B.L.’s 1.4. – Faupel

17.03
Faupel nannten sie einen im Dorf, den größeren Bruder nämlich von Gerd (der meinem Jahrgang angehörte), den sie einmal aus der Dorfschule nach Hause holten, den Gerd: seine Mutter hatte sich mit Schlaftabletten vergiftet, wie hinterher gesagt wurde. Faupel stand für Faulpelz, vielleicht aufgrund einer als faul empfundenen Ökonomie beim Aussprechen des Wortes „Faulpelz“. Im Dorf nahm die Familie, weil im halbwegs Asozialen lebend und nicht zu den Alteingesessenen gehörend, den zweitniedrigsten Rang ein. Darunter war nur noch die Familie mit den elf Kindern, die noch weiter am Rand wohnte (topographisch und sozial). Ich weiß nicht mehr, wie Faupel ausgesehen hat. Es gibt ein Schulalbumfoto mit Gerd und mir. Von der Familie wohnt jetzt niemand mehr im Dorf. Gerd war der Einzige, den ich mal verprügelt habe. Ich weiß den Grund nicht mehr. Einmal machte er sich über den Vornamen meiner Mutter lustig, den ihm mein Cousin zugeflüstert hatte, aber bei der Gelegenheit donnerte ich dem Cousin eine, als dem eigentlichen Spötter, der sich nicht getraut hatte, den Spott selbst zu treiben. Einmal sah ich auch einen Film bei ihnen zu Hause im Fernsehen, irgendeinen Nachmittagsfilm im DDR-Fernsehen über Thomas Müntzer. Meine vage Erinnerung weiß von Tränen der Rührung, die mir beim Anschauen kamen. Zur Familie gehörte auch Bubi. Ein Stotterer. Er war schon etwas älter. Es hieß, er sei als Kind auf den Kopf gefallen. Seine Tondonanten tendierten immer zu „t“ oder „d“. Da war auch noch Susanne, Gerds Schwester. Ihre etwas dunkel getönte Haut war ungewöhnlich, auch die Mutter scheint mir solch eine Haut gehabt zu haben. Gerd selbst wurde einmal beim Kontrollieren der Hände in der Schule (habt ihr eure Hände gewaschen?) bestraft, weil zwar die Handflächen hell, aber der Handrücken dunkel war, aber nicht von Schmutz, aber als Schmutz angesehen wurde! (das war jetzt festzuhalten! (und es kam erst in die Erinnerung, als ich schon den letzten Satz unten geschrieben hatte! (wir sind in den frühen sechziger Jahren…))). Ein paar Spiele gemeinsam mit dem Cousin. Ich glaube, wir bauten zusammen eine Hütte. Schließlich lag der Hof meines Onkels fast gegenüber. Darum die Kontakte. – Nun ja, mir fiel Faupel ein, weil ich heute selber faul war, und dann mochte ich den Faden nicht mehr verlassen. Wer weiß, ob und wann ich mich sonst wieder daran erinnert hätte.

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