dauer,
denen als Ding ihrer Rührung und rührenden Kindheitsbesüßung,
die als Replik ˇ schön sind, zu flach als Replik fürs Erleben,
weil es sich eingrübe, drunter nur Gips, ˇ wie, Rosalia,
Füllstoff, gestopfter, in dir ˇ unter dem Kleidchen und Bauchkleid.
Da muß man fälschen, die Kindheit, die Haut, das ˇ braucht Chirurgie.

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