Wolf v. Ribbentrop. Vater-Arbeit. Nachgang zur Zwölften Bamberger Elegie. Briefwechsel mit einer seiner letzten Geliebten.

(Anlaß.
Vor etwa zwei Jahren kontaktierte mich eine Frau L. und ersuchte
um Auskunft über den Verbleib meines Vaters, an den sie ein
Liebesverhältnis geknüpft hatte, über das ich Näheres nicht weiß. Es
ergab sich ein kleiner Briefwechsel, der keinen allzu guten Ausgang
nahm und esoterisch völlig verbrämt war, was mich – angesichts
eines Mannes, der seine Kinder restlos alleinließ – ausgesprochen ärgerte,
wiewohl – vielleicht auch zumal – mir in dieser Zeit bewußt
wurde, wie sehr ich ihn liebte. Sein Verschwinden ist für den Vierjährigen,
der ich bei der Trennung der Eltern war, ganz offensichtlich
eine Katastrophe gewesen.)

ANH an Frau L.
Guten Abend, Frau L.,
es mag sein, daß Sie das interessiert, was ich Ihnen hier schicke. Sehen Sie mir bitte nach, wenn der Text an einigen Stellen noch formale Schwächen hat; es ist nur die R o hfassung eines aus dreizehn Elegien bestehenden Buches. >>>> Die zwölfte Elegie ist in dieser groben Fassung heute grad fertiggeworden.
Ich grüße Sie, ANH/AvR
Frau L. an ANH.
Hallo Alexander,
ja vielen Dank auch. Nur leider kann ich persoenlich mit dieser Art von Literatur ehrlich gesagt wenig anfangen, obwohl ich auch mal Germanistik studiert habe Anfang der Achtziger. Habe mir ueber http://AMAZON.COM seinerzeit das Buch „Wolpertinger oder Das Blau“ bestellt und darin gestoebert. Doch wie gesagt: da bevorzuge ich andere Literatur. Sie koennen schreiben und haben viel Phantasie. Aber ob das Kunst, literarische Kunst ist, und wie man sie bewerten will ist wohl Ansichtssache. Wenn ich einmal schreiben sollte, dann gewiss ganz anders.
Ihr Vater hatte seine Briefe an mich wieder zurueckhaben wollen, um daraus ein Buch zu „machen“. Er hat sie von mir nicht wieder zurueckbekommen. Sie ruhten bis zum 12. September d. Js. in einer Truhe in meiner Wohnkueche, worin sich auch andere Briefe und meine Tagebuecher befinden. Nach dem 12.09.06 habe ich die gebundenen Briefe aus der Truhe genommen, um sie meinem Neffen (24) zu lesen zu geben. Doch auch davon habe ich Abstand genommen. Er bekommt sie nicht zu lesen. Einige Briefe kennt meine Mutter aus damaliger Zeit. (…)
Dass da „noch was kommt“ war mir klar – seit ich die Briefe ihres Vaters aus der Truhe genommen habe, worin sie 22 Jahre ruhten … Davon Kenntnis genommen hatte damals uebrigens auch mein Arzt, ein Facharzt fuer Neurologie und Psychiatrie des Jahrgangs 1919, der nicht nur Medizin sondern auch Philosophie, noch unter KARL JASPERS hier in C. studiert hatte. Dieser Arzt lebt aber nicht mehr. (…) Von den Briefen ihres Vaters hielt er nicht viel. Ein grosser Geist stuende/stecke nicht gerade dahinter (seine Worte). An ihn hatte Ihr Vater damals 1980 uebrigens auch geschrieben …
Der Arzt riet mir davon ab, Ihren Vater zu ehelichen. Er hatte ihn auch im Verdacht, evtl. psychische Probleme bis hin zur Schizophrenie zu haben. So war das damals. So verhielt sich das. Als wir in der Familie nun den 24. Geburtstag meines Neffen feierten, war u.a. wieder einmal die Sprache auf Ihren Vater gekommen, den meine Familie von Fotos her kannte, die ich im Oktober 1980 auf Mallorca (Felanitx/Cas Concos) gemacht hatte. Und mein Neffe zeigte Interesse an den Briefen … Wenige Tage nach dem Geburtstag hatte ich die Briefe aus der Truhe genommen. Seither liegen sie auf meinem Kuechentisch … Ich wusste/ahnte wie gesagt, dass da „noch was kommt“ …
Also mit den Duineser Elegien eines RAINER MARIA RILKE sind Ihre „Bamberger Elegien“ aber nun wirklich nicht zu vergleichen! Dem koennen Sie nicht das Wasser reichen Alexander. Ja ich erlaube mir als Laie, das zu behaupten. Ihren Schriften kann ich leider nichts abgewinnen. Nicht das Geringste. Es wundert mich, dass man fuer sowas den Grimme(lshausen) Preis bekommt. Doch ueber Kunst und Ansichten laesst sich bekanntlich trefflich streiten.
Die Briefe Ihres Vaters sind wunderschoen und poesievoll. Einmal hatte er ihnen ein kleines Aquarell beigefuegt, ein andermal ein kleines Oelbild auf Kupfer. Und gedichtet hatte er auch. Sie waren (sind) mit Liebe und Herzenswaerme verfasst. Meiner Mutter gefielen einige ausserordentlich gut. Alle kennt sie freilich nicht. Und alle kannte auch nicht mein alter Doc. Nur einige.
Fuer mich war es damals immer aufregend und schoen, wenn Briefe von Ihrem Vater in meinem Briefkasten lagen und darauf warteten, von mir gelesen zu werden. Manchmal brachte mir meine Mutter die Post ins Schlafzimmer direkt an mein Bett. Und mein damaliger Freund, mit dem zusammen ich Ihren Vater auf Mallorca kennengelernt hatte im Juni ’80 war sogar neidisch auf die Briefe vom „Lobo“. Danach bemuehte auch er sich, aehnlich blumig an mich zu schreiben, was ihm aber nur selten gelang.
Mit freundlichem Gruß
ANH an Frau L.
Daß meine Arbeit Kunst ist, ist sicher keine Ansichtssache. Kunst ist objektiv und unterliegt objektiven, nicht gefühligen Gesetzen. Aber darüber muß man tatsächlich nicht streiten. Manche mögen den Kitsch, der keine Kunst, aber mit Esoterik verwandt ist, andre mögen ihn nicht. Und was Duino (Rilke) anbelangt, so haben andere eine andere Auffassung als Sie und verstehen sicher auch mehr davon. Mir ist nur nicht klar, woher Ihre Aggressivität rührt. Allerdings ist sie hochinteressant und verleitet mich momentan, diesen unseren Briefwechsel in meinem Literarischen Weblog zu veröffentlichen; wobei ich S i e selbstverständlich anonymisieren werde*. – Daß Sie mich, die Sie mich gar nicht kennen, „Alexander“ nennen, ist im übrigen ein Übergriff, der in denselben Zusammenhang gehört. Da wär vielleicht eine Entschuldigung angebracht – es sei denn, Sie schätzen Stillosigkeiten. Außerdem geht’s nicht darum, jemandem das Wasser zu reichen, sondern um Arbeit.
Was die Briefe meines Vaters an Sie anbelangt, so schlage ich vor, sie zu beerdigen. Ich meine das ganz konkret, nicht metaphorisch. Es wäre ihm Ehre.
ANH

[*) Das ließ sich mit wikipedia nicht mehr völlig durchhalten.]

45 thoughts on “Wolf v. Ribbentrop. Vater-Arbeit. Nachgang zur Zwölften Bamberger Elegie. Briefwechsel mit einer seiner letzten Geliebten.

    1. Ich in diesem Fall nichts. Da es sich ganz offenbar um Liebesbriefe handelt, an eine Person zumal, die – was immer sie ästhetisch von ihr halten möge – auf die literarische Trauerarbeit eines hinterbliebenen Sohnes, der den verschwundenen Vater ja s u c h t und nun poetisch wiedersucht – abfällig mit unsensibler Aggressivität reagiert. Daß sie zur Zeit der Affaire sehr viel jünger gewesen ist als ihr Liebhaber war, tut insofern nichts zur Sache, als ja auch sie in der Zwischeinzeit Reifung erfahren haben sollte. Hätte mein Vater, wie er offenbar vorgehabt hat, die Briefe für ein Buch verwendet und dieses veröffentlicht, wäre das etwas anderes gewesen, da es sich dann in jedem Fall um einen objektivierenden Akt gehandelt hätte; dann also h ä t t e ich lesen wollen. S o jedoch hätte, diese Briefe zu lesen, den Geruch von Unterwäscheschnüffelei.

      [Vater-Arbeit, ff.]
  1. einmal mehr verstehe ich nicht, warum sie private kränkungen zum thema des lit. weblogs machen. da diagnostizieren sie aggressivität im brief der frau l. und sind selber mindestens so aggressiv (schon in der präambel ganz oben rechtfertigen sie ihre aggression, die dann später kommen wird, mit dem trauma des vom vater verlassenen vierjährigen jungen: spätestens seit dem moment der bewußtwerdung dieses traumas gilt das nicht mehr als rechtfertigung für die eigenen aggression, denke ich.).
    was ficht sie die dame l. an? warum ärgert sie ihr kunstverständnis, wo sie doch selbst eine gefestigte ansicht haben, was kunst sei? wären sie sich sicher, hätte sich dieser eintrag erübrigt, er geht nämlich weit über eine dokumentation hinaus. er ist persönliche replik, veröffentlichung einer privaten (und nicht künstlerischen) fehde bzw. eines konfliktes.
    und: wer glaubt ihnen, die briefe ihres vaters wären ihnen gleichgültig, egal jetzt ob es liebesbriefe oder briefe von literarischem wert sind? ich nicht.

    mit diesem eintrag zeigen sie der welt: seht her, ich bin gekränkt worden und hab zurückgehauen. und wollen jetzt wissen, was die leser davon halten. denke ich.

    1. @ Ede Kowalski. @ ferromonte Nachdenken und lesen schadet nicht. Kunst unterliegt keiner Übereinstimmung, sonst ließe es sich über sie abstimmen, und dann hätten wir – Pop.
      Im übrigen hatte ich die Aggression erst, nachdem Frau L.’s Brief hier eintrudelte; danach auch wurde die Präambel geschrieben. Und, feromonte, es g i b t das Private nicht in der Kunst, ich habe darauf sehr oft hingewiesen und das auch deutlich theoretisch fundamentiert. Ihnen sind die entsprechenden Stücke bekannt. Insoweit es in diesem Literarischen Weblog auch um die Erarbeitung einer Produktivitätsästhetik geht – und das ging es, wie in der Kleinen Theorie des Literarischen Bloggens nachlesbar, von allem Anfang an -, sind gerade s o l c h e Anwürfe wie die der Frau L. zu publizieren. Daß für die Entstehung von Kunst immer a u c h Traumata wirken, ist an sich eine Banalität, die nicht erzählt werden müßte.
      Selbstverständlich reagiere ich auf Aggression meinerseits mit Aggression, gerade bei einem solchen Thema, in das dann auch noch Esoterisches hineinspielt, das ich ohnedies stark im Focus habe, wenn es um psychische Verschiebungsleistungen und ihre heiligende Verbrämung geht.

      @ Kowalski zur Klärung: Waren Kleists Arbeiten k e i n e Kunst, als sie abgelehnt wurden, und wurden es, als sie angenommen wurden? Meinten Sie dies, so öffneten Sie mit dieser Form des Relativismus der industriellen Marktgesellschaft und ihren Äquivalenzwerten, die sich nach Konsum bemißt, Tür und Tor.

  2. Ist das nicht alles getürkt hier? Sie grüßen mit ANH/AvR und wundern sich, wenn Sie mit Alexander angeschrieben werden. Wie kann die Frau auf die Duineser Elegien kommen, wo es doch nur die „Rohfassung“ einer ihrer dreizehn Elegien ist, die Sie geschickt haben. Weil Sie ihre Bamberger Texte Elegien nennen, muß gleich ein Vergleich mit Rilke herhalten. Na, ANH, Sie und ein Dichter? Entschuldigen Sie, aber da muß ich wirklich lachen. Sie mögen alles sein, aber ein Dichter sind Sie nicht. Schreiben Sie weiter Tagebuch im Namen anderer, das können Sie gut.

    1. @ Steuerparadies. Ich wundere mich,mit „Aexander“ angeschrieben zu werden, weil ich diese Person nicht kenne; hätte Sie „Herr v. Ribbentrop“ geschrieben, wär’s egal gewesen, „Herr Herbst“ auch. Aber den Vornamen zu nehmen eines völlig Fremden, d a s empfinde ich als Übertritt. Egal. Wären Sie nicht so schnell mit anonymer Häme zur Hand, also feige, ich könnte der Dummheit wenigstens einen Namen geben. So muß die Welt drauf verzichten. (Den Vergleich mit Rilke brachte im übrigen nicht ich, sondern diese Dame, die mir ganz von I h r e r Art zu sein scheint, auf. Und er fiel bisweilen – als Bezug, nicht Vergleich – von Lesern.)
      Was nun meine Dichtungen anbelangt es g i b t ja genügend; so fragt’s sich, was S i e vorweisen können? Wenn man schießt, ist es angebracht, satisfaktionsfähig zu sein; sonst gilt man zurecht als Heckenschütze.

    2. Mein liebes Steuerparadies finden sie nicht, dass sie Unverschämtes unterstellen, wenn sie meinen ANH führe mein Tagebuch .

    3. lieber herr herbst, ich pflichte ihnen rigoros bei in ihren ausführungen, nur eines aber:

      die frage, ob steuerparadies selbst etwas vorzuweisen habe, stellt sich mir nicht. auch literaturkritiker sind meistens nicht im geringsten satisfaktionsfähig und sind schnell bei der hand mit „sie sind nicht“ und „es ist nicht“ und „es kann nicht“… ohne es selbst jemals gewesen zu sein, noch „es“ je wahrgenommen zu haben.
      vielleicht gehört er ja zu der fraktion.

      glaub ich aber eigentlich auch nicht…

    4. Literaturkritizitäten – des Dichters Folterstuhl Seit wann muss man Mitglied eines Berufsstands sein, um „satisfaktionsfähig“ zu werden? Scheint mir höchst unlogisch. Hört sich an wie: „…komm´ du erst mal in mein Alter, dann kannst du mitreden!“ Da man aber nie in „sein“ Alter kommt (nur wenn der „Ältere“ stirbt, dann hört dieser den „Jüngeren“ nur nicht mehr) , wird man nie mitreden dürfen. Das schließt nahezu Kritik aller anderen, die nicht dem Berufsstand angehören aus. Somit dürfte niemand von uns hier jemals Politiker kritisieren, falls wir nicht selbst einer sind.
      Qualität von Kunst beispielsweise lässt sich sehr wohl von Kritikern prüfen, so sie denn ihre Kritik ehrlich meinen und sie sachlich fundiert ist. Leider ist gute Kritik (positive und negative) nur schwer zu finden, was im mangelhaften Habitus und am fehlenden Können der Kritiker heutzutage begründet ist.
      Es leuchtet mir jedoch ein, das die (Literatur-)Kritikerzunft bei Dichtern und Schriftstellern wenig beliebt ist – das liegt in der Natur der Sache.

    5. Nun, Herr Stromberg, wenn seitens der Kritik nachvollziehbare A r g u m e n t e kommen, lese ich zwar kritisch, aber immer auch h i n. Dennoch bleibt der Geschmack von einem zurück, der über den Geschlechtsverkehr anderer eine Meinung abgibt, ohne jemals s e l b s t einen gehabt zu haben. Lacht. Letztlich kann der Kritiker – wie ein Leser – nur ein Geschmacksurteil abgeben; er ist allerdings bisweilen mit der Macht ausgestattet, dieses Geschmacksurteil zum einen zum Geschmecksurteil aller anderen aufzuwerfen; zum zweiten sitzt er gern in jenen Instanzen, die existentiell über die ökonomische Wohlfahrt von Dichtern entscheiden, z. B. in Juries. Dann wird sein persönlicher Geschmack zum Maß über Existenz oder Nicht-Existenz dessen, ü b e r den er richtet. Insofern möchte ich Ihren letzten Satz, dem ich zustimme, noch verschärfen: Es gibt zwischen Kritiker und Dichter k e i n e Brücke, sie sind Feinde. Darüber täuschen sich nur jene Dichter hinweg, die in der Gunst der Kritiker stehen; letztlich sind sie deren Domestiken. Es gibt aber Menschen, auch unter guten Dichtern, denen das liegt. Ich gehöre nicht dazu.
      (Unabhängig davon kann ein Kritiker auch recht haben, sogar dann, wenn er selbst nicht weiß, warum. Aber auch das gilt für a l l e Leser. Genauso gut kann er aber auch unrecht haben. Hier sticht letztlich ästhetischer Darwinismus.)

    6. Geschmackizitäten Irgendwie hinkt der Vergleich – mit dem Geschlechtsverkehr.
      Sie schrieben auf dieser Seite folgendes:
      „Kunst ist objektiv und unterliegt objektiven, nicht gefühligen Gesetzen.“
      Somit ist, nimmt man obige Behauptung als gegeben, jede Kunst zumindest in ihrer Konstruktion, ihrem Aufbau, ihrem Wert zu beurteilen. Muss ja so sein, sonst gäbe es die erwähnten Gesetze nicht. Ein Kritiker muss also die Gesetze der Kunst (Kunstgeschichte, Literaturgeschichte, die Regeln des Satzbaus etc.) kennen, deren „Geschmack“ (oder Wert) er beurteilt. Es sollte für ihn möglich sein, hier recht objektiv zu sein, was leider allzu selten passiert.

      Welche Kriterien sollten denn Ihrer Meinung nach gelten, w e n man als einen förderwürdigen, guten oder schlechten, unwürdigen, stümperhaften, genialen, brillanten, dilettantischen usw. Künstler bezeichnen soll? Der Beruf des Künstlers, bzw. seine Bezeichnung, ist nicht geschützt. J e d e r kann sich Visitenkarten drucken lassen, auf denen in der untersten Zeile der Begriff „Künstler“ steht. Da gibt es kein Gesetz dagegen. Zur Untermauerung der persönlichen Berufswahl „Künstler“ mag dann die persönliche Veröffentlichung bei BOD oder im Internet dienen und schon ist man Schriftsteller. Wie wollen Sie sich, Herr Herbst, qualitativ gegen mittlerweile s o viele Möchtegerns durchsetzen, wenn nicht durch eine fachlich korrekte Kritik, die die Spreu vom Weizen trennt. Natürlich gibt es auch hervorragende Weinkritiken, jedoch entscheidet hier ebenso wie in der Literaturkritik der persönliche Geschmack, ohne das der Kritiker, der Leser oder der Weintrinker jemals Künstler oder Winzer gewesen sein muss. Ich denke, dass Kritik in Bereichen, in denen der persönliche Geschmack eine übergeordnete Rolle spielt, für den Rezipienten nur dann sinnvoll ist, wenn er sich „seinen“ Kritiker genau aussucht, nämlich denjenigen, dessen Geschmack dem eigenen sehr nahe kommt.

      Bedenken Sie, dass Sie sich mit den Lorbeeren (Literaturpreisen) schmücken, die Ihnen von den Leuten vergeben wurden, die Sie zur Fraktion der Kritiker zählen. Wenn Sie deren Urteil in Frage stellen, stellen Sie gleichzeitig Ihre Auszeichnungen und Ehrungen in Frage.

    7. @Stromberg. Ich fürchte, ich muß Ihnen die Illusionen nehmen. Literaturpreis-Vergaben gehorchen in den allermeisten Fällen Beziehungen und/oder Interessen von Lobby, (persönlichem) Machteinfluß, Eitelkeit, und obendrein sind sie meist abgestimmt, und die Kandidaten werden nicht selten in einer Art Kampfabstimmung ausgelobt; bisweilen greifen da sogar Veto-Rechte Einzelner. Oder man muß einfach G l ü c k haben, nämlich als Einsender dem richtigen unter allen Juroren ins Kästchen getan worden zu sein. Das ist insgesamt bei den mir zugesprochenen Preisen, soweit ich Einblick habe, nicht anders gewesen. Ein Unterschied zu übrigen Wirtschaftszusammenhängen ist nicht vorhanden. In einem Fall verdanke ich den Preis letztlich dem entschiedenen Eintreten eines Mannes, der gar kein Stimm-, wohl aber ein beratendes Recht hatte und hartnäckig verlangt hat, daß das Buch auch gelesen würde; er hat sogar, sagen wir, ‚geprüft‘, ob man’s auch tat. So etwas kostet enorm viel Energie und Überzeugung; bei den im allgemeinen ausgehandelten Juror-Gehältern bringt das schon aus rechnerischen Gründen kaum jemand auf, zumal wenn nicht mit Machtgewinn gerechnet werden kann. In keinem meiner Fälle waren an der Initiation des Preisvorschlages Kritiker beteiligt, eher im Gegenteil. Etwa wäre ich ohne Eva Demskis und Uwe Timms beherztes Eintreten, das mit Kraft ie Vorauswal umwarf, niemals beim Literturfonds durchgekommen, sondern wie alle 13 Jahre zuvor mit feiner Regelmäßigkeit zweimal jährlich abgelehnt worden. Ich mußte Demski k e n n e n, damit die Jury überhaupt erfuhr, daß auch ich etwas eingereicht hatte. Im Falle der beiden großen Preise gab es im Nachgang sogar Zerwürfnisse.
      Ich mache mir also darüber, daß ich Preisträger bin, absolut keine Illusionen. Daß ich die Preise dennoch anführe, hat etwas damit zu tun, daß ich sie zum einen als gerecht empfinde, und zum anderen hat es etwas von einem „Dr.“, den man auf seine Visitenkarte schreibt. Wir alle wissen, wie kläglich Doktorarbeiten in manchen Disziplinen oft aussehen; das nimmt ihnen dennoch nicht ihren öffentlichen Rang. Man muß sich nur klar darüber sein, daß sie über die Qualität einer Arbeit nichts, aber auch gar nichts aussagen. Der Lyriker Paulus Böhmer, der, unterdessen 60jährig, zeit seines Lebens nie einen Preis bekam, gehört des unerachtet zu den großen Dichtern Deutschlands… zu den a l l e r-größten.
      Ach ja, und meine wirklich wichtigen und großen, auch entscheidenden Kritiken erhielt ich von Außernseitern des Betriebs, die allerdings in i h r e n Diszplinen Koryphäen sind, nämlich von Wilhelm Kühlmann und Ralf Schnell; beide sind Literaturwissenschaftler, nicht etwa Kritiker; der eine ist ein berühmter Altphilologe, der andere, dem ich die Aufnahme in den Kanon der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur verdanke, ist einer der führenden Medientheoretiker. Literaturwissenschaft und Kritik sind in Deutschland voneinander strikt getrennte Gebiete, die auch kaum Einfluß aufeinander haben. Nun steht die Wissenschaft auch nicht, jedenfalls die Geisteswissenschaft noch kaum, in ökonomischen Zwängen: soweit es ihre Urteile angeht und soweit diese sich nicht auf universitätsinterne Machtfragen auswirken. Das ist bei Kritikern des Tagesgeschäftes prinzipiell anders.

    8. @Steuerparadies:
      Ich möchte einmal darauf hinweisen, dass es zu ANH‘ s Werk literaturwissenschaftliche Arbeiten gibt, wie >>>> diese hier.

      Der Abschluß dieser Arbeit lautet:
      „Auf alle Fälle ist Alban Nikolai Herbst eine gewichtige Stimme der neueren deutschsprachigen Literatur und ein Schriftsteller, der unstrittig einen herausragenden Platz im Pantheon der Postmoderne einnehmen wird. Und, dessen bin ich mir sicher, sehr weit von Gilles Deleuze und Félix Guattari wird er nicht zu Sitzen kommen“.

      Bevor man hier lediglich destruktiv subjektive Kommentare abgibt, sollte man sich auch und besonders auf dieser Ebene (Literaturwissenschaft) mit dem Werk eines Dichters, Schriftstellers, Autors auseinandersetzen. Als ich begann, mich mit dem Werk ANH’s (für mich ist es ein Gesamtwerk) auseinanderzusetzen, hatte ich nicht den blassesten Schimmer. Inzwischen weiß ich mehr, habe aber immer noch das Gefühl, am Anfang zu stehen, deshalb erarbeite ich es mir, von Beginn an, Buch für Buch.

      So.. jetzt noch @ferromonte den Hinweis: Ich als Frau reagiere hier, weil mich die Arbeit von ANH interessiert, weil ich wissen will, und nicht aus geschlechtstriebigen Gründen. Schade, dass Sie Ihren 9 Punkte beinhaltenden Kommentar wieder gelöscht haben.

    9. @svarupa: ich schreibe oft beiträge, die ich dann wieder lösche (gerade bei ANH), weil ich nach weiterem nachdenken überzeugt bin, es gäbe nur weiteres böses blut und ich mich gar nicht weiter involvieren will; und ich habe mir jetzt wirklich fest vorgenommen, nichts mehr bei herbst zu posten – was mich noch schwerfällt, aber sicher leichter werden wird in zukunft.
      ich finde überigens den mensch ANH interessanter als sein werk (das ich natürlich auch interessant finde; diese trennung mensch – werk ziehe ich für mich, auch wenn er es nicht tut und will), und den mensch liebe ich auch, weil er auf seine weise um aufrichtigkeit und wahrheit kämpft, sich nicht manipulieren und bestechen lässt, alles selber lernen will, unendlich stur ist usw. … manche eigenschaften gehen mir unendlich auf die nerven, aber auch deshalb liebe ich ihn. in den dschungeln zu diskutieren aber macht keinen sinn und keine freude mehr.

  3. „Kunst ist objektiv und unterliegt objektiven, nicht gefühligen Gesetzen. Aber darüber muß man tatsächlich nicht streiten. Manche mögen den Kitsch, der keine Kunst, aber mit Esoterik verwandt ist, andre mögen ihn nicht.“ sagen sie, lieber herbst.

    was sind nun diese objektiven gesetze? bzw. kann man diese so artikulieren, daß ihre objektive gültigkeit einsehbar ist und nicht wiederum in subjetiven ansichten mündet?

    1. Um die Artikulation dieser Gesetze,“lieber“ ferromonte, ist es der Kunstphilosophie, wie Sie wissen. Von Platon über Kant und Adorno und bis in die gegenwärtigste Moderne hinein ständig getan. Und auch ich füge bisweilen, gemessen am Vorlauf, Fragmentchen bei, die sich u.a. d o r t einsehen lassen. Aber das ist Ihnen doch längst bekannt! Weshalb also die Rhetorik?
      (Der erste Band mit poetologischen Schriften wird – als B u c h – im Herbst 2007 erscheinen; auch darüber wurde in Der Dschungel längst gesprochen.) UND: Die Liebesbriefe meines Vaters an eine zumal solche Frau sind mir in der Tat egal. Oder nein: Beerdigte sie sie w i r k l i c h, ich hätte ein Gefühl von Achtung. So bleibt nur – Ekel.

    2. Oh – Freunde , nicht diese Töne. Natürlich kennt die Kunst Gesetze, wir kennen den goldenen Schnitt, wir kennen Versmaße, Formregeln, in der Architektur und der Bildhauerei gelten die Gesetze der Statik usw., von Formgesetzen in der Musik will ich gar nicht sprechen. Eine Fuge ist nur dann eine Fuge… usw. aber das können sie selbst hier in der Wikipedia nachlesen, das muss ich nicht vorkauen. Heben wir mal die Kunst ANH’s aus der hier umstrittenen gesetzlichen Sphäre und schauen wir sie nur an, lesen z.B. Elegien. Das empfehle ich Jedem, bevor Urteile gefällt werden. Hier versucht sich ein Epiker in lyrischen Großformen. Die sind zurzeit nicht gerade en vogue, umso mehr ist der Mut zu loben. In 13 Elegien spricht der Dichter von existentiellen Fragen, die ihn bewegen und die durch die Form, die ANH wählte, ins Literarische geworfen werden. Es ist das gute Recht des Künstlers sich jedem Angehörigen der Bruder – u. Schwesternschaft „Kunst“ gleichzustellen. Wer hier Rilke gegen ANH ins Feld, und Herrn Herbst’s Meinung als Anmaßung versteht, hat vom Wesen dieser Bruder – u. Schwesternschaft nur wenig begriffen.

    3. Es gibt, ich komme schon hier darauf zurück, weil nichts aus den Augen verloren werden darf, keinen Mit-, keinen Nachvollzug; das Gedicht ist, da es eben das Gedicht ist, einmalig, unwiederholbar. (Einmalig auch für den, der es schreibt und von dem Sie und ich, die es lesen, keine andere als eben nur diese einmalige Mitwisserschaft erwarten dürfen.) Einmalig und unwiederholbar, irreversibel jenseits oder diesseits aller Esoterik, Hermetik etc. —
      Paul CELAN, Notizen zur Büchnerrede (leider liegt mir die fertige Rede zum Büchnerpreis nicht vor). Mehr sage ich zu diesen merkwürdigen Kommentaren (und ich meine nicht ANH und montgelas) nichts.

    4. Nun mussten Sie doch mehr dazu sagen …. dabei WÄRE Ihr Einwurf wohl zu verstehen gewesen. Für mich war er’s, gleich, im verspäteten Nachlesen auf diesen Seiten.

  4. Irrtum, Ferromonte! Dass sich ein Trauma lediglich
    durch „Bewußtmachen“ unschädlich
    machen ließe, entspricht nicht
    dem Stand der Forschung.
    Insoweit haben Sie wohl nicht Recht.

    Wenn Herbst an dieser Stelle mit
    seinen Gefühlen nicht zurande kommt,
    verdient dies Zurückhaltung und Respekt.

    1. ich werde nichts mehr hier posten, weil ich diese dummen rechthabereien/besserwissereien insgesamt satt habe. das eine geb ich noch zurück: ich hab genug respekt vor herbst, machen sie sich keine sorgen. allerdings habe ich nie behauptet was sie da verdrehen.
      in diesem zusammenhang mit dem stand der forschung anzukommen ist ja mit das dümmste, was zu diesem thema zu sagen ist. (ich habe kein korrosionsproblem, ich benötige ihre dienste nicht)

    2. den kommentar von parallele hab ich nich ganz geschnallt…was hat die celanrede mit der diskussion ueber kunst zu tun??? von daher ist der kommentar von parallele ja auch merkwuerdig… warum macht parallele hier eigentlich immer die leutz so an??? ist genauso dumm wie steuerparadies der ja auch nur daherlabert!!

    3. @ andante. Ich hab >>>> parallalies Parallele, frei herausgesagt, auch nicht recht verstanden. Allerdings auch nicht, wieso Sie meinen, er machte – und immer! – „die Leutz so an“? Er hat, wie ich grad wiederlese, von „merkwürdigen Kommentaren“ geschrieben, nicht mehr… und das ist ja nun, zumal vergleichsweise, nicht mal ein Attäckchen…

    4. ich kann ja mal diesen kernsatz Celans wiederholen: „das Gedicht ist, da es eben das Gedicht ist, einmalig, unwiederholbar“. darum sind Albans elegien nicht Rilke. sie sind für sich genommen unwiederholbar. und darin liegt ihr wert. hinweisen will das auf ein idee von kunst, die einer geste entspringt, die sich von der person nicht trennen läßt. dieser geste liegt eine person zugrunde. insofern ist es merkwürdig, wenn ANH gerade am meisten angefeindet wird, wenn er sich dieser seiner schwäche hingibt, sich angegriffen zu fühlen. obwohl, angegriffen wurde er nicht wenig von jener frau.
      dennoch danke, daß mal einer auf einen meiner kommentare eingegangen ist, sie liegen sonst immer wie ein steinchen im meer der orthodox diskutierenden beiträger, die immer wägen und abwägen und wieder wägen und konzedieren und zurücknehmen usw. usf.
      dumm wie steuerparadies…? nein, lieber nicht, sonst wird’s wieder als persönliche empfindlichkeit ausgelegt.

    5. lieber ANH „Es
      ergab sich ein kleiner Briefwechsel, der keinen allzu guten Ausgang
      nahm und esoterisch völlig verbrämt war, was mich – angesichts
      eines Mannes, der seine Kinder restlos alleinließ – ausgesprochen ärgerte“
      …..ich denke,diese kleine vorgeschichte offenbart das eigentliche….und ich frage mich nur,warum tun sie sich das an mit dem wissen und der erfahrung ,die sie schon vor 2 jahren gemacht haben….?natürlich werden ihnen von 100 leuten 95 sagen,dass sie mit ihrer literatur nichts anfangen können,das ist doch aber kein kriterium und sollte sie nur lächeln lassen,meinetwegen auch traurig lächel lassen…traurig für die anderen…sie brauchen sehr viel lob für ihre arbeit und das ist ihr wunder punkt,aber natürlich auch eine wirklich einfache art sie zu ärgern..ich bin nur immer wieder erstaunt,dass lebensthematisch immer die gleichen muster hier in die dschungel auftreten…???

    6. Liebe China-blue, Sie haben völlig recht mit diesem „Sie brauchen sehr viel Lob für Ihre Arbeit“; ich habe das >>>> hier (dritter Absatz) auch, ich glaube: wieder, ausgeführt. Es hängt mit einer, man könnte sagen Ich-Schwäche zusammen (was etwas anderes als eine generelle Schwäche ist, die ich kaum habe, eher ist da eine zähe, durchsetzungsmächtige Über-Stärke, die einen deutlichen Triebcharacter hat); was aber Ich ist, ist ausschließlich über meine Arbeit hergestellt; als es sie noch nicht gab, also bevor ich vierzehn/fünfzehn war, g a b es kein Ich, nur ein ziemlich ungeregeltes Bündel auseinanderdriftender, heftiger Triebe. Erst die Arbeit fokussierte sie. Deshalb ist nahezu alles, was ich bin, über die Arbeit nicht nur definiert, sondern stellt sich de facto auch erst über sie her; das betrifft ebenso meine Freundschafts- und Liebesbeziehungen. Dieser Komplex war während meinr vierjährigen Psychoanalyse ausgebig Gegenstand der Untersuchung.
      Es gehört zu meinen Stärken, daß ich über solche Sachverhalte öffentlich spreche; ich bin mir auch dessen bewußt, und auch das ist Gegenstand meiner ständigen Beobachtung und literarischen Formung. Das ist auch der Grund, weshalb ich sowohl, als ich das Tagebuch noch führte, als auch nun beim Arbeitsjournal von Arbeit spreche und die darin verzeichneten Geschehen der hier entstehenden Poetologie zuschlage. Und es ist der Grund, weshalb ich etwa ferromontes Trennung von Beruf und Privat, Künstler und sonstige Person nicht mitmache.Ich k a n n das gar nicht mitmachen, weil ohne die Arbeit wieder das gesamte Ich auseinanderfiele.
      Daß dies eine Schwachstelle ist, weiß ich auch. Aber auch, daß dies eine entschiedene Stärke, ja Macht ist: es treibt meine Arbeit voran und zeugt neue und wiederneue Dichtungen in einer unterm Strich sowohl enormen Menge wie Qualität (Zugleich aber trifft mich mangelnde Anerkennung immer s e h r schwer, egal, von wem, egal, aus welchem Grund.)

      Zu den lebensthematischen Mustern: Ich kann Ihre Verwunderung nicht teilen. Denn ganz offenbar sind einige Traumata – oder ist eines – noch nicht ‚erlöst‘. Vielleicht l ä ß t es sich auch nicht erlösen, vielleicht gibt es Schäden, die bis zum Tod durchwirken. Ich bin aber nicht bereit, sie zu verdrängen, sondern will sie ausgraben und weiter ausgraben, bis sie deutlich konturiert dastehen. Dabei nähert man sich möglicherweise dem oft gleichen Wirkungsfeld aus den verschiedensten Perspektiven und kreist es dabei ein – umzingelt es, ließe sich das formulieren: um das Wild dann zu s t e l l e n. Auch das ist ein Motiv künstlerischer Arbeit; in diesem Sinn ist das in meinem verbotenen Buch formuliert worden, dort am lebensgeschichtlichen Beispiel eines Malers.

    7. natürlich bin ich kein therapeut, sondern eher wie wir schon an anderer stelle hatten ein bißchen pragmatisch…und mich wundert auch nur,dass sie lob von menschen suchen,die ihnen doch geistig gar nicht nahe sind wie diese frau l…wäre es nicht näher wirklich von freunden oder wohlgesinnten zu bekommen,was sie brauchen?…das wäre nur eine winzige änderung der reaktion auf ein muster,aber mir tut das wirklich jedes mal mit weh, was sie mit sich machen,denn eines ist auch gewiß,sie suchen nach etwas ,was sie so NICHT bekommen…und eigentlich ist es doch überhaupt nicht wichtig,was leute ,die einen gar nicht interessieren über die persönliche arbeit denken,gerade weil sie ja ihre arbeit und sich selbst nicht trennen..seien sie doch einfach mal so arrogant wie man ihnen manchmal unterstellt(das sind sie gar nicht:-)…)schweigen ist manchmal die treffendere antwort…ich hoffe,das war jetzt nicht anmassend,ich kann nicht einschätzen wie sich ihr trauma niederschlägt,aber ich wünsche mir für sie und das meine ich ganz ernsthaft das sie aus diesem leid finden,denn das ist tief routierend,aber nicht das leid,was sie brauchen für ihre kreativität als künstler,das ist ein anderes…

    8. kleiner nachtrag ferromonte macht etwas ganz anderes,er schätzt sie als mensch,fast mehr noch …verstehen sie das doch so wie es gemeint ist,er schätzt sie wie sie sind mit allen facetten und widrigkeiten,einfach weil jemand,der sich so offenbart wie sie das hier mit aller intensität tun auch etwas liebenswertes hat…deshalb muss er nicht allen ihren literarischen arbeiten genauso gegenüberstehen,das kann wohl keiner im gleichschritt,das wäre auch merkwürdig…denn dann müsste er fast identisch mit ihnen sein..auch zeitlich…aber er macht eigentlich genau das,was sie brauchen und sie nehmen es nicht an,sondern weisen ihn zurück…man kann mich nur mögen,wenn man meine gesamte arbeit genauso mag…ich kann mir bei ihnen auch gut vorstellen,dass es leute gibt ,die ihre arbeit schätzen aber sie nicht so toll finden,oder das gegenteil…alle möglichen varianten…sie sind sehr komplex…ihre arbeit auch…60% ist mehr als ein halber kuchen,85% noch mehr….ein ganzer kuchen verursacht vielleicht bauchweh?…

    9. Wissen Sie, china-blue, ich habe meinerseits nicht die Spur von Pragmatismus. Und wenn ich ihn zu entwickeln versuche (es gab Zeiten, wo ich so etwas unternahm), blieb hinterher immer das leere, sehr leere Gefühl von etwas-verraten-haben. Aber das ist nur etwas Marginales.
      Tatsächlich bin ich tatsächlich nicht arrogant und war es auch nie; aber in dem Moment, in dem jemand es so sagt und dennoch nicht tut, was erwartet wird, g i l t man als arrogant. Das ist ein Kreis, der etwas Komisches hat, betrachtet man ihn von außen. Daß ich Lob suchte, ist auch wieder nicht genau; ich brauche es, begehre es, das ist etwas anderes. Was mich verletzt, ist Ablehnung. Ich habe dieser Frau das Gedicht tatsächlich geschickt, weil ich meinte, die poetische Schönheit der Verse werde ihr etwas geben. Ich habe das wirklich gemeint und war wirklich überrascht und schockiert von der Reaktion. Denn egal, welcher Dispens zwischen uns herrschte: die Liebe zu meinem Vater, den anscheinend doch auch sie geliebt hat, spricht, ja r u f t aus jeder Zeile. Das hätte ihr doch etwas ungemein Tröstendes sein müssen. Davon ging ich aus. Gut, ich habe mich geirrt; aber dann hätte es genügt, sie hätte „Danke, aber ich kann damit nicht so viel anfangen“ geschrieben; ich hätte die Sache dann auf sich beruhen lassen, etwas traurig wär ich wohl gewesen, aber es wäre sicher nicht zu dieser meiner Reaktion gekommen. Dieser existentielle Ausdruck von Ablehnung mir gegenüber ist es, was dann so traf und mich im übrigen bis jetzt beschäftigt.
      Ähnlich ist es mit den Attacken, wie steuerparadies und andere sie hier fahren. Ich habe keinen von denen angegriffen, und wenn ihnen Die Dschungel nicht gefallen, müssen sie sie nicht lesen. Also deren Lob suche ich nicht, aber deren Ablehnung trifft mich. Anders liegt die Sache mit dem Literaturbetrieb; da bin ich ökonomisch auf Annahme (also Lob) angewiesen. Dennoch werde ich nicht eine Zeile anders schreiben, als ich es für richtig halte; ich s u c h e dort das Lob also eigentlich nicht, sondern erwarte es für Leistung – eine objektive, die ja auch mit den Jahren ihre Tragfähigkeit erweist. Hier geht jetzt zweierlei aber durcheinander: zum einen, daß ich existentiell darauf angewiesen bin; und ich meine das so, weil ich, auch wenn ich dabei umkommen sollte, nicht einen Zentimeter von meinen Positionen abrücken werde, soweit sie sich nicht aus sich selbst in eine andere Richtung entwickeln, also aus poetischer Notwendigkeit und Wahrheit; zum anderen, daß es ein eminenter Unterschied ist, was ich über meine Arbeit w e i ß (intellektuell bin ich ausgesprochen zugegen, sowohl kritisch als auch bejahend), und was dieses Ich in mir fühlt, das auf eine ziemlich vermaledeite Weise das angstbesetzte Kind geblieben ist. Vermaledeit deshalb, weil auch dieses Kindsein voller Ambivalenz steckt: Die Empfindlichkeit, die aus diesem Kindsein resultiert, versetzt mich überhaupt erst in die Lage, die Figuren meiner Bücher so nah zu schildern, w i e ich sie schildere: so radikal nah, so ganz aus ihnen heraus, und zwar aus a l l e n, ob sie nun ‚böse‘ oder ‚gut‘ seien, ob sie irren oder recht haben; dieses Kindsein führt – gesellschaftlich betrachtet – zu einer Form von Unmoral, die ich unschuldig nennen möchte und aus der dann natürlich, im Widerstreit mit Realität, Tragik herausspringt. Zum anderen macht genau dieses Kindsein mich aber unfähig zur Arroganz. Auch Pragmatismus, wenn er sich w e i ß, ist eine ihrer Formen. Und schließlich gerät dieses Kindsein in eine permanente Fehde mit der Intellektualität, zumal bei der mir eigenen Bildung.
      Letztlich kann ich nicht viel anderes tun, als das zu beobachten und auch wieder zum Gegenstand eines literarischen Unternehmens zu machen. Was Die Dschungel ja tun.

    10. zum „Kleinen Nachtrag“. Da empfinde ich wieder g a n z anders. Ich weiß, daß ferromonte das nicht beabsichtigte, aber gerade dieser Satz, er möge mich mehr als meine Arbeit, beleidigt mich derart tief, daß ich wirklich keine Brücke mehr sehe zwischen ihm und mir. Es ist mir allen Ernstes lieber, jemand lehnt mich ab, aber mag meine Arbeit. Er muß sie nicht einmal mögen, aber soll ihre Qualität ehren und ihr zukommen lassen, was ihr zusteht. Jedes übrige Zukommenlassen ist ein Almosen, das man Bettlern gibt. Ob jemand m i c h (was soll das denn sein ohne die Arbeit????) mag, ist mir sogar völlig wurscht… stimmt nicht ganz: bei der Frau, die ich liebe, wäre es grauenvoll, täte sie es umgekehrt nicht auch. Aber bei allen anderen? Wenn man mich d a z u mag, dann kann und werde ich es genießen. Und glücklich sein. Selbst wenn mich jemand tief liebte und begehrte, fände die Arbeit aber… sagen wir, zweitrangig – wäre das für mich ein Gund für Feindschaft, zumindest für dauerhaftes Elend. Umgekehrt nicht. Wenn man meine Arbeit liebt und mich selbst meinetwegen sogar haßt… dann fände ich das einen Zustand, in dem ich wenn nicht gut, so doch angemessen leben könnte. Ich würde dabei nicht einmal vereinsamen. Umgekehrt sehr wohl.

    11. lächelt ich weiss…und trotzdem…ich kann mich in sie oft gut hineinversetzen und lese das hier ja auch so oft ich zeit finde..pragmatismus ist letztendlich die praktische umsetzung gewonner erkenntnisse und das sich dadurch einiges vom leib halten,denn irgendwann muss man sich nicht mehr ständig die gleiche erfahrung auferlegen,sie bringt ja nichts neues und wenn das arrogant ist,auch gut…es gibt so einen merkwürdigen mechanismus,wenn man nicht geliebt und gelobt werden muss,dann scharen sich die bewunderer…aber wehe es ist umgekehrt…vielleicht berührt mich diese thematik auch deswegen,weil ich das neulich von einer astrologisch ambitionierten freundin mit leidensmiene verkündet bekam,dass das auch mein lebensmotto wäre…die vergebliche suche nach anerkennung…aber selbst nach tiefem nachdenken und nachfühlen fand ich das nicht in mir,aber ich habe den druck gespürt,den das verursachen könnte…dennoch umso bewundernswerter dann,dass sie den weg gehen,den sie gehen…sie könnten ja auch ins unterhaltungsfach wechseln und unendliches lob sammeln…aber lieber herr herbst,sie sind auch wirklich abgesehen von ihrer arbeit ein wirklich interessanter mensch,einzigartig offen und besonders…das spiegelt sich in ihrer arbeit,aber erlauben sie mir wirklich zu sagen,dass ihre kindlichkeit sich eher in den beiträgen spiegelt und das hat schon noch etwas anderes…und das war das,was ich auch denke,was monteferre fasziniert an ihnen(zusätzlich)…

    12. @ANH:
      es tut mir leid, daß sie alles mißverstehen; zu ihrer beruhigung kann ich auch mit ihren büchern viel anfangen, sie beschäftigen mich nachhaltig und sind mir sehr wichtig (und ich empfehle und verbreite sie auch, wo es mir sonnvoll erscheint).
      diese unsägliche (und mutige) aussage von mir sollte nur unterstreichen, daß ich, wenn ich nur entweder sie oder ihr werk retten könnte (vor einem sturz aus einem flugzeug beispielsweise), meine hand eben nach ihnen austrecken würde, und die bücher in die tiefe sausen lassen würde. das jetzt als metapher (die sie wohl nicht verstehen werden können).
      daß es ihnen egal ist, ob man sie mag oder nicht, daß sie ihr blog nicht betreiben um menschen kennenzulernen etc. haben sie selbst oft genug gesagt; was für ein idiot wäre ich, wüsste ich das nicht. als ich das schrieb, dachte ich sogar an die möglichkeit dieser ihrer gegenteiligen reaktion (daß sie es also als größtmögliche beleidigung auffassen könnten), ließ es aber drauf ankommen – davon ausgehend, daß sie einen halben schritt aus ihrem winkel rauskommen und auf die idee kommen könnten, einmal nicht —
      aber seis drum! grotesk: einerseits gehirnakrobatik auf hohen ebenen, die einfachsten dinge aber sind zu weit von einer rezeption entfernt. ich werd wohl weiter lesen in den dschungeln, aber mich gänzlich raushalten. (das hier nur, weil ich angesprochen war)

    13. … und wissen Sie, china-blue… …(und da tanzt dann wieder meine Hybris:) … ich mag mich in furchtbar vielem irren, und gute Leser (ja, die gibt es schließlich auch) und die Freunde machen sich Sorgen… und ich mach trotzdem meinen Striemel… und die halbe Bekanntschaft sagt: „Sei vernünftig, setz dich dem nicht immer aus“ usw. …. aber, china-blue, dann steht eben d o c h wieder ein 1000seiter da, dann sind die nächsten drei Bücher geschrieben… na gut, wird halt mal eines verboten… aber sie sind d a… und diejenigen, die sich schonten, die sich n i c h t ausgesetzt haben, haben etwas auch nur Ähnliches n i c h t. Die haben sich halt – geschont.
      (Ich habe eine irre Achtung vor Messemer. Ja, er hat, weil sie erfroren, Zehen verloren und wahrscheinlich mancherlei andere schlimme Krankheit n o c h, aber er war o b e n. Die anderen hingegen schleppen ihre gesunden Zehen in die Rente, und wenn sie zurückblicken, fangen sie an, ihre Kindheit zu verklären, weil n a c h ihr so wenig kam, daß keine Erinnerung daran ist, die sich verklären ließe. Nur eben i h r e intensive Zeit. Kindheit.)

    14. @ferromonte, mit einem Lachen: Und wenn es das e i n z i g e Dokument einer Arbeit wäre, das da hinabflöge? Die Bücher gibt es ja in vielfach reproduzierter Form, die kann man wiederbeschaffen…. aber das e i n z i ge? sagen wir: ein B i l d? ein unwiederholbares? D a s ist doch die Frage. Ich bin mir bei mir nicht sicher, wie i c h entschiede… es sei denn, ich liebte diese stürzende Person, also es wäre meine Frau, mein Kind, ein enger Freund… Übrigens eine große Geschichte, die Sie da in mir anstoßen: Stellen Sie sich vor, Sie retten diesen Menschen, aber sein Bild ist verloren. Und was tut er? Er verübelt es Ihnen das ganze übrige Leben lang und wird Ihnen zum Gegner…. – Toller Stoff! (Dafür l i e b e ich Die Dschungel: daß einem die Diskussionen, wie unangenehm sie immer auch sind, solche Erzählungen eingeben).

    15. exakt genau darum geht es…ihre bücher,schreiben sie,leben sie und machen das,was wichtig ist(für sie und ihre lieben)…ist doch wirklich egal,was leute,die sie hier gerade anführen von ihnen halten…das klang jetzt so gut,dass ich schlafen werde…gute nacht 🙂

    16. Da ist’s mir, ferromonte, zu kalt. Da ist’s nicht lüstern genug (deshalb bin ich noch nie auf einen richtigen Berg hoch… also einen wirklich richtigen). Aber wenn Messemer und, weshalb nicht?, Ransmayr mit in die T r o p e n kämen… da sind zwar nicht die Zehen gefährdet, aber, ich sag Ihnen, da gibt’s I n s e k t e n… geile Gifte… all sowas, das – >>>> Paglia würde sich jetzt bekreuzigen – z e u g t…
      Aber – Pathos beiseite: – w o wurde dieses Motiv schon erzählt? Ich wüßte es wirklich gern.

    17. „Indiana Jones and the Last Crusade“ Da hat ferromonte schon recht, den Plot gibt es in ähnlicher Form bestimmt unzählige Mal. Mir fällt spontan der Film „Indiana Jones and the Last Crusade“ ein. Am Ende des Abenteuers will die hübsche Blonde nach dem Heiligen Gral greifen, rutscht aus und stürzt in den Abgrund. Indiana Jones versucht nun seinerseits nach dem Becher zu greifen, stürzt beinahe auch in die Tiefe, doch sein Vater verhindert das und zieht in nach oben, aus dem Loch heraus und rettet ihn. Der Gral stürzt in die Tiefe, wohl für immer verloren. Der Mensch zählt halt doch mehr als das Werk. Zumindest in dieser Lesart. Mir fällt gerade ein absurdes Bild ein: ANH in seiner Wohnung. Eine gezündete Handgranate fliegt durch das geöffnete Fenster herein. Am Tisch sitzt ein Mensch, den ANH sehr mag. Was tut Herbst? Wird er sich auf die Handgranate werfen, um den Menschen am Tisch zu retten? Wird er sich auf sein Rohmanuskript – das wichtigste Buch aller Bücher, mindestens so wichtig wie der Heilige Gral – werfen, um es vor Beschädigung und für die Nachwelt zu schützen? Ich persönlich würde meine Bekanntschaft schnappen und gemeinsam aus dem Fenster springen.

      Das Problem beim Nachruhm ist, das man als Toter keine Lorbeeren mehr einheimsen kann. Ähnlich äußerte sich unlängst Marcel Reich-Ranicki zum Thema: Der Tod sei eine einzige Katastrophe. „Es erscheinen Zeitungen und ich kann nicht mehr erfahren, was da drinsteht.“ Statt solchen Gedanken nachzugehen, lese ich lieber das hoch interessante Buch der äußerst begabten Physikerin Lisa Randall: „Verborgene Universen“. Vielleicht finde ich darin einen Ausweg aus der Misere in einem Paralleluniversum? Da es hier wie bei den Waltons zugeht, sage auch ich „Gute Nacht, alle zusammen!“

    18. @ Stromberg. Stimmt, sagte ich doch: bei einem geliebten Menschen stellt sich die Frage nicht. Aber was, wenn man diesen Menschen n i c h t liebt? Außerdem hinkt das Beispiel, weil Indiana Jones‘ Vater den Gral ja nicht hergestellt hat, er i s t nicht der Gral, auch wenn er sein ganzes Leben auf die Gralssuche verwandte. Umgekehrt, wie viele Menschen hat es gegeben, die für ein Symbol (also eine Art Werk, zum Beispiel das Kreuz oder irgend eine Reliquie) in den Tod gegangen sind… Dazu gehören auch Ideen, zu denen gehört wiederum ‚Gott‘. Dazu gehört beispielsweise der heutige fundamentalislamische Terrorismus, der das Märtyrertum wiederbelebt hat.
      ANH kann auf die Handgranatenfrage aber auch d i r e k t antworten, da er noch aus der Zeit seines Kriegsdientverweigerungs-Verfahrens Erfahrung mit so etwas hat: Da bei einer durchs Fenster hereinfliegenden Handgranate sowieso keine andere Möglichkeit besteht, jemanden und etwas zu retten, spränge ANH zur Handganate und würfe sie aus dem Fenster wieder hinaus. Das Risiko, daß sie bereits explodiert, wenn er flieht, ist ebenso hoch, wie daß sie explodiert, wenn er sie ergreift. Also wird er sich für letzteres entscheiden, da darin noch ein Funken Hoffnung Realität ist.
      (R.-R.’s Äußerung emfinde ich dagegen als auf banale Weise profan, und zwar auch dann, wenn sie sicherlich nur ironische gemeint war. Aber ich emmpfinde ja die ganze Figur als banal.)

    1. wieso gehen Sie denn auf sowas noch ein? — >sein blog hat er doch, hat man den eindruck, eigens gegen Sie gefuehrt. ist das nicht ehre genug? schade aber, dass sich dort viele beitraege nur als subscriber lesen lassen.

      ich wuerde sein genoele einfach loeschen.

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