Daniel Craig. James Bond. Casino Royal. Und – vielleicht – die Dekonstruktion.

Ich habe Bond in meiner Jugend nie gesehen, sah die ‚Klassiker’ erst, als ich schon dreißig war, gewissermaßen, um Jugenderfahrung nachzuholen, mochte, klar, am meisten immer Connery, dicht von Dalton gefolgt, während mir die andren zu schmierig waren. Davon ist >>>> nun g a r nichts mehr da. Craig ist sozusagen existentialistisch, auch brutal, bindungsunfähig (worin er am Ende des Films – und genau darin findet sich der Existentialismus – zudem irrtümlich bestätigt wird; und er schaltet sofort wieder auf zynische Maschine zurück); er ist, selbst wenn er gewinnt, letztlich ein Verlierer, bewußt flach, nämlich zur psychischen Schmerzvermeidung – und das ist durchinszeniert, nicht etwa versehentlich in den Film geraten, dem die Elemente des Action-Märchens der früheren Bond-Filme ebenso fehlen wie die liebevolle Romantik der typischen Bond-Erfindungen; als man der Technologie noch glaubte. Hier ist nacktes Agentendasein inszeniert, rein positivistisch, zwar mit der nötigen Spur Supermann, aber doch eines, der immer zu enge Anzüge trägt und sich deshalb eigentlich unwohl fühlt. Eine Identifikationsfigur ist er allenfalls für tumbe Schlagetots, die die latente Verzweiflung, die diesen Bond-Typos durchzieht, nicht wahrnehmen können. Typisch, als ich die sehr engstehenden, zu den Kopfseiten schräg nach unten fallenden Augen sah: die mit Blau verstellten Augen eines Melancholikers, der sich zur Abwehr dieser Melancholie halbwegs erfolgreich einen Bodybuilder-Körper antrainierte, um in der brutalen Aktion Ablenkung von seiner Psyche zu finden – auch das inszeniert der Streifen durch; wie ein kleiner Junge nimmt Bond hier die Liebe der Frau an, die ganz ebenso etwas von einem verlorenen Kind hat wie er selbst (und deren Raffinesse wie die seine eine verlorene ist); und wie ein van Damme rastet er nachher aus. Und hochinteressant, daß in der – einzigen – Folterszene im Film der Böse es drauf anlegt, Bond in seiner Potenz zu zerstören: schlägt dem gefesselten Mann mit dem Knoten eines dicken Seils immer wieder von unten auf die nackten Hoden.
Jedenfalls ist dies der erste Bond, der, wie Batman, das Zeug hätte, ein ‚Held’ des Dekonstruktivismus zu werden. Und dem man es zutraut, daß er unter den Händen von Folterern krepiert – oder am Alkohol oder bei einem Unfall. Das, eigentlich, ist Daniel Craigs Bond-Qualität.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .