Arbeitsjournal. Donnerstag, den 15. Februar 2007.

4.42 Uhr:
[Berlin, Am Terrarium.]
An die >>>> “Zurverfügungstellung” des Laptops sei, das vergaß ich gestern noch zu erzählen, eine einzige Bedingung geknüpft: er müsse einen N a m e n erhalten… – – akzeptabel, find ich, wenn auch ein haut goût dovon ausgeht, der zwar einerseits etwas von Märchen hat, aber auch von Schauergeschichten, etwas von von Dämonen Beseeltes oder von Geschaffenem, das sich gegen die Willkür seines Schöpfers auflehnt.

Gestern nacht gab ich um halb zwölf auf; die Augen fielen mir zu, und immer wieder sackte ich auf diesem kleinen Zweiersofa nach hinten ins Kissen… bekam also die letzte Seite der Elegie nicht mehr fertig, notierte das auch brav im >>>> DTs und übertrug‘s aufs >>>> Dts für heute. An das ich mich nun halte. (Einstellen – dito: mangels DLS-Flat hier – werd ich dies und andres dann nach halb neun vom Küchentisch aus).

5.15 Uhr:
(Leise, den Kopf verschlafen durch den Türspalt gestreckt): „Papa, ich kann nicht schlafen.“
„Möchtest du dich zu mir legen, während ich arbeite?“
„Ja.“
„Komm nur her. Hier.“
(Tappst auf nackten Sohlchen. Kuschelt sich hin).
„Wart, ich hol dir eine Decke.“
„Ich wache dauernd auf, ich schlafe ein, ich wache wieder auf.“
„Macht dir irgendwas Gedanken?“
(Ist unter der Decke schon weggeschlafen).8.48 Uhr:
[Berlin, Küchentisch.]
Norbert Wehr, dem ich >>>> die Erstfassung der Neunten Bamberger Elegie geschickt hatte, hat geschrieben, er möchte sie fürs nächste >>>> SCHREIBHEFT haben und gebe mir für die Überarbeitung, von der ich ihm ebenfalls sprach, nunmehr eine Woche Zeit. Da werd ich die geplante Umarbeitung der Textes, d.h. die Reihenfolge, also unorganisch verdrehen müssen – und sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich davon dann erstmal nichts in Die Dschungel stelle, sondern besorgen Sie sich diese Literaturzeitschrift nach Erscheinen. Sie gilt übrigens als die für deutschsprachige Gegewartsliteratur wohl wichtigste ihrer Art (auch für poetische Übersetzungen aus anderen Sprachen); Delf Schmidt, als ein erstes Mal einer meiner Texte drin erschienen war: „Das ist der Ritterschlag.“ Allerdings hat der nicht viel genützt. Als >>>> Bongartz und ich mit unserem Briefwechsel >>>> die Jubiläumsausgabe gestalteten, soll es sogar Abbestellungen und wütende Briefe gehagelt haben. Dennoch schaut es so aus, als wehrten sich allmählich ein paar mit Dichtung Vertraute gegen die brutale Ausgrenzung, die meine Arbeit bis heute immer wieder erfahren hat. Für die BAMBERGER ELEGIEN sind solche Stimmen sehr wichtig; man wird den Elegien Feindschaft genug entgegenbringen, wegen vermeintlich Rektionärem, wegen einer der Form geschuldeten Kitschnähe und und und – die Elegien brauchen also Verbündete, denn anders als meine Prosa, die brutal genug ist, um Gegner einfach von sich abgleiten zu lassen oder ihnen gleich in die Schnauze haut, sind diese Hexmeter, weil sie so trauern, sensibel und bleibend zu verletzen. Das stellt sie ganz eng neben das verbotene Buch.

17.02 Uhr:
Hab mich an einer Stelle der Zweiten Elegie völlig festgefressem, komme nicht voran – oder doch, aber nie gefällt mir das dann. Es ist wie eine Zähheit in den Fingern, wenn sie doch virtuos klavierspielen sollen. Ah! Ob das heute noch was wird, weiß ich nicht. Und komme so eben auch zu nix andrem. H i e r häng ich fest:

/-/-/-/-/-. Doch S c h ö n h e i t,
Anahits, deine, werfen sie uns über und hüllen
Welt in sich befeuernde Farben wie prächtige Mäntel –
ach, ohne d a s, wie wärn wir erkargt! Wie entfernt! und haben
Vorbehalte, ironische, die nichts mehr eigentlich sehen.
Was sich der Ordnung nicht fügt,



Daß es doch das Eigentliche ist, um was es geht.



das nur gefühlt ist und sich der mathematischen Ordnung,
die man besteuern kann, fügt.



was wir auch tun, wir setzen‘s in Häkchen; solch Unernst ist es,
nüchterner, ernüchtert; Buchhalter, die den Neid pedantisch
bilanzieren und witzeln, wenn einer nicht blödelt, weil er
nicht so lauwarm wie sie ist und nimmt die Sonne nicht nur
chemophysisch und den Mond für ein Lager sonst öden
nutzbaren Rohstoffs zwecks Abbau. (Was n i c h t öde ist, das
machen sie öde.) /-/–/–/-Dieser Blick b l i e b von dem siegreichen Aufstand,

Eigentlich wollte ich >>>> deshalb bei Apple gucken, was ich an Grundausstattung brauche, vor allem wegen der Ton-Bearbeitungen für die Hörstücke. Aber gehe wieder und wieder an dieser Verse, und wieder und wieder wird es nichts. Um drei Uhr mußte ich dann auch wegen des Jungen los, der jetzt nebenan mit seiner Freudin wundervoll Unfug treibt.
Immerhin jagen die Zugriffszahlen auf Die Dschungel eruptiv in die Höhe; aber auch da kann ich nicht eigentlich reagieren, weil ich mich nicht von Aperçus, Paralipomena (deren ich einige auf der Dateipfane skizziert hab) und schon gar nicht von theoretischen Überlegungen, mit denen ich neue Leser h a l t e n könnte, ablenken lassen will. Es ist – hätt ich auf dem Schädel nur welche! – zum Haareraufen.
Nebenbei läuft Korrespondenz für den COUP. Und in einer dreiviertel Stunde geht‘s bereits heim. Doch komm ich vielleicht nach 22 Uhr noch einmal hierher an den Arbeitstisch – und stell die dann vielleicht fertigwerdende Elegie noch nachts ein.

23.16 Uhr:
Noch einmal schnell in die Väter-WG gefahren, um das Abeitsjournal abzuschließen und mit dem für morgen gefaßten DTs ins Netz zu stellen. Wurde also später daheim; immerhin hab ich ein wenig an der Zweiten Elegie weitergetan, und es ist auch zwar nicht ein Knoten, doch ein Knötchen geplatzt: drei schöne überleitende (modulierende) Verse stehen jetzt da, von denen aus sich die Elegie morgen wohl beenden lassen wird. Also erst dann, und nach der weiteren Korrektur auf dem Papier, werd ich sie Ihnen in Die Dschungel stellen können. Doch werde ich abermals nicht vor halb neun Uhr ins Netz kommen, da ich den Jungen wieder zur Schule bringen will… das heißt, es soll der erste Tag sein, an dem er den Weg ganz allein, selbständig, radelt. Zur Beruhigung seiner Mama werde ich allerdings in einem Abstand von fünf Minuten hinter ihm herfahren; er soll‘s nur nicht merken. Geht alles gut, werd ich ihm zu diesem weiteren Schritt ins Erwachsenwerden ein kleines Geschenk besorgen, das er dann nach der Schule feierlich überreicht bekommen soll. So die Planung. Und nun an die >>>> Komplettierung des Dts für heute und >>>> das DTs für morgen geschrieben.

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