Von Kehl in die Weststadt. Argo. Anderswelt. (203).

Zu ihnen war nun Frau Kumani gestoßen, von zwei holomorfen Rebellen begleitet, eigenartig durchscheinenden, restlos vergeistigt wirkenden Männern, denen wirklich niemand den Kämpfer anmerken konnte. Sie hatten etwas von einem digitalen Bibliothekar, der, bis auf die Badehose entkleidet, im Hallenbad zögernd am Beckenrand steht. Sie hätten Zwillinge sein können, wäre nicht der eine rothaarig wie Deidameia, der andere aber nahezu kahl gewesen. Sie wurden von den Amazonen mit spöttischem Hallo! begrüßt. Doch unter Frau Kumanis Blick, weil sie erfuhren, wer sie war, senkten sie verstummend die Augen. Dabei wirkte die Frau leicht versetzt; es war ihr, als hätte sie die vielen Jahre mit ihrem Mann nur geträumt, geträumt während einer Wachpause, einer Schlafpause, geträumt zwischen zwei Einsätzen, die höchste Konzentration verlangen; da war sie kurz beiseitegesunken, die Lider waren ihr zugefallen, der Herzschlag hatte sich gemäßigt, und das ruhig werdende Atmen hatte sie in ihre nunmehr sich erträumende Ehe geströmt. Dann schlägt wer gegen den Pfosten, ruft: „Aufstehn alle! Macht euch bereit! Es geht los!“ Und man sitzt wieder da, das Gewehr überm Knie.
Nein, sie waren nicht bewaffnet, keiner war es, auch nicht Kignčrs, der seine Halbautomatic hatte schwertrunkenen Herzens zurücklassen müssen. Er sah das jetzt aber ein: Jeder Scan während der Rheinüberquerung hätte sie andernfalls verraten. Waffen sollten ihnen drüben die dazustoßenden holomorfen Myrmidonen geben, holomorfe allerdings, so daß beim gegenwärtigen Zustand der Weststadt ein letzter Verlaß nicht auf sie wäre.
Sie gingen zu Fuß, diese sechzehn Leute, sie gingen auch nicht als Gruppe, sondern zu zweit, zu viert. Posten standen rechts und links, etwa einen halben Kilometer vor der Lappenschleuse, deren Öffnung unter dem Vorhang, der die Weststadt über die gesamte Länge des Rheins nach wie vor jedem Einblick versperrte, nach Öffnung nicht aussah, sondern elektronisch verschmiert, voll grauen Lichtschnees, aus dem noch und noch Fahrzeuge kamen und vor dem sich Massen aus Porteños drängelten, die unbedingt in ihr Kanaan wollten. Die abzuwehren die Posten längst aufgegeben hatten; sie versuchten nur noch, die Ströme irgendwie zu kanalisieren. Übermüdet sahen sie aus, wenn es Menschen waren, indes streng, doch ebenfalls matt die Holomorfen, als gingen ihre Batterien zur Neige. Die Argonauten drängten sich hinein. Und als schritten sie in den zu Boden geholten Bildschirm von Panasonic an Times Square, so verschwanden zwei Grüppchen, das nächste, die beiden letzten. Kignčrs, der immer noch sang, aber nun, um nicht allzudoll seinen Kopfschmerz zu merken, und Jason, als letzter, folgten getrennt, jeder für sich, hintennach. Es war nicht Kignčrs, der sang, sondern der Sittich.

>>>> ARGO 204
ARGO 202 <<<<

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .